Eilmeldung

Du bist ab nächstem Sommer zwischen 18 und 28 Jahren alt und überlegst dir, 2019/2020 einen Freiwilligendienst im Ausland zu leisten? Dann mal ran an die Tastatur! Hier bei Don Bosco ist für Bayern und Baden-Württemberg am 31. Oktober Bewerbungsschluss – für alle anderen Bundesländer Deutschlands ist es schon der 15. Oktober. Mehr Infos findest du hier.

Du überlegst dir, einen Freiwilligendienst zu leisten, möchtest aber lieber in Deutschland bleiben? Auch das geht bei Don Bosco! Infos gibt es hier.

Spendenaufruf

Seit dem 1. Oktober 2009 wohnen die Salesianer Don Dominik und Don Oreste hier in Gjilan. In dieser Zeit haben sie eine Schule mit einem Oratorium aufgebaut und schon viel erreicht. Aber fertig sind sie noch lange nicht! So eine ganze Schule zu etablieren braucht Zeit. Im Moment haben wir 250 Schüler*innen, aber in den nächsten Jahren soll die Zahl auf 400 anwachsen. Bis dahin muss aber noch einiges erledigt werden:

Die allerersten Biologie-Unterrichtsmaterialien sind schon da – aber es fehlt noch viel!

Was wird gerade gebaut?

Der Bau des neuen Sportplatzes in seiner Anfangsphase.
  • Laboratorien für Bio, Chemie, Physik
  • Sportplatz
  • Jalousien, um die Räume im Sommer abzuschatten, sind in Planung

Wie finanziert sich Don Bosko Gjilan?

Wenn die Schule eines Tages ihre volle Auslastung erreicht hat, soll sie sich selbst tragen können: Die meisten Schüler*innen zahlen Schulgeld, nur manche, die es sich nicht leisten können, besuchen die Schule kostenlos. Bis dahin erhalten wir vor allem von Renovabis große Unterstützung, auch für die momentanen Bauprojekte. Allerdings kann Renovabis nicht alles übernehmen, Don Bosko Gjilan ist auf weitere Unterstützung angewiesen.

Wer ist Renovabis?

Renovabis ist ein deutsches katholisches Hilfswerk, das „kirchlich-pastorale Projekte, soziale Aufgaben, Bildungsprojekte und weitere Projekte“ unterstützt. Sie sind in 29 Ländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropa aktiv. Weitere Infos findet ihr unter www.renovabis.de.

Wie kann man helfen?

Natürlich könnt ihr jederzeit Geld spenden (siehe meine Spendenseite oder die Internetseite von Renovabis), sodass wir Benötigtes selbst kaufen können. Aber vielleicht habt ihr stattdessen Sachspenden? Modernisiert ihr euren Computerraum und habt die alten Computer übrig? Wird eine Schule aufgelöst und ihr habt Unterrichtsmaterialien abzugeben? Erneuert euer Sportverein seine Sportgeräte und ihr habt zum Beispiel alte Bälle übrig?

Meldet euch bei mir! (E-Mail: gjilanspenden@wopperer.de)

Was brauchen wir?

  • Schulmaterialien für Bio, Chemie, Physik und Geografie
  • Computer
  • Sportsachen – Sportgeräte ebenso wie Kleidung
  • jegliches Mobiliar
  • und alles andere, was in einer Schule und einem Jugendzentrum nützlich sein könnte

Ich und alle anderen, die hier zu Don Bosko Gjilan gehören, freuen uns auf jede Unterstützung!

Bis bald! Eure Bettina

Die Sache mit den Büchern

Zu Jezuelas und meinem Aufgabenfeld gehören auch die Schulbücher. Also begannen wir zu Schulbeginn, alle benötigten Buchsätze zusammenzusuchen. Ich war zugegebenermaßen etwas schockiert, als ich die vorhandenen Bücher sah: In vielen waren die Antworten mit Kugelschreiber hineingeschrieben, sie waren bekritzelt und zerfleddert. Hier musste man nämlich nichts bezahlen, wenn man Bücher beschädigt zurück gab. Ich erzählte Jezuela davon, wie das Problem in meinen Schulen daheim gelöst wurde – jetzt muss jeder, der sein Buch beschrieben oder arg lädiert zurück bringt, das Buch am Ende des Schuljahres kaufen.

Die Neuegelung änderte aber nichts daran, dass unsere Büchersätze größtenteils unvollständig waren: Nachdem wir alle noch brauchbaren Bücher herausgesucht und ausreichend vorhandene Büchersätze ausgeteilt haben, schrieben wir eine lange Liste nachzubestellender Bücher zusammen.

Die Bücherlieferungen

Leider bestand die erste Bücherlieferung nur etwa zur Hälfte aus tatsächlich bestellten Buchsätzen, der Rest waren Fehllieferungen – zum Glück fast alle in den kommenden Jahren verwendbar. Also haben wir nocheinmal gezählt, wovon nun genügend vorhanden ist und haben diese Sätze ausgeteilt. Außerdem haben wir alles noch Fehlende aufgeschrieben und von Neuem bestellt.

Die Bücher aus Jezuelas alter Schule sind größtenteils genauso alt und abgewetzt wie unsere Bücher. Es waren aber auch ein paar neue dabei, wie das Buch in der Mitte.

Die zweite Bücherlieferung hat uns dann die meisten benötigten Bücher geliefert. Gleichzeitig haben wir von Jezuelas ehemaliger Schule übrige, größtenteils gebrauchte Bücher bekommen. Das Prozedere ging also ein drittes Mal von vorne los – zählen, notieren, schleppen, austeilen.

Da möchte ich eins anmerken: Die Bücher sind beide Male bemerkenswert schnell zugestellt worden. Nur die Bücher, die sie nicht auf Vorrat haben – unter anderem sämtliche Deutschbücher – kommen wir erst im Oktober an.

