Wie die Zeit vergeht

Ist es wirklich wahr, dass mein letzter Blogbeitrag fast drei Monate her ist? Leider ja, denn die Zeit verrennt. Ich fasse hier für euch zusammen, womit ich diese drei Monate so sehr beschäftigt war, dass ich mich auf dem Blog nicht mehr gemeldet habe.

Schuljahresende und Oratorium

An einem der letzten Schultage mit Jezuela und einigen unserer Schüler/innen.

Im Juni hat die Schule aufgehört. Erst für die zwölften Klassen und dann nach und nach auch für die niedrigeren Klassen. Das passiert hier nämlich nicht auf einen Schlag. Währenddessen hat das Oratorium angefangen. Unser Oratorium kann man sich als Jugendzentrum im Anfangsstadium vorstellen. Nachmittags ab etwa vier Uhr ist unser Pausenhof mit Sportplatz für die Kinder aus der ganzen Umgebung geöffnet, es liegen Fuß-, Basket- und Volleybälle bereit.

Mit den kleineren Jungs konnte ich ein paar Mal Fußball spielen, aber eigentlich gibt es schon genug Animatoren, die sich um die Fußballjungs kümmern. Daher habe ich mich nach einer Woche darauf verlegt, mich um die Mädels zu kümmern. Mit den älteren Mädchen – das sind etwa Zehn- bis Sechzehnjährige – spiele ich viel Volleyball (oder stehe zumindest auf dem Platz … wie oft ich tatsächlich auch den Ball erwische, kommt ganz auf die Anzahl der Mitspieler/innen an). Für die kleineren Mädels habe ich eine Malkiste zusammengestellt. Denn oft müssen die Älteren auf ihre kleinen Geschwister aufpassen, wollen sie aber nicht mitspielen lassen, weil die Kleinen noch kaum Basketball oder Volleyball spielen können oder sich dabei schnell langweilen. Die Kiste wird allerdings nicht nur von den kleinen Mädels mit Begeisterung genutzt, sondern von so ziemlich allen, die ins Oratorium kommen.

Endlich Sommerspiele!

Unser Plakat für die Sommerspiele.

Im Juli, als die Schule endgültig für alle aus war, fanden die Sommerspiele statt. Darauf hatte ich mich in Erinnerung an mein Praktikum in Belgien schon sehr gefreut. So kamen jeden Morgen zwischen 09:00 Uhr und 09:45 Uhr Kinder und Jugendliche aus der Umgebung zu uns und blieben bis 13:00 Uhr. Die Animatoren haben jeden Tag Spiele und sonstiges Programm für sie vorbereitet. Zusammen mit ein paar der Animatoren war ich für die jüngste Gruppe zuständig. Die Kinder waren vier bis sieben Jahre alt, konnten also größtenteils nur Albanisch. Das war sowohl Vorteil als auch Nachteil: Ich konnte zum Beispiel keine Spiele erklären, weil mir dafür der Wortschatz nicht ausreichte. Aber gleichzeitig habe ich in der Zeit viel Albanisch dazu gelernt, weil ich gar keine andere Wahl hatte, als Albanisch zu sprechen und die Kinder mit mir immer Albanisch gesprochen haben.

Mit zu den Sommerspielen gehört jede Woche ein Schwimmtag. An diesen Tagen sind wir mit drei Bussen zu einem Freibad gefahren und haben mit den Kindern im Wasser geplanscht. Es war ziemlich anstrengend, darauf aufzupassen, dass die Kinder auch nur dann in den Pool gehen, wenn sie dürfen. Gleichzeitig hat es wahnsinnig viel Spaß gemacht, mit den Kindern zu spielen. Besonders geliebt haben sie es, durchs Wasser gezogen zu werden oder uns als interaktiven Sprungturm zu benutzen.

Am Nachmittag hat weiterhin das Oratorium stattgefunden, erweitert durch einige Kurse. Ich habe den Handarbeitskurs geleitet, was darin gemündet hat, dass wir sehr oft Armbänder geflochten haben, weil die Kinder und Jugendlichen das geliebt und immer wieder nachgefragt haben. Am Ende sind zwei Mädchen auf die Idee gekommen, Armbänder in der Mittagspause der Sommerspiele zu verkaufen und das Geld zu spenden. Ich habe den beiden geholfen, das ganze zu koordinieren.

Insgesamt waren die Sommerspiele definitiv deutlich anders organisiert als der „Speelplein“ oder „playground“ – also „Spielplatz“ – in Brüssel. Trotzdem gab es auch einige Ähnlichkeiten – nicht zuletzt die Freude an der Arbeit mit den Kindern.

Und schon sind sie wieder um….

Das Abschlussfest der Sommerspiele fand am Abend des 26. Julis statt. Jede Gruppe hat über die vier Wochen Sommerspiele hinweg etwas eingeübt und schließlich vorgeführt. Auch mit unseren Kleinen haben wir ein bisschen was vorbereitet: Ich habe das Klatschspiel „Schokolade“ ein bisschen geändert, sodass man es ohne Partner klatschen kann. Als zweites haben wir ein bekanntes albanisches Kinderlied gesungen und mit Bewegungen unterlegt und zu guter Letzt Macarena getanzt. Danach wurde der Gewinner der Sommerspiele verkündet – außer der Gruppe für die Kleinen gab es noch vier weitere Gruppen, alle für Kinder von sieben bis etwa vierzehn Jahre. Diese Gruppen haben versucht, in den Spielen möglichst viele Punkte zu sammeln. Die Kleinen liefen aber außer Konkurrenz.

Animatorencamps

In die Wellen, fertig, tauchen!

Mit zu den Sommerspielen gehören auch ein Animatorencamp davor und danach. Es nahmen allerdings nur die 15 bis 20 wichtigsten Animatoren teil, da wir einen Animatorenpool von etwa 80 Animatoren haben. Beim ersten Camp waren wir in Tale in Albanien und haben drei Tage hauptsächlich am Strand verbracht. Man sollte meinen, danach wäre ich braun geworden – war ich aber nicht. Das kam erst bei zweiten Camp in Velipoje, ebenfalls Albanien, bei dem wir sechs Tage am Strand verbracht haben. Im Vergleich zu den meisten anderen Animatoren bin ich aber immer noch ziemlich weiß… Abgesehen vom Sonnenbaden und Schwimmen haben wir im ersten Camp viele Spiele gespielt und uns auf unsere Arbeit mit den Kindern vorbereitet. Im zweiten Camp ging es dann darum, die Sommerspiele zu reflektieren und Verbesserungsvorschläge anzubringen.

Don Dominik und ich …
… mit der restlichen Gruppe in Tale.
Am Strand bei Tale – der Holzweg war übrigens höchstnotwendig, der Sand konnte brennend heiß werden.
Der Strand bei Velipoje von einem Rettungsschwimmerturm aus fotografiert. Fragen kostet nichts und kann sich lohnen!

Übrigens: Ich bin ein Mensch, der gerne den Schatten sucht und daher selbst im Hochsommer höchst selten Sonnencreme verwendet. Aber wenn man sich am Strand mit fünf Leuten einen feststehenden Sonnenschirm teilt oder im Freibad auf die Kinder aufpassen muss, kann man sich nicht stundenlang im Schatten verkriechen. Da hat mich der ein oder andere – zum Glück nur leichte bis mäßige – Sonnenbrand schnell gelehrt, eine 50er Sonnencreme zu kaufen und etwa alle zwei Stunden aufzutragen.

