Mirupafshim Kosova!

Es ist November 2019. Mein Freiwilligendienst ist seit drei Monaten vorüber, die neuen Voluntäre haben ihren Dienst längst angetreten und letztes Wochenende war das Informationswochenende für zukünftige Voluntäre. (Man kann sich übrigens noch bewerben!) Ich durfte dort meine Erfahrungen teilen und werde, soweit möglich, auch in weiteren Vorbereitungsseminaren dabei sein. Abgesehen davon hat aber ein neues Kapitel für mich begonnen: Ich studiere jetzt Geographie und Soziologie. Mein Tagesablauf, meine Aufgaben, mein Umfeld – das alles hat sich verändert. Es ist also Zeit, Abschied zu nehmen von diesem Blog. An dieser Stelle darf ich euch die Blogs meiner Nachfolgerinnen empfehlen: „KOSOWO SONST? – mein Freiwilligendienst im Kosovo“ von Veronika und „Mein Abenteuer im Kosovo“ von Hannah.

Bevor ich den Blog aber beende, möchte ich den Freiwilligendienst rekapitulieren.

Meine Zeit im Kosovo …

… war so vieles, dass es schwer in Worte zu fassen ist. Aber ich habe drei Stichworte, die das Wichtigste nennen:

Lehrreich: Ich bin angekommen, kannte weder Land noch Leute. Natülich hatte ich mich informiert. Ich wusste, dass der Kosovo hauptsächlich muslimisch geprägt ist, dass Serbien und Kosovo über Unabhängigkeit und Ländergrenzen streiten und der Krieg seine Spuren hinterlassen hat. Trotzdem ist es etwas völlig anderes, die Geschichten der Leute zu hören, ihre Kultur zu erleben und mit ihnen zu arbeiten. Es ist nicht das Fakten-Lernen, wie wir es in der Schule kennen, es ist eine ganz andere Art von Lernen. Zum Beispiel habe ich gelernt, gastfreundlicher und spontaner zu sein, zu geben ohne etwas zu erwarten, Chancen zu nutzen, wo sie gerade auftreten.

Bereichernd: Die Erinnerungen, die geschlossenen Freundschaften, das Gelernte, das sind Dinge, die mir viel wert sind. Und es sind Dinge, die mir nicht weggenommen werden können, die ich nicht verlieren kann. Das ist viel mehr wert als ein Jahr früher arbeiten und studieren.

Persönlichkeitsentwicklung: Vor dem Jahr kannte ich hauptsächlich die deutsche Kultur mit ihren Normen und Werten. Ohne etwas anderes zu kennen, ist es schwierig zu reflektieren. Nach diesem Jahr aber habe ich viel über die kosovarisch-albanische Kultur gelernt und dadurch auch über die deutsche. So ist mir klarer geworden, welche Werte mir besonders wichtig sind. Ich habe selbst das Gefühl, mich in diesem einen Jahr mehr entwickelt zu haben als in den letzten drei Schuljahren. Das heißt nicht, dass ich jetzt einen ausgeschliffenen Lebensplan habe – im Gegenteil, ich habe noch so viele Möglichkeiten mehr entdeckt. Aber genau dieses Wissen über die Möglichkeiten ermöglicht mir, zum gegebenen Zeitpunkt bewusst zu entscheiden.

Das war mein Freiwilligendienst für mich.

… und die Zeit der anderen mit mir

Was hat er für die Kinder und Jugendlichen, die anderen Don-Bosco-Mitarbeiter bedeutet?

Ganz oft habe ich gehört, dass ich sie inspiriert habe. Zuerst dachte ich: Wie, aber ihr habt doch mich inspiriert, mir so viel beigebracht! Aber es funktioniert in beide Richtungen: Indem ich ihre Handlungen in Frage stelle, weil ich sie schlicht nicht kenne, fangen auch sie an, darüber nachzudenken. Wenn ich erzähle, wie ich es von mir daheim kenne und wir über Vor- und Nachteile der jeweiligen Handelsweisen diskutieren, eröffnet es ihnen – und auch mir – eine ganz andere Breite an Handlungsmöglichkeiten, die sie vorher nie in Erwägung gezogen hätten. Es braucht also keine großen Aktionen, um positiv im Gedächtnis zu bleiben. Vielmehr geht es darum, sich für die Menschen und ihre Lebenswelt zu interessieren.

Über das Jahr hinweg und auch danach durfte ich sehr viel Wertschätzung erfahren. Darunter gibt es Worte, an die erinnere ich mich besonders gerne. Deshalb zitiere ich sie hier für euch, die Übersetzungen habe ich dabei mehr sinngemäß als wörtlich gehalten:

Ich bin da

„If you need me, I’m here.“ (Falls du mich brauchst, bin ich hier für dich.) Das war ein Satz, den eine Freundin und Schülerin aus der damals elften Klasse gesagt hat. Er fiel nur so nebenbei, wie selbstverständlich, aber mir hat er so viel bedeutet, dass ich ihn groß in mein Tagebuch geschrieben habe. Es zeigt mir, dass ich ihr wichtig bin, dass ich es geschafft habe, mit ihr eine Beziehung aufzubauen und auch für sie da zu sein. Das haben ihre Abschiedsworte bestätigt: „Thanks for giving me a lot of lessons and very very good memories. I love you too very much!“ (Vielen Dank dass du mir viel beigebracht hast und für die sehr, sehr guten Erinnerungen. Ich habe dich auch sehr lieb!)

Von Herzen

Das nächste Zitat ist von einer Freundin und Schülerin, damals in der elften Klasse. Sie bezieht sich darauf, dass sie zu Beginn meines Freiwilligendienstes in einem Mirëmengjes (der Vollversammlung aller Schüler/innen) alle aufforderte, dazu beizutragen, dass ich mich in Don Bosko Gjilan zuhause fühle. Ich hatte ihr nach meinem Freiwilligendienst eine Nachricht geschrieben und mich unter anderem dafür bedankt. Das ist ein Teil ihrer Antwort: „In that time, it was just a ‚beautiful‘ sentence, because I actually didn’t know you, but now that I do, it’s more than just a sentence and it makes sense more than it did that day.“ (In diesem Moment war es nur ein „schöner“ Satz, denn eigentlich kannte ich dich gar nicht; aber jetzt, da ich dich kenne, ist es mehr als nur ein Satz und es macht mehr Sinn als es an diesem Tag tat.“)

Außerdem schrieb sie mir, dass es gut für sie war, mit mir Zeit zu verbringen, weil ich sie nocheinmal darüber nachdenken ließ, was sie mit ihrem Leben machen will. Und ziemlich am Ende ihrer Nachricht las ich diese herzlichen Worte: „You will always have a special place in our heart“ (Du wirst immer einen speziellen Platz in unserem Herzen haben) und „We won’t forget you“ (Wir werden dich nicht vergessen).

Wie Familie

Besonders wichtig ist auch Jezuelas Freundschaft für mich – und meine für sie. Vor Kurzem schrieb sie mir: „You have no idea how much I need my lil sis here“ (Du weißt gar nicht, wie sehr ich meine kleine Schwester hier brauche). Sie nennt mich Schwester – das beschreibt unser Verhältnis ziemlich gut. Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht, haben miteinander gearbeitet und dabei – und davor und danach – über Gott und die Welt geredet. Sie hat mir geholfen, wo immer nötig, und ich ihr. Jetzt bleiben wir über WhatsApp in Kontakt und wenn irgendwann möglich, wollen wir uns wieder treffen. Auch mit anderen Animatoren bin ich über WhatsApp in Kontakt.

Natürlich gab es von unserem Direktor Don Dominik eine Abschiedrede für mich. Ein Satz ist mir dabei besonders hängen geblieben: „You’re like a daughter to us.“ (Du bist wie eine Tochter für uns.)

Und Don Bosko ist wie eine zweite Familie, ein zweites Zuhause für mich.

Damit möchte ich Don Dominik, Don Oreste, Jezuela und allen anderen Mitarbeiter*innen, Schüler*innen und Animator*innen danken für die wundervolle Zeit, für die mir trotz aller Wortgewandtheit ein bisschen die Worte fehlen. Ich werde diese Zeit nie vergessen!

Eure Bettina

So I want to thank Don Dominik, Don Oreste, Jezuela and all co-workers, students and animators for the wonderful time, that I can’t really put into words. I’ll never forget this time!

Yours, Bettina

Edhe tash me pak gjuhë shqipe: Falemindert shumë Don Dominik, Don Oreste, Jezuela edhe krejt tjerat per çdo kohë e mrekullueshme. S’mundem harroj çdo kohë! (Më falni për krejt gabim – e di, s’mundem më fal mirë…)

Bettina

PS: Ja, bei der Veröffentlichung ist es bereits Dezember – das Studium nimmt mich in Beschlag und gut Ding will schließlich Weile haben 😉 Vielen Dank, liebe Leser*innen, dass ihr so lange durchgehalten habt; vielen Dank, dass ihr mich über das Jahr hinweg begleitet habt! Falls ihr wissen wollt, warum ich ausgerechnet dieses Titelbild für den Abschiedsbeitrag gewählt habe, klickt euch in den vorigen Blog.

Mein Jahr in Bildern

Gjilan, Kosovo – zunächst nur fremd klingende Namen, eine Stadt und ein Staat von oben in Google Earth, als Wikipediaeintrag, eine Verheißung von spannenden Erfahrungen.
Das Praktikum in Belgien – ein kleiner Vorgeschmack auf Don Bosco.
Das ist also Don Bosko Gjilan, mein Zuhause und mein Arbeitsplatz für ein Jahr.
Mein erstes Selfie mit Jezuela – wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Auch mit den Salesianern habe ich mich super verstanden!
Kampf dem Müll!
Maylie – Thema Straßenhunde: Da prallen Welten aufeinander. Aber wir haben es geschafft, eine Lösung zu finden.
Weihnachten mit Jezuela und Gregor in Tirana.
Skopje – Zwischenstation auf dem Weg nach Serbien zum Zwischenseminar.
Mit Verena habe ich den Kosovo touristisch erkundet – hier in den Bergen bei Peja.
Mit den elften Klassen …
Meine Gruppe mit Don Dominik bei einer kleinen Aufführung.
… mit einigen Animatoren in Tale.