Die fehlgelieferten und die übrigen neuen Bücher mussten jetzt noch umgelagert werden. Eigentlich sollten die Bücher von einem Klassenzimmer, das als Büro genutzt wurde, ins Depot gebracht werden. Da lagern bisher alle Bücher sowie die Tests der Schülerinnen und Schüler. Allerdings ist dort nicht genug Platz für alle Bücher, also bleiben unsere alten Bücher im Depot. Die neuen haben wir mit Hilfe von einigen Schülerinnen und Schülern in einen leeren Raum im Oratoriumsgebäude direkt neben der Schule gebracht. Dort lagern sie für den Moment auf Spielmatten für Kinder. Im Laufe des Schuljahres wollen wir Regale aufbauen und die Bücher darin lagern.

Büchermangel – nicht nur hier

Übrigens ist Don Bosko (so schreibt man „Don Bosco“ hier, damit es richtig ausgesprochen wird) nicht die einzige Schule, die Probleme mit den Schulbüchern hat. Viele der Lehrer arbeiten gleichzeitig in einer der staatlichen Schulen. Ein paar haben uns nun zum Beispiel um Chemie- oder Physikbücher gebeten. Einige der angefragten Bücher haben wir tatsächlich noch übrig.

Jetzt liegen also nur noch die Bücher von Jezuelas ehemaliger Schule, die wir nicht gebraucht haben, in den als Büro verwendeten Klassenzimmer. Weiter geht die Bücherplackerei erst, wenn wir diese Bücher anderswo unterbringen werden, die noch fehlenden Bücher kommen oder die Regale im neuen Lager aufgebaut werden.

Bis dahin! Eure Bettina

Was sind meine Aufgaben hier?

Jezuela und ich nach unserem bisher anstrengendsten Arbeitstag.

Hier gibt es so viele Aufgaben, ich weiß gar nicht, wo anfangen! Vielleicht mal von vorne:

Am ersten Tag, als sich Jezuela mir vorstellte, hieß es gleich: Mit ihr wirst du täglich zusammenarbeiten! Sie erledigt hier – ab jetzt mit meiner Unterstützung – alles, was anfällt: Täglich verkaufen wir im Schulkiosk Getränke, Snacks und Süßigkeiten. Den Vorrat müssen wir regelmäßig auffüllen, was uns allwöchentlich Schweißausbrüche beschert.

Was wir ebenfalls auffüllen mussten: Unseren Büchervorrat. Die Sache mit den alten und neuen Büchern ist etwas kompliziert, die erläutere ich im nächsten Beitrag. Aber soviel sei gesagt: Sie bereitet von Sucherei bis Schlepperei ziemlich viel Arbeit.

Ansonsten fällt alles Organisatorische, beispielsweise Elternbriefe verteilen, an uns. Das erledigen wir oft in der nachmittäglichen Lernzeit. Da passen Jezuela und ich auf alle Acht- und Neuntklässler auf, oft unterstützt von ein bis zwei Elft- oder Zwölftklässlern. In der Lernzeit erledigen die Schüler und Schülerinnen ihre Hausaufgaben oder Lernen auf Tests. Dabei soll es natürlich möglichst leise sein. Wer schwätzt oder sich mit etwas Anderem als Schulstoff beschäftigt, muss mit einer Strafe rechnen. Das reicht vom Klassenzimmer aufräumen – was etwa fünf Minuten dauert – bis zum ein-, bei Ermahnungsresistenz auch zweistündigen Nachsitzen direkt im Anschluss an die Lernzeit.

Kurzfristiger Lehrerersatz

Jezuela und ich springen auch mal für fehlende Lehrer ein: Sei es nur eine Vertretungsstunde oder aber eine ganze Woche. Leider hat der einzige Deutschlehrer der Schule am letzten Ferientag gekündigt, weil er beim Staat eine Stelle bekommen hatte. Der Leiter machte sich natürlich sofort auf die Suche nach jemand Neuem, aber das dauert doch mindestens eine Woche. Also habe ich ab Montag, den 10. September einige der Stunden übernommen. Don Dominik und ein paar andere Lehrer konnten mir auch ein paar Stunden abnehmen.

Wie unterrichtet man als Abiturientin?

Ich stolperte etwas unvorbereitet in den Unterricht hinein: Ein Deutschbuch für einen Vorkurs, das im Schulbücherarchiv lag, ein Blick hinein und ein paar Gedanken, was man machen könnte – aber keine Ahnung davon, was die jeweiligen Klassen bereits gelernt hatten und ebenso wenig fundiertes Wissen darüber, wie man einen Unterricht strukturiert. Außerdem musste ich den Unterricht auf Englisch halten, schließlich reichte mein Albanisch nur für eine freundliche Begrüßung.

Allerdings merkte ich bald, dass es fast nichts ausmacht, ob die Klasse noch fast gar keinen Unterricht hatte oder schon ein Jahr hinter sich hat – in der ersten Stunde habe ich jeden sich selbst vorstellen lassen, allein das hat meist die Hälfte der Stunde eingenommen. Mit Klassen, die schon ein Jahr Unterricht hatten, habe ich hauptsächlich wiederholt – sich vorstellen, die Zahlen, das Wetter, die Monate. Ganz oft erklärte ich, wie ß und ss sowie diverse Buchstabenkombinationen die Aussprache eines Wortes beeinflussen.

Generell habe ich zu Beginn der Stunde eine Übung mit den Schülerinnen und Schülern gemacht und dann Fehler korrigiert, sowie die dazu aufkommenden Fragen beantwortet. Damit kam ich meistens ganz gut durch die Stunde – auch wenn das natürlich kein besonders gezielter, strukturierter Unterricht war. Ich bin schließlich keine studierte Lehrerin – das weiß jeder und deshalb wird von mir erwartet, dass ich mein Bestes gebe, aber nicht, dass ich perfekt unterrichte.