Und da war ja noch was…

Mein Geburtstag! Ich bin an einem Sonntag während der Sommerspiele 20 Jahre alt geworden. Ich habe den Tag bewusst nicht verplant, denn die Sommerspiele machten zwar sehr viel Spaß, aber stressig war es eben auch. So gerne ich viele Leute treffe, so sehr brauche ich auch mal ruhigere Stunden. Also ließ ich meinen Geburtstagsmorgen gaaaaanz langsam angehen. Wie jeden Sonntag war erst mal Messe, danach habe ich ein bisschen Zeit mit Jezuela verbracht. Dann wurde ich von einer unserer Animatorinnen auf einen Kaffee eingeladen. Ich trinke keinen Kaffee, aber hier geht man trotzdem „Kaffee trinken“, weil damit alles gemeint ist, was man in einem Café kriegen kann. Danach habe ich mir ein bisschen Zeit nur für mich gegönnt, denn davon hatte ich zwischenzeitlich eindeutig zu wenig.

Am späten Nachmittag bin ich mit einem zweiten Geburtstagskind und einem anderen Animator noch einmal „Kaffee trinken“ gegangen – das ist hier so gang und gäbe an Geburtstagen. Am Abend sind etliche Animatoren eingetrudelt, die eine kleine Überraschung für uns zwei Geburtstagskinder vorbereitet haben: Kuchen, Ballons, Süßigkeitenbuffet und früher oder später kommt hier immer Musik und Tanz dazu.

Nicht zu vergessen: Geburtstagsgeschenke! Meine Familie hat es doch tatsächlich geschafft, mir ein Geschenk zuzuschustern. Als meine Schwester im April hier war, hat sie bei Jezuela ein Geschenk für mich versteckt und Jezuela hat dieses am Geburtstag an mich weitergegeben. So durfte ich mich über eine Karte, ein Buch und vegetarische Gummibärchen freuen! Und dann gab es natürlich noch ein paar mehr Geschenke, die von einer Don-Bosco-Medaille von Don Dominik über Malsachen bis hin zu Schlüsselanhängern reichen. Und Don Dominiks Worte: „Du bist wie eine Tochter für uns geworden.“ Kann man sich mehr wünschen?

So viel für heute und liebe Grüße nach Hause!

Eure Bettina

PS: Auf dem Beitragsbild seht ihr ein Gemälde der Helden aus dem Film „Big Hero 6“, dem diesjährigen Thema der Sommerspiele. Ich hab leider nicht mitgemalt.

Die Sache mit den Büchern

Zu Jezuelas und meinem Aufgabenfeld gehören auch die Schulbücher. Also begannen wir zu Schulbeginn, alle benötigten Buchsätze zusammenzusuchen. Ich war zugegebenermaßen etwas schockiert, als ich die vorhandenen Bücher sah: In vielen waren die Antworten mit Kugelschreiber hineingeschrieben, sie waren bekritzelt und zerfleddert. Hier musste man nämlich nichts bezahlen, wenn man Bücher beschädigt zurück gab. Ich erzählte Jezuela davon, wie das Problem in meinen Schulen daheim gelöst wurde – jetzt muss jeder, der sein Buch beschrieben oder arg lädiert zurück bringt, das Buch am Ende des Schuljahres kaufen.

Die Neuegelung änderte aber nichts daran, dass unsere Büchersätze größtenteils unvollständig waren: Nachdem wir alle noch brauchbaren Bücher herausgesucht und ausreichend vorhandene Büchersätze ausgeteilt haben, schrieben wir eine lange Liste nachzubestellender Bücher zusammen.

Die Bücherlieferungen

Leider bestand die erste Bücherlieferung nur etwa zur Hälfte aus tatsächlich bestellten Buchsätzen, der Rest waren Fehllieferungen – zum Glück fast alle in den kommenden Jahren verwendbar. Also haben wir nocheinmal gezählt, wovon nun genügend vorhanden ist und haben diese Sätze ausgeteilt. Außerdem haben wir alles noch Fehlende aufgeschrieben und von Neuem bestellt.