Am Ende meines Freiwilligendienstes war eine Gruppe italienischer Animatoren da. Mit ihnen durfte ich auf Ausflüge in die Umgebung Gjilans gehen und noch ein paar schöne Fotos machen:

Das ist kein Friedhof, sondern eine Gedenkstätte im Aufbau. Zwischen diesen idyllischen Hügeln hat Krieg gewüstet, denn sie liegen nahe der Grenze zu Serbien, sodass sie 1999 zu den als ersten betroffenen Regionen gehörten.
Blick vom Turm der Kathedrale aus über Prishtina.

Wie der Sonnenuntergang zum Tag gehört, gehört der Abschied zum Freiwilligendienst. Von all den Umarmungen und herzlichen Worten habe ich keine Fotos, lieber habe ich diese Momente genossen und in mein Herz aufgenommen. Deshalb verabschiede ich das Jahr stattdessen mit diesem metaphorischen Foto:

Die letzten Tage im Kosovo – melancholisch schön wie ein Sonnenuntergang.

Wie die Zeit vergeht

Ist es wirklich wahr, dass mein letzter Blogbeitrag fast drei Monate her ist? Leider ja, denn die Zeit verrennt. Ich fasse hier für euch zusammen, womit ich diese drei Monate so sehr beschäftigt war, dass ich mich auf dem Blog nicht mehr gemeldet habe.

Schuljahresende und Oratorium

An einem der letzten Schultage mit Jezuela und einigen unserer Schüler/innen.

Im Juni hat die Schule aufgehört. Erst für die zwölften Klassen und dann nach und nach auch für die niedrigeren Klassen. Das passiert hier nämlich nicht auf einen Schlag. Währenddessen hat das Oratorium angefangen. Unser Oratorium kann man sich als Jugendzentrum im Anfangsstadium vorstellen. Nachmittags ab etwa vier Uhr ist unser Pausenhof mit Sportplatz für die Kinder aus der ganzen Umgebung geöffnet, es liegen Fuß-, Basket- und Volleybälle bereit.

Mit den kleineren Jungs konnte ich ein paar Mal Fußball spielen, aber eigentlich gibt es schon genug Animatoren, die sich um die Fußballjungs kümmern. Daher habe ich mich nach einer Woche darauf verlegt, mich um die Mädels zu kümmern. Mit den älteren Mädchen – das sind etwa Zehn- bis Sechzehnjährige – spiele ich viel Volleyball (oder stehe zumindest auf dem Platz … wie oft ich tatsächlich auch den Ball erwische, kommt ganz auf die Anzahl der Mitspieler/innen an). Für die kleineren Mädels habe ich eine Malkiste zusammengestellt. Denn oft müssen die Älteren auf ihre kleinen Geschwister aufpassen, wollen sie aber nicht mitspielen lassen, weil die Kleinen noch kaum Basketball oder Volleyball spielen können oder sich dabei schnell langweilen. Die Kiste wird allerdings nicht nur von den kleinen Mädels mit Begeisterung genutzt, sondern von so ziemlich allen, die ins Oratorium kommen.

Endlich Sommerspiele!

Unser Plakat für die Sommerspiele.

Im Juli, als die Schule endgültig für alle aus war, fanden die Sommerspiele statt. Darauf hatte ich mich in Erinnerung an mein Praktikum in Belgien schon sehr gefreut. So kamen jeden Morgen zwischen 09:00 Uhr und 09:45 Uhr Kinder und Jugendliche aus der Umgebung zu uns und blieben bis 13:00 Uhr. Die Animatoren haben jeden Tag Spiele und sonstiges Programm für sie vorbereitet. Zusammen mit ein paar der Animatoren war ich für die jüngste Gruppe zuständig. Die Kinder waren vier bis sieben Jahre alt, konnten also größtenteils nur Albanisch. Das war sowohl Vorteil als auch Nachteil: Ich konnte zum Beispiel keine Spiele erklären, weil mir dafür der Wortschatz nicht ausreichte. Aber gleichzeitig habe ich in der Zeit viel Albanisch dazu gelernt, weil ich gar keine andere Wahl hatte, als Albanisch zu sprechen und die Kinder mit mir immer Albanisch gesprochen haben.

Mit zu den Sommerspielen gehört jede Woche ein Schwimmtag. An diesen Tagen sind wir mit drei Bussen zu einem Freibad gefahren und haben mit den Kindern im Wasser geplanscht. Es war ziemlich anstrengend, darauf aufzupassen, dass die Kinder auch nur dann in den Pool gehen, wenn sie dürfen. Gleichzeitig hat es wahnsinnig viel Spaß gemacht, mit den Kindern zu spielen. Besonders geliebt haben sie es, durchs Wasser gezogen zu werden oder uns als interaktiven Sprungturm zu benutzen.

Am Nachmittag hat weiterhin das Oratorium stattgefunden, erweitert durch einige Kurse. Ich habe den Handarbeitskurs geleitet, was darin gemündet hat, dass wir sehr oft Armbänder geflochten haben, weil die Kinder und Jugendlichen das geliebt und immer wieder nachgefragt haben. Am Ende sind zwei Mädchen auf die Idee gekommen, Armbänder in der Mittagspause der Sommerspiele zu verkaufen und das Geld zu spenden. Ich habe den beiden geholfen, das ganze zu koordinieren.

Insgesamt waren die Sommerspiele definitiv deutlich anders organisiert als der „Speelplein“ oder „playground“ – also „Spielplatz“ – in Brüssel. Trotzdem gab es auch einige Ähnlichkeiten – nicht zuletzt die Freude an der Arbeit mit den Kindern.

Und schon sind sie wieder um….

Das Abschlussfest der Sommerspiele fand am Abend des 26. Julis statt. Jede Gruppe hat über die vier Wochen Sommerspiele hinweg etwas eingeübt und schließlich vorgeführt. Auch mit unseren Kleinen haben wir ein bisschen was vorbereitet: Ich habe das Klatschspiel „Schokolade“ ein bisschen geändert, sodass man es ohne Partner klatschen kann. Als zweites haben wir ein bekanntes albanisches Kinderlied gesungen und mit Bewegungen unterlegt und zu guter Letzt Macarena getanzt. Danach wurde der Gewinner der Sommerspiele verkündet – außer der Gruppe für die Kleinen gab es noch vier weitere Gruppen, alle für Kinder von sieben bis etwa vierzehn Jahre. Diese Gruppen haben versucht, in den Spielen möglichst viele Punkte zu sammeln. Die Kleinen liefen aber außer Konkurrenz.

Animatorencamps

In die Wellen, fertig, tauchen!

Mit zu den Sommerspielen gehören auch ein Animatorencamp davor und danach. Es nahmen allerdings nur die 15 bis 20 wichtigsten Animatoren teil, da wir einen Animatorenpool von etwa 80 Animatoren haben. Beim ersten Camp waren wir in Tale in Albanien und haben drei Tage hauptsächlich am Strand verbracht. Man sollte meinen, danach wäre ich braun geworden – war ich aber nicht. Das kam erst bei zweiten Camp in Velipoje, ebenfalls Albanien, bei dem wir sechs Tage am Strand verbracht haben. Im Vergleich zu den meisten anderen Animatoren bin ich aber immer noch ziemlich weiß… Abgesehen vom Sonnenbaden und Schwimmen haben wir im ersten Camp viele Spiele gespielt und uns auf unsere Arbeit mit den Kindern vorbereitet. Im zweiten Camp ging es dann darum, die Sommerspiele zu reflektieren und Verbesserungsvorschläge anzubringen.

Don Dominik und ich …
… mit der restlichen Gruppe in Tale.
Am Strand bei Tale – der Holzweg war übrigens höchstnotwendig, der Sand konnte brennend heiß werden.
Der Strand bei Velipoje von einem Rettungsschwimmerturm aus fotografiert. Fragen kostet nichts und kann sich lohnen!

Übrigens: Ich bin ein Mensch, der gerne den Schatten sucht und daher selbst im Hochsommer höchst selten Sonnencreme verwendet. Aber wenn man sich am Strand mit fünf Leuten einen feststehenden Sonnenschirm teilt oder im Freibad auf die Kinder aufpassen muss, kann man sich nicht stundenlang im Schatten verkriechen. Da hat mich der ein oder andere – zum Glück nur leichte bis mäßige – Sonnenbrand schnell gelehrt, eine 50er Sonnencreme zu kaufen und etwa alle zwei Stunden aufzutragen.

Und da war ja noch was…

Mein Geburtstag! Ich bin an einem Sonntag während der Sommerspiele 20 Jahre alt geworden. Ich habe den Tag bewusst nicht verplant, denn die Sommerspiele machten zwar sehr viel Spaß, aber stressig war es eben auch. So gerne ich viele Leute treffe, so sehr brauche ich auch mal ruhigere Stunden. Also ließ ich meinen Geburtstagsmorgen gaaaaanz langsam angehen. Wie jeden Sonntag war erst mal Messe, danach habe ich ein bisschen Zeit mit Jezuela verbracht. Dann wurde ich von einer unserer Animatorinnen auf einen Kaffee eingeladen. Ich trinke keinen Kaffee, aber hier geht man trotzdem „Kaffee trinken“, weil damit alles gemeint ist, was man in einem Café kriegen kann. Danach habe ich mir ein bisschen Zeit nur für mich gegönnt, denn davon hatte ich zwischenzeitlich eindeutig zu wenig.