Eine Klasse händeln – eine Herausforderung

Unterricht in der siebten Klasse.

Mir wurde bereits Respekt dafür gezollt, wie selbstbewusst ich vor einer ganzen Klasse stehe – mit der ich mich zum Teil kaum direkt verständigen kann. Ich denke, auf diese Situation bin ich in der Realschule sowie im Gymnasium bestens vorbereitet worden – unzähligen Referate und etliche Tipps, wie man in Präsentationen das Publikum fesselt, stärken mir den Rücken. Glücklicherweise bin ich auch sonst mit einem stabilen Selbstbewusstsein und einer Portion Heiterkeit gegenüber Fehlern – den eigenen wie denen der anderen – gesegnet.

Den Wilkommensgruß einer der zwölften Klassen fand ich trotzdem nicht so amüsant wie sie: Hier gibt es nur Whiteboards, die weißen Projektionsleinwände fallen davor also nicht auf. Das haben sie sich zunutze gemacht und die Leinwand vor dem Whiteboard heruntergekurbelt. Beinahe hätte ich darauf angefangen zu schreiben. Aber ich merkte, dass sich diese Schreibunterlage schon bei einer leichten Berührung bewegte. Da habe ich ihnen klar gesagt, dass ich das für keine angemessene Begrüßung für eine neue Lehrerin halte.

Von sonstigen Streichen bin ich bisher verschont geblieben, auch wenn besonders die zwölften Klassen schwierig ruhig zu halten waren. Die Gründe sind offensichtlich: Ich bin zum Teil nicht einmal ein Jahr älter als meine Schüler und Schülerinnen. Besonders die Jungs überragen mich zum Teil um mehrere Köpfe. Ich spreche nicht ihre Muttersprache, daher kann ich kaum unterscheiden, ob sie nun über Unterrichtsinhalte diskutieren oder nicht. Außerdem müssen sie in Deutsch keine Prüfung schreiben – insofern sitzen sie die Stunden ab, ohne Sinn darin zu sehen.

Sprachen im Unterricht

Jezuela ist im Unterricht sehr wichtig, obwohl sie hauptsächlich am Rand sitzt:

Erstens bekommt sie als Einheimische wesentlich besser mit, was in der Klasse los ist. Das heißt, sie hat mir auch schon gesagt, dass mein Unterricht gerade nicht vorhandenes Wissen voraussetzt. So konnte ich manche Fragen klären, die die Schülerinnen und Schüler nicht an mich gestellt haben. Außerdem vertraue ich ihr völlig, wenn sie zwei Schüler mitten im Unterricht zu Don Dominik schickt – sie bekommt nämlich besser mit als ich, wer Unsinn macht, weil sie versteht, was gesprochen wird. Zudem kann sie konstant die Klasse beobachten. Ich hingegen schenke meine Aufmerksamkeit abwechselnd jemandem, den ich an die Tafel geholt habe, und dem Rest der Klasse.

Zweitens sind gerade in den unteren Klassen die Englischkenntnisse noch nicht ausreichend, um meine englischen Anweisungen und Erklärungen zu verstehen. Selbst in den 12. Klassen musste sie manches übersetzen. Ich wunderte mich über die – nach meinem Ermessen – zum Teil verhältnismäßig geringen Englischkenntnisse der Zwölftklässer. Jezuela erklärte mir, dass hier im Unterricht das Lesen und Schreiben in Englisch fokussiert wird, nicht aber das Sprechen. Auch eine Zehntklässlerin spiegelt mir das wider: Sie versteht mich gut, tut sich aber schwer, mir zu antworten. Deshalb bat sie mich um Nachhilfe im Englisch Sprechen.

Wieviel ich unterrichte

Unterrichtsvorbereitung an meinem Schreibtisch.

In der einen Woche ohne Deutschlehrer habe ich in der sechstes, siebtes, zehntes, elften und zwölften Jahrgangsstufe – insgesamt sieben Klassen – unterrichtet. Bisher habe ich zwölf Unterrichtsstunden gegeben und mit jeder Stunde fällt mir das Unterrichten leichter. Inzwischen unterrichte ich nur noch je eine Übungsstunde in der sechsten und siebten Klasse. Alle anderen Stunden hat die neue Deutschlehrerin übernommen.

Zusätzlich zum stundenplanmäßigen Unterricht werde ich ab dieser Woche der Zehntklässlerin Englischnachhilfe geben. Außerdem haben mich drei Mädchen um zusätzlichen Deutschunterricht gebeten, der zwei Mal die Woche stattfinden wird.

In einigen Wochen werde ich natürlich auch darüber (und über vieles anderes) schreiben, aber erst mal kommt der Artikel über die Schulbücher.

Bis dahin! Eure Bettina (die ihre langen und anstrengenden Tage hier liebt, weil sie glaubt, dass sie für dieses Jahr genau am richtigen Ort mit der richtigen Arbeit und den richtigen Menschen gelandet ist)

Herzlich Willkommen im Kosovo!

In einem unbekannten Land anzukommen ist wie ein ungelesenes Buch zu öffnen. Es tut sich eine Welt auf, die man bisher so nicht kannte. Sicher, einiges ist der eigenen Lebenswelt ähnlich, anderes jedoch ist völlig neu.

Kosovo – ein Land in Entwicklung

Eine kleine Häuseransammlung – das Steingebäude mit dem kleinen Turm dabei ist eine Moschee, die Ausgrabungen der Mauerreste rechts oben sind die Überreste einer Kathedrale, die auf das 13. Jahrhundert geschätzt wird, möglicherweise aber noch viel älter ist. Die Moschee wurde aus ihren Steinen erbaut.

