Dies ist der Schwesterartikel zum Vergleich von Cali vs. Freiburg (Spanische Version für Kolumbianer)

Wer schon einmal im Ausland gelebt hat weiß, dass es neben den Klischees kleine feine Unterschiede im Alltag gibt. Die Caleños wissen genau, was ihre Stadt vom Rest der Welt unterscheidet. Manche sind vielleicht etwas zu sicher… „Viel zu warm hier, oder?“, „Die Kolumbianer können noch viel von euch lernen im Fußball“, oder auch der Klassiker „Die Frauen hier sind die geilsten!“. Obwohl ich meist willig abgenickt habe, mag ich nicht unbedingt qualifiziert gewesen sein, zu urteilen. Was ich aber nach zehn Monaten in Kolumbien klar sagen kann, ist wie das Leben hier wirklich ist, und was ich fernab der Brezellande vermisse.

Natürlich ist jeder Ländervergleich subjektiv, und ich bin einfach viel zu faul, um zwei Länder wissenschaftlich aufzuarbeiten. Also habe ich als Überschrift nicht „Kolumbien vs. Deutschland“, sondern die beiden Städte gewählt, in denen ich die meiste Zeit verbracht habe.

Innenstadt und kommerzielles Zentrum von Cali

Innenstadt und kommerzielles Zentrum von Cali

Santiago de Cali

Lulosaft

Lulo ist eine orangefarbene Frucht mit Haaren dran, die ein bisschen wie Kiwi schmeckt. Die Kolumbianer machen daraus einen sehr leckeren Saft. Allgemein gibt es in Kolumbien an jeder Ecke frisch gepresste Fruchtsäfte, die man mit Wasser oder mit Milch bestellen kann – das ist ein Luxus, den auch nicht der 7-Früchte-Direktsaft von Aldi jemals schlagen könnte.

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Kolumbien benutzt das historisch in ganz Amerika angewendete Stadtmodell, nach dem die Straßen im Schachbrettmuster angeordnet sind. Hausnummern haben also je eine Carrera und eine Calle, sowie eine Hausnummer, die Position entlang des 120m langen Blocks anzeigt. Ungerade Nummern links, gerade rechts. Was dabei herauskommt, seht ihr in der Überschrift, als Beispiel unsere Hausnummer.

Kolumbienisches Straßensystem

Dulce de Guyaba / Bocadillo

Am Ausgang eines jeden Supermarkts, dort wo traditionell Kinder quengeln, ob sie nicht ein Snickers bekommen, findet man das sehr leckere Guavenmark, genannt Bocadillo. Ich finde es sehr lecker, und kaufe regelmäßig die in Bananenblätter abgepackte Version.

Patacones und Maduro

Kochbananen gehören fest zur kolumbianischen Küche. Man kann sie grün (herzhaft) oder richtig schön schwarz kaufen (für die süße Zubereitung). Es gibt zwei Hauptzubereitungsarten: Patacones – flach gepresste grüne Kochbananen, die in Fett gebraten werden – sehr lecker als Beilage. Maduro – die süße Kochbanane, in Scheiben gebraten und oft mit Käse serviert.

Pandebono

ist ein Teigring mit Käsefüllung, den man gut zum Kaffee essen kann. Die kolumbianische Bäckerei ist obgleich der geringen Vielfalt an Käsen sehr darauf zentriert. Es gibt auch ein kleines Croissant mit Käsefüllung, das aber keiner so nennt. („Proooofe, du meinst Panqueso!“) Brot ist generell gezuckert, und es gibt außer in speziellen Importläden keine Vollkornprodukte. Ach so, Kaffee – die meisten Kolumbianer trinken ziemlich chlechten. Scheinbar exportiert das Land den meisten guten Kaffee, wie mir in einer Kaffeefinca erzählt wurde. Dafür ist Kolumbien eins der wenigen Länder, in denen Starbucks nicht das Monopol auf Qualitätskaffee hat – die kolumbianische Kette Juan Valdez verkauft den guten kolumbianischen Kaffee, geführt direkt von der kolumbianischen Kaffeegenossenschaft.

Alumbrