Mirupafshim Kosova!

Es ist November 2019. Mein Freiwilligendienst ist seit drei Monaten vorĂŒber, die neuen VoluntĂ€re haben ihren Dienst lĂ€ngst angetreten und letztes Wochenende war das Informationswochenende fĂŒr zukĂŒnftige VoluntĂ€re. (Man kann sich ĂŒbrigens noch bewerben!) Ich durfte dort meine Erfahrungen teilen und werde, soweit möglich, auch in weiteren Vorbereitungsseminaren dabei sein. Abgesehen davon hat aber ein neues Kapitel fĂŒr mich begonnen: Ich studiere jetzt Geographie und Soziologie. Mein Tagesablauf, meine Aufgaben, mein Umfeld – das alles hat sich verĂ€ndert. Es ist also Zeit, Abschied zu nehmen von diesem Blog. An dieser Stelle darf ich euch die Blogs meiner Nachfolgerinnen empfehlen: „KOSOWO SONST? – mein Freiwilligendienst im Kosovo“ von Veronika und „Mein Abenteuer im Kosovo“ von Hannah.

Bevor ich den Blog aber beende, möchte ich den Freiwilligendienst rekapitulieren.

Meine Zeit im Kosovo 



 war so vieles, dass es schwer in Worte zu fassen ist. Aber ich habe drei Stichworte, die das Wichtigste nennen:

Lehrreich: Ich bin angekommen, kannte weder Land noch Leute. NatĂŒlich hatte ich mich informiert. Ich wusste, dass der Kosovo hauptsĂ€chlich muslimisch geprĂ€gt ist, dass Serbien und Kosovo ĂŒber UnabhĂ€ngigkeit und LĂ€ndergrenzen streiten und der Krieg seine Spuren hinterlassen hat. Trotzdem ist es etwas völlig anderes, die Geschichten der Leute zu hören, ihre Kultur zu erleben und mit ihnen zu arbeiten. Es ist nicht das Fakten-Lernen, wie wir es in der Schule kennen, es ist eine ganz andere Art von Lernen. Zum Beispiel habe ich gelernt, gastfreundlicher und spontaner zu sein, zu geben ohne etwas zu erwarten, Chancen zu nutzen, wo sie gerade auftreten.

Bereichernd: Die Erinnerungen, die geschlossenen Freundschaften, das Gelernte, das sind Dinge, die mir viel wert sind. Und es sind Dinge, die mir nicht weggenommen werden können, die ich nicht verlieren kann. Das ist viel mehr wert als ein Jahr frĂŒher arbeiten und studieren.

Persönlichkeitsentwicklung: Vor dem Jahr kannte ich hauptsĂ€chlich die deutsche Kultur mit ihren Normen und Werten. Ohne etwas anderes zu kennen, ist es schwierig zu reflektieren. Nach diesem Jahr aber habe ich viel ĂŒber die kosovarisch-albanische Kultur gelernt und dadurch auch ĂŒber die deutsche. So ist mir klarer geworden, welche Werte mir besonders wichtig sind. Ich habe selbst das GefĂŒhl, mich in diesem einen Jahr mehr entwickelt zu haben als in den letzten drei Schuljahren. Das heißt nicht, dass ich jetzt einen ausgeschliffenen Lebensplan habe – im Gegenteil, ich habe noch so viele Möglichkeiten mehr entdeckt. Aber genau dieses Wissen ĂŒber die Möglichkeiten ermöglicht mir, zum gegebenen Zeitpunkt bewusst zu entscheiden.

Das war mein Freiwilligendienst fĂŒr mich.


 und die Zeit der anderen mit mir

Was hat er fĂŒr die Kinder und Jugendlichen, die anderen Don-Bosco-Mitarbeiter bedeutet?

Ganz oft habe ich gehört, dass ich sie inspiriert habe. Zuerst dachte ich: Wie, aber ihr habt doch mich inspiriert, mir so viel beigebracht! Aber es funktioniert in beide Richtungen: Indem ich ihre Handlungen in Frage stelle, weil ich sie schlicht nicht kenne, fangen auch sie an, darĂŒber nachzudenken. Wenn ich erzĂ€hle, wie ich es von mir daheim kenne und wir ĂŒber Vor- und Nachteile der jeweiligen Handelsweisen diskutieren, eröffnet es ihnen – und auch mir – eine ganz andere Breite an Handlungsmöglichkeiten, die sie vorher nie in ErwĂ€gung gezogen hĂ€tten. Es braucht also keine großen Aktionen, um positiv im GedĂ€chtnis zu bleiben. Vielmehr geht es darum, sich fĂŒr die Menschen und ihre Lebenswelt zu interessieren.

Über das Jahr hinweg und auch danach durfte ich sehr viel WertschĂ€tzung erfahren. Darunter gibt es Worte, an die erinnere ich mich besonders gerne. Deshalb zitiere ich sie hier fĂŒr euch, die Übersetzungen habe ich dabei mehr sinngemĂ€ĂŸ als wörtlich gehalten:

Ich bin da

„If you need me, I’m here.“ (Falls du mich brauchst, bin ich hier fĂŒr dich.) Das war ein Satz, den eine Freundin und SchĂŒlerin aus der damals elften Klasse gesagt hat. Er fiel nur so nebenbei, wie selbstverstĂ€ndlich, aber mir hat er so viel bedeutet, dass ich ihn groß in mein Tagebuch geschrieben habe. Es zeigt mir, dass ich ihr wichtig bin, dass ich es geschafft habe, mit ihr eine Beziehung aufzubauen und auch fĂŒr sie da zu sein. Das haben ihre Abschiedsworte bestĂ€tigt: „Thanks for giving me a lot of lessons and very very good memories. I love you too very much!“ (Vielen Dank dass du mir viel beigebracht hast und fĂŒr die sehr, sehr guten Erinnerungen. Ich habe dich auch sehr lieb!)

Von Herzen

Das nĂ€chste Zitat ist von einer Freundin und SchĂŒlerin, damals in der elften Klasse. Sie bezieht sich darauf, dass sie zu Beginn meines Freiwilligendienstes in einem MirĂ«mengjes (der Vollversammlung aller SchĂŒler/innen) alle aufforderte, dazu beizutragen, dass ich mich in Don Bosko Gjilan zuhause fĂŒhle. Ich hatte ihr nach meinem Freiwilligendienst eine Nachricht geschrieben und mich unter anderem dafĂŒr bedankt. Das ist ein Teil ihrer Antwort: „In that time, it was just a ‚beautiful‘ sentence, because I actually didn’t know you, but now that I do, it’s more than just a sentence and it makes sense more than it did that day.“ (In diesem Moment war es nur ein „schöner“ Satz, denn eigentlich kannte ich dich gar nicht; aber jetzt, da ich dich kenne, ist es mehr als nur ein Satz und es macht mehr Sinn als es an diesem Tag tat.“)

Außerdem schrieb sie mir, dass es gut fĂŒr sie war, mit mir Zeit zu verbringen, weil ich sie nocheinmal darĂŒber nachdenken ließ, was sie mit ihrem Leben machen will. Und ziemlich am Ende ihrer Nachricht las ich diese herzlichen Worte: „You will always have a special place in our heart“ (Du wirst immer einen speziellen Platz in unserem Herzen haben) und „We won’t forget you“ (Wir werden dich nicht vergessen).

Wie Familie

Besonders wichtig ist auch Jezuelas Freundschaft fĂŒr mich – und meine fĂŒr sie. Vor Kurzem schrieb sie mir: „You have no idea how much I need my lil sis here“ (Du weißt gar nicht, wie sehr ich meine kleine Schwester hier brauche). Sie nennt mich Schwester – das beschreibt unser VerhĂ€ltnis ziemlich gut. Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht, haben miteinander gearbeitet und dabei – und davor und danach – ĂŒber Gott und die Welt geredet. Sie hat mir geholfen, wo immer nötig, und ich ihr. Jetzt bleiben wir ĂŒber WhatsApp in Kontakt und wenn irgendwann möglich, wollen wir uns wieder treffen. Auch mit anderen Animatoren bin ich ĂŒber WhatsApp in Kontakt.

NatĂŒrlich gab es von unserem Direktor Don Dominik eine Abschiedrede fĂŒr mich. Ein Satz ist mir dabei besonders hĂ€ngen geblieben: „You’re like a daughter to us.“ (Du bist wie eine Tochter fĂŒr uns.)

Und Don Bosko ist wie eine zweite Familie, ein zweites Zuhause fĂŒr mich.

Damit möchte ich Don Dominik, Don Oreste, Jezuela und allen anderen Mitarbeiter*innen, SchĂŒler*innen und Animator*innen danken fĂŒr die wundervolle Zeit, fĂŒr die mir trotz aller Wortgewandtheit ein bisschen die Worte fehlen. Ich werde diese Zeit nie vergessen!

Eure Bettina

So I want to thank Don Dominik, Don Oreste, Jezuela and all co-workers, students and animators for the wonderful time, that I can’t really put into words. I’ll never forget this time!

Yours, Bettina

Edhe tash me pak gjuhĂ« shqipe: Falemindert shumĂ« Don Dominik, Don Oreste, Jezuela edhe krejt tjerat per çdo kohĂ« e mrekullueshme. S’mundem harroj çdo kohĂ«! (MĂ« falni pĂ«r krejt gabim – e di, s’mundem mĂ« fal mirĂ«…)

Bettina

PS: Ja, bei der Veröffentlichung ist es bereits Dezember – das Studium nimmt mich in Beschlag und gut Ding will schließlich Weile haben 😉 Vielen Dank, liebe Leser*innen, dass ihr so lange durchgehalten habt; vielen Dank, dass ihr mich ĂŒber das Jahr hinweg begleitet habt! Falls ihr wissen wollt, warum ich ausgerechnet dieses Titelbild fĂŒr den Abschiedsbeitrag gewĂ€hlt habe, klickt euch in den vorigen Blog.

Mein Jahr in Bildern

Gjilan, Kosovo – zunĂ€chst nur fremd klingende Namen, eine Stadt und ein Staat von oben in Google Earth, als Wikipediaeintrag, eine Verheißung von spannenden Erfahrungen.
Das Praktikum in Belgien – ein kleiner Vorgeschmack auf Don Bosco.
Das ist also Don Bosko Gjilan, mein Zuhause und mein Arbeitsplatz fĂŒr ein Jahr.
Mein erstes Selfie mit Jezuela – wir waren sofort auf einer WellenlĂ€nge. Auch mit den Salesianern habe ich mich super verstanden!
Kampf dem MĂŒll!
Maylie – Thema Straßenhunde: Da prallen Welten aufeinander. Aber wir haben es geschafft, eine Lösung zu finden.
Weihnachten mit Jezuela und Gregor in Tirana.
Skopje – Zwischenstation auf dem Weg nach Serbien zum Zwischenseminar.
Mit Verena habe ich den Kosovo touristisch erkundet – hier in den Bergen bei Peja.
Mit den elften Klassen …
Meine Gruppe mit Don Dominik bei einer kleinen AuffĂŒhrung.
… mit einigen Animatoren in Tale.

Am Ende meines Freiwilligendienstes war eine Gruppe italienischer Animatoren da. Mit ihnen durfte ich auf AusflĂŒge in die Umgebung Gjilans gehen und noch ein paar schöne Fotos machen:

Das ist kein Friedhof, sondern eine GedenkstĂ€tte im Aufbau. Zwischen diesen idyllischen HĂŒgeln hat Krieg gewĂŒstet, denn sie liegen nahe der Grenze zu Serbien, sodass sie 1999 zu den als ersten betroffenen Regionen gehörten.
Blick vom Turm der Kathedrale aus ĂŒber Prishtina.

Wie der Sonnenuntergang zum Tag gehört, gehört der Abschied zum Freiwilligendienst. Von all den Umarmungen und herzlichen Worten habe ich keine Fotos, lieber habe ich diese Momente genossen und in mein Herz aufgenommen. Deshalb verabschiede ich das Jahr stattdessen mit diesem metaphorischen Foto:

Die letzten Tage im Kosovo – melancholisch schön wie ein Sonnenuntergang.

Wie die Zeit vergeht

Ist es wirklich wahr, dass mein letzter Blogbeitrag fast drei Monate her ist? Leider ja, denn die Zeit verrennt. Ich fasse hier fĂŒr euch zusammen, womit ich diese drei Monate so sehr beschĂ€ftigt war, dass ich mich auf dem Blog nicht mehr gemeldet habe.

Schuljahresende und Oratorium

An einem der letzten Schultage mit Jezuela und einigen unserer SchĂŒler/innen.

Im Juni hat die Schule aufgehört. Erst fĂŒr die zwölften Klassen und dann nach und nach auch fĂŒr die niedrigeren Klassen. Das passiert hier nĂ€mlich nicht auf einen Schlag. WĂ€hrenddessen hat das Oratorium angefangen. Unser Oratorium kann man sich als Jugendzentrum im Anfangsstadium vorstellen. Nachmittags ab etwa vier Uhr ist unser Pausenhof mit Sportplatz fĂŒr die Kinder aus der ganzen Umgebung geöffnet, es liegen Fuß-, Basket- und VolleybĂ€lle bereit.

Mit den kleineren Jungs konnte ich ein paar Mal Fußball spielen, aber eigentlich gibt es schon genug Animatoren, die sich um die Fußballjungs kĂŒmmern. Daher habe ich mich nach einer Woche darauf verlegt, mich um die MĂ€dels zu kĂŒmmern. Mit den Ă€lteren MĂ€dchen – das sind etwa Zehn- bis SechzehnjĂ€hrige – spiele ich viel Volleyball (oder stehe zumindest auf dem Platz … wie oft ich tatsĂ€chlich auch den Ball erwische, kommt ganz auf die Anzahl der Mitspieler/innen an). FĂŒr die kleineren MĂ€dels habe ich eine Malkiste zusammengestellt. Denn oft mĂŒssen die Älteren auf ihre kleinen Geschwister aufpassen, wollen sie aber nicht mitspielen lassen, weil die Kleinen noch kaum Basketball oder Volleyball spielen können oder sich dabei schnell langweilen. Die Kiste wird allerdings nicht nur von den kleinen MĂ€dels mit Begeisterung genutzt, sondern von so ziemlich allen, die ins Oratorium kommen.

Endlich Sommerspiele!

Unser Plakat fĂŒr die Sommerspiele.

Im Juli, als die Schule endgĂŒltig fĂŒr alle aus war, fanden die Sommerspiele statt. Darauf hatte ich mich in Erinnerung an mein Praktikum in Belgien schon sehr gefreut. So kamen jeden Morgen zwischen 09:00 Uhr und 09:45 Uhr Kinder und Jugendliche aus der Umgebung zu uns und blieben bis 13:00 Uhr. Die Animatoren haben jeden Tag Spiele und sonstiges Programm fĂŒr sie vorbereitet. Zusammen mit ein paar der Animatoren war ich fĂŒr die jĂŒngste Gruppe zustĂ€ndig. Die Kinder waren vier bis sieben Jahre alt, konnten also grĂ¶ĂŸtenteils nur Albanisch. Das war sowohl Vorteil als auch Nachteil: Ich konnte zum Beispiel keine Spiele erklĂ€ren, weil mir dafĂŒr der Wortschatz nicht ausreichte. Aber gleichzeitig habe ich in der Zeit viel Albanisch dazu gelernt, weil ich gar keine andere Wahl hatte, als Albanisch zu sprechen und die Kinder mit mir immer Albanisch gesprochen haben.

Mit zu den Sommerspielen gehört jede Woche ein Schwimmtag. An diesen Tagen sind wir mit drei Bussen zu einem Freibad gefahren und haben mit den Kindern im Wasser geplanscht. Es war ziemlich anstrengend, darauf aufzupassen, dass die Kinder auch nur dann in den Pool gehen, wenn sie dĂŒrfen. Gleichzeitig hat es wahnsinnig viel Spaß gemacht, mit den Kindern zu spielen. Besonders geliebt haben sie es, durchs Wasser gezogen zu werden oder uns als interaktiven Sprungturm zu benutzen.

Am Nachmittag hat weiterhin das Oratorium stattgefunden, erweitert durch einige Kurse. Ich habe den Handarbeitskurs geleitet, was darin gemĂŒndet hat, dass wir sehr oft ArmbĂ€nder geflochten haben, weil die Kinder und Jugendlichen das geliebt und immer wieder nachgefragt haben. Am Ende sind zwei MĂ€dchen auf die Idee gekommen, ArmbĂ€nder in der Mittagspause der Sommerspiele zu verkaufen und das Geld zu spenden. Ich habe den beiden geholfen, das ganze zu koordinieren.

Insgesamt waren die Sommerspiele definitiv deutlich anders organisiert als der „Speelplein“ oder „playground“ – also „Spielplatz“ – in BrĂŒssel. Trotzdem gab es auch einige Ähnlichkeiten – nicht zuletzt die Freude an der Arbeit mit den Kindern.

Und schon sind sie wieder um….

Das Abschlussfest der Sommerspiele fand am Abend des 26. Julis statt. Jede Gruppe hat ĂŒber die vier Wochen Sommerspiele hinweg etwas eingeĂŒbt und schließlich vorgefĂŒhrt. Auch mit unseren Kleinen haben wir ein bisschen was vorbereitet: Ich habe das Klatschspiel „Schokolade“ ein bisschen geĂ€ndert, sodass man es ohne Partner klatschen kann. Als zweites haben wir ein bekanntes albanisches Kinderlied gesungen und mit Bewegungen unterlegt und zu guter Letzt Macarena getanzt. Danach wurde der Gewinner der Sommerspiele verkĂŒndet – außer der Gruppe fĂŒr die Kleinen gab es noch vier weitere Gruppen, alle fĂŒr Kinder von sieben bis etwa vierzehn Jahre. Diese Gruppen haben versucht, in den Spielen möglichst viele Punkte zu sammeln. Die Kleinen liefen aber außer Konkurrenz.

Animatorencamps

In die Wellen, fertig, tauchen!

Mit zu den Sommerspielen gehören auch ein Animatorencamp davor und danach. Es nahmen allerdings nur die 15 bis 20 wichtigsten Animatoren teil, da wir einen Animatorenpool von etwa 80 Animatoren haben. Beim ersten Camp waren wir in Tale in Albanien und haben drei Tage hauptsĂ€chlich am Strand verbracht. Man sollte meinen, danach wĂ€re ich braun geworden – war ich aber nicht. Das kam erst bei zweiten Camp in Velipoje, ebenfalls Albanien, bei dem wir sechs Tage am Strand verbracht haben. Im Vergleich zu den meisten anderen Animatoren bin ich aber immer noch ziemlich weiß… Abgesehen vom Sonnenbaden und Schwimmen haben wir im ersten Camp viele Spiele gespielt und uns auf unsere Arbeit mit den Kindern vorbereitet. Im zweiten Camp ging es dann darum, die Sommerspiele zu reflektieren und VerbesserungsvorschlĂ€ge anzubringen.

Don Dominik und ich …
… mit der restlichen Gruppe in Tale.
Am Strand bei Tale – der Holzweg war ĂŒbrigens höchstnotwendig, der Sand konnte brennend heiß werden.
Der Strand bei Velipoje von einem Rettungsschwimmerturm aus fotografiert. Fragen kostet nichts und kann sich lohnen!

Übrigens: Ich bin ein Mensch, der gerne den Schatten sucht und daher selbst im Hochsommer höchst selten Sonnencreme verwendet. Aber wenn man sich am Strand mit fĂŒnf Leuten einen feststehenden Sonnenschirm teilt oder im Freibad auf die Kinder aufpassen muss, kann man sich nicht stundenlang im Schatten verkriechen. Da hat mich der ein oder andere – zum GlĂŒck nur leichte bis mĂ€ĂŸige – Sonnenbrand schnell gelehrt, eine 50er Sonnencreme zu kaufen und etwa alle zwei Stunden aufzutragen.

Und da war ja noch was…

Mein Geburtstag! Ich bin an einem Sonntag wĂ€hrend der Sommerspiele 20 Jahre alt geworden. Ich habe den Tag bewusst nicht verplant, denn die Sommerspiele machten zwar sehr viel Spaß, aber stressig war es eben auch. So gerne ich viele Leute treffe, so sehr brauche ich auch mal ruhigere Stunden. Also ließ ich meinen Geburtstagsmorgen gaaaaanz langsam angehen. Wie jeden Sonntag war erst mal Messe, danach habe ich ein bisschen Zeit mit Jezuela verbracht. Dann wurde ich von einer unserer Animatorinnen auf einen Kaffee eingeladen. Ich trinke keinen Kaffee, aber hier geht man trotzdem „Kaffee trinken“, weil damit alles gemeint ist, was man in einem CafĂ© kriegen kann. Danach habe ich mir ein bisschen Zeit nur fĂŒr mich gegönnt, denn davon hatte ich zwischenzeitlich eindeutig zu wenig.

Am spĂ€ten Nachmittag bin ich mit einem zweiten Geburtstagskind und einem anderen Animator noch einmal „Kaffee trinken“ gegangen – das ist hier so gang und gĂ€be an Geburtstagen. Am Abend sind etliche Animatoren eingetrudelt, die eine kleine Überraschung fĂŒr uns zwei Geburtstagskinder vorbereitet haben: Kuchen, Ballons, SĂŒĂŸigkeitenbuffet und frĂŒher oder spĂ€ter kommt hier immer Musik und Tanz dazu.

Nicht zu vergessen: Geburtstagsgeschenke! Meine Familie hat es doch tatsĂ€chlich geschafft, mir ein Geschenk zuzuschustern. Als meine Schwester im April hier war, hat sie bei Jezuela ein Geschenk fĂŒr mich versteckt und Jezuela hat dieses am Geburtstag an mich weitergegeben. So durfte ich mich ĂŒber eine Karte, ein Buch und vegetarische GummibĂ€rchen freuen! Und dann gab es natĂŒrlich noch ein paar mehr Geschenke, die von einer Don-Bosco-Medaille von Don Dominik ĂŒber Malsachen bis hin zu SchlĂŒsselanhĂ€ngern reichen. Und Don Dominiks Worte: „Du bist wie eine Tochter fĂŒr uns geworden.“ Kann man sich mehr wĂŒnschen?

So viel fĂŒr heute und liebe GrĂŒĂŸe nach Hause!

Eure Bettina

PS: Auf dem Beitragsbild seht ihr ein GemĂ€lde der Helden aus dem Film „Big Hero 6“, dem diesjĂ€hrigen Thema der Sommerspiele. Ich hab leider nicht mitgemalt.

Am Meer

Heute will ich euch von einem besonderen Moment erzÀhlen. Jetzt gerade, wÀhrend ich das schreibe, bin ich auf Albanienfahrt mit der elften Klasse (wenn der Blog online geht, werden fast drei Wochen vergangen sein). Es ist kurz nach 23 Uhr. Bis vor wenigen Minuten hatte ich mich mit Don Dominik und einigen ElftklÀssler*innen am Strand aufgehalten.

Abendlicher Strandspaziergang

Wir waren vom Hotel aus an den Strand gegangen und hinter Don Dominik her ĂŒber etliche Felsen von StrĂ€ndchen zu StrĂ€ndchen geklettert. Hier zahlte sich meine Wander- und Klettererfahrung aus: Ich konnte einer UngeĂŒbten eine TĂŒte abnehmen und die Snacks darin sicher bis zu dem Strand bringen, an dem etliche Liegen sowie eine große, ins Wasser hineinragende Holzplattform standen. Wir kletterten auf die Plattform und setzten uns an den Rand. Manche ließen ihre FĂŒĂŸe ĂŒbers Wasser baumeln. Don Dominik forderte uns dazu auf, fĂŒnf Minuten ganz still zu sein und einfach nur das Gemeinsam-Sein zu genießen. Also hörten wir dem Rauschen der Wellen zu, betrachteten die Lichter, die schrĂ€g gegenĂŒber von der anderen Seite der Bucht herleuchteten. Hinter uns wurde leise in einem Restaurant Musik gespielt, geredet, gelacht und mit Geschirr geklappert.

Wie es wohl wÀre, jetzt mit der eigenen Familie oder mit Freunden dort oben im heimelig gelb leuchtenden Restaurant zu sitzen, zu essen, sich zu unterhalten und gemeinsam zu lachen? Wie wÀre es wohl, ganz alleine in der Bucht zu sein und im seicht schaukelnden Meer schwimmen zu gehen?

Wie ist es, einfach mal dazusitzen und gemeinsam zu genießen?

NatĂŒrlich, die GesprĂ€che, die ich den Tag ĂŒber gefĂŒhrt habe, waren meist sehr interessant und herzlich. Aber man muss nicht immer reden. Manchmal ist einfach nur gemeinsam existieren genau richtig.

Miteinander da sein…

Die fĂŒnf Minuten waren um. Don Dominik forderte uns auf, noch etwas zusammen zu rĂŒcken, dann wollte er uns noch etwas vorlesen. Er entschied sich letztendlich doch dagegen, denn es war recht kĂŒhl un den Text konnten wir auch zu Hause lesen. Stattdessen nahm er seine Gitarre zur Hand, die den Weg ĂŒber die vielen Felsen unbeschadet ĂŒberstanden hatte. Bevor er die Saiten zupfte, forderte er uns auf, noch einmal das Gemeinsam-Sein zu fĂŒhlen. Eine der SchĂŒlerinnen teilte ihre Regenjacke zum Draufsitzen mit mir, schrĂ€g vor ihr saß eine ihrer MitschĂŒlerinnen. Diese lehnte sich bald an sie und sie nahm ihre MitschĂŒlerin in den Arm. Nach einer Weile kehrten sie es um: Die MitschĂŒlerin nahm sie in den Arm.

Die ganze Zeit hĂ€tte ich mich am liebsten mit dazu gelehnt. Das ist nĂ€mlich etwas, das man schon manchmal vermisst: Einfach grundlos jemanden in den Arm nehmen. Zu Hause war das einfach: Da habe ich Mama ab und zu mal zwei Minuten geknuddelt. NatĂŒrlich bekomme ich hier auch Umarmungen. Jeden Morgen mehrere, denn ich werde jeden Morgen von etlichen SchĂŒler*innen herzlich begrĂŒĂŸt. Und ĂŒber den Tag verteilt kommt noch die eine oder andere Umarmung dazu. Und ich weiß, ich könnte Jezuela theoretisch jederzeit umarmen.Trotzdem tue ich es oft nicht. Es ist nicht so, dass ich es mir verbiete, ich denke nur einfach nicht daran. Erst in Sitationen wie diesen wird es mir bewusst.

Ich lehnte mich aber nicht gleich dazu. Denn ich wusste, dass die beiden befreundet waren und in diese Umarmung wahrscheinlich Emotionen aus verschiedenen Situationen mit hinein spielten, die die beiden gemeinsam durchgestanden hatten. Daher wollte ich nicht stören, die Äußerung der gegenseitigen WertschĂ€tzung nicht unterbrechen.

… und fĂŒreiander da sein

Aber nach einer Weile lehnte ich mich doch dazu. Die Hand der Umarmenden, die nun zwischen meinem Kopf und der Schulter der Umarmten klemmte, zog sich vorsichtig heraus und legte sich sanft auf meinen Kopf. Die Umarmte legte ihre Hand offen in die NĂ€he der meinen, als wolle sie anbieten, die meine zu halten. Das nahm ich gerne an.

So saßen wir ein Weilchen, dann rappelte sich die Umarmte zwischen uns langsam auf und stellte sich ein paar Schritte hinter uns auf die Plattform. Auch zwei andere hatten sich an die RĂ€nder der Plattform gestellt und guckten in die Weite.

Schließlich ließ Don Dominik das letzte Zupfen verklingen. Wir standen auf und machten uns wieder auf den Weg zurĂŒck zum Hotel. Und jetzt sitze ich hier, neben mir spielen drei SchĂŒlerinnen ein Brettspiel. Am Tisch vor mir hat sich der Großteil der Gruppe um Don Dominik versammelt. Sie singen gemeinsam, Don Dominik bringt nochmal seine Gitarre zum Klingen.

Momente wie diese

Derweil tippe ich mit kĂŒhlen Fingern auf meinem Handy herum, baue aus den Bildern in meinem Kopf SĂ€tze. Ich möchte unbedingt diesen Moment – oder eher dieses Weilchen – mit euch teilen. Dieses Ereignis hat mir, wie viele Momente in den vergangenen acht Monaten, gezeigt: Leute, denen man vertraut, sie einfach mal so umarmt, sich mit ihnen unterhĂ€lt, lacht und manchmal auch weint oder – wie in diesem Fall – einfach gemeinsam schweigt, mĂŒssen nicht Verwandte oder jahrelange Freunde sein. Es können auch Freunde sein, die man erst vor ein paar Wochen und Monaten kennengelernt hat, ĂŒber die man immer noch jede Menge zu erfahren hat. Es kann auch eine Fammilie sein, die zwar nicht blutsverwandt mit dir ist, dich aber wie ein Familienmitglied behandelt.

Liebe GrĂŒĂŸe und bis bald!

Eure Bettina

PS: Das Foto ist am nÀchsten Abend bei einem Stadtbummel in Saranda  entstanden.

Herzlich Willkommen, Schwesterherz!

Am 02. April war es so weit: Meine Schwester Verena kam mich besuchen! Don Oreste und ich fuhren also los, um sie abzuholen. Am Flughafen angekommen stellten wir erst mal fest, dass der Flug etwas spĂ€ter als geplant ankommen wĂŒrde. Mit der Zeit sammelten sich einige Leute am Ausgang nach der Zollkontrolle an. Genau durch die bin ich vor zu dem Zeitpunkt sieben, inzwischen acht Monaten auch gegangen.

Es kamen immer wieder Leute heraus, manchmal einzeln, manchmal drei oder vier zusammen. Ich musste aber ein ganzes Weilchen warten, bis ich mein Schwesterherz erspÀhte. Was dann kam, könnt ihr euch schon vorstellen: Noch breiteres Grinsen als sowieso schon, eine dicke und lange Umarmung, riesige Freude!

Schließlich packten wir ihr Köfferchen und ihren Rucksack ins Auto und machten uns auf die gut einstĂŒndige Fahrt nach Gjilan.

Die LieblingsbeschĂ€ftigung meiner großen Schwester

Kaum waren wir auf meinem Zimmer angekommen – das praktischerweise zwei Betten hat – und haben ihr Zeug abgestellt, kam, was kommen musste: Kitzelattacke!

Ich glaube fast, das hat meine Schwester am Meisten vermisst: Mich zu kitzeln. Denn damit hat sie die restlichen eineinhalb Wochen nicht mehr aufgehört! Nun, ehrlich gesagt, es war ziemlich witzig. Fast wie zu Hause, wo wir uns manchmal gemeinsam auf unseren großen Sessel gesetzt hatten und sie frĂŒher oder spĂ€ter begann, mich durchzukitzeln. Nur dass wir nun auf dem Bett saßen und ich inzwischen etwas besser zurĂŒckkitzeln kann.

Prishtina

Verena mag ja nur eineinhalb Wochen hier gewesen sein, aber sich beschweren, dass sie nicht genug vom Kosovo gesehen hat, kann sie definitiv nicht. Schon am ersten vollen Tag fuhren wir mit dem Bus nach Prishtina und guckten uns einige SehenswĂŒrdigkeiten an. Als erstes waren wir bei der Kathedrale, aber die hatten gerade Mittagspause und die Kathedrale war geschlossen. Also machten wir uns auf den Weg zum Newborn-Monument, stießen aber als erstes auf ein anderes Denkmal. Es war den Frauen gewidmet, die im Krieg leiden mussten. Dort ĂŒbersetzte uns ein junger Mann ein Zitat. Wir kamen ins GesprĂ€ch und er bot an, uns die Bibliothek zu zeigen. Ein persönlicher StadtfĂŒhrer! Dieses Gebot nimmt man natĂŒrlich gerne an. Bevor wir jedoch dort hingingen, machten wir noch einen Abstecher zum Newborn-Monument, denn dazu musste man vom Denkmal aus nur die Straße ĂŒberqueren.

… also an dem Tag, an dem Kosovo seine UnabhĂ€ngigkeit erklĂ€rte.

Das Newborn-Monument wurde am 17. Februar 2008 aufgestellt…

Das Newborn-Monument besteht aus großen Buchstaben aus Metallplatten und Eisenrahmen, die das Wort „NEWBORN“ ergeben. Die Buchstaben werden jedes Jahr neu bemalt. Im Moment sind sie auf der Frontseite mit detailreichen Mustern, die Bilder ergeben, verziert. Auf der anderen Seite stehen pro Buchstabe ein Wort in verschiedene Sprachen ĂŒbersetzt. Hier die englischen, albanischen und deutschen Wörter:

N: NATURE, NATYRA, NATUR

E: ENERGY, ENERGJI, ENERGIE

W: WATER, UJË, WASSER

B: BIODIVERSITY, BIODIVERSITETI, BIODIVERSITÄT

O: OXYGEN, OKSIGJENI, SAUERSTOFF

R: RECYCLING, RICIKLIMI, RECYCLING

N: NATURE, NATYRA, NATUR

Das sind alles Dinge, denen auf jeden Fall noch viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss als sie gerade bekommen. Aber nicht nur hier im Kosovo, sondern auch in der ganzen restlichen Welt. Allerdings gibt es hier kein Fridays for Future. Immerhin konnte ich aber mit ein paar (unfreiwilligen) SchĂŒlern an einem Vormittag jede Menge MĂŒll vom GelĂ€nde sammeln. Im Herbst haben wir mit einer handvoll Animatoren mal den Gehweg und den GrĂŒnstreifen vor unserem GelĂ€nde sauber gemacht. Das hört sich nicht nach viel an, aber es waren einige Stunden Arbeit.

Die Ausstellung.

ZurĂŒck zu unserer Stadttour: Danach gingen wir zur Bibliothek, einem futuristischen Bau: Das GebĂ€ude an sich scheint aus vielen Quadern zu bestehen, die aber mit einem mehrschichtigen Metallnetz mit großen, geschwungenen Maschen umgeben zu sein scheinen. Dazu sind auf dem Dach viele schaumblasenartige Kuppeln. Ein Bild habe ich leider nicht, denn ich hatte meine Kamera in meinem Zimmer vergessen und machte nur das ein oder andere Foto mit meinem Handy.

In der Bibliothek gab es gerade eine kleine Ausstellung. Auf Schautafeln standen kurze Berichte von einer Gruppe von Kosovaren, die jetzt in Großbrittanien lebt. Sie erzĂ€hlen darin mit wenigen Worten von ihren Kriegserlebnissen. Das war ein stiller, nachdenklicher Moment.

Danach gingen wir wieder Richtung Mutter-Teresa-Kathedrale. Dort verabschiedete sich der junge Mann von uns und wir sahen uns die Kathedrale an. Ich kannte sie von etlichen anderen Besuchen bereits sehr gut. Die Kathedrale ist in sehr hellen Tönen gehalten und hat viele große Buntglasfenster. Insgesamt ist sie in einem eher einfachen Stil gehalten. Dennoch gibt es viele Details zu entdecken. Noch ist sie nicht ganz fertig, aber sie wird bereits fĂŒr Gottesdienste und Veranstaltungen genutzt. Don Dominik hat ĂŒbrigens großen Anteil an ihrer Gestaltung.

… und von Innen.

Die Kathedrale von Außen …

Die Decke des Doms.

Eines der vielen schönen Buntglasfenster.

Auf Empfehlung von Jezuelas Schwester gingen wir danach in einem Restaurant essen, das viele vegetarische und vegane Gerichte anbietet. Das hat mich sehr gefreut, denn Vegetarismus geschweige denn Veganismus sind hier beinahe noch Fremdwörter! Also an alle, die mal in Prishtina vegetarisch oder vegan essen möchten: Das „green & protein“ kann ich euch sehr empfehlen.

Anschließend machten wir uns noch auf in die Altstadt und sahen den Uhrturm (Kulla e Sahatit) von Prishtina sowie ein paar alte Moscheen, zum Beispiel die Große Moschee (auch Sultan-Mehmed-al-Fatih-Moschee genannt), die Jashar-Pascha-Moschee sowie die Çarshi-Moschee (auch Stein-Moschee oder Sultan-Murad-Moschee genannt). Auf einem Straßenmarkt haben wir Erdbeeren gekauft. Auch den einen oder anderen Platz mit Statue haben wir ĂŒberquert. Da war zum Beispiel eine Skenderbeg-Statue und ein Kunstwerk, dass etwas abstrakt mit Flaggen bemalte Menschen darstellt. Irgendwann machten wir uns etwas erschöpft auf den Heimweg.

Und der Uhrturm in Gjilan.

Der Uhrturm in Prishtina.

Jede Menge Flaggen.

Der Skanderbeg-Platz.

… und die Moschee selbst von der Straße aus.

Das Vordach der Großen Moschee…

Und noch mehr StÀdte

Um es kurz zu fassen: Prishtina war nicht die einzige Stadt, die wir besucht haben. Mit Jezuela waren wir auch in Ferizaj, Peja, Gjakova und Prizren. Außerdem sind wir ein bisschen durch die Berge bei Peja gefahren und spaziert. In Gjakova waren wir in einem der zig CafĂ©s. Es gibt eine ganze Gasse in der FußgĂ€ngerzone, die wirklich quasi nur aus CafĂ©s besteht! In Prizren sind wir Abends angekommen und durften bei Dorea ĂŒbernachten – vielen Dank nochmal!

Dorea ist eine der VoluntĂ€rinnen, die ich im Zwischenseminar kennenlernen durfte. Leider hatten wir fast keine Zeit zusammen, denn sie hatte am nĂ€chsten Tag einen ganz normalen Arbeitstag, wĂ€rhend wir in regnerischem Wetter durch die schöne Stadt spazierten und die Burg etwas oberhalb der Stadt besichtigten. Unser Mittagessen aßen wir in einem Restaurant, das tatsĂ€chlich einen winzigen Indoor-Teich mit Enten hatte!

Also falls ihr mal in den Kosovo kommt, kann ich euch definitiv Prishtina, Prizren sowie Gjakova empfehlen. FĂŒr alle, die lieber in der Natur unterwegs sind, dĂŒrfte sich rund um Peja Schönes finden.

Hier ein paar EindrĂŒcke:

In einer kleinen Kirche in Ferizaj:

Diese Kirche hat definitiv einen sehr eigenen Stil. Trotzdem (oder gerade deswegen) hat sie mir gefallen.

Die Kirche war eigentlich geschlossen – aber Jezuela fragte eine der nebenan wohnenden Nonnen, ob sie fĂŒr uns öffnen wĂŒrde.

 

Peja:

Wolken hÀngen in den Bergen.

Auf dem Weg nach Peja – was wie Wolken aussieht, sind grĂ¶ĂŸtenteils weiße Bergspitzen, die aus dem Dunst ragen.

Verena genießt die Aussicht!

Nach etlicher Kurverei haben wir in einem kleinen Ressort angehalten.

Ein kleiner Wasserfall, der im Bach endet.

Ein Blick den Bach hinauf – dafĂŒr mussten wir aber erst hinter einer Haltebucht den Hang hinabklettern.

Ein Huflattich kÀmpft sich durch Kies.

PalmkĂ€tzchen – der FrĂŒhling kommt!

Jezuela und Verena haben sich super gut verstanden. 🙂

In einer Moschee in Peja:

Die Nische, die die nach Mekka zeigt.

Und ich mittendrin! Das ist das erste Mal, dass ich eine Moschee richtig betreten habe. Davor habe ich nur mal von der TĂŒrschwelle aus einen Blick in eine Moschee geworfen.

Oben in diesem TĂŒrmchen werden bestimmte Teile des Korans vorgelesen.

 

 

Gjakova:

Ein GĂ€sschen in Gjakova.

Ein traditionelles albanisches Haus, das nun ein Museum ist.

Und die Gasse mit all den Cafés.

 

Prizren:

Ein verregneter Platz.

Die Kalaja e Prizrenit, also die Burg von Prizren.

Etliche BĂ€ume sind in der Altstadt umstrickt – hier ein besonders schönes Exemplar.

Angeblich wĂŒrde man in Prizren heiraten, wenn man aus diesem Brunnen trinkt – ich habe es lieber nicht ausprobiert.

Ikonen in der orthodoxen Kirche.

Ein Blick in eine orthodoxe Kirche.

Dieses GemĂ€lde befindet sich ĂŒber dem Altarbereich der Kirche.

Die Kirche von Außen.

In einer Moschee in Prizren:

Die Seitenwand.

Der Blick in die Moschee.

Die schön verzierte Kuppel.

Diese Empore war einst vor allem der Platz fĂŒr wichtige Persönlichkeiten.

NatĂŒrlich besuchten wir auch Jezuelas Familie und durften bei einer unserer SchĂŒlerinnen und Animatorinnen zu Mittag essen. Vielen Dank euch beiden und euren Familien fĂŒr die Gastfreundschaft (, auch fĂŒr die, die ich auch schon vor Verenas Besuch genießen durfte)!

Irgendwann kommt natĂŒrlich der Tag des Abschieds: Nachdem Verena noch einen kleinen Einblick in meinen Schulalltag erhalten hatte, flog sie am 11. April zurĂŒck nach Deutschland – schließlich wartet der Alltag nicht.

Vielen Dank, Schwesterherz, dass du hier warst! (Und dass du vegetarische GummibÀrchen, einen Herzluftballon, Hosen, eine Zeitung und noch ein paar Sachen mitgebracht hast!)

Liebe GrĂŒĂŸe an alle, eure Bettina

Die Spuren des Konflikts mit Serbien

Die Republik Kosovo feiert zwar seit 2008 jÀhrlich am 17. Februar seine UnabhÀngigkeit, aber so klar ist die Situation noch nicht. Serbien sieht den Kosovo als Autonome Provinz Kosovo und Metochien, also als zu Serbien gehörig. 79 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen stimmen Serbien zu, jedenfalls haben sie die Republik Kosovo im Gegensatz zu den 114 restlichen Mitgliedsstaaten noch nicht als unabhÀngig anerkannt.

Warum gibt es ĂŒberhaupt einen Konflikt?

Ich kann das Ganze nur grob aus der Sicht eines Laien beantworten, denn dahinter steckt wahnsinnig viel Geschichte, die weit ĂŒber die Zeit Jugoslawiens hinaus geht. Aber ein Problem, dass ich persönlich ausgemacht habe, ist, dass die meisten Kosovaren der albanischen Ethnie angehören und sich als Albaner identifizieren, nicht als Serben. Die Serben gelten ihnen auf Grund der vorangegangenen Kriege (die natĂŒrlich auch einen Ursprung haben mĂŒssen) als Feinde.

Neue Zollauflagen fĂŒr Serbien

Seit Ende November 2018 sind alle in Serbien und Bosnien-Herzegowina hergestellten Produkte mit einem Zoll von 100 Prozent belegt. Seit 2019 sind ausnahmslos alle Produkte, die aus diesen LĂ€ndern nach Kosovo importiert werden, mit eben diesem Steuersatz belegt. Darunter fallen also auch Produkte die aus Deutschland, Österreich oder Schweiz ĂŒber Serbien in den Kosovo importiert werden. Dabei kommen sehr viele der im Kosovo erhĂ€ltlichen Produkte aus Serbien.

Im Alltag habe ich das schnell gespĂŒrt. Etliche Produkte, die wir im Schulkiosk verkauft haben, waren nicht mehr zu kriegen oder sehr teuer. Wir mussten Alternativen suchen. Dabei hilft es nicht, dass die meisten kosovarischen Produkte nicht einmal von der eigenen Bevölkerung gerne gemocht und gekauft werden.

Auch in den ganz normalen LĂ€den ist mir etwas fĂŒr mich Außergewöhnliches aufgefallen: Neben den Preisschildern ist die Flagge des Herkunftslandes befestigt. In Deutschland fĂ€nde ich das gar nicht schlecht, so muss man nicht ewig im Kleingeschriebenen auf der Packung nach dem Herkunftsland suchen. Dann kann man schneller das Produkt mit dem kĂŒrzeren Transportweg und damit hoffentlich geringerer Umweltbelastung wĂ€hlen. Aber hier geht es um etwas anderes: Man muss sich plötzlich bewusst entscheiden, welches Land man wirtschaftlich unterstĂŒtzen möchte. Oder anders gesehen: Nun kann man bestimmte LĂ€nder mit nur einem Blick diskriminieren.

Was – du gehst nach Serbien?!

Nicht nur, dass sich jemand gegen ein Produkt entscheidet, weil es aus Serbien kommt, habe ich gehört. Ganz oft hieß es: „Was – du gehst nach Serbien?! Was hast du denn da zu tun?“ Der Unterton sagte dabei meist so etwas wie: „Was willst du denn im Land unserer Feinde?“ Dass ich nun mal zum Zwischenseminar dort hin musste und nicht einfach nur Urlaub machte, beruhigte die Fragenden. Es kam auch mal: „Warum mĂŒssen die Organisatoren das Seminar ausgerechnet in Serbien abhalten?“

Insgesamt gab es viele Kommentare die halb scherzhaft gemeint waren, aber wegen ihrer HĂ€ufigkeit eine sehr ernste Seite haben. Die Abneigung gegen die Serben scheint tief verwurzelt zu sein.

Hass macht vor Nichts halt

Ein zerbrochener Grabstein. Die dort begrabene Person lebte von 1978 bis 1997 – sie wurde nicht einmal 20 Jahre alt.

Das ist mir auch letztens an einem Ort aufgefallen, an dem man hoffen wĂŒrde, nicht auf Feindlichkeit zu stoßen: Auf dem Friedhof. Das ist ein Ort, an dem man die Toten in Frieden ruhen lassen und trauen können möchte. Doch die Feindlichkeit der Ethnien macht auch vor diesem Ort keinen Halt.

Vor wenigen Tagen hatte ich die Chance den Friedhof von Gjilan zu besuchen. GlĂŒcklicherweise konnte ich auch den Bereich der alten GrĂ€ber ansehen. Es gab nicht nur verwitterte Grabsteine und GrĂ€ber von vor dem Krieg – der ja noch nicht einmal 20 Jahre her ist. Auch auf GrĂ€ber, die wohl absichtlich beschĂ€digt wurden, bin ich gestoßen. Etliche Grabsteine, die man durch die kyrillische Schrift der serbischen Sprache als serbisch identifizieren kann, wurden umgeschmissen oder zerschmettert.

Auf dem neueren Teil des Friedhofs habe ich zum GlĂŒck nichts derartiges gesehen, aber ich habe auch nur einen kleinen Teil des Friedhofs angeschaut.

Der Nationalstolz der Kosovo-Albaner

Allgemein ist es fĂŒr mich immer wieder erstaunlich, wie stolz die meisten Kosovo-Albaner auf „Shqiperia“ sind. Der Begriff steht eigentlich nur fĂŒr Albanien, wird aber unter den (Kosovo-)Albanern oft fĂŒr das gesamte albanisch-sprachige Gebiet verwendet. Schließlich nennen sie sich selbst auch „Shqiptar“, also Albaner und sprechen „Shqipe“, also Albanisch. Das grĂ¶ĂŸte Paradox ist fĂŒr mich, dass sie andererseits ihr Land schlecht reden und quasi jeder versucht, irgendwo anders hinzukommen, sei es nun Deutschland, Schweiz, Großbrittanien oder USA.

ZusĂ€tzlich bin ich solchen Stolz gar nicht gewöhnt. Man hisst die deutsche Flagge fast nur zu Fußballmeisterschaften (oder auf PEGIDA-Demos). FĂŒr mich persönlich ist „ich bin Deutsche“ vor allem eine geographische und sprachliche Zuordnung. Viele Leute in Deutschland geben nicht besonders viel auf ihr Deutsch-Sein. Eher hĂ€lt man etwas auf die deutsche Wirtschaft, das deutsche Staatssystem. Die GrĂŒnde dafĂŒr liegen vor allem im heutigen Blick auf die Geschichte Deutschlands, genauer gesagt auf die Zeit des Nationalsozialismus.

Hierzulande ist es ganz anders. Man ist stolz darauf, albanisch zu sein. Vom eigenen Staat und wie die Dinge im Land so laufen hĂ€lt man hingegen nicht gerade viel – das oben bereits erwĂ€hnte Paradox. NatĂŒrlich ist die Geschichte des Kosovos eine ganz andere als die Deutschlands. Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts wurde die Region zwischen verschiedenen Herrschern und Regierungen hin und her gerissen, so auch unter der Existenz Jugoslawiens. Zu dem Zeitpunkt haben sich erste Forderungen nach einer eigenen Republik Kosovo geregt. Und heute steht der Kosovo immerhin mit einer UnabhĂ€ngigkeitserklĂ€rung da, auch wenn diese umstritten ist.

Vielen Dank, dass ihr bis hier hin durchgehalten habt. (Und denkt bitte daran – das ist nur mein Blick, meine Erfahrungen, mein Gehörtes.)

Liebe GrĂŒĂŸe, eure Bettina, die mit reichlich DenkanstĂ¶ĂŸen ĂŒberschĂŒttet wird

Das Zwischenseminar

WĂ€hrend eines Spaziergangs habe ich diese Ruine – nur eine von vielen – gesehen.

Unser Zwischenseminar fand im Norden Serbiens in Mali IđoĆĄ, in Deutsch Hedjesch genannt, statt. Laut Wikipedia ist es eine Kleinstadt, aber meiner Empfindung nach wĂŒrde ich es als grĂ¶ĂŸeres Dorf einordnen. In einem wunderschön rustikalen Gasthof warteten unsere Seminarleiterinnen und ein paar bereits angekommene Freiwillige auf uns. Nun ging das große Kennenlernen los. Wir haben uns das gesamte Zwischenseminar ĂŒber – vor allem aber in den ersten zwei bis drei Tagen – unglaublich viel unterhalten. Nicht nur in den Seminarsitzungen gab es dahingehende Aufgabenstellungen, wir hatten auch so genug Zeit, um uns auszutauschen. Es hat sehr geholfen, die Erfahrungen, Probleme und Vorgehensweisen vergleichen und so neue Gedanken mitnehmen zu können. Spiele waren natĂŒrlich auch an der Tagesordnung: Von herrlich verrĂŒckten Bewegungsspielen ĂŒber schrĂ€ge Theaterszenen bis hin zum „Psychiater“, der die Krankheit der Gruppe herausfinden muss, war alles dabei.

… aber auch dieses offenbar verlassene Haus.

Im Dorf befanden sich dieses schöne Haus …

Ausflug nach Subotica

TatsĂ€chlich gab es nicht nur Seminarsitzungen, sondern auch eine FĂŒhrung durch die nahegelegene Stadt Subotica. Die Stadt ist sehr sehenswert mit vielen interessanten GebĂ€uden und Geschichten dazu. Da war zum Beispiel eine Kirche dabei, die leider am Auseinanderbrechen ist. Mehrere große Risse ziehen sich durch die Fassade, weil sich der Boden unter der Kirche ungleich bewegt hat.

Hier sieht man die Risse deutlich.

Die Kirche mit den Rissen.

 

Und drinnen diese Marienstatue.

Noch eine Kirche.

 

… und dieser freundliche Kanalarbeiter grĂŒĂŸt uns auf dem Gehweg.

Dieser Dauergeiger begegnete uns in einem wunderschönen Hinterhof mit Restaurant …

 

In einem ganz unauffÀlligen Haus fand sich im Treppenhaus dieses erstaunliche DeckengemÀlde.

Eine reich verzierte TĂŒr.

 

 

Diese HÀuserreihe erinnert mich tatsÀchlich etwas an Fassaden, wie man sie in Àlteren deutschen Stadtzentren finden kann.

Ein Haus mit orientalischem Touch.

 

 

Die Synagoge.