Am späten Nachmittag bin ich mit einem zweiten Geburtstagskind und einem anderen Animator noch einmal „Kaffee trinken“ gegangen – das ist hier so gang und gäbe an Geburtstagen. Am Abend sind etliche Animatoren eingetrudelt, die eine kleine Überraschung für uns zwei Geburtstagskinder vorbereitet haben: Kuchen, Ballons, Süßigkeitenbuffet und früher oder später kommt hier immer Musik und Tanz dazu.

Nicht zu vergessen: Geburtstagsgeschenke! Meine Familie hat es doch tatsächlich geschafft, mir ein Geschenk zuzuschustern. Als meine Schwester im April hier war, hat sie bei Jezuela ein Geschenk für mich versteckt und Jezuela hat dieses am Geburtstag an mich weitergegeben. So durfte ich mich über eine Karte, ein Buch und vegetarische Gummibärchen freuen! Und dann gab es natürlich noch ein paar mehr Geschenke, die von einer Don-Bosco-Medaille von Don Dominik über Malsachen bis hin zu Schlüsselanhängern reichen. Und Don Dominiks Worte: „Du bist wie eine Tochter für uns geworden.“ Kann man sich mehr wünschen?

So viel für heute und liebe Grüße nach Hause!

Eure Bettina

PS: Auf dem Beitragsbild seht ihr ein Gemälde der Helden aus dem Film „Big Hero 6“, dem diesjährigen Thema der Sommerspiele. Ich hab leider nicht mitgemalt.

Am Meer

Heute will ich euch von einem besonderen Moment erzählen. Jetzt gerade, während ich das schreibe, bin ich auf Albanienfahrt mit der elften Klasse (wenn der Blog online geht, werden fast drei Wochen vergangen sein). Es ist kurz nach 23 Uhr. Bis vor wenigen Minuten hatte ich mich mit Don Dominik und einigen Elftklässler*innen am Strand aufgehalten.

Abendlicher Strandspaziergang

Wir waren vom Hotel aus an den Strand gegangen und hinter Don Dominik her über etliche Felsen von Strändchen zu Strändchen geklettert. Hier zahlte sich meine Wander- und Klettererfahrung aus: Ich konnte einer Ungeübten eine Tüte abnehmen und die Snacks darin sicher bis zu dem Strand bringen, an dem etliche Liegen sowie eine große, ins Wasser hineinragende Holzplattform standen. Wir kletterten auf die Plattform und setzten uns an den Rand. Manche ließen ihre Füße übers Wasser baumeln. Don Dominik forderte uns dazu auf, fünf Minuten ganz still zu sein und einfach nur das Gemeinsam-Sein zu genießen. Also hörten wir dem Rauschen der Wellen zu, betrachteten die Lichter, die schräg gegenüber von der anderen Seite der Bucht herleuchteten. Hinter uns wurde leise in einem Restaurant Musik gespielt, geredet, gelacht und mit Geschirr geklappert.

Wie es wohl wäre, jetzt mit der eigenen Familie oder mit Freunden dort oben im heimelig gelb leuchtenden Restaurant zu sitzen, zu essen, sich zu unterhalten und gemeinsam zu lachen? Wie wäre es wohl, ganz alleine in der Bucht zu sein und im seicht schaukelnden Meer schwimmen zu gehen?

Wie ist es, einfach mal dazusitzen und gemeinsam zu genießen?

Natürlich, die Gespräche, die ich den Tag über geführt habe, waren meist sehr interessant und herzlich. Aber man muss nicht immer reden. Manchmal ist einfach nur gemeinsam existieren genau richtig.

Miteinander da sein…

Die fünf Minuten waren um. Don Dominik forderte uns auf, noch etwas zusammen zu rücken, dann wollte er uns noch etwas vorlesen. Er entschied sich letztendlich doch dagegen, denn es war recht kühl un den Text konnten wir auch zu Hause lesen. Stattdessen nahm er seine Gitarre zur Hand, die den Weg über die vielen Felsen unbeschadet überstanden hatte. Bevor er die Saiten zupfte, forderte er uns auf, noch einmal das Gemeinsam-Sein zu fühlen. Eine der Schülerinnen teilte ihre Regenjacke zum Draufsitzen mit mir, schräg vor ihr saß eine ihrer Mitschülerinnen. Diese lehnte sich bald an sie und sie nahm ihre Mitschülerin in den Arm. Nach einer Weile kehrten sie es um: Die Mitschülerin nahm sie in den Arm.

Die ganze Zeit hätte ich mich am liebsten mit dazu gelehnt. Das ist nämlich etwas, das man schon manchmal vermisst: Einfach grundlos jemanden in den Arm nehmen. Zu Hause war das einfach: Da habe ich Mama ab und zu mal zwei Minuten geknuddelt. Natürlich bekomme ich hier auch Umarmungen. Jeden Morgen mehrere, denn ich werde jeden Morgen von etlichen Schüler*innen herzlich begrüßt. Und über den Tag verteilt kommt noch die eine oder andere Umarmung dazu. Und ich weiß, ich könnte Jezuela theoretisch jederzeit umarmen.Trotzdem tue ich es oft nicht. Es ist nicht so, dass ich es mir verbiete, ich denke nur einfach nicht daran. Erst in Sitationen wie diesen wird es mir bewusst.

Ich lehnte mich aber nicht gleich dazu. Denn ich wusste, dass die beiden befreundet waren und in diese Umarmung wahrscheinlich Emotionen aus verschiedenen Situationen mit hinein spielten, die die beiden gemeinsam durchgestanden hatten. Daher wollte ich nicht stören, die Äußerung der gegenseitigen Wertschätzung nicht unterbrechen.

… und füreiander da sein

Aber nach einer Weile lehnte ich mich doch dazu. Die Hand der Umarmenden, die nun zwischen meinem Kopf und der Schulter der Umarmten klemmte, zog sich vorsichtig heraus und legte sich sanft auf meinen Kopf. Die Umarmte legte ihre Hand offen in die Nähe der meinen, als wolle sie anbieten, die meine zu halten. Das nahm ich gerne an.

So saßen wir ein Weilchen, dann rappelte sich die Umarmte zwischen uns langsam auf und stellte sich ein paar Schritte hinter uns auf die Plattform. Auch zwei andere hatten sich an die Ränder der Plattform gestellt und guckten in die Weite.

Schließlich ließ Don Dominik das letzte Zupfen verklingen. Wir standen auf und machten uns wieder auf den Weg zurück zum Hotel. Und jetzt sitze ich hier, neben mir spielen drei Schülerinnen ein Brettspiel. Am Tisch vor mir hat sich der Großteil der Gruppe um Don Dominik versammelt. Sie singen gemeinsam, Don Dominik bringt nochmal seine Gitarre zum Klingen.

Momente wie diese

Derweil tippe ich mit kühlen Fingern auf meinem Handy herum, baue aus den Bildern in meinem Kopf Sätze. Ich möchte unbedingt diesen Moment – oder eher dieses Weilchen – mit euch teilen. Dieses Ereignis hat mir, wie viele Momente in den vergangenen acht Monaten, gezeigt: Leute, denen man vertraut, sie einfach mal so umarmt, sich mit ihnen unterhält, lacht und manchmal auch weint oder – wie in diesem Fall – einfach gemeinsam schweigt, müssen nicht Verwandte oder jahrelange Freunde sein. Es können auch Freunde sein, die man erst vor ein paar Wochen und Monaten kennengelernt hat, über die man immer noch jede Menge zu erfahren hat. Es kann auch eine Fammilie sein, die zwar nicht blutsverwandt mit dir ist, dich aber wie ein Familienmitglied behandelt.

Liebe Grüße und bis bald!

Eure Bettina

PS: Das Foto ist am nächsten Abend bei einem Stadtbummel in Saranda  entstanden.

Herzlich Willkommen, Schwesterherz!

Am 02. April war es so weit: Meine Schwester Verena kam mich besuchen! Don Oreste und ich fuhren also los, um sie abzuholen. Am Flughafen angekommen stellten wir erst mal fest, dass der Flug etwas später als geplant ankommen würde. Mit der Zeit sammelten sich einige Leute am Ausgang nach der Zollkontrolle an. Genau durch die bin ich vor zu dem Zeitpunkt sieben, inzwischen acht Monaten auch gegangen.

Es kamen immer wieder Leute heraus, manchmal einzeln, manchmal drei oder vier zusammen. Ich musste aber ein ganzes Weilchen warten, bis ich mein Schwesterherz erspähte. Was dann kam, könnt ihr euch schon vorstellen: Noch breiteres Grinsen als sowieso schon, eine dicke und lange Umarmung, riesige Freude!

Schließlich packten wir ihr Köfferchen und ihren Rucksack ins Auto und machten uns auf die gut einstündige Fahrt nach Gjilan.

Die Lieblingsbeschäftigung meiner großen Schwester

Kaum waren wir auf meinem Zimmer angekommen – das praktischerweise zwei Betten hat – und haben ihr Zeug abgestellt, kam, was kommen musste: Kitzelattacke!

Ich glaube fast, das hat meine Schwester am Meisten vermisst: Mich zu kitzeln. Denn damit hat sie die restlichen eineinhalb Wochen nicht mehr aufgehört! Nun, ehrlich gesagt, es war ziemlich witzig. Fast wie zu Hause, wo wir uns manchmal gemeinsam auf unseren großen Sessel gesetzt hatten und sie früher oder später begann, mich durchzukitzeln. Nur dass wir nun auf dem Bett saßen und ich inzwischen etwas besser zurückkitzeln kann.