Schon beim Landeanflug sah ich Dinge, die ungewohnt waren: Waldüberzogene Hügel und Berge, Häuser verstreut in der Natur, nur wenige landwirtschaftlich genutzte Flächen. Noch viel mehr sah ich während der einstündigen Fahrt von Prishtina nach Gjilan. Schon auf dem Parkplatz des Flughafens standen verschiedenste Autos, von Luxuskarossen bis hin zu Blechbüchsen. Es fahren Autos mit kaputten Scheinwerfern und blinden Rückscheiben herum – und direkt darauf kann ein mit teuren Sportwägen beladener Lastwagen folgen.

Genauso ist es bei den Häusern: Es gibt Siedlungen mit den neusten, modernsten Häusern, wie man sie auch in Deutschland nur in Reichenvierteln finden würde. Zugleich gibt es etliche Häuser, die alt, heruntergekommen und kaputt sind und nur noch darauf warten, zusammenzufallen und von der Natur zurückerobert zu werden. Ganz viele Häuser sind im Bau, jedenfalls habe ich ungewöhnlich viele unverputzte Häuser gesehen. Es kann auch sein, dass man sie einfach nur so lässt. Oft waren jedenfalls die Fenster schon eingebaut und manchmal sogar ein Laden drin. Sicher ist, dass die letzten Jahre insgesamt viel gebaut wurde. Jezuela, mit der ich zusammenarbeite, erzählte mir, dass vor sieben bis zehn Jahren die hohen Wohnhäuser rund um die Einrichtung gar nicht existierten. Stattdessen war das Gelände teilweise umgeben von Wiesen mit Äpfelbäumen. Für alle Neugierigen: Die Adresse ist „Don Bosko, Rr. Marie Shllaku, nr. 6, 60 000 Gjilan“, wenn man das zum Beispiel auf Google Earth eingibt, kann man sich die Umgebung von oben anschauen und mit Hilfe der historischen Bilder das Wachstum der Stadt nachvollziehen.

Da hängen Plastiktüten in Büschen und Bäumen …

Müllansammlung am Gehweg, der an das Don-Bosco-Gelände angrenzt

Eine unschöne, aber nicht unerwartete Beobachtung ist folgende: Müll findet man hier überall. Er liegt am Straßenrand, ist in Vorhöfen in einer Ecke abgelagert und aufgestapelt, wird nicht getrennt. In der Küche unserer Einrichtung gibt es zwar drei Mülleimer, aber man schmeißt in jeden alles. In den Läden steht immer ein zweiter Angestellter an der Kasse und packt die Waren in bereitliegende, kostenlose Plastiktüten – ein freundlicher, angenehmer Service, aber was passiert mit all den Tüten? Ich behalte sie als Mülltüten, aber normalerweise würden sie weggeworfen werden – man hat ja genug.

… aber zum Glück nicht in allen!

Die Aussicht über kosovarische Landschaft bei einer Ruine in der Nähe des Dorfes Novobrëdë.

Was hingegen sehr schön ist, ist die Natur: Sehr grün und hügelig und teilweise absolut naturbelassen. Die Felsen – sofern man sie denn sieht – haben einen warmen Rot-Ton. Das Grün ist kräftig und frisch, bisweilen silbrig. Ich habe auch schon Pflanzen gesehen, die mich an Italien erinnern: Manche Bäume sind hoch und schlank; der Apfelbaum in Jezuelas Garten wird von elegant geformten, leuchtenden Blüten durchrankt. Überhaupt, die Gärten: Klar, in der Stadt gibt es sie genauso wenig wie bei uns, aber auf dem Land gehört zu einem Haus in einem Dorf oft ein großer Garten und ein Stück Feld. Im Garten von Jezuelas Familie wachsen Reihen von Paprika, Lauch, Tomaten, Gurken… Außerdem gibt es schwer tragende Apfelbäume und Weintraubenreben.

Ein bisschen Sprachchaos

Noch viel wichtiger: Die Menschen hier. Meine erste Begegnung hier war zwar etwas unbeholfen, weil der Salesianer, der mich abholte, offenbar nicht wusste, dass ich Französisch gelernt habe. Er kann nämlich kein Englisch, aber Italienisch, Albanisch (die Amtssprache hier) und Französisch. Also versuchte er mir in Italienisch zu erklären, dass wir nun eine einstündige Autofahrt nach Gjilan vor uns hatten. Ich verstand das ein oder andere Wort und mit ein paar Brocken Englisch und Gesten konnten wir uns verständigen – bis ich einmal etwas auf Französisch sagte, in der Hoffnung, er würde es dank der Ähnlichkeit zum Italienischen verstehen. Von da an unterhielten wir uns auf Französisch. So spreche ich hier überraschenderweise gleich vier Sprachen: Englisch mit dem Einrichtungsleiter und den Mitarbeitern, Französisch mit dem Salesianer, Deutsch im Unterricht, Albanisch im Sprachunterricht mit einer Mitarbeiterin und – soweit ich es denn schon kann – mit Einheimschen.

Von Herzen freundlich

Nun aber zu den Menschen, wie ich sie bisher erlebt habe: In der Einrichtung wurde ich sofort von einigen Mitarbeitern mit Umarmung und herzlichen Worten empfangen. Dann gab es gleich Mittagessen mit den beiden Salesianern, die hier mit mir in der Schule wohnen (der Leiter und derjenige, der mich abgeholt hat) und danach bezog ich mein Zimmer. Zugegebenermaßen war das Erste, was ich darin tat, nicht etwa meine Koffer auszupacken, nein, ich legte mich erstmal schlafen. Erst als ich mich erholt hatte, räumte ich mein Gepäck ein. Abends gab es eine Lehrerkonferenz, in der ich mich kurz vorstellte. Jezuela zeigte mir das gesamte Gelände.

Ich verstand mich sofort gut mit ihr. Schon am Donnerstag, den 06. September, schlug sie spontan vor, ich könne bei ihr übernachten. Der Einrichtungsleiter, der hier die Verantwortung für mich hat, war einverstanden damit – sie war seine erste Animatorin (ehrenamtlich) und arbeitet auch dort. Ihre Familie hat mich sehr gastfreundlich aufgenommen – und zwar von ganzem Herzen. Auch am folgenden Wochenende habe ich mich mit Jezuela getroffen und Freunde von ihr und ihre Verwandtschaft kennengelernt.

