Pongal feiern …
Ein Fest, das nach einem indischen Gericht benannt ist, kam mir als Liebhaber der indischen, naja eigentlich der weltweiten Küche😊, schon von vorneherein sympathisch vor. Insgesamt durften wir an insgesamt 6 Pongal-Feiern teilnehmen, die alle in ihrer eigenen Weise besonders waren.
… mit den Grundschülern in Martandampatti:
Was mich erwarten würde, wusste ich aber bis zu dem Moment, an dem ich durch das Tor der Grundschule in Martandampatti gegangen bin und die vielen bunten cholams (Pongalwissen #1: indische Muster, die man mit Farbpulver auf den Boden anlässlich von Feiern streut) der Schüler gesehen habe, noch nicht. Bei den Fünftklässlern durften wir ein wenig mithelfen und unter das Muster noch „Happy Pongal!“ streuen. Danach lenkte sich die volle Konzentration auf den Topf über dem offenen Feuer, in dem schon eine Weile Wasser und Reis kochte. Mit lautem Rufen und fröhlichen Gesängen wurde das Überkochen des Wassers gefeiert („Pongale Pongal!“ – „Tai Pongal!“ – das ist zumindest, was ich verstanden habe). Lachend ruft mir auch ein Schüler, der (seitdem wir ihm beigebracht haben, wie er seinen Namen sagt) jeden Satz auf Englisch mit „My Name is …“ beginnt, freudestrahlend zu: „My name is PONGAL!“. Als das Pongal schließlich fertig ist, bekommt jeder eine kleine mit dem süßen, heißen Reisbrei. Lecker!!!
… mit den Tuition Kids:
am nächsten Tag war schon die nächste Feier dran: die Kinder der Evening Tuition feiern! Bis es los geht, habe ich für die wartenden Kinder „Happy Pongal!“ zum Ausmalen vorbereitet. Als alle da sind, werden Wettkämpfe gespielt (von uns mitausgedacht), u.a. Papierfliegerweitflug, Luftballonabwerfen, … Und, was darf nicht fehlen? Weswegen sind alle hier? Klar, ammaa hat einen Riesentopf Pongal vorbereitet.
… mit den press- & staff-members:
Los, los! Du brauchst auch einen, wir ziehen alle einen an! Die Sprache ist von einem „westi“ (Pongalwissen #2: das Festtagsgewand für Männer; ein langes weißes Tuch mit Farbstreifenakzenten, das man um sich herum). Zum Glück wird mir beim ersten Anziehen noch geholfen und ich werde quasi professionell eingewickelt 😊. Nach kurzer Messe und Segnung (Pongalwissen #3: an dieser Stelle vielleicht gut anzumerken: Pongal hat erstmal nichts mit Religion zu tun – ist also nicht hinduistisch, sondern eher kulturell begründet, und gilt generell als Erntedankfest) beginnt der Prozess des Pongal-Kochens über offenem Feuer, über dem drei Zuckerrohrstangen zusammengebunden sind (Pongalwissen #4: speziell zu Pongal wird aus einigen Anbauungsorten in Tamil Nadu Zuckerrohr herbeigeschafft und es entstehen zahllose Stände an den Straßenrändern; laut der Zeitung steigt der Bedarf, die Nachfrage und auch der Preis von Zuckerrohr & Bananenblättern eben nun an Pongal; 15 Zuckerrohre kosten nun, statt normalerweise 250 Rupees, 500 Rupees). Während es im Topf köchelt und schäumt, werden außenherum zu lauter Musik fleißig Fotos und Selfies vom gegenseitigen Outfit gemacht.
… mit der Gemeinde:
Zu Pongal gehören manche Spiele einfach dazu, so wie das Ostereiersuchen an Ostern: dazu zählt u.a. Folgendes: man hängt einen Tontopf an einen Ast (etwa 3-4m Höhe) und dann müssen Spieler mit verbundenen Augen und einem Stock in der Hand blind von der richtigen Position aus den Topf zerschlagen. (Pongalwissen #5: besonders in Madurai gibt es den traditionellen Pongal-Sport, bei dem allerhand (lebensmüde!) Spieler versuchen müssen, einen Stier an seinem Rücken festzuhalten – es sind schon Menschen dabei gestorben!) Nach weiteren Partyspielen, wie improvisiertes Torwandschießen und Steinschleudern, gab es eine Messe für die Gemeinde.
… mit den Tieren auf der Farm:
An Pongal dankt man allgemein der Ernte und den Erträgen aus der Land- und auch der Viehwirtschaft. Darum sind wir an diesem zweiten Tag der Pongal-Feierlichkeiten raus zur Farm gefahren und haben dort nochmal gefeiert.
Hier wurde das Pongal auch für die Tiere gekocht und Kühe, Ziegen, Katzen haben ihren wohl verdientem Anteil bekommen.
… mit ganz Vilathikulam:
am selben Tag hieß es noch, wir gehen zu river (also zu dem mittlerweile wieder ausgetrockneten Flussbett). Erst als wir dann auf dem Weg dorthin waren, konnte ich einschätzen, was für eine Veranstaltung das hier werden würde. Man mag meinen „ach ja, 13.000 Einwohner, das ist ja fast nichts“, aber wenn du dann gefühlt alle diese Menschen an einem Ort triffst, bist du doch platt. Im river waren also ein paar Verkaufsstände aufgebaut und jeder war mit seiner Familie, seiner Crew oder seiner Gang hier unterwegs. Wir sind einmal hindurchgelaufen und dann ging es los: „please, one selfie!“. Für die nächsten 1,5 Stunden posierten wir fast durchgängig mit Leuten auf Fotos … ich hatte schon einen Krampf in den „Lächelmuskeln“ (Funfact: Inder lächeln auf Fotos eigentlich nie!). Das war sehr anstrengend und auch etwas befremdlich, denn zu den Selfies kommen ja die Blicke und die Finger, die auf dich zeigen. Trotzdem war es auch schön, mit allen zusammen zu feiern. Klar hat man auch viele Bekannte und Freunde getroffen.
So, das war der ganze Pongal-Marathon. Was sonst noch für Events im Januar angesagt waren: Klick dich durch (hinter den Fotos verbergen sich die Links)!
Inga
Hey Benni,
seit ich deinen Artikel „Don Bosco Youth Mela“ gelesen habe und mit dem Zug reise, stelle ich mir immer vor, wie die anderen Reisenden oder die Schaffner gucken würden, wenn sich jemand in Deutschland in das Gepäckfach legen würde. Ich muss jedes mal schmunzeln.
Generell gefällt mir dein Schreibstil sehr gut. Schade, dass ich schon alle Artikel gelesen habe und es keine neuen mehr geben wird.
Liebe Grüße
Inga