Prishtina

Verena mag ja nur eineinhalb Wochen hier gewesen sein, aber sich beschweren, dass sie nicht genug vom Kosovo gesehen hat, kann sie definitiv nicht. Schon am ersten vollen Tag fuhren wir mit dem Bus nach Prishtina und guckten uns einige Sehenswürdigkeiten an. Als erstes waren wir bei der Kathedrale, aber die hatten gerade Mittagspause und die Kathedrale war geschlossen. Also machten wir uns auf den Weg zum Newborn-Monument, stießen aber als erstes auf ein anderes Denkmal. Es war den Frauen gewidmet, die im Krieg leiden mussten. Dort übersetzte uns ein junger Mann ein Zitat. Wir kamen ins Gespräch und er bot an, uns die Bibliothek zu zeigen. Ein persönlicher Stadtführer! Dieses Gebot nimmt man natürlich gerne an. Bevor wir jedoch dort hingingen, machten wir noch einen Abstecher zum Newborn-Monument, denn dazu musste man vom Denkmal aus nur die Straße überqueren.

… also an dem Tag, an dem Kosovo seine Unabhängigkeit erklärte.

Das Newborn-Monument wurde am 17. Februar 2008 aufgestellt…

Das Newborn-Monument besteht aus großen Buchstaben aus Metallplatten und Eisenrahmen, die das Wort „NEWBORN“ ergeben. Die Buchstaben werden jedes Jahr neu bemalt. Im Moment sind sie auf der Frontseite mit detailreichen Mustern, die Bilder ergeben, verziert. Auf der anderen Seite stehen pro Buchstabe ein Wort in verschiedene Sprachen übersetzt. Hier die englischen, albanischen und deutschen Wörter:

N: NATURE, NATYRA, NATUR

E: ENERGY, ENERGJI, ENERGIE

W: WATER, UJË, WASSER

B: BIODIVERSITY, BIODIVERSITETI, BIODIVERSITÄT

O: OXYGEN, OKSIGJENI, SAUERSTOFF

R: RECYCLING, RICIKLIMI, RECYCLING

N: NATURE, NATYRA, NATUR

Das sind alles Dinge, denen auf jeden Fall noch viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss als sie gerade bekommen. Aber nicht nur hier im Kosovo, sondern auch in der ganzen restlichen Welt. Allerdings gibt es hier kein Fridays for Future. Immerhin konnte ich aber mit ein paar (unfreiwilligen) Schülern an einem Vormittag jede Menge Müll vom Gelände sammeln. Im Herbst haben wir mit einer handvoll Animatoren mal den Gehweg und den Grünstreifen vor unserem Gelände sauber gemacht. Das hört sich nicht nach viel an, aber es waren einige Stunden Arbeit.

Die Ausstellung.

Zurück zu unserer Stadttour: Danach gingen wir zur Bibliothek, einem futuristischen Bau: Das Gebäude an sich scheint aus vielen Quadern zu bestehen, die aber mit einem mehrschichtigen Metallnetz mit großen, geschwungenen Maschen umgeben zu sein scheinen. Dazu sind auf dem Dach viele schaumblasenartige Kuppeln. Ein Bild habe ich leider nicht, denn ich hatte meine Kamera in meinem Zimmer vergessen und machte nur das ein oder andere Foto mit meinem Handy.

In der Bibliothek gab es gerade eine kleine Ausstellung. Auf Schautafeln standen kurze Berichte von einer Gruppe von Kosovaren, die jetzt in Großbrittanien lebt. Sie erzählen darin mit wenigen Worten von ihren Kriegserlebnissen. Das war ein stiller, nachdenklicher Moment.

Danach gingen wir wieder Richtung Mutter-Teresa-Kathedrale. Dort verabschiedete sich der junge Mann von uns und wir sahen uns die Kathedrale an. Ich kannte sie von etlichen anderen Besuchen bereits sehr gut. Die Kathedrale ist in sehr hellen Tönen gehalten und hat viele große Buntglasfenster. Insgesamt ist sie in einem eher einfachen Stil gehalten. Dennoch gibt es viele Details zu entdecken. Noch ist sie nicht ganz fertig, aber sie wird bereits für Gottesdienste und Veranstaltungen genutzt. Don Dominik hat übrigens großen Anteil an ihrer Gestaltung.

… und von Innen.

Die Kathedrale von Außen …

Die Decke des Doms.

Eines der vielen schönen Buntglasfenster.

Auf Empfehlung von Jezuelas Schwester gingen wir danach in einem Restaurant essen, das viele vegetarische und vegane Gerichte anbietet. Das hat mich sehr gefreut, denn Vegetarismus geschweige denn Veganismus sind hier beinahe noch Fremdwörter! Also an alle, die mal in Prishtina vegetarisch oder vegan essen möchten: Das „green & protein“ kann ich euch sehr empfehlen.

Anschließend machten wir uns noch auf in die Altstadt und sahen den Uhrturm (Kulla e Sahatit) von Prishtina sowie ein paar alte Moscheen, zum Beispiel die Große Moschee (auch Sultan-Mehmed-al-Fatih-Moschee genannt), die Jashar-Pascha-Moschee sowie die Çarshi-Moschee (auch Stein-Moschee oder Sultan-Murad-Moschee genannt). Auf einem Straßenmarkt haben wir Erdbeeren gekauft. Auch den einen oder anderen Platz mit Statue haben wir überquert. Da war zum Beispiel eine Skenderbeg-Statue und ein Kunstwerk, dass etwas abstrakt mit Flaggen bemalte Menschen darstellt. Irgendwann machten wir uns etwas erschöpft auf den Heimweg.

Und der Uhrturm in Gjilan.

Der Uhrturm in Prishtina.

Jede Menge Flaggen.

Der Skanderbeg-Platz.

… und die Moschee selbst von der Straße aus.

Das Vordach der Großen Moschee…

Und noch mehr Städte

Um es kurz zu fassen: Prishtina war nicht die einzige Stadt, die wir besucht haben. Mit Jezuela waren wir auch in Ferizaj, Peja, Gjakova und Prizren. Außerdem sind wir ein bisschen durch die Berge bei Peja gefahren und spaziert. In Gjakova waren wir in einem der zig Cafés. Es gibt eine ganze Gasse in der Fußgängerzone, die wirklich quasi nur aus Cafés besteht! In Prizren sind wir Abends angekommen und durften bei Dorea übernachten – vielen Dank nochmal!

Dorea ist eine der Voluntärinnen, die ich im Zwischenseminar kennenlernen durfte. Leider hatten wir fast keine Zeit zusammen, denn sie hatte am nächsten Tag einen ganz normalen Arbeitstag, wärhend wir in regnerischem Wetter durch die schöne Stadt spazierten und die Burg etwas oberhalb der Stadt besichtigten. Unser Mittagessen aßen wir in einem Restaurant, das tatsächlich einen winzigen Indoor-Teich mit Enten hatte!

Also falls ihr mal in den Kosovo kommt, kann ich euch definitiv Prishtina, Prizren sowie Gjakova empfehlen. Für alle, die lieber in der Natur unterwegs sind, dürfte sich rund um Peja Schönes finden.

Hier ein paar Eindrücke:

In einer kleinen Kirche in Ferizaj:

Diese Kirche hat definitiv einen sehr eigenen Stil. Trotzdem (oder gerade deswegen) hat sie mir gefallen.

Die Kirche war eigentlich geschlossen – aber Jezuela fragte eine der nebenan wohnenden Nonnen, ob sie für uns öffnen würde.

 

Peja:

Wolken hängen in den Bergen.

Auf dem Weg nach Peja – was wie Wolken aussieht, sind größtenteils weiße Bergspitzen, die aus dem Dunst ragen.

Verena genießt die Aussicht!

Nach etlicher Kurverei haben wir in einem kleinen Ressort angehalten.

Ein kleiner Wasserfall, der im Bach endet.

Ein Blick den Bach hinauf – dafür mussten wir aber erst hinter einer Haltebucht den Hang hinabklettern.

Ein Huflattich kämpft sich durch Kies.

Palmkätzchen – der Frühling kommt!

Jezuela und Verena haben sich super gut verstanden. 🙂

In einer Moschee in Peja:

Die Nische, die die nach Mekka zeigt.

Und ich mittendrin! Das ist das erste Mal, dass ich eine Moschee richtig betreten habe. Davor habe ich nur mal von der Türschwelle aus einen Blick in eine Moschee geworfen.

Oben in diesem Türmchen werden bestimmte Teile des Korans vorgelesen.

 

 

Gjakova:

Ein Gässchen in Gjakova.

Ein traditionelles albanisches Haus, das nun ein Museum ist.

Und die Gasse mit all den Cafés.

 

Prizren:

Ein verregneter Platz.

Die Kalaja e Prizrenit, also die Burg von Prizren.

Etliche Bäume sind in der Altstadt umstrickt – hier ein besonders schönes Exemplar.

Angeblich würde man in Prizren heiraten, wenn man aus diesem Brunnen trinkt – ich habe es lieber nicht ausprobiert.

Ikonen in der orthodoxen Kirche.

Ein Blick in eine orthodoxe Kirche.

Dieses Gemälde befindet sich über dem Altarbereich der Kirche.

Die Kirche von Außen.

In einer Moschee in Prizren:

Die Seitenwand.

Der Blick in die Moschee.

Die schön verzierte Kuppel.

Diese Empore war einst vor allem der Platz für wichtige Persönlichkeiten.

Natürlich besuchten wir auch Jezuelas Familie und durften bei einer unserer Schülerinnen und Animatorinnen zu Mittag essen. Vielen Dank euch beiden und euren Familien für die Gastfreundschaft (, auch für die, die ich auch schon vor Verenas Besuch genießen durfte)!

Irgendwann kommt natürlich der Tag des Abschieds: Nachdem Verena noch einen kleinen Einblick in meinen Schulalltag erhalten hatte, flog sie am 11. April zurück nach Deutschland – schließlich wartet der Alltag nicht.

Vielen Dank, Schwesterherz, dass du hier warst! (Und dass du vegetarische Gummibärchen, einen Herzluftballon, Hosen, eine Zeitung und noch ein paar Sachen mitgebracht hast!)