Die Bücher aus Jezuelas alter Schule sind größtenteils genauso alt und abgewetzt wie unsere Bücher. Es waren aber auch ein paar neue dabei, wie das Buch in der Mitte.

Die zweite Bücherlieferung hat uns dann die meisten benötigten Bücher geliefert. Gleichzeitig haben wir von Jezuelas ehemaliger Schule übrige, größtenteils gebrauchte Bücher bekommen. Das Prozedere ging also ein drittes Mal von vorne los – zählen, notieren, schleppen, austeilen.

Da möchte ich eins anmerken: Die Bücher sind beide Male bemerkenswert schnell zugestellt worden. Nur die Bücher, die sie nicht auf Vorrat haben – unter anderem sämtliche Deutschbücher – kommen wir erst im Oktober an.

Die fehlgelieferten und die übrigen neuen Bücher mussten jetzt noch umgelagert werden. Eigentlich sollten die Bücher von einem Klassenzimmer, das als Büro genutzt wurde, ins Depot gebracht werden. Da lagern bisher alle Bücher sowie die Tests der Schülerinnen und Schüler. Allerdings ist dort nicht genug Platz für alle Bücher, also bleiben unsere alten Bücher im Depot. Die neuen haben wir mit Hilfe von einigen Schülerinnen und Schülern in einen leeren Raum im Oratoriumsgebäude direkt neben der Schule gebracht. Dort lagern sie für den Moment auf Spielmatten für Kinder. Im Laufe des Schuljahres wollen wir Regale aufbauen und die Bücher darin lagern.

Büchermangel – nicht nur hier

Übrigens ist Don Bosko (so schreibt man „Don Bosco“ hier, damit es richtig ausgesprochen wird) nicht die einzige Schule, die Probleme mit den Schulbüchern hat. Viele der Lehrer arbeiten gleichzeitig in einer der staatlichen Schulen. Ein paar haben uns nun zum Beispiel um Chemie- oder Physikbücher gebeten. Einige der angefragten Bücher haben wir tatsächlich noch übrig.

Jetzt liegen also nur noch die Bücher von Jezuelas ehemaliger Schule, die wir nicht gebraucht haben, in den als Büro verwendeten Klassenzimmer. Weiter geht die Bücherplackerei erst, wenn wir diese Bücher anderswo unterbringen werden, die noch fehlenden Bücher kommen oder die Regale im neuen Lager aufgebaut werden.

Bis dahin! Eure Bettina

Was sind meine Aufgaben hier?

Jezuela und ich nach unserem bisher anstrengendsten Arbeitstag.

Hier gibt es so viele Aufgaben, ich weiß gar nicht, wo anfangen! Vielleicht mal von vorne:

Am ersten Tag, als sich Jezuela mir vorstellte, hieß es gleich: Mit ihr wirst du täglich zusammenarbeiten! Sie erledigt hier – ab jetzt mit meiner Unterstützung – alles, was anfällt: Täglich verkaufen wir im Schulkiosk Getränke, Snacks und Süßigkeiten. Den Vorrat müssen wir regelmäßig auffüllen, was uns allwöchentlich Schweißausbrüche beschert.

Was wir ebenfalls auffüllen mussten: Unseren Büchervorrat. Die Sache mit den alten und neuen Büchern ist etwas kompliziert, die erläutere ich im nächsten Beitrag. Aber soviel sei gesagt: Sie bereitet von Sucherei bis Schlepperei ziemlich viel Arbeit.