Besonders beeindruckt hat mich die Synagoge im Jugendstil. Bereits von außen bestaunte ich die Imposanz und Schönheit. Aber da wusste ich noch gar nicht, wie sie von Innen aussieht. Die Synagoge ist heute kaum mehr in Gebrauch, ist es doch ein geschĂŒtztes Kulturdenkmal. Unsere Jungs haben natĂŒrlich trotzdem alle eine Kippa aufgesetzt, wie es sich in Synagogen gehört. Bereits im Eingangsbereich waren zwei leuchtende Buntglasfenster. Unserer StadtfĂŒhrer erklĂ€rte uns, dass nur noch eines der vielen Fenster die originalen Scheiben hatte. Dieses eine Fenster hat impressive Farben, ich hĂ€tte gerne auch die anderen Fenster in ihrer originalen Buntheit gesehen. Die restlichen Original-Fenster sind einst einer Zeit der VernachlĂ€ssigung zum Opfer gefallen. Aber auch die nachgebildeten Fenster waren unglaublich beeindruckend, genauso wie die sonstigen Verzierungen im GebĂ€ude.

Dasselbe wie das originale Fenster, aber mit neuen Farben.

Das einzige originale Fenster.

 

Alles bis ins Letzte ausgestaltet: Selbst die TĂŒren und WĂ€nde sind ein Hingucker.

Das ist die Front, in der Synagoge.

 

 

Das dĂŒrfte das Fenster sein, das im anderen Bild in der Wand hinter der Empore zu sehen ist.

Ein Blick in zur Seitenwand.

 

 

Rund um den Innenraum der Synagoge zieht sich – mit Unterbrechung an der Frontseite – eine Empore entlang, hier von schrĂ€g unten gesehen.

Die hohe Kuppel.

 

 

Und noch eins. Weils so schön ist.

Noch ein Buntglasfenster.

Auf Irrwegen

SpĂ€ter hatten wir noch Freizeit in der Stadt. Gemeinsam mit zwei anderen VoluntĂ€rinnen beschloss ich, zu einer Mall zu gehen. Der StadtfĂŒhrer hatte uns den Weg gewiesen. Dummerweise haben wir vergessen, wie der Weg war. Also suchten und fanden wir in Google Maps ein Einkaufszentrum. Der Weg dorthin fĂŒhrte mitten in ein Wohnviertel. Leicht verdutzt standen wir schließlich an einer Kreuzung, keine Mall weit und breit. Nach etwas herumschauen fanden wir heraus, dass es da wohl einen oder mehrere grĂ¶ĂŸere LebensmittellĂ€den hat.

Also kehrten wir wieder um und machten uns auf den Weg zurĂŒck – viel Zeit war sowieso nicht mehr ĂŒbrig. Die Mall fanden wir also nicht mehr. Aber das machte nichts, ein Spaziergang durch ein Wohnviertel ist ja auch nicht schlecht, vor allem wenn man sich derweil gut unterhalten kann. Danach gab es noch ein leckeres Eis. Schließlich ging es zur Busstation zurĂŒck. Dort stellten wir fest, dass der Bus doch nicht so fĂ€hrt, wie wir dachten. Also mussten wir nochmal ein Weilchen warten, aber wie gesagt, in der Gesellschaft konnte man sich wunderbar unterhalten, also war das kein Problem!

Mein Fazit

Innerhalb dieser Woche habe ich wundervolle Personen kennengelernt und neue Freunde gewonnen. Da war zum Beispiel so eine schrĂ€g-schöne Aktion wie barfuß auf einem Inselchen im Teich des Guts Rock’n’Roll, Walzer und Samba tanzen. Oder sportlich auf BĂ€umen herumzuklettern und am Boden unsere TurnfĂ€higkeiten austesten (immerhin BrĂŒcke, Handstand und Ratschlag waren dabei). Oder gemĂŒtlich Abends am Pizzaofen mit Ukulele und StimmbĂ€ndern Musik machen. Ich möchte dieses Seminar keinesfalls missen. Sehr gerne hĂ€tte ich noch mehr Zeit mit all den Leuten verbracht, denn um alle wirklich gut kennenzulernen, hat es doch nicht gereicht. Zugleich war ich auch echt glĂŒcklich, wieder ins Projekt zurĂŒckzukehren, das habe ich doch ein bisschen vermisst.

ZurĂŒck ins Projekt

Die RĂŒckfahrt war zum GlĂŒck ganz unspektakulĂ€r. In Belgrad bin ich in einen Bus gestiegen, der nach Prishtina gefahren ist – dieses Mal ohne Umwege ĂŒber andere LĂ€nder und kaum Zwischenstops. Von Prishtina aus bin ich mit einem ziemlich vollen Bus nach Gjilan gekurvt. Dort habe ich mir ein Taxi genommen, das mich zu Don Bosko brachte. Endlich angekommen wurde ich mit einer herzlichen Umarmung von unserem Projektleiter begrĂŒĂŸt. Es fand gerade eine kleine Faschingsfeier fĂŒr unsere Animatoren statt, die haben mich auch gleich freudig begrĂŒĂŸt. Allerdings bin ich nicht lange geblieben, denn die RĂŒckfahrt war anstrengend, obwohl ich doch nur herumgesessen bin.

Liebe GrĂŒĂŸe, eure Bettina, die lĂ€ngst zurĂŒck im Arbeitsrhythmus ist

PS: Noch nicht genug Fotos gesehen? Hier kommen noch mehr!

 

HĂ€user in diesem Stil gab es etliche.

Eines der vielen schönen HÀuser.

 

Etwas abseits vom Zentrum findet man aber auch Fassaden wie diese.

Da hat man in der Antike gespickt.

 

Ein Denkmal.

Ein PlÀtzchen zum Ausruhen.

 

Hoppla! Saß da nicht eben noch Michelle? Na gut, dann knipste ich eben Andreas!

Michelle genießt die Sonne.

 

MichĂšl, Michelle und Andreas mit unserem „Meisterdieb“ Aaron – das Stirnband noch auf dem Kopf.

Hilfe! Stirnbanddiebstahl! – Ach so, doch bloß spontane Dreharbeiten fĂŒr einen spontanen Kurzfilm.

 

Flora und Dorea verstehen sich gut!

Dorea, „die Bestohlene“.

Zwei Tage in Belgrad

Kleine Empfehlung im Voraus: Wenn ihr meinen letzten Beitrag noch nicht kennt, lest den zuerst. Denn hier geht es mit dem ersten Morgen in Belgrad weiter.

Erster Tag

Nach einer nicht allzu langen Nacht wollten wir am nĂ€chsten Morgen in einem CafĂ© frĂŒhstĂŒcken. Allerdings stellte es sich als ganz schön schwierig heraus, eines mit passendem MenĂŒ zu finden. Als wir doch eines gefunden hatten, war das Ambiente wirklich schön. Nur dass es den einzigen vegetarischen Sandwich auf der Karte doch nicht gab. Und bei den anderen Sandwiches einfach die Wurst weglassen, geht auch nicht, weil nicht im CafĂ© selbst blegt werden, sondern fertig eingepackt kommen. Die meiste Kundschaft scheint dort ihr Essen mitzunehmen. Also musste ich auf Kuchen umsteigen – etwas ungewöhnlich zum FrĂŒhstĂŒck, aber defenitiv lecker!

Nach dem Café-Besuch ging es dann zur Festung von Belgrad, die seit Anfang des 15. Jahrhunderts existiert. Von dort aus kann man den Fluss Save entlanggucken sowie zwei serbisch-orthodoxe Kirchen besuchen.

Eine Mauer sowie ein Turm der Belgrader Festung.

Die Belgrader Festung.

 

Die Aussicht von der Burg auf zwei GebÀude.

Ein Turm der Festung.

 

Die Kirche der Heiligen Petka hat eine sehr eigene AtmosphĂ€re. Man kommt durch eine kleine TĂŒr hinein und steht in einem schummrigen Raum, der von oben bis untern verziert und bemalt ist. Ein Buntglasfenster leuchtet blau, weiß und gelb. Von der Decke der Kuppel schaut ein Jesus-Bildnis herunter. Es riecht nach Weihrauch und jede Menge in FlĂ€schen abgefĂŒlltes, geweihtes Wasser steht bereit, das wohl verkauft wird. Ein Priester nimmt Beichten ab. Und ich als Tourist habe mich beinahe als Eindringling gefĂŒhlt.

Das leuchtende Fenster.

Nur ein kleiner Ausschnitt aus den Verzierungen in der Kirche der Heiligen Petka.

 

 

In der Rosenkirche war die AtmosphÀre ganz anders. Sie war heller erleuchtet, es waren keine Priester da und auch kaum Kirchenbesucher. Am Eingang ist ein kleiner Souvenirshop. Daher habe ich mich auch getraut, mehr Fotos zu machen:

Dieses blaue Tuch hat meine Blicke auf sich gezogen, denn der Kontrast zwischen blau und gold ist auffÀllig und schön.

Die reich verzierte Rosenkirche.

 

 

Diese Malerei ist an der Decke einer Fensternische.

Dieses farbenfrohe Mosaik ist an der Außenwand der Kirche.

Beim anschließenden Restaurantbesuch bestellte ich mir einen Zucchinisalat, was ich nachher ordentlich bereute: Die HĂ€lfte des Salats bestand aus sehr salzigem KĂ€se. Als kleiner Brocken schmeckt der zwar gar nicht schlecht, aber in rauen Mengen definitiv nichts fĂŒr mich. Zum GlĂŒck gab es noch Brot und GemĂŒse fĂŒr den ganzen Tisch, satt wurde ich also trotzdem.

Und jetzt zu acht!

Nach dem Essen trafen wir Louisa, eine VoluntĂ€rin der Jesuit Volunteers, die sich uns anschließen wollte. Gemeinsam ging es dann zum Dom des Heiligen Sava, wohl eines der grĂ¶ĂŸten orthodoxen GotteshĂ€user der Welt. Leider konnten wir nur in die Krypta, denn am Inneren der restlichen Kirche wird noch gearbeitet. Aber allein die Krypta ist den Besuch schon wert. Durch einen zur Seite gebundenen, dunklen Vorhang tritt man in einen warmen Goldschimmer: Kronleuchter und sehr viel Gold tauchen den großen Saal in ein sanftes Licht. An den WĂ€nden und an den Decken sind viele großflĂ€chige Malereien. Johanna wies mich auf die vielen verschiedenen Stile hin: Die Maler hatten bisweilen ganz unterschiedliche Malweisen, auch wenn es auf den ersten Blick kaum auffĂ€llt.

Die Krypta des Doms.

Der Dom des Heiligen Sava.

Der große Kronleuchter, der etwa in der Mitte des Saals hĂ€ngt, von untern.

Ein Blick in Richtung Front der Krypta.

 

Ein Bildnis von VIPs – leider weiß ich nicht, in welcher Weise.