Ihre Familie trifft sich am Sonntag immer zum Essen, Teetrinken und einfach gemeinsam Zeit verbringen. Eine schöne Sache, wie ich finde. Die Verwandschaft scheint ihnen sehr nahe zu stehen, wie Geschwister. Auch sie haben mich herzlich begrüßt und waren erfreut, mich als Gast zu haben. Hier sind Ausländer schließlich recht selten. Die Einheimischen können leider oft auch kein Englisch oder trauen sich nicht, es zu sprechen, obwohl die jungen Leute es in der Schule lernen. Ich habe mich aber auch schon mit zwei etwa fünfzehnjährigen Schülerinnen unterhalten, die sehr gut Englisch sprechen können. Deutsch spreche ich zum Beispiel mit zwei Schülerinnen, die in Deutschland beziehungsweise der Schweiz aufgewachsen sind. Außerdem spreche ich Deutsch natürlich auch im Unterricht.

Apropos Unterricht – darum wird es in meinem nächsten Beitrag gehen.

Bis dahin, eure Bettina (die sich hier schon längst wie zu Hause fühlt)

Wenn jemand eine Reise tut…

… so kann er was erzählen.

Dieses Zitat von Matthias Claudius wurde schneller wahr, als ich dachte. Der Weg von Deutschland in den Kosovo stellte sich als hindernisreich heraus.

Der Plan

Irgendwo über dem Balkan.

Mein Flugplan besagte folgendes: 18:15 Uhr Boarding in München, um 18:40 Uhr startet der einstündige Flug nach Wien. Dort geht es erst um 20:35 Uhr mit dem nächsten Boarding weiter, der Ablug in Richtung Prishtina soll um 21:05 Uhr folgen. Angenehme Aussicht, oder? Beim Umsteigen keine Hektik, auch eine kleine Verspätung muss einem noch keine Sorgen bereiten.

Die Wirklichkeit

Stellt euch vor, ihr kommt am Gate an und erwartet, dort eine genauere Angabe zur bereits bekannten Verspätung zu finden. Stattdessen steht dort: Information um 19 Uhr. Erst zwanzig Minuten nach dem geplanten Ablug will man uns informieren? Dann muss der Flieger aber große Verspätung haben! Hatte er auch, erfuhr ich zur Boarding-Zeit: Man rief mehrere Namen auf, mich darunter. Man erklärte, ich hätte mit einem anderen Flug bessere Chancen, meinen Anschlussflug noch zu bekommen. Ich stimmte der Umbuchung zu und bekam ein neues Ticket: 18:45 Uhr Boarding, um etwa 19:15 Uhr sollte der Flieger starten. Allerdings war schon da bekannt, dass auch er Verspätung hatte und erst etwa um 19:40 Uhr starten würde.

Ich saß also den ganzen Flug von München nach Wien wie auf heißen Kohlen – und das Ende des Liedes tickte mir auf meiner Handyuhr entgegen: Wir kamen um etwa 21 Uhr an. Die nächste Infotafel bestätige meine Befürchtung: Flug nach Prishtina – Gate geschlossen! Trotzdem eilte ich hin – man weiß ja nie, was sich noch machen lässt. Aber dort angekommen war niemand da – abgesehen von einer kosovarisch-schwedischen Familie, die im selben Flugzeug gesessen hatte wie ich. Auch eine Amerikanerin kam noch dazu. Gemeinsam machten wir uns auf die suche nach Angestellten der Airline, aber wir fanden keine.

Also gingen wir durch die Passkontrolle – dort verloren wir die Amerikanerin, weil wir dachten, sie wäre bereits vorausgeeilt – und weiter zum Gepäckband. Wir wussten nicht, ob wir wohl unsere Koffer abholen mussten oder ob sie gesondert aufbewahrt wurden. Es fuhren zig Koffer an uns vorbei, aber nicht unsere. Also suchten wir weiter – da begann die Odyssee: Wir wurden von unten nach oben und von links nach rechts und wieder zurück geschickt. Aber irgendwie schafften wir es doch zu diesem einen Infopoint, der sich um Fälle wie unsere kümmerte. Dort trafen wir auch wieder die Amerikanerin. Also schlossen wir uns erneut zusammen und bekamen nach etwa einer halben Stunde Wartezeit neue Flugtickets für den nächsten Tag, einen Essensgutschein und einen Hotelgutschein für das Hotel direkt gegenüber des Flughafens.

Eine kurze Nacht in Wien

Leider war es schon etwa halb zwölf, bis wir in dem Restaurant des Flughafens standen, in dem der Essensgutschein galt. Die Küche war natürlich geschlossen und der Verkäufer alles andere als begeistert davon, eine Truppe von sieben Leuten versorgen zu sollen. Das Schwierige war, dass nur zwei der fünf Familienmitglieder einigermaßen Englisch konnten. So dauerte es eine Weile, bis wir verstanden, was das Problem für sie war: Die meisten Sandwichs, die noch da waren, konnten sie nicht essen – sie sind Muslime. Am Ende kamen wir also mit drei Sandwichs, ein paar Flaschen zu trinken und einem Kopfschütteln über den unfreundlichen Verkäufer heraus.

Im Hotel bekamen wir zum Glück problemlos alles, was wir brauchten. Die Zimmer waren schön und gemütlich – nur leider hatte ich keine Wechselklamotten dabei.

Was lernen wir daraus? Im Handgepäck immer Wechselklamotten und alles andere, was man für eine Nacht im Hotel braucht, mitnehmen!

