Witzige Bedeutungen
Wenn man eine neue Sprache lernt, tappt man in so manche Falle â die mehr oder weniger harmlos sein kann.
Stellt euch mal vor, von einem Tag auf den anderen heiĂt âjaâ âneinâ und âneinâ âjaâ – wie oft wĂŒrdet ihr etwas falsch verstehen? Genau das kam hier auf mich zu. Das albanische âjaâ steht fĂŒr das deutsche âneâ und âjoâ bedeutet âneinâ – ihr könnt euch vorstellen, wie oft ich verwirrt war, ob etwas bestĂ€tigt oder abgelehnt wurde. Witzig ist es fĂŒr mich, hier etwas zu bejahen, denn dann sagt man âpoâ – man beachte die deutsche Bedeutung. Lachen musste ich auch, als ich den Namen von Jezuelas GroĂvater erfuhrt: Er klingt wie âhackeâ. Als ich erklĂ€rte, warum ich den Namen so witzig finde, meinte er nur trocken: âIn Deutschland wĂŒrde immerhin niemand meinen Namen vergessen.â
Einige Lacher habe ich auch bekommen, wenn ich im Kisok âpeachâ, englisch fĂŒr âPfirsichâ, gesagt habe. Dasselbe kann passieren, wenn ich âcarâ sage â die beiden Wörter klingen wie die Geschlechtsteile von Frau und Mann auf Albanisch! Die Frage âCan I have your car?â bekommt plötzlich eine seltsame Doppeldeutigkeit…
Der Sprachmixer
Es sind natĂŒrlich nicht nur Bedeutungen, die einen verwirren oder witzig sind. Manchmal wirft mein Kopf den Sprachmixer an. Dann gerĂ€t etwas Deutsch in meine englischen SĂ€tze, zum Beispiel âI’m going to the Kioskâ. Oder in Kombination von Französisch und Albanisch: âC’est mirĂ«.â
Ich bemerke auch gar nicht immer, wenn ich ein falsches Wort untermische oder komplett die falsche Sprache spreche. Mit Don Oreste unterhalte ich mich in Französisch. Aber manchmal, wenn ich gerade nur Englisch gesprochen habe, spreche ich versehentlich einfach weiter auf Englisch. Ihm geht es allerdings genauso mit mir, oft spricht er mich auf Albanisch an oder springt mitten im GesprĂ€ch auf Albanisch um. Auch den SchĂŒler*innen geht es bisweilen so. Ich denke allerdings, dass das gar nicht schlecht ist: Es zeigt, dass ich fĂŒr sie nicht die AuslĂ€nderin bin, mit der man mĂŒhsam Englisch sprechen muss, sondern dass sie mich nicht viel anders als alle anderen empfinden. Ganz besonders tricky ist daran, dass ich durchaus ein bisschen Albanisch kann.
Manchmal lĂ€sst mich der Sprachmixer in meinem Kopf auch fĂŒr einen Moment verstummen: Als Jezuela und ich auf der StraĂe unterwegs waren, haben wir ihren ehemaligen Französischlehrer getroffen. Sie hat mich ihm natĂŒrlich als Französisch sprechende Deutsche vorgestellt. Daraufhin fragte er mich auf Französisch, seit wann ich im Kosovo sei. Als ich ihm nur âlanguage chaosâ antworten konnte, wiederholte er seine Frage auf Deutsch. Bis dahin hatte sich mein Gehirn aber von Englisch auf Französisch umgestellt und ich antwortete ihm auf Französisch.
Selbst diejenigen, die sich viel mit mir unterhalten, sind vom Sprachmixer betroffen: Jezuela spricht versehentlich mit anderen Einheimischen Englisch â die womöglich selbst gar kein Englisch können. Don Oreste hat im Supermarkt eine VerkĂ€uferin auf Französisch nach Kaffee gefragt â ihr verdutztes Gesicht war wirklich amĂŒsant. Aber selbst ich habe einige Sekunden gebraucht, um zu verstehen, dass er die falsche Sprache mit ihr spricht, wenn ich ihn problemlos verstehen kann. Und als ich ihm sagte, dass er es auf Albanisch sagen solle, fragte er mich lachend, ob er gerade Französisch gesprochen habe.
Fremdsprachen sprechen
Ist es nicht etwas frustrierend, sich stĂ€ndig in einer Fremdsprache verstĂ€ndigen zu mĂŒssen? Sicher, manchmal kommt man an den Punkt, an dem man nicht in die Worte der Fremdsprache fassen kann, was man in Deutsch ausdrĂŒcken könnte. Manchmal muss man einige Sekunden ĂŒberlegen, bis man eine passende Umschreibung gefunden hat. Und man braucht Mut zur LĂŒcke: Einiges kann man nur grob umreiĂen. Daher freue ich mich immer, mich mit unseren zwei deutschsprachigen SchĂŒlerinnen zu unterhalten. Aber insgesamt bin ich sehr zufrieden damit, wie ich hier hauptsĂ€chlich auf Englisch kommuniziere.
Das Albanisch-Lernen geht leider sehr langsam voran. Das liegt einerseits daran, dass Jezuela und ich der PraktikabilitĂ€t halber beim Arbeiten Englisch sprechen mĂŒssen. Andererseits fehlt uns oft die Zeit dazu, uns in Ruhe fĂŒr eine Albanischstunde hinzusetzen. Und im Alltag habe ich kaum den Druck, es lernen zu mĂŒssen. Insgesamt gibt es viele, die Englisch gut genug sprechen, um sich mit mir wenigstens zu verstĂ€ndigen oder sogar zu unterhalten. Es gibt allerdings auch erstaunlich viele, die kaum bis gar nicht Englisch sprechen, obwohl sie Englischunterricht haben. Allerdings ist dieser aufs Schriftliche fokussiert, hat mir Jezuela erklĂ€rt. Diejenigen, die Englisch gut sprechen, haben es oft vor allem aus Fernsehen und Internet gelernt. Deshalb wird auch mir oft die Frage gestellt, wo ich so gut englisch Sprechen gelernt habe. Meine Antwort âI’ve learned English in school.â stöĂt entsprechend auf Erstaunen. Ebenso meine Antwort darauf, ob ich französische Wurzeln habe – âNo, my family is completly german.â – ĂŒberrascht sie. Bei den einen kam die Annahme daher, dass ich Französisch spreche â was ich aber auch in der Schule gelernt habe â bei den anderen daher, dass sie in meinem Englisch einen Französischen Akzent hören. Es hat aber auch schon jemand gesagt, ich sprĂ€che British English.
Spannende Erfahrung
Diese Spracherfahrung ist jedenfalls viel wert, schĂ€tze ich. Und ich verstehe nun wesentlich besser, dass zweisprachig aufwachsende Kinder manchmal die Sprachen vermischen â wenn man beide Sprachen viel verwendet, kommen sie einem beide so vertraut vor. Auch wĂ€hrend ich diesen Artikel geschrieben habe, habe ich nicht nur in Deutsch gedacht, manche Begriffe tauchten erst Mal in Englisch auf. Das Wort âfamiliarâ wollte mein Gehirn so gar nicht ins Deutsche ĂŒbersetzen, also musste ich aufs Internet zugreifen und klar, als ich da âvertrautâ stehen sah, dachte ich mir natĂŒrlich, wie konntest du dieses Wort nur vergessen.
Liebe GrĂŒĂe von der sprachverwirrten, aber glĂŒcklichen Bettina