Ansonsten fällt alles Organisatorische, beispielsweise Elternbriefe verteilen, an uns. Das erledigen wir oft in der nachmittäglichen Lernzeit. Da passen Jezuela und ich auf alle Acht- und Neuntklässler auf, oft unterstützt von ein bis zwei Elft- oder Zwölftklässlern. In der Lernzeit erledigen die Schüler und Schülerinnen ihre Hausaufgaben oder Lernen auf Tests. Dabei soll es natürlich möglichst leise sein. Wer schwätzt oder sich mit etwas Anderem als Schulstoff beschäftigt, muss mit einer Strafe rechnen. Das reicht vom Klassenzimmer aufräumen – was etwa fünf Minuten dauert – bis zum ein-, bei Ermahnungsresistenz auch zweistündigen Nachsitzen direkt im Anschluss an die Lernzeit.

Kurzfristiger Lehrerersatz

Jezuela und ich springen auch mal für fehlende Lehrer ein: Sei es nur eine Vertretungsstunde oder aber eine ganze Woche. Leider hat der einzige Deutschlehrer der Schule am letzten Ferientag gekündigt, weil er beim Staat eine Stelle bekommen hatte. Der Leiter machte sich natürlich sofort auf die Suche nach jemand Neuem, aber das dauert doch mindestens eine Woche. Also habe ich ab Montag, den 10. September einige der Stunden übernommen. Don Dominik und ein paar andere Lehrer konnten mir auch ein paar Stunden abnehmen.

Wie unterrichtet man als Abiturientin?

Ich stolperte etwas unvorbereitet in den Unterricht hinein: Ein Deutschbuch für einen Vorkurs, das im Schulbücherarchiv lag, ein Blick hinein und ein paar Gedanken, was man machen könnte – aber keine Ahnung davon, was die jeweiligen Klassen bereits gelernt hatten und ebenso wenig fundiertes Wissen darüber, wie man einen Unterricht strukturiert. Außerdem musste ich den Unterricht auf Englisch halten, schließlich reichte mein Albanisch nur für eine freundliche Begrüßung.

Allerdings merkte ich bald, dass es fast nichts ausmacht, ob die Klasse noch fast gar keinen Unterricht hatte oder schon ein Jahr hinter sich hat – in der ersten Stunde habe ich jeden sich selbst vorstellen lassen, allein das hat meist die Hälfte der Stunde eingenommen. Mit Klassen, die schon ein Jahr Unterricht hatten, habe ich hauptsächlich wiederholt – sich vorstellen, die Zahlen, das Wetter, die Monate. Ganz oft erklärte ich, wie ß und ss sowie diverse Buchstabenkombinationen die Aussprache eines Wortes beeinflussen.

Generell habe ich zu Beginn der Stunde eine Übung mit den Schülerinnen und Schülern gemacht und dann Fehler korrigiert, sowie die dazu aufkommenden Fragen beantwortet. Damit kam ich meistens ganz gut durch die Stunde – auch wenn das natürlich kein besonders gezielter, strukturierter Unterricht war. Ich bin schließlich keine studierte Lehrerin – das weiß jeder und deshalb wird von mir erwartet, dass ich mein Bestes gebe, aber nicht, dass ich perfekt unterrichte.

Eine Klasse händeln – eine Herausforderung

Unterricht in der siebten Klasse.

Mir wurde bereits Respekt dafür gezollt, wie selbstbewusst ich vor einer ganzen Klasse stehe – mit der ich mich zum Teil kaum direkt verständigen kann. Ich denke, auf diese Situation bin ich in der Realschule sowie im Gymnasium bestens vorbereitet worden – unzähligen Referate und etliche Tipps, wie man in Präsentationen das Publikum fesselt, stärken mir den Rücken. Glücklicherweise bin ich auch sonst mit einem stabilen Selbstbewusstsein und einer Portion Heiterkeit gegenüber Fehlern – den eigenen wie denen der anderen – gesegnet.

Den Wilkommensgruß einer der zwölften Klassen fand ich trotzdem nicht so amüsant wie sie: Hier gibt es nur Whiteboards, die weißen Projektionsleinwände fallen davor also nicht auf. Das haben sie sich zunutze gemacht und die Leinwand vor dem Whiteboard heruntergekurbelt. Beinahe hätte ich darauf angefangen zu schreiben. Aber ich merkte, dass sich diese Schreibunterlage schon bei einer leichten Berührung bewegte. Da habe ich ihnen klar gesagt, dass ich das für keine angemessene Begrüßung für eine neue Lehrerin halte.