Die abgebildeten Personen tragen traditionelle Kleidung, der kosovarisch-albanischen sehr Àhnlich.

Ein nÀchtlicher Anblick.

Nach einem Weilchen machten wir uns auf zurĂŒck ans Tageslicht – wobei vom Licht nicht mehr so viel ĂŒbrig war: Schon den ganzen Tag war es regnerisch, aber jetzt gaben sich die Wolken ordentlich MĂŒhe. Deshalb eilten wir zu einem Supermarkt und deckten uns fĂŒr Abendessen und FrĂŒhstĂŒck ein. Danach kochten und aßen wir in unserer KĂŒche, was trotz inzwischen acht Personen noch erstaunlich gut hinhaute.

Aber wir hatten noch nicht genug vom Tag, deshalb besuchten wir noch eine Bar, die uns ins Auge fiel, weil wir durch die Fensterfront eine Liveband darin entdeckten. Die Musik war absolut nicht zu verachten, aber leider war sie auch so laut, dass unsere HĂ€lse am Ende des Abends etwas beleidigt waren, weil wir uns trotzdem angeregt unterhalten.

Am nĂ€chsten Tag besuchten wir nocheinmal die Festung – Louisa hatte sie schließlich noch nicht gesehen. Danach mussten wir aber unsere Sachen packen, denn mittags ging schon weiter zum Zwischenseminar. Die Fahrt dorthin habe ich grĂ¶ĂŸtenteils verdöst, denn erholsam waren die Tage in Belgrad definitiv nicht, aber es hat sehr viel Spaß gemacht, die Stadt und die anderen VoluntĂ€re (besser) kennenzulernen. Und mit Letzterem ging es auf dem Zwischenseminar gleich weiter. Dazu schreibe ich mehr im nĂ€chsten Beitrag!

Liebe GrĂŒĂŸe, eure Bettina

PS: Noch ein paar SchnappschĂŒsse:

… Abflug!

Und…

Ein Turm der Festung.

Die Aussicht von der Burg auf zwei GebÀude.

Von den Beiden habe ich eine ganze Reihe von Fotos, das ist das Beste.

Oh, dieser Dinosaurier hat sich wohl im Erdzeitalter geirrt!

Hallo Aaron!

Eine coole Straßenverzierung.

Da ist jemand mĂŒde vom schönen, aber langen und anstrengenden Tag.

Flora klettert – egal wo! (Gregor auch, aber davon hab ich kein so gutes Bild.)

Odyssee nach Belgrad

Vor unserem Zwischenseminar Mali IđoĆĄ in Serbien haben wir Don Bosco-Europa-VoluntĂ€re beschlossen, uns zwei Tage davor in Belgrad zu treffen. Eigentlich liegen Gjilan und Beograd – das ist die serbische Schreibweise – nur etwa 350 Kilometer Luftlinie auseinander. Trotzdem hat die Anreise fast 15 Stunden gedauert.

Gregor, der VoluntĂ€r in Tirana, ist Abends am Mittwoch dn 20.02.2019 zu mir gekommen, damit wir am nĂ€chsten Tag frĂŒh Morgens weiterfahren konnten. Also ab in den Bus nach Prishtina. Von dort aus dann weiter nach Skopje – jawoll, wir mussten einen Umweg ĂŒber Nordmazedonien (bis zum 12. Februar „Mazedonien“ genannt) machen.

Die Grenzsitation zwischen Kosovo und Serbien

Der kosovarische Stempel – so klein, aber doch ein Stein des Anstoßes.

Es ist ziemlich kompliziert, herauszufinden, ob es fĂŒr jemanden individuell wohl möglich sein wird, ĂŒber die serbisch-kosovarische Grenze zu kommen. Ich war vorher noch nicht in Serbien, halte mich aber in dem Kosovo, einem – aus serbischer Sicht – serbischem Gebiet auf. Das bedeutet, wenn ich direkt von Kosovo nach Serbien fahre, reise ich quasi illegal ein, obwohl ich natĂŒrlich an der kosovarisch-serbischen Grenze kontrolliert und registriert werde. Aber eben nicht offiziell, denn das hieße ja, dass Serbien die Grenze anerkennt. Deshalb ist es auch problematisch, mit einem Reisepass nach Serbien einreisen zu wollen, in dem ein kosovarischer Stempel ist. Möglicherweise wird dieser von den serbischen Beamten unkenntlich gemacht. Deshalb hatte ich meinen Reisepass zwar dabei, habe aber meinen Personalausweis gezeigt.

Die Busfahrt zwischen Prishtina und Skopje

In Prishtina stiegen Gregor und ich also in den Bus, der durch einen Teil des Dinarischen Gebirges zwischen Kosovo und Nordmazedonien gekurvt ist. Die Strecke war fĂŒr mich als AllgĂ€uerin nicht so besonders, jedenfalls bis die PasstrĂ€ĂŸchen so schmal wurden, dass es mit Gegenverkehr eng geworden wĂ€re. Einmal wurde der Asphalt fĂŒr einen kurzen Abschnitt unterbrochen und wir holperten ĂŒber Schotter, bis plötzlich die normale Straße wieder anfing.

Vor den Fenstern zogen Wald und Wiesen, kleine Dörfchen und alte Friedhöfe vorbei. Kaum dass wir aus dem gröbsten Gebirge heraus waren, hielt der Bus am Straßenrand bei einem Dorf. Einer der Mitreisenden erklĂ€rte uns, dass alle aussteigen mĂŒssen.

Aussteigen? Nach Skopje, der Hauptstadt Nordmazedoniens, sah das aber nicht aus!

Draußen warteten zwei Autos. „Skopje!“, rief der Busfahrer und zeigte auf einen Van. Er war fĂŒnfsitzig, aber wir waren sieben Reisende, unseren Fahrer noch gar nicht mitgezĂ€hlt. Da wir die Letzten waren, die ausstiegen und ihr GepĂ€ck aus dem Bauch des Busses holten, wussten wir nicht, wo wir nun mitfahren sollten. Bis man auf den gerĂ€umigen Kofferraum deutete.

Da rein? Gregor und ich sahen uns verdutzt an. Nun, es blieb uns ja nichts anderes ĂŒbrig…

Also saßen wir dort im Kofferraum mit einigen GepĂ€ckstĂŒcken und einem weiteren Mitfahrer, der uns nach ein paar Minuten fragte, ob wir auch Englisch sprĂ€chen. Es stellte sich heraus, dass er aus Skopje war und diese Strecke schon kannte. Oder genauer genommen: Nicht kannte.

Er erzÀhlte uns, er nehme oft diesen Bus, aber dieses Mal habe der Busfahrer eine ungewöhnliche Strecke gewÀhlt. Dass man nicht in dem Bus weiterfahren konnte, lÀge vielleicht daran, dass es wÀhrend der Fahrt anfing, seltsam zu riechen. Aber dass man in einem Kofferraum die Fahrt fortsetze, nein, also das sei ihm noch nie passiert.

In Skopje

Aber nun war es so. Zum GlĂŒck waren wir innerhalb von etwa zwanzig Minuten in Skopje angekommen. Unser freundlicher Mitreisender begleitete uns ins Zentrum. Dort blieben wir auf einer BrĂŒcke ĂŒber den Fluss Vardar stehen. Der junge Mann klĂ€rte uns ein bisschen ĂŒber Skopje auf:

Der Fluss trennt die Stadt in eine eher albanische und eine eher mazedonische HĂ€lfte. Skopje ist nĂ€mlich sehr multiethnisch: Nur etwa zwei Drittel der Bewohner zĂ€hlt sich zu der Ethnie der Mazedonier, etwa ein FĂŒnftel zu den Albanern. Daneben gibt es noch Roma, Serben, TĂŒrken, Bosniaken und Zugehörige weiterer Ethnien.

Ein Blick den Vardar hinab.

Das Stadtbild hat sich im letzten Jahrzehnt ordentlich verĂ€ndert. Die Regierung ließ von 2008 bis 2014 das Zentrum aufpolieren: Viele historisch anmutende GebĂ€ude sowie jede Menge Statuen wurden gebaut und aufgestellt. So wirkt die Innenstadt wie eine schöne, ungewöhnlich gerĂ€umige und geordnete und top erhaltene Altstadt. In Wahrheit wurde aber das Gros der GebĂ€ude vor nicht allzu langer Zeit gebaut oder ist zum Teil sogar noch im Bau.

 

 

An diesem bald alt herrschaftlich wirkenden GebÀude wird sogar noch gebaut.

Ein historisierendes GebÀude im antiken Stil.

 

… oder auch witzige Statuen wie diese am Fluss Vardar.

In Skopje stehen unglaublich viele Statuen, zum Beispiel Heldenstatuen wie diese …

Alle schöne Kulisse kann nicht darĂŒber hinwegtĂ€uschen, dass es auch hier ein Problem mit MĂŒll gibt.

Angler am Vardar.

 

 

Der Mann wies uns noch die Richtung zum Bahnhof, dann trennten sich unsere Wege. Wir bestaunten die vielen BrĂŒcken links und rechts, die GebĂ€ude, PlĂ€tze und Statuen. ZufĂ€llig stießen wir auch auf das Mutter Teresa-Gedenkhaus. Nachdem wir da einen Blick reingeworfen hatten, gingen wir noch Pita essen.

Wo ist denn der Busbahnhof?

Eigentlich hatten wir ordentlich Zeitpuffer eingeplant, aber bis ich endlich aufgegessen hatte, mussten wir uns doch sputen. Wie uns von einem Passanten erklĂ€rt worden war, liefen wir zurĂŒck zum Fluss, nach rechts und dann nach der zweiten BrĂŒcke nochmal nach rechts – nur war da kein Busbahnhof. Also fragten wir eine Gruppe Jugendliche, die uns in gebrochenem Englisch grob den Weg erklĂ€rten und wir kapierten, dass es doch wesentlich weiter war, als wir dachten. Der Passant hatte wohl AutobrĂŒcken gemeint, aber wir hatten an die vielen FußgĂ€ngerbrĂŒcken gedacht und diese gezĂ€hlt. Aber wir hatten nur wenig Zeit!

Zum GlĂŒck fiel mir bei der Ansicht einer Reihe Taxis ein, dass das doch eine schnelle, sogar einigermaßen billige Möglichkeit war. Also sprangen wir ins nĂ€chste Taxi und standen innerhalb weniger Minuten vor dem Busbahnhof. Wir hasteten hinein, zum Ticketschalter. Aber wir hatten nicht genug Mazedonische Dinar – Wechselstube suchen und nach etwas Verwirrung finden, Ticket kaufen, zum Bussteig eilen.