Liebe Grüße an alle, eure Bettina

Die Spuren des Konflikts mit Serbien

Die Republik Kosovo feiert zwar seit 2008 jährlich am 17. Februar seine Unabhängigkeit, aber so klar ist die Situation noch nicht. Serbien sieht den Kosovo als Autonome Provinz Kosovo und Metochien, also als zu Serbien gehörig. 79 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen stimmen Serbien zu, jedenfalls haben sie die Republik Kosovo im Gegensatz zu den 114 restlichen Mitgliedsstaaten noch nicht als unabhängig anerkannt.

Warum gibt es überhaupt einen Konflikt?

Ich kann das Ganze nur grob aus der Sicht eines Laien beantworten, denn dahinter steckt wahnsinnig viel Geschichte, die weit über die Zeit Jugoslawiens hinaus geht. Aber ein Problem, dass ich persönlich ausgemacht habe, ist, dass die meisten Kosovaren der albanischen Ethnie angehören und sich als Albaner identifizieren, nicht als Serben. Die Serben gelten ihnen auf Grund der vorangegangenen Kriege (die natürlich auch einen Ursprung haben müssen) als Feinde.

Neue Zollauflagen für Serbien

Seit Ende November 2018 sind alle in Serbien und Bosnien-Herzegowina hergestellten Produkte mit einem Zoll von 100 Prozent belegt. Seit 2019 sind ausnahmslos alle Produkte, die aus diesen Ländern nach Kosovo importiert werden, mit eben diesem Steuersatz belegt. Darunter fallen also auch Produkte die aus Deutschland, Österreich oder Schweiz über Serbien in den Kosovo importiert werden. Dabei kommen sehr viele der im Kosovo erhältlichen Produkte aus Serbien.

Im Alltag habe ich das schnell gespürt. Etliche Produkte, die wir im Schulkiosk verkauft haben, waren nicht mehr zu kriegen oder sehr teuer. Wir mussten Alternativen suchen. Dabei hilft es nicht, dass die meisten kosovarischen Produkte nicht einmal von der eigenen Bevölkerung gerne gemocht und gekauft werden.

Auch in den ganz normalen Läden ist mir etwas für mich Außergewöhnliches aufgefallen: Neben den Preisschildern ist die Flagge des Herkunftslandes befestigt. In Deutschland fände ich das gar nicht schlecht, so muss man nicht ewig im Kleingeschriebenen auf der Packung nach dem Herkunftsland suchen. Dann kann man schneller das Produkt mit dem kürzeren Transportweg und damit hoffentlich geringerer Umweltbelastung wählen. Aber hier geht es um etwas anderes: Man muss sich plötzlich bewusst entscheiden, welches Land man wirtschaftlich unterstützen möchte. Oder anders gesehen: Nun kann man bestimmte Länder mit nur einem Blick diskriminieren.

Was – du gehst nach Serbien?!

Nicht nur, dass sich jemand gegen ein Produkt entscheidet, weil es aus Serbien kommt, habe ich gehört. Ganz oft hieß es: „Was – du gehst nach Serbien?! Was hast du denn da zu tun?“ Der Unterton sagte dabei meist so etwas wie: „Was willst du denn im Land unserer Feinde?“ Dass ich nun mal zum Zwischenseminar dort hin musste und nicht einfach nur Urlaub machte, beruhigte die Fragenden. Es kam auch mal: „Warum müssen die Organisatoren das Seminar ausgerechnet in Serbien abhalten?“

Insgesamt gab es viele Kommentare die halb scherzhaft gemeint waren, aber wegen ihrer Häufigkeit eine sehr ernste Seite haben. Die Abneigung gegen die Serben scheint tief verwurzelt zu sein.

Hass macht vor Nichts halt

Ein zerbrochener Grabstein. Die dort begrabene Person lebte von 1978 bis 1997 – sie wurde nicht einmal 20 Jahre alt.

Das ist mir auch letztens an einem Ort aufgefallen, an dem man hoffen würde, nicht auf Feindlichkeit zu stoßen: Auf dem Friedhof. Das ist ein Ort, an dem man die Toten in Frieden ruhen lassen und trauen können möchte. Doch die Feindlichkeit der Ethnien macht auch vor diesem Ort keinen Halt.

Vor wenigen Tagen hatte ich die Chance den Friedhof von Gjilan zu besuchen. Glücklicherweise konnte ich auch den Bereich der alten Gräber ansehen. Es gab nicht nur verwitterte Grabsteine und Gräber von vor dem Krieg – der ja noch nicht einmal 20 Jahre her ist. Auch auf Gräber, die wohl absichtlich beschädigt wurden, bin ich gestoßen. Etliche Grabsteine, die man durch die kyrillische Schrift der serbischen Sprache als serbisch identifizieren kann, wurden umgeschmissen oder zerschmettert.

Auf dem neueren Teil des Friedhofs habe ich zum Glück nichts derartiges gesehen, aber ich habe auch nur einen kleinen Teil des Friedhofs angeschaut.

Der Nationalstolz der Kosovo-Albaner

Allgemein ist es für mich immer wieder erstaunlich, wie stolz die meisten Kosovo-Albaner auf „Shqiperia“ sind. Der Begriff steht eigentlich nur für Albanien, wird aber unter den (Kosovo-)Albanern oft für das gesamte albanisch-sprachige Gebiet verwendet. Schließlich nennen sie sich selbst auch „Shqiptar“, also Albaner und sprechen „Shqipe“, also Albanisch. Das größte Paradox ist für mich, dass sie andererseits ihr Land schlecht reden und quasi jeder versucht, irgendwo anders hinzukommen, sei es nun Deutschland, Schweiz, Großbrittanien oder USA.

Zusätzlich bin ich solchen Stolz gar nicht gewöhnt. Man hisst die deutsche Flagge fast nur zu Fußballmeisterschaften (oder auf PEGIDA-Demos). Für mich persönlich ist „ich bin Deutsche“ vor allem eine geographische und sprachliche Zuordnung. Viele Leute in Deutschland geben nicht besonders viel auf ihr Deutsch-Sein. Eher hält man etwas auf die deutsche Wirtschaft, das deutsche Staatssystem. Die Gründe dafür liegen vor allem im heutigen Blick auf die Geschichte Deutschlands, genauer gesagt auf die Zeit des Nationalsozialismus.

Hierzulande ist es ganz anders. Man ist stolz darauf, albanisch zu sein. Vom eigenen Staat und wie die Dinge im Land so laufen hält man hingegen nicht gerade viel – das oben bereits erwähnte Paradox. Natürlich ist die Geschichte des Kosovos eine ganz andere als die Deutschlands. Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts wurde die Region zwischen verschiedenen Herrschern und Regierungen hin und her gerissen, so auch unter der Existenz Jugoslawiens. Zu dem Zeitpunkt haben sich erste Forderungen nach einer eigenen Republik Kosovo geregt. Und heute steht der Kosovo immerhin mit einer Unabhängigkeitserklärung da, auch wenn diese umstritten ist.

Vielen Dank, dass ihr bis hier hin durchgehalten habt. (Und denkt bitte daran – das ist nur mein Blick, meine Erfahrungen, mein Gehörtes.)

Liebe Grüße, eure Bettina, die mit reichlich Denkanstößen überschüttet wird

Das Zwischenseminar

Während eines Spaziergangs habe ich diese Ruine – nur eine von vielen – gesehen.

Unser Zwischenseminar fand im Norden Serbiens in Mali Iđoš, in Deutsch Hedjesch genannt, statt. Laut Wikipedia ist es eine Kleinstadt, aber meiner Empfindung nach würde ich es als größeres Dorf einordnen. In einem wunderschön rustikalen Gasthof warteten unsere Seminarleiterinnen und ein paar bereits angekommene Freiwillige auf uns. Nun ging das große Kennenlernen los. Wir haben uns das gesamte Zwischenseminar über – vor allem aber in den ersten zwei bis drei Tagen – unglaublich viel unterhalten. Nicht nur in den Seminarsitzungen gab es dahingehende Aufgabenstellungen, wir hatten auch so genug Zeit, um uns auszutauschen. Es hat sehr geholfen, die Erfahrungen, Probleme und Vorgehensweisen vergleichen und so neue Gedanken mitnehmen zu können. Spiele waren natürlich auch an der Tagesordnung: Von herrlich verrückten Bewegungsspielen über schräge Theaterszenen bis hin zum „Psychiater“, der die Krankheit der Gruppe herausfinden muss, war alles dabei.

… aber auch dieses offenbar verlassene Haus.

Im Dorf befanden sich dieses schöne Haus …

Ausflug nach Subotica

Tatsächlich gab es nicht nur Seminarsitzungen, sondern auch eine Führung durch die nahegelegene Stadt Subotica. Die Stadt ist sehr sehenswert mit vielen interessanten Gebäuden und Geschichten dazu. Da war zum Beispiel eine Kirche dabei, die leider am Auseinanderbrechen ist. Mehrere große Risse ziehen sich durch die Fassade, weil sich der Boden unter der Kirche ungleich bewegt hat.

Hier sieht man die Risse deutlich.

Die Kirche mit den Rissen.

 

Und drinnen diese Marienstatue.

Noch eine Kirche.

 

… und dieser freundliche Kanalarbeiter grüßt uns auf dem Gehweg.

Dieser Dauergeiger begegnete uns in einem wunderschönen Hinterhof mit Restaurant …

 

In einem ganz unauffälligen Haus fand sich im Treppenhaus dieses erstaunliche Deckengemälde.

Eine reich verzierte Tür.

 

 

Diese Häuserreihe erinnert mich tatsächlich etwas an Fassaden, wie man sie in älteren deutschen Stadtzentren finden kann.

Ein Haus mit orientalischem Touch.

 

 

Die Synagoge.

Besonders beeindruckt hat mich die Synagoge im Jugendstil. Bereits von außen bestaunte ich die Imposanz und Schönheit. Aber da wusste ich noch gar nicht, wie sie von Innen aussieht. Die Synagoge ist heute kaum mehr in Gebrauch, ist es doch ein geschütztes Kulturdenkmal. Unsere Jungs haben natürlich trotzdem alle eine Kippa aufgesetzt, wie es sich in Synagogen gehört. Bereits im Eingangsbereich waren zwei leuchtende Buntglasfenster. Unserer Stadtführer erklärte uns, dass nur noch eines der vielen Fenster die originalen Scheiben hatte. Dieses eine Fenster hat impressive Farben, ich hätte gerne auch die anderen Fenster in ihrer originalen Buntheit gesehen. Die restlichen Original-Fenster sind einst einer Zeit der Vernachlässigung zum Opfer gefallen. Aber auch die nachgebildeten Fenster waren unglaublich beeindruckend, genauso wie die sonstigen Verzierungen im Gebäude.

Dasselbe wie das originale Fenster, aber mit neuen Farben.

Das einzige originale Fenster.

 

Alles bis ins Letzte ausgestaltet: Selbst die Türen und Wände sind ein Hingucker.

Das ist die Front, in der Synagoge.

 

 

Das dürfte das Fenster sein, das im anderen Bild in der Wand hinter der Empore zu sehen ist.

Ein Blick in zur Seitenwand.

 

 

Rund um den Innenraum der Synagoge zieht sich – mit Unterbrechung an der Frontseite – eine Empore entlang, hier von schräg unten gesehen.

Die hohe Kuppel.

 

 

Und noch eins. Weils so schön ist.

Noch ein Buntglasfenster.

Auf Irrwegen

Später hatten wir noch Freizeit in der Stadt. Gemeinsam mit zwei anderen Voluntärinnen beschloss ich, zu einer Mall zu gehen. Der Stadtführer hatte uns den Weg gewiesen. Dummerweise haben wir vergessen, wie der Weg war. Also suchten und fanden wir in Google Maps ein Einkaufszentrum. Der Weg dorthin führte mitten in ein Wohnviertel. Leicht verdutzt standen wir schließlich an einer Kreuzung, keine Mall weit und breit. Nach etwas herumschauen fanden wir heraus, dass es da wohl einen oder mehrere größere Lebensmittelläden hat.

Also kehrten wir wieder um und machten uns auf den Weg zurück – viel Zeit war sowieso nicht mehr übrig. Die Mall fanden wir also nicht mehr. Aber das machte nichts, ein Spaziergang durch ein Wohnviertel ist ja auch nicht schlecht, vor allem wenn man sich derweil gut unterhalten kann. Danach gab es noch ein leckeres Eis. Schließlich ging es zur Busstation zurück. Dort stellten wir fest, dass der Bus doch nicht so fährt, wie wir dachten. Also mussten wir nochmal ein Weilchen warten, aber wie gesagt, in der Gesellschaft konnte man sich wunderbar unterhalten, also war das kein Problem!

Mein Fazit

Innerhalb dieser Woche habe ich wundervolle Personen kennengelernt und neue Freunde gewonnen. Da war zum Beispiel so eine schräg-schöne Aktion wie barfuß auf einem Inselchen im Teich des Guts Rock’n’Roll, Walzer und Samba tanzen. Oder sportlich auf Bäumen herumzuklettern und am Boden unsere Turnfähigkeiten austesten (immerhin Brücke, Handstand und Ratschlag waren dabei). Oder gemütlich Abends am Pizzaofen mit Ukulele und Stimmbändern Musik machen. Ich möchte dieses Seminar keinesfalls missen. Sehr gerne hätte ich noch mehr Zeit mit all den Leuten verbracht, denn um alle wirklich gut kennenzulernen, hat es doch nicht gereicht. Zugleich war ich auch echt glücklich, wieder ins Projekt zurückzukehren, das habe ich doch ein bisschen vermisst.

Zurück ins Projekt

Die Rückfahrt war zum Glück ganz unspektakulär. In Belgrad bin ich in einen Bus gestiegen, der nach Prishtina gefahren ist – dieses Mal ohne Umwege über andere Länder und kaum Zwischenstops. Von Prishtina aus bin ich mit einem ziemlich vollen Bus nach Gjilan gekurvt. Dort habe ich mir ein Taxi genommen, das mich zu Don Bosko brachte. Endlich angekommen wurde ich mit einer herzlichen Umarmung von unserem Projektleiter begrüßt. Es fand gerade eine kleine Faschingsfeier für unsere Animatoren statt, die haben mich auch gleich freudig begrüßt. Allerdings bin ich nicht lange geblieben, denn die Rückfahrt war anstrengend, obwohl ich doch nur herumgesessen bin.

Liebe Grüße, eure Bettina, die längst zurück im Arbeitsrhythmus ist

PS: Noch nicht genug Fotos gesehen? Hier kommen noch mehr!

 

Häuser in diesem Stil gab es etliche.

Eines der vielen schönen Häuser.

 

Etwas abseits vom Zentrum findet man aber auch Fassaden wie diese.

Da hat man in der Antike gespickt.

 

Ein Denkmal.

Ein Plätzchen zum Ausruhen.

 

Hoppla! Saß da nicht eben noch Michelle? Na gut, dann knipste ich eben Andreas!

Michelle genießt die Sonne.

 

Michèl, Michelle und Andreas mit unserem „Meisterdieb“ Aaron – das Stirnband noch auf dem Kopf.

Hilfe! Stirnbanddiebstahl! – Ach so, doch bloß spontane Dreharbeiten für einen spontanen Kurzfilm.

 

Flora und Dorea verstehen sich gut!

Dorea, „die Bestohlene“.

Zwei Tage in Belgrad

Kleine Empfehlung im Voraus: Wenn ihr meinen letzten Beitrag noch nicht kennt, lest den zuerst. Denn hier geht es mit dem ersten Morgen in Belgrad weiter.

Erster Tag

Nach einer nicht allzu langen Nacht wollten wir am nächsten Morgen in einem Café frühstücken. Allerdings stellte es sich als ganz schön schwierig heraus, eines mit passendem Menü zu finden. Als wir doch eines gefunden hatten, war das Ambiente wirklich schön. Nur dass es den einzigen vegetarischen Sandwich auf der Karte doch nicht gab. Und bei den anderen Sandwiches einfach die Wurst weglassen, geht auch nicht, weil nicht im Café selbst blegt werden, sondern fertig eingepackt kommen. Die meiste Kundschaft scheint dort ihr Essen mitzunehmen. Also musste ich auf Kuchen umsteigen – etwas ungewöhnlich zum Frühstück, aber defenitiv lecker!

Nach dem Café-Besuch ging es dann zur Festung von Belgrad, die seit Anfang des 15. Jahrhunderts existiert. Von dort aus kann man den Fluss Save entlanggucken sowie zwei serbisch-orthodoxe Kirchen besuchen.

Eine Mauer sowie ein Turm der Belgrader Festung.

Die Belgrader Festung.

 

Die Aussicht von der Burg auf zwei Gebäude.

Ein Turm der Festung.

 

Die Kirche der Heiligen Petka hat eine sehr eigene Atmosphäre. Man kommt durch eine kleine Tür hinein und steht in einem schummrigen Raum, der von oben bis untern verziert und bemalt ist. Ein Buntglasfenster leuchtet blau, weiß und gelb. Von der Decke der Kuppel schaut ein Jesus-Bildnis herunter. Es riecht nach Weihrauch und jede Menge in Fläschen abgefülltes, geweihtes Wasser steht bereit, das wohl verkauft wird. Ein Priester nimmt Beichten ab. Und ich als Tourist habe mich beinahe als Eindringling gefühlt.

Das leuchtende Fenster.

Nur ein kleiner Ausschnitt aus den Verzierungen in der Kirche der Heiligen Petka.

 

 

In der Rosenkirche war die Atmosphäre ganz anders. Sie war heller erleuchtet, es waren keine Priester da und auch kaum Kirchenbesucher. Am Eingang ist ein kleiner Souvenirshop. Daher habe ich mich auch getraut, mehr Fotos zu machen:

Dieses blaue Tuch hat meine Blicke auf sich gezogen, denn der Kontrast zwischen blau und gold ist auffällig und schön.

Die reich verzierte Rosenkirche.

 

 

Diese Malerei ist an der Decke einer Fensternische.

Dieses farbenfrohe Mosaik ist an der Außenwand der Kirche.

Beim anschließenden Restaurantbesuch bestellte ich mir einen Zucchinisalat, was ich nachher ordentlich bereute: Die Hälfte des Salats bestand aus sehr salzigem Käse. Als kleiner Brocken schmeckt der zwar gar nicht schlecht, aber in rauen Mengen definitiv nichts für mich. Zum Glück gab es noch Brot und Gemüse für den ganzen Tisch, satt wurde ich also trotzdem.

Und jetzt zu acht!

Nach dem Essen trafen wir Louisa, eine Voluntärin der Jesuit Volunteers, die sich uns anschließen wollte. Gemeinsam ging es dann zum Dom des Heiligen Sava, wohl eines der größten orthodoxen Gotteshäuser der Welt. Leider konnten wir nur in die Krypta, denn am Inneren der restlichen Kirche wird noch gearbeitet. Aber allein die Krypta ist den Besuch schon wert. Durch einen zur Seite gebundenen, dunklen Vorhang tritt man in einen warmen Goldschimmer: Kronleuchter und sehr viel Gold tauchen den großen Saal in ein sanftes Licht. An den Wänden und an den Decken sind viele großflächige Malereien. Johanna wies mich auf die vielen verschiedenen Stile hin: Die Maler hatten bisweilen ganz unterschiedliche Malweisen, auch wenn es auf den ersten Blick kaum auffällt.

Die Krypta des Doms.

Der Dom des Heiligen Sava.