Nun ja, es ging auch so. Immerhin konnte ich mich duschen. Am nächsten Tag frühstückten wir um sieben Uhr gemeinsam und machten danach aus, dass wir uns so schnell wir möglich wieder unten treffen und spätestens um acht Uhr gehen wollten. Nur leider hatte ich Probleme mit meiner Zimmerkarte. So musste ich mehrmals zwischen meinem Zimmer im dritten Stock und der Rezeption hin- und herwandern (zum Glück gibt es Lifte – war ich doch am Abend zuvor wahrlich genug herumgelaufen). Das Ende vom Lied ist, dass ich eben erst um vier nach acht Uhr unten stand – und keiner von den anderen da war. Ich war mir nicht sicher – hatte ich die Uhrzeit falsch verstanden? Neun Uhr statt acht Uhr? Boarding war ja auch erst um 09:40 Uhr und das Hotel stand direkt gegenüber des Flughafens.

Im Landeanflug auf den Flughafen in Prishtina.

Also wartete ich… 08:10 Uhr, 08:15 Uhr, 08:20 Uhr… da fragte ich das Personal an der Rezeption nach der Familie und der Amerikanerin, ob sie das Hotel bereits verlassen hatten. Sie wussten es nicht. Ich bat sie, gegebenenfalls auszurichten, dass ich bereits gegangen war. Ich war mir aber recht sicher, dass sie tatsächlich alle schon weg waren, obwohl die Amerikanerin mitbekommen hatte, dass ich erst um kurz vor acht überhaupt in mein Zimmer konnte.

Im Flughafen fand ich mich zum Glück alleine zurecht – und traf am Gate auch die Amerikanerin sowie die Familie wieder. Gemeinsam warteten wir auf das Boarding – pünktlich! Und der Abflug – pünktlich!

So kam ich also einen Tag später als geplant an, am 04.09.2018. Von meinem ersten Eindruck berichte ich im nächsten Beitrag!

Bis dahin, eure Bettina

Es gab Momente, die waren besonders

Das Praktikum in Belgien war eine besondere Erfahrung für mich. Davon bleiben natürlich einige Momente hängen. Ich habe hier ein paar kleine Erinnerungen für euch an Situationen, die besonders schön, stressig, lustig, herausfordernd oder anerkennend waren.

… anerkennend

In der ersten Woche, als ich bei den etwa Sieben- bis Zwölfjährigen in der Gruppe war, haben sich zwei Schwestern hauptsächlich an mich gewandt, egal was war. Sie konnten beide nur Französisch und hatten an zwischendurch Streit. Ich habe ihnen beiden zugehört und versucht zu erklären, was die Gründe für die Reaktion der jeweiligen Schwester sein könnten. Dadurch hat sich der Streit allmählich gelegt. Das mag nun nicht gerade als besondere Anerkennung erscheinen, hat sich doch keine der Beiden groß dafür bedankt. Und trotzdem fühlt es sich so an, weil ich weiß, ich habe da einiges an Geduld und Zeit reingesteckt – und etwas erreicht: Die Jüngere hat verstanden, dass die Älltere manchmal etwas alleine machen möchte, sie aber trotzdem noch lieb hat. Und die Ältere hat verstanden, dass die Jüngere frustriert ist, weil sie sich unbeachtet fühlt, und deshalb mit allen Mitteln ihre Aufmerksamkeit sucht.

Eine zweite Anerkennung war, als unser Playground-Leiter Maria und mir sagte, wir würden seine Erwartungen weit übertreffen.

Eine dritte Anerkennung war, dass uns die anderen Betreuer selbstverständlich in ihre Clique aufgenommen haben. Sie haben uns in ihre Gespräche eingebunden, haben viel mit uns gequatscht, obwohl natürlich immer wieder hin und her übersetzt werden musste.

… stressig

In der ersten Woche war ich auch einen Nachmittag bei den Kleinen, weil die Betreuer krankheitsbedingt nur noch zu zweit waren. An diesem Tag haben wir Wasserspiele gemacht, also mussten sich die Kids zwei Mal umziehen – ein ziemliches Chaos. So stand ich also im Sanitärraum der Jungs und alle wollten sich gleichzeitig auf den Toiletten umziehen. Der eine brauchte Hilfe beim Anziehen, der zweite konnte seine Schuhe nicht binden, der dritte fand seine Klamotten nicht mehr… Und zu allem Überfluss hat sich einer der Kleinsten nach seinem großen Geschäft nicht abgeputzt und hat den Boden dreckig gemacht, als er sich zum Anziehen hinsetzte. Da hieß es Prioritäten setzen und die weniger dringenden Fälle auf später zu vertrösten oder anzuspornen, es doch ersteinmal selbst zu versuchen. Das war stressig, aber lehrreich. Zum Glück hatten wir ansonsten meist kein Problem damit, zu wenig Betreuer zu haben.

… lustig

Wir haben gemeinsam mit den anderen Betreuern in dem Institut übernachtet, von Sonntagabend bis Freitagnachmittag. Da wächst man natürlich ein bisschen zusammen, schließlich macht man in der Woche alles gemeinsam, von der Betreuung über die Vorbereitung bis hin zu abendlichen Spiele- und Ratschrunden.

An einem der Abende sind wir auf den Hof raus gegangen, wo wir sonst auch mit den Kindern waren, und haben Kubb (auch unter Wikingerschach und ähnlichen Namen bekannt) gespielt. Dabei gab es eine ziemlich witzige Zusatzregel: Die umzuwerfenden Holzklötze hatten verschiedene Farben, denen bestimmte Handicaps zugeordnet waren. Wurde also ein Holzklotz umgeworfen, musste die Mannschaft, der der Klotz gehörte, zum Beispiel in dramatischer Slowmotion werfen. Oder rückwärts zwischen den Beinen hindurch oder einäugig oder zu zweit. Kombinationen sind ebenfalls herzlich willkommen! Und ja, es sieht sehr witzig aus, wenn jemand rückwärts am Spielfeldrand steht, sich nach vorne beugt, einen Stock langsam hin- und herschwenkt, dabei von jemand Zweitem gelenkt wird und sich auch noch ein Auge zuhält! Und wo der Stock am Ende landet, kann man sich vorstellen… 😀

… herausfordernd

Gegen Ende der zweiten Woche kannte ich auch die Kleinen etwas besser, weil ich die gesamte Woche bei ihnen verbracht hatte. Da haben wir nocheinmal Wasserspiele veranstaltet – was ziemlich witzig war, am Ende waren alle nass!