Geschafft! Etwa zwei Minuten vor Abfahrtszeit luden wir unsere RucksÀcke in den Bauch des Busses und suchten uns SitzplÀtze.

Auf nach Serbien

An der Grenze nach Serbien lief fĂŒr uns alles reibungslos, nur zwei junge MĂ€nner mussten sowohl bei den serbischen als auch bei den mazedonischen Grenzbeamten fĂŒr ein paar Minuten in die HauptgebĂ€ude der Grenzstationen. Ansonsten lief alles ruhig.

Bei einem Halt in einer serbischen Stadt hieß es dann plötzlich, dass alle aus- und umsteigen mĂŒssen. Schon wieder? Na gut, es blieb uns doch nichts anderes ĂŒbrig. Allerdings stand dieses mal ein ganz normaler Bus bereit und es ging weiter wie vorher – bis auf eine Sache: Wir hielten so ziemlich in jeder Stadt, die an der Autobahn lag. Daher wurde es immer deutlicher, dass mit einer pĂŒnktlichen Ankunft in Belgrad jedenfalls nicht zu rechnen war. Aber Andreas und Aaron, ebenfalls zwei VoluntĂ€re von Don Bosco, wollten uns doch am Busbahnhof abholen, wie konnten wir die nun erreichen?

Zum GlĂŒck hatte ich meine deutsche Sim-Karte auch noch im Handy. Über Roaming konnte ich deshalb SMS schreiben. Nach den Kosten habe ich vorsichtshalber noch nicht geschaut. Wichtiger ist, dass wir uns darĂŒber verstĂ€ndigen konnten, wann und wo wir uns treffen wĂŒrden.

Schließlich sind wir mit etwa zwei Stunden VerspĂ€tung angekommen. Nach dieser stundenlangen Fahrt ohne Pinkelpause mussten wir dringendst auf Toilette – aber die kostete und wir hatten natĂŒrlich noch keine serbischen Dinar. Auch das Personal anbetteln half nichts, also machte sich Gregor auf die Suche nach der nĂ€chsten Wechselstube, wĂ€hrend ich mich an den mit Andreas vereinbarten Treffpunkt stellte. Kaum fand Andreas mich, kam auch Gregor mit Geld in LandeswĂ€hrung zurĂŒck. Ich eilte erst mal zur nĂ€chsten Toilette. Und danach: Endlich konnten wir wieder etwas trinken! WĂ€hrend der letzten ein bis zwei Stunden mussten wir unseren Blasen zuliebe darauf verzichten.

Endlich angekommen

Nun liefen wir entspannt zu dem Hostel, in das wir uns eingebucht hatten. Also mehr oder weniger entspannt, es ging grĂ¶ĂŸtenteils bergauf. Nach einem Zwischenstop in einem kleinen, vollgestopften Laden – fĂŒr Leute mit goßen WanderrucksĂ€cken auf dem RĂŒcken sind sie definitiv nicht konzipiert – erreichten wir um etwa 23 Uhr das Hostel. Das Schöne war: Wir hatten ein Apartment bekommen. Und das allercoolste: Es war nicht in dem Wohnhaus, durch dessen Flur wir gehen mussten, um es zu erreichen. In einem der unteren Stöcke ging vom Treppenhaus eine TĂŒr ab, durch die wir gingen. Nun standen wir auf einer kleinen BrĂŒcke ĂŒber einem Mini-Hinterhof. Am Ende der BrĂŒcke war eine kleine Glasfront mit TĂŒr. Dahinter ging es ein paar Stufen hoch, auf denen bereits einige Schuhe und VoluntĂ€re standen. Aaron, Flora, Michelle und Johanna empfingen uns herzlich.

Flora ist ebenfalls eine VoluntÀrin von Don Bosco. Michelle und Johanna nahmen als VoluntÀrinnen der Franziskanerinnen an demselben Zwischenseminar teil wie wir und hatten sich unseren Belgrad-PlÀnen angeschlossen.

Nach einem großen Hallo gab es in der kleinen KĂŒche des Apartments zusammengequetscht auf ein paar StĂŒhlen am KĂŒchentisch Nudeln. NatĂŒrlich wurde viel gequatscht, sich kennengelernt und ausgetauscht und PlĂ€ne fĂŒr den nĂ€chsten Tag geschmiedet.

Davon wird der nÀchste Beitrag handeln. Vielen Dank, dass ihr mir bis hierhin gefolgt seid!

Liebe GrĂŒĂŸe, eure Bettina, die inzwischen wieder im Kosovo ist

PS: Den Aufkleber im Foto ganz oben habe ich an der BrĂŒcke gefunden, auf der unser Mitreisender und wir Volos uns getrennt haben. Auch auf einer Mauer in der NĂ€he war der Schriftzug groß zu lesen. „J’existe“ ist Französisch fĂŒr „Ich existiere“. Ich habe wĂ€hrend dieser Reise auch gemerkt, dass ganz viel in mir existiert – volle Blasen, verspannte Nackenmuskeln… aber auch der Spaß am Neuen und Unerwarteten.

Von Katholiken in einem muslimischen Land

Wenn man so durch die Straßen lĂ€uft, sieht man es kaum, aber der Kosovo ist ein muslimisches Land. Das Einzige, was mir auffĂ€llt, ist, dass man eher eine Moschee als eine Kirche sieht und tĂ€glich Gebetsrufe durch die Stadt schallen.

Staat und Religion sind glĂŒcklicherweise getrennt, dennoch ist es alles andere als völlig egal, dass Don Bosko Gjilan eine katholische Organisation ist.

Wenn etwas passiert

Als Gjilan als Standort fĂŒr eine Don Bosko Schule ausgewĂ€hlt wurde, war den Bezirk nahezu hundertprozentig muslimisch. Entsprechend misstrauisch wurden die Salesianer damals also beĂ€ugt. Die Akzeptanz ist mit den Jahren gestiegen, da Don Bosko eine hochwertigere Bildung bietet als die staatlichen Schulen. Aber noch immer gibt es zahlreiche Leute, die die Schule am liebsten geschlossen sehen wĂŒrden. Entsprechend wird, sobald etwas passiert, alles doppelt und dreifach inspiziert, ob man Don Bosko daraus nicht vielleicht einen Strick drehen könnte. Deshalb mĂŒssen die Salesianer hier sehr aufpassen, dass alles glatt lĂ€uft.

In Don Bosko

Unsere Animatoren sind grĂ¶ĂŸtenteils muslimisch. Einige Eltern sehen es sowieso schon nicht gerne, dass sie jedes Wochenende zu unseren Treffen kommen und in den Winter- und Sommerspielen helfen. Dabei reden wir bei unseren Treffen nicht ĂŒber Religion – das Thema wird einzig dann angeschnitten, wenn wir ĂŒber Don Bosco sprechen, der schließlich ein Priester war. Katechismusunterricht wie er in anderen Don Bosco Institutionen ĂŒblich ist, gibt es bei uns aber nicht, sonst könnte man unsere Animatoren ganz schnell nur noch an einer Hand abzĂ€hlen.

Religionsunterricht gibt es nicht, nur Ethik. Mit den katholischen SchĂŒler und SchĂŒlerinnen treffen wir uns jeden Mittwoch nach Schulschluss fĂŒr einen Gottesdienst. Ansonsten spielt Religion keine Rolle.

Auf der Straße

Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, kann ich meist nicht zuordnen, welcher Religion die anderen Passanten angehören. Hijabs und KopftĂŒcher sieht man relativ selten, gefĂŒhlt seltener als in der MĂŒnchner Innenstadt. Und die Kleidung, die hier von den meisten getragen wird, ist genauso westlich wie die in Deutschland. Dennoch weiß ich, dass die Leute ziemlich sicher muslimisch sind, denn Christen gibt es hier fast nicht.

Wie erlebe ich das?

Dank Wikipedia wusste ich schon bevor ich im Kosovo ankam, dass die Einwohner ĂŒberwiegend Muslime sind. Trotzdem gab es diesen Moment, in dem ich realisierte: Die SchĂŒlerinnen, mit denen du gerade sprichst, sind alle muslimisch. Du merkst es bloß nicht. Warum? Weil es kaum einen Unterschied macht, sie sind genauso Teenager wie die Jugendlichen in Deutschland. NatĂŒrlich, wenn man sich dann lĂ€nger und tiefgehender unterhĂ€lt, lernt man kulturelle Unterschiede, die teilweise auf der Religionsverschiedenheit basieren. Trotzdem macht es keinen Unterschied, wenn man gerade auf einem Schulausflug ist oder als Animator gemeinsam Spiele vorbereitet.

Warum fehlt mir diese Erfahrung? Wenn man mich jetzt fragt, wie viele Muslime ich vor meinem Freiwilligendienst gekannt habe, ist meine Antwort „vier – den MitschĂŒler aus der Grundschule, zu dem ich keinen Kontakt mehr habe, mitgezĂ€hlt“. Keine besonders beeindruckende Zahl, nicht?

Extremismus

Ich schÀtze, eine Frage brennt euch jetzt noch unter den NÀgeln: Wenn es so viele Muslime gibt, gibt es dann auch extremistische Muslime?

NatĂŒrlich gibt es hier Extremisten. Der traditionelle Islam hier ist zwar sehr liberal, aber saudi-arabische und tĂŒrkische Moscheen gewinnen laut Einheimischen an Einfluss. Daher ist der Kosovo das Herkunftsland mehrerer Extremisten, die in Syrien kĂ€mpfen oder gekĂ€mpft haben.

Macht mir das Angst? Nein, denn Erhan A. – ihr kennt den Namen bestimmt aus den News von vor ein paar Jahren im Zusammenhang mit Islamismus – hat auch in Kempten gelebt. David G. – ebenfalls ein Extremist – kam sogar aus einer christlichen, deutschstĂ€mmigen Familie aus Kempten. TerroranschlĂ€ge wie die Attacke auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 gibt es hier bisher nicht.

Als vom Islam konvertierter Christ mĂŒsste ich aber eine andere Antwort geben, denn die werden von ihren Familienmitgliedern oft als eine Schande und als VerrĂ€ter angesehen und mĂŒssen besonders zur Zeit um die Konversion mit Gewalt aus dem Familienkreis rechnen, auch wenn die Familie zu den liberalen Muslimen gehört.

Falls ihr noch Fragen habt, meldet euch bei mir! Ich beantworte sie gerne.

Liebe GrĂŒĂŸe,

eure Bettina

PS: Das Bild oben entstand nicht im Kosovo sondern in Albanien. Aber hier in Gjilan gibt es natĂŒrlich auch (mindestens) eine Moschee.