Von sonstigen Streichen bin ich bisher verschont geblieben, auch wenn besonders die zwölften Klassen schwierig ruhig zu halten waren. Die Gründe sind offensichtlich: Ich bin zum Teil nicht einmal ein Jahr älter als meine Schüler und Schülerinnen. Besonders die Jungs überragen mich zum Teil um mehrere Köpfe. Ich spreche nicht ihre Muttersprache, daher kann ich kaum unterscheiden, ob sie nun über Unterrichtsinhalte diskutieren oder nicht. Außerdem müssen sie in Deutsch keine Prüfung schreiben – insofern sitzen sie die Stunden ab, ohne Sinn darin zu sehen.

Sprachen im Unterricht

Jezuela ist im Unterricht sehr wichtig, obwohl sie hauptsächlich am Rand sitzt:

Erstens bekommt sie als Einheimische wesentlich besser mit, was in der Klasse los ist. Das heißt, sie hat mir auch schon gesagt, dass mein Unterricht gerade nicht vorhandenes Wissen voraussetzt. So konnte ich manche Fragen klären, die die Schülerinnen und Schüler nicht an mich gestellt haben. Außerdem vertraue ich ihr völlig, wenn sie zwei Schüler mitten im Unterricht zu Don Dominik schickt – sie bekommt nämlich besser mit als ich, wer Unsinn macht, weil sie versteht, was gesprochen wird. Zudem kann sie konstant die Klasse beobachten. Ich hingegen schenke meine Aufmerksamkeit abwechselnd jemandem, den ich an die Tafel geholt habe, und dem Rest der Klasse.

Zweitens sind gerade in den unteren Klassen die Englischkenntnisse noch nicht ausreichend, um meine englischen Anweisungen und Erklärungen zu verstehen. Selbst in den 12. Klassen musste sie manches übersetzen. Ich wunderte mich über die – nach meinem Ermessen – zum Teil verhältnismäßig geringen Englischkenntnisse der Zwölftklässer. Jezuela erklärte mir, dass hier im Unterricht das Lesen und Schreiben in Englisch fokussiert wird, nicht aber das Sprechen. Auch eine Zehntklässlerin spiegelt mir das wider: Sie versteht mich gut, tut sich aber schwer, mir zu antworten. Deshalb bat sie mich um Nachhilfe im Englisch Sprechen.

Wieviel ich unterrichte

Unterrichtsvorbereitung an meinem Schreibtisch.

In der einen Woche ohne Deutschlehrer habe ich in der sechstes, siebtes, zehntes, elften und zwölften Jahrgangsstufe – insgesamt sieben Klassen – unterrichtet. Bisher habe ich zwölf Unterrichtsstunden gegeben und mit jeder Stunde fällt mir das Unterrichten leichter. Inzwischen unterrichte ich nur noch je eine Übungsstunde in der sechsten und siebten Klasse. Alle anderen Stunden hat die neue Deutschlehrerin übernommen.

Zusätzlich zum stundenplanmäßigen Unterricht werde ich ab dieser Woche der Zehntklässlerin Englischnachhilfe geben. Außerdem haben mich drei Mädchen um zusätzlichen Deutschunterricht gebeten, der zwei Mal die Woche stattfinden wird.

In einigen Wochen werde ich natürlich auch darüber (und über vieles anderes) schreiben, aber erst mal kommt der Artikel über die Schulbücher.

Bis dahin! Eure Bettina (die ihre langen und anstrengenden Tage hier liebt, weil sie glaubt, dass sie für dieses Jahr genau am richtigen Ort mit der richtigen Arbeit und den richtigen Menschen gelandet ist)