Das einzige Problem dabei war, dass sich einer der kleinen Jungs in die Hose pinkelte. (Natürlich hatten wir alle vorher auf die Toilette geschickt…) Also bin ich mit ihm zur Waschrinne im Sanitärraum der Jungs gegangen. Die Füße abwaschen war nicht schlimm, das fand er noch lustig. Aber als ich ihn dann in die Waschrinne setzen wollte, um ihm auch die Beine abzuwaschen, hat er angefangen, zu schreien und zu weinen und wollte wegrennen. Er war etwas wasserscheu und mochte höchstens ein bisschen in Wasserpfützen planschen. Ich versuchte ihm zu erklären, warum ich ihn abwaschen wollte, aber er hörte mir nicht zu und ich hatte nicht die richtigen Worte, um es ihm ordentlich zu erklären.

Zum Glück bekam Maria mit, dass ich ihn nicht beruhigen konnte und half mir. Von ihr hat er sich trösten lassen. Vermutlich weil sie erstens nichts mit dem Wasser zu tun hatte, zweitens ihn schon besser kannte und drittens besser Französisch sprach. Dann ließ er sich wenigsten grob mit dem Wasserschlauch abspritzen. Das reichte völlig aus.

In der Situation habe ich gemerkt, dass man selbst manchmal die Situation nicht so schnell lösen kann, weil man für das Kind mit dem Unangenehmen verbunden ist – in dem Fall dem Wasser. Zusätzlich konnte ich ihm die Notwendigkeit nicht richtig erklären und dass ich ihn ja gar nicht von oben bis unten nass machen wollte, sondern nur die Beine. Im Nachhinein denke ich, dass ich das Problem vielleicht mit viel Geduld hätte lösen können, wenn ich sofort mit ihm vom Wasserhahn weggegangen wäre und ihm damit den Druck vom nahen Unangenehmen genommen hätte. Dann hätte er sich eher beruhigt.

… schön

Auch auf der Rückfahrt von Halle war die Stimmung super. Im Hintergrund sieht man den Triumphbogen des Jubelparks (französisch: Parc du Cinquantenaire).

Ein Erlebnis, das mir wohl ewig im Kopf bleiben wird, war ein Abend in der ersten Woche mit den anderen Betreuern und dem Playground-Leiter. Wir wollten für das Abendessen den Playground in Halle (französisch: Hal) besuchen. Dafür haben wir einen neunsitzigen Bus genommen. Die Hinfahrt war wunderschön: Wir waren zwar alle etwas müde, aber gut gelaunt. Die Fenster waren offen. Der Wind ist sanft durch den Bus gefahren und hat die Hitze angenehm gemacht. Die Sonne stand schon tief, es lag ein warmes Orangerot über Allem. Im Radio liefen schöne, mitsingbare Songs. Und fast jeder hat mitgesungen.

Das war ein echtes Gefühl von Freiheit: Mit Freunden im Auto sitzen, singen und den Moment genießen.

Natürlich gab es noch so viele Momente mehr: Mein Geburtstag, gute Gespräche mit anderen Volontären, spätabends am Meer durch die Wellen springen (und sich dabei die Hose nass spritzen), Kinder trösten oder zum Lachen bringen, sie zum Nachdenken anzuregen und ihnen damit neue Erkenntnisse bringen… Man erfährt in dieser Zeit Freundschaften, die innerhalb kürzester Zeit wachsen; gegenseitiges Vertrauen, obwohl man sich noch gar nicht so lange kennt.

Ihr seht, es gab schon in diesem kurzen Praktikum Momente, die schwierig waren und andere, die wunderschön waren. Ich werde euch im Laufe des Jahres sicherlich von einigen solchen Momenten erzählen, die mir etwas bedeuten.

Bis dahin, eure Bettina

Die Ouvertüre

So wie es einer Ouvertüre zu Beginn von großen Bühnenwerken gibt, braucht jedes Auslandsjahr ein Praktikum als Einführung. Die meisten Freiwilligen sind für zwei Wochen in eine Don-Bosco-Einrichtung in Deutschland gegangen. Meine Ouvertüre war eine besondere: Ich durfte nach Belgien! Dort habe ich an „Youthopia 2018“ teilgenommen, einem Programm des European Voluntary Service (EVS). Es war also quasi ein zweiter kleiner Freiwilligendienst, der vom 06. bis zum 22. Juli ging.

Alles neu: Die erste Woche

Gemeinsam mit anderen Freiwilligen aus Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Montenegro haben wir ein Seminarwochenende verbracht. Es ging zum Beispiel darum, wie man ein Spiel vorbereitet und durchführt. Natürlich sprach man hier dank der Internationalität Englisch. An dem Wochenende haben wir auch erfahren, auf welchen Playground wir kommen. Marias und mein Glück war es, nach Brüssel auf den Speelplein Raccon zu kommen, wo die meisten Kinder sowohl Flämisch als auch Französisch sprechen können.

Wissenswertes über Belgien

Das Land ist in zwei große Regionen geteilt: Flandern und Wallonie. In Flandern wird Flämisch, quasi belgisches Niederländisch, gesprochen, in der Wallonie Französisch. In Brüssel werden beide Sprachen verwendet. Übrigens gibt es auch eine kleine Region in Belgien, in der Deutsch gesprochen wird.

Maria und ich vor einem Graffiti von Don Bosco auf unserem Speelplein Raccoon.

Da Maria (meine Mitvolontärin aus Deutschland, für die der EVS ebenfalls das Praktikum für ihr Auslandsjahr mit Don Bosco war) und ich beide in der Schule Französisch gelernt haben, war die Sprachbarrriere im Vergleich zu den anderen Freiwilligen wesentlich geringer, denn die waren alle auf Playgrounds in Flandern. Mit den belgischen Freiwilligen auf unserem Playground haben wir Englisch und Französisch gesprochen – nur einer konnte keines von beidem, aber mit Händen und Füßen, ein paar Brocken Englisch und Flämisch und einer Portion Geduld kommt man auch schon weit.

Wir Freiwilligen auf dem Speelplein Raccoon wurden nach unserer Ankunft dort am Sonntag Nachmittag in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine für die Betreuung der kleineren Kinder von drei bis sechs Jahren (da war Maria dabei) und eine für die von sieben bis zwölf Jahren (da war ich dabei).

Auf unserem Playground sind etwa 40 bis 60 Kinder und 10 Betreuer. Damit ist Raccoon im Verlgeich zu anderen Playgrounds (z. T. ca. 350 Kinder und 50 Betreuer) noch sehr klein, aber er ist auch noch sehr jung. Die Freiwilligen auf unserem Playground blieben ein oder zwei Wochen, die Kinder konnten von Tag zu Tag entscheiden, ob sie kommen wollen.

Tagsüber haben wir die Kinder also entweder alle zusammen im freien Spiel oder in die zwei Gruppen getrennt im Spieleprogramm betreut. Die Kinder kamen morgens zwischen acht und neun Uhr und wurden abens zwischen fünf und sechs Uhr abgeholt. Danach haben wir Freiwilligen den nächsten Tag vorbereitet und haben mit Heißhunger zu Abend gegessen. Außerdem gab es im Laufe des Abends ein „Good Night“, also einen kurzen nachdenklichen Input, außerdem wurde natürlich viel gequatscht und gespielt. Sehr schön war, dass die belgischen Freiwilligen uns ganz selbstverständlich in ihren Kreis aufgenommen haben und uns auch alles zusammenfassend übersetzt haben, wenn es denn nötig war, denn Flämisch und Deutsch sind sehr ähnlich. Mit der Zeit konnte ich immer mehr verstehen.

Die zweite Hälfe des EVS

In Brügge.

Am zweiten Wochenende sind wir nach Brügge gefahren, wo wir in unseren Seminarsessions vor allem reflektiert haben, was wir so getan haben, was gut war und was verbesserungswürdig. Aber abgesehen davon kam auch der kulturelle Teil des Programms zum Tragen: Freitag Abend sind wir an die Nahe Nordsee gefahren, Samstag Nachmittag waren wir in Brügge in der Innenstadt, wo es wunderschöne alte Häuser gibt (und viele Touris). Am Samstagabend hatten wir nocheinen witzigen Auftrag: Wir sollten eine Fake-Hochzeit auf die Beine stellen. Also haben wir innerhalb von zwei Stunden eine interkulturelle Mini-Hochzeit auf die Beine gestellt: Zwei unserer Teilnehmer haben „geheiratet“. Ich war Trauzeugin und Brautjungerfer in einem. Es war ziemlich amüsant und schön!

Am Sonntag Abend ging es wieder zurück auf die jeweiligen Playgrounds. Ein paar Betreuer waren nicht mehr da, dafür waren neue dabei. Die Gruppen wurden erneut aufgeteilt und dieses Mal bin ich mit Maria zu den Kleinen gegangen.

Mein Fazit in Sachen Gruppenwahl: Speziell für diese Situation sind mir die Kleinen lieber, da mir da ein kleinerer Wortschatz ausreicht und sie leichter zu ermuntern sind als die Großen. Mit ihnen habe ich intensivere Momente erlebt als mit den Großen – im Schönen wie im Unangenehmen. Allerdings kann man mit den Großen wesentlich komplexere Spiele spielen und wahrscheinlich wären sie meistens einfacher zu händeln als die Kleinen, wenn man die Sprache besser könnte. Apropos Sprache: Manchmal wurden meine Gespräche ein bunter Sprachenmix, denn mit Maria und zwei Kindern habe ich zum Teil Deutsch gesprochen, mit den restlichen Kindern Französisch oder ein paar Brocken Flämisch, mit den belgischen Betreuern Englisch oder Französisch… Vier Sprachen auf einmal!

Am Abend des belgischen Nationalfeiertags in einem Park in Brüssel.

Das dritte und letzte Seminarwochenende fand in Brüssel auf unserem Speelplein Raccon statt. Nun ging es an endgültige Reflexionen – die bei mir sehr positiv ausgefallen sind – und noch ein bisschen Sightseeing: Am Samstag sind wir in Brüssels Innenstadt gegangen haben Manneken Pis gesehen. Außerdem war mein Geburtstag, weshalb ein großes Feuerwerk gemacht wurde – ach so, ganz nebenbei war natürlich Nationalfeiertag 😉 . Die EVSler haben mir an diesem Tag diverse Ständchen gesungen – in der U-Bahn, auf der Straße, im Park… Und Maria hat sogar Fremde dazu gebracht, mir mit ihr zusammen Happy Birthday zu singen! Insgesamt also ein unvergesslicher Tag.

Sonntag ging es dann mit dem Zug zurück ins Allgäu – hundemüde, aber zufrieden.  Ich wäre gerne noch eine weitere Woche geblieben, aber zu Hause wartete nach nur drei Tagen Pause das letzte Vorbereitungsseminar in Benediktbeuern mitsamt Aussendungsfeier!

So, ihr seht, ich berichte gerne sehr ausführlich… aber ich hoffe, euch sind es die vielen Worte ebenso wert wie mir! Ich freue mich auf Leser für weitere Beiträge und gerne auch Kommentare.

Dag! Bettina