Der große Kronleuchter, der etwa in der Mitte des Saals hängt, von untern.

Ein Blick in Richtung Front der Krypta.

 

Ein Bildnis von VIPs – leider weiß ich nicht, in welcher Weise.

Die abgebildeten Personen tragen traditionelle Kleidung, der kosovarisch-albanischen sehr ähnlich.

Ein nächtlicher Anblick.

Nach einem Weilchen machten wir uns auf zurück ans Tageslicht – wobei vom Licht nicht mehr so viel übrig war: Schon den ganzen Tag war es regnerisch, aber jetzt gaben sich die Wolken ordentlich Mühe. Deshalb eilten wir zu einem Supermarkt und deckten uns für Abendessen und Frühstück ein. Danach kochten und aßen wir in unserer Küche, was trotz inzwischen acht Personen noch erstaunlich gut hinhaute.

Aber wir hatten noch nicht genug vom Tag, deshalb besuchten wir noch eine Bar, die uns ins Auge fiel, weil wir durch die Fensterfront eine Liveband darin entdeckten. Die Musik war absolut nicht zu verachten, aber leider war sie auch so laut, dass unsere Hälse am Ende des Abends etwas beleidigt waren, weil wir uns trotzdem angeregt unterhalten.

Am nächsten Tag besuchten wir nocheinmal die Festung – Louisa hatte sie schließlich noch nicht gesehen. Danach mussten wir aber unsere Sachen packen, denn mittags ging schon weiter zum Zwischenseminar. Die Fahrt dorthin habe ich größtenteils verdöst, denn erholsam waren die Tage in Belgrad definitiv nicht, aber es hat sehr viel Spaß gemacht, die Stadt und die anderen Voluntäre (besser) kennenzulernen. Und mit Letzterem ging es auf dem Zwischenseminar gleich weiter. Dazu schreibe ich mehr im nächsten Beitrag!

Liebe Grüße, eure Bettina

PS: Noch ein paar Schnappschüsse:

… Abflug!

Und…

Ein Turm der Festung.

Die Aussicht von der Burg auf zwei Gebäude.

Von den Beiden habe ich eine ganze Reihe von Fotos, das ist das Beste.

Oh, dieser Dinosaurier hat sich wohl im Erdzeitalter geirrt!

Hallo Aaron!

Eine coole Straßenverzierung.

Da ist jemand müde vom schönen, aber langen und anstrengenden Tag.

Flora klettert – egal wo! (Gregor auch, aber davon hab ich kein so gutes Bild.)

Odyssee nach Belgrad

Vor unserem Zwischenseminar Mali Iđoš in Serbien haben wir Don Bosco-Europa-Voluntäre beschlossen, uns zwei Tage davor in Belgrad zu treffen. Eigentlich liegen Gjilan und Beograd – das ist die serbische Schreibweise – nur etwa 350 Kilometer Luftlinie auseinander. Trotzdem hat die Anreise fast 15 Stunden gedauert.

Gregor, der Voluntär in Tirana, ist Abends am Mittwoch dn 20.02.2019 zu mir gekommen, damit wir am nächsten Tag früh Morgens weiterfahren konnten. Also ab in den Bus nach Prishtina. Von dort aus dann weiter nach Skopje – jawoll, wir mussten einen Umweg über Nordmazedonien (bis zum 12. Februar „Mazedonien“ genannt) machen.

Die Grenzsitation zwischen Kosovo und Serbien

Der kosovarische Stempel – so klein, aber doch ein Stein des Anstoßes.

Es ist ziemlich kompliziert, herauszufinden, ob es für jemanden individuell wohl möglich sein wird, über die serbisch-kosovarische Grenze zu kommen. Ich war vorher noch nicht in Serbien, halte mich aber in dem Kosovo, einem – aus serbischer Sicht – serbischem Gebiet auf. Das bedeutet, wenn ich direkt von Kosovo nach Serbien fahre, reise ich quasi illegal ein, obwohl ich natürlich an der kosovarisch-serbischen Grenze kontrolliert und registriert werde. Aber eben nicht offiziell, denn das hieße ja, dass Serbien die Grenze anerkennt. Deshalb ist es auch problematisch, mit einem Reisepass nach Serbien einreisen zu wollen, in dem ein kosovarischer Stempel ist. Möglicherweise wird dieser von den serbischen Beamten unkenntlich gemacht. Deshalb hatte ich meinen Reisepass zwar dabei, habe aber meinen Personalausweis gezeigt.

Die Busfahrt zwischen Prishtina und Skopje

In Prishtina stiegen Gregor und ich also in den Bus, der durch einen Teil des Dinarischen Gebirges zwischen Kosovo und Nordmazedonien gekurvt ist. Die Strecke war für mich als Allgäuerin nicht so besonders, jedenfalls bis die Passträßchen so schmal wurden, dass es mit Gegenverkehr eng geworden wäre. Einmal wurde der Asphalt für einen kurzen Abschnitt unterbrochen und wir holperten über Schotter, bis plötzlich die normale Straße wieder anfing.

Vor den Fenstern zogen Wald und Wiesen, kleine Dörfchen und alte Friedhöfe vorbei. Kaum dass wir aus dem gröbsten Gebirge heraus waren, hielt der Bus am Straßenrand bei einem Dorf. Einer der Mitreisenden erklärte uns, dass alle aussteigen müssen.

Aussteigen? Nach Skopje, der Hauptstadt Nordmazedoniens, sah das aber nicht aus!

Draußen warteten zwei Autos. „Skopje!“, rief der Busfahrer und zeigte auf einen Van. Er war fünfsitzig, aber wir waren sieben Reisende, unseren Fahrer noch gar nicht mitgezählt. Da wir die Letzten waren, die ausstiegen und ihr Gepäck aus dem Bauch des Busses holten, wussten wir nicht, wo wir nun mitfahren sollten. Bis man auf den geräumigen Kofferraum deutete.

Da rein? Gregor und ich sahen uns verdutzt an. Nun, es blieb uns ja nichts anderes übrig…

Also saßen wir dort im Kofferraum mit einigen Gepäckstücken und einem weiteren Mitfahrer, der uns nach ein paar Minuten fragte, ob wir auch Englisch sprächen. Es stellte sich heraus, dass er aus Skopje war und diese Strecke schon kannte. Oder genauer genommen: Nicht kannte.

Er erzählte uns, er nehme oft diesen Bus, aber dieses Mal habe der Busfahrer eine ungewöhnliche Strecke gewählt. Dass man nicht in dem Bus weiterfahren konnte, läge vielleicht daran, dass es während der Fahrt anfing, seltsam zu riechen. Aber dass man in einem Kofferraum die Fahrt fortsetze, nein, also das sei ihm noch nie passiert.

In Skopje

Aber nun war es so. Zum Glück waren wir innerhalb von etwa zwanzig Minuten in Skopje angekommen. Unser freundlicher Mitreisender begleitete uns ins Zentrum. Dort blieben wir auf einer Brücke über den Fluss Vardar stehen. Der junge Mann klärte uns ein bisschen über Skopje auf:

Der Fluss trennt die Stadt in eine eher albanische und eine eher mazedonische Hälfte. Skopje ist nämlich sehr multiethnisch: Nur etwa zwei Drittel der Bewohner zählt sich zu der Ethnie der Mazedonier, etwa ein Fünftel zu den Albanern. Daneben gibt es noch Roma, Serben, Türken, Bosniaken und Zugehörige weiterer Ethnien.

Ein Blick den Vardar hinab.

Das Stadtbild hat sich im letzten Jahrzehnt ordentlich verändert. Die Regierung ließ von 2008 bis 2014 das Zentrum aufpolieren: Viele historisch anmutende Gebäude sowie jede Menge Statuen wurden gebaut und aufgestellt. So wirkt die Innenstadt wie eine schöne, ungewöhnlich geräumige und geordnete und top erhaltene Altstadt. In Wahrheit wurde aber das Gros der Gebäude vor nicht allzu langer Zeit gebaut oder ist zum Teil sogar noch im Bau.

 

 

An diesem bald alt herrschaftlich wirkenden Gebäude wird sogar noch gebaut.

Ein historisierendes Gebäude im antiken Stil.

 

… oder auch witzige Statuen wie diese am Fluss Vardar.

In Skopje stehen unglaublich viele Statuen, zum Beispiel Heldenstatuen wie diese …

Alle schöne Kulisse kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch hier ein Problem mit Müll gibt.

Angler am Vardar.

 

 

Der Mann wies uns noch die Richtung zum Bahnhof, dann trennten sich unsere Wege. Wir bestaunten die vielen Brücken links und rechts, die Gebäude, Plätze und Statuen. Zufällig stießen wir auch auf das Mutter Teresa-Gedenkhaus. Nachdem wir da einen Blick reingeworfen hatten, gingen wir noch Pita essen.

Wo ist denn der Busbahnhof?

Eigentlich hatten wir ordentlich Zeitpuffer eingeplant, aber bis ich endlich aufgegessen hatte, mussten wir uns doch sputen. Wie uns von einem Passanten erklärt worden war, liefen wir zurück zum Fluss, nach rechts und dann nach der zweiten Brücke nochmal nach rechts – nur war da kein Busbahnhof. Also fragten wir eine Gruppe Jugendliche, die uns in gebrochenem Englisch grob den Weg erklärten und wir kapierten, dass es doch wesentlich weiter war, als wir dachten. Der Passant hatte wohl Autobrücken gemeint, aber wir hatten an die vielen Fußgängerbrücken gedacht und diese gezählt. Aber wir hatten nur wenig Zeit!

Zum Glück fiel mir bei der Ansicht einer Reihe Taxis ein, dass das doch eine schnelle, sogar einigermaßen billige Möglichkeit war. Also sprangen wir ins nächste Taxi und standen innerhalb weniger Minuten vor dem Busbahnhof. Wir hasteten hinein, zum Ticketschalter. Aber wir hatten nicht genug Mazedonische Dinar – Wechselstube suchen und nach etwas Verwirrung finden, Ticket kaufen, zum Bussteig eilen.

Geschafft! Etwa zwei Minuten vor Abfahrtszeit luden wir unsere Rucksäcke in den Bauch des Busses und suchten uns Sitzplätze.

Auf nach Serbien

An der Grenze nach Serbien lief für uns alles reibungslos, nur zwei junge Männer mussten sowohl bei den serbischen als auch bei den mazedonischen Grenzbeamten für ein paar Minuten in die Hauptgebäude der Grenzstationen. Ansonsten lief alles ruhig.

Bei einem Halt in einer serbischen Stadt hieß es dann plötzlich, dass alle aus- und umsteigen müssen. Schon wieder? Na gut, es blieb uns doch nichts anderes übrig. Allerdings stand dieses mal ein ganz normaler Bus bereit und es ging weiter wie vorher – bis auf eine Sache: Wir hielten so ziemlich in jeder Stadt, die an der Autobahn lag. Daher wurde es immer deutlicher, dass mit einer pünktlichen Ankunft in Belgrad jedenfalls nicht zu rechnen war. Aber Andreas und Aaron, ebenfalls zwei Voluntäre von Don Bosco, wollten uns doch am Busbahnhof abholen, wie konnten wir die nun erreichen?

Zum Glück hatte ich meine deutsche Sim-Karte auch noch im Handy. Über Roaming konnte ich deshalb SMS schreiben. Nach den Kosten habe ich vorsichtshalber noch nicht geschaut. Wichtiger ist, dass wir uns darüber verständigen konnten, wann und wo wir uns treffen würden.

Schließlich sind wir mit etwa zwei Stunden Verspätung angekommen. Nach dieser stundenlangen Fahrt ohne Pinkelpause mussten wir dringendst auf Toilette – aber die kostete und wir hatten natürlich noch keine serbischen Dinar. Auch das Personal anbetteln half nichts, also machte sich Gregor auf die Suche nach der nächsten Wechselstube, während ich mich an den mit Andreas vereinbarten Treffpunkt stellte. Kaum fand Andreas mich, kam auch Gregor mit Geld in Landeswährung zurück. Ich eilte erst mal zur nächsten Toilette. Und danach: Endlich konnten wir wieder etwas trinken! Während der letzten ein bis zwei Stunden mussten wir unseren Blasen zuliebe darauf verzichten.

Endlich angekommen

Nun liefen wir entspannt zu dem Hostel, in das wir uns eingebucht hatten. Also mehr oder weniger entspannt, es ging größtenteils bergauf. Nach einem Zwischenstop in einem kleinen, vollgestopften Laden – für Leute mit goßen Wanderrucksäcken auf dem Rücken sind sie definitiv nicht konzipiert – erreichten wir um etwa 23 Uhr das Hostel. Das Schöne war: Wir hatten ein Apartment bekommen. Und das allercoolste: Es war nicht in dem Wohnhaus, durch dessen Flur wir gehen mussten, um es zu erreichen. In einem der unteren Stöcke ging vom Treppenhaus eine Tür ab, durch die wir gingen. Nun standen wir auf einer kleinen Brücke über einem Mini-Hinterhof. Am Ende der Brücke war eine kleine Glasfront mit Tür. Dahinter ging es ein paar Stufen hoch, auf denen bereits einige Schuhe und Voluntäre standen. Aaron, Flora, Michelle und Johanna empfingen uns herzlich.

Flora ist ebenfalls eine Voluntärin von Don Bosco. Michelle und Johanna nahmen als Voluntärinnen der Franziskanerinnen an demselben Zwischenseminar teil wie wir und hatten sich unseren Belgrad-Plänen angeschlossen.

Nach einem großen Hallo gab es in der kleinen Küche des Apartments zusammengequetscht auf ein paar Stühlen am Küchentisch Nudeln. Natürlich wurde viel gequatscht, sich kennengelernt und ausgetauscht und Pläne für den nächsten Tag geschmiedet.

Davon wird der nächste Beitrag handeln. Vielen Dank, dass ihr mir bis hierhin gefolgt seid!

Liebe Grüße, eure Bettina, die inzwischen wieder im Kosovo ist

PS: Den Aufkleber im Foto ganz oben habe ich an der Brücke gefunden, auf der unser Mitreisender und wir Volos uns getrennt haben. Auch auf einer Mauer in der Nähe war der Schriftzug groß zu lesen. „J’existe“ ist Französisch für „Ich existiere“. Ich habe während dieser Reise auch gemerkt, dass ganz viel in mir existiert – volle Blasen, verspannte Nackenmuskeln… aber auch der Spaß am Neuen und Unerwarteten.

Von Katholiken in einem muslimischen Land

Wenn man so durch die Straßen läuft, sieht man es kaum, aber der Kosovo ist ein muslimisches Land. Das Einzige, was mir auffällt, ist, dass man eher eine Moschee als eine Kirche sieht und täglich Gebetsrufe durch die Stadt schallen.

Staat und Religion sind glücklicherweise getrennt, dennoch ist es alles andere als völlig egal, dass Don Bosko Gjilan eine katholische Organisation ist.

Wenn etwas passiert

Als Gjilan als Standort für eine Don Bosko Schule ausgewählt wurde, war den Bezirk nahezu hundertprozentig muslimisch. Entsprechend misstrauisch wurden die Salesianer damals also beäugt. Die Akzeptanz ist mit den Jahren gestiegen, da Don Bosko eine hochwertigere Bildung bietet als die staatlichen Schulen. Aber noch immer gibt es zahlreiche Leute, die die Schule am liebsten geschlossen sehen würden. Entsprechend wird, sobald etwas passiert, alles doppelt und dreifach inspiziert, ob man Don Bosko daraus nicht vielleicht einen Strick drehen könnte. Deshalb müssen die Salesianer hier sehr aufpassen, dass alles glatt läuft.

In Don Bosko

Unsere Animatoren sind größtenteils muslimisch. Einige Eltern sehen es sowieso schon nicht gerne, dass sie jedes Wochenende zu unseren Treffen kommen und in den Winter- und Sommerspielen helfen. Dabei reden wir bei unseren Treffen nicht über Religion – das Thema wird einzig dann angeschnitten, wenn wir über Don Bosco sprechen, der schließlich ein Priester war. Katechismusunterricht wie er in anderen Don Bosco Institutionen üblich ist, gibt es bei uns aber nicht, sonst könnte man unsere Animatoren ganz schnell nur noch an einer Hand abzählen.

Religionsunterricht gibt es nicht, nur Ethik. Mit den katholischen Schüler und Schülerinnen treffen wir uns jeden Mittwoch nach Schulschluss für einen Gottesdienst. Ansonsten spielt Religion keine Rolle.

Auf der Straße

Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, kann ich meist nicht zuordnen, welcher Religion die anderen Passanten angehören. Hijabs und Kopftücher sieht man relativ selten, gefühlt seltener als in der Münchner Innenstadt. Und die Kleidung, die hier von den meisten getragen wird, ist genauso westlich wie die in Deutschland. Dennoch weiß ich, dass die Leute ziemlich sicher muslimisch sind, denn Christen gibt es hier fast nicht.

Wie erlebe ich das?

Dank Wikipedia wusste ich schon bevor ich im Kosovo ankam, dass die Einwohner überwiegend Muslime sind. Trotzdem gab es diesen Moment, in dem ich realisierte: Die Schülerinnen, mit denen du gerade sprichst, sind alle muslimisch. Du merkst es bloß nicht. Warum? Weil es kaum einen Unterschied macht, sie sind genauso Teenager wie die Jugendlichen in Deutschland. Natürlich, wenn man sich dann länger und tiefgehender unterhält, lernt man kulturelle Unterschiede, die teilweise auf der Religionsverschiedenheit basieren. Trotzdem macht es keinen Unterschied, wenn man gerade auf einem Schulausflug ist oder als Animator gemeinsam Spiele vorbereitet.

Warum fehlt mir diese Erfahrung? Wenn man mich jetzt fragt, wie viele Muslime ich vor meinem Freiwilligendienst gekannt habe, ist meine Antwort „vier – den Mitschüler aus der Grundschule, zu dem ich keinen Kontakt mehr habe, mitgezählt“. Keine besonders beeindruckende Zahl, nicht?

Extremismus

Ich schätze, eine Frage brennt euch jetzt noch unter den Nägeln: Wenn es so viele Muslime gibt, gibt es dann auch extremistische Muslime?

Natürlich gibt es hier Extremisten. Der traditionelle Islam hier ist zwar sehr liberal, aber saudi-arabische und türkische Moscheen gewinnen laut Einheimischen an Einfluss. Daher ist der Kosovo das Herkunftsland mehrerer Extremisten, die in Syrien kämpfen oder gekämpft haben.

Macht mir das Angst? Nein, denn Erhan A. – ihr kennt den Namen bestimmt aus den News von vor ein paar Jahren im Zusammenhang mit Islamismus – hat auch in Kempten gelebt. David G. – ebenfalls ein Extremist – kam sogar aus einer christlichen, deutschstämmigen Familie aus Kempten. Terroranschläge wie die Attacke auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 gibt es hier bisher nicht.

Als vom Islam konvertierter Christ müsste ich aber eine andere Antwort geben, denn die werden von ihren Familienmitgliedern oft als eine Schande und als Verräter angesehen und müssen besonders zur Zeit um die Konversion mit Gewalt aus dem Familienkreis rechnen, auch wenn die Familie zu den liberalen Muslimen gehört.

Falls ihr noch Fragen habt, meldet euch bei mir! Ich beantworte sie gerne.

Liebe Grüße,

eure Bettina

PS: Das Bild oben entstand nicht im Kosovo sondern in Albanien. Aber hier in Gjilan gibt es natürlich auch (mindestens) eine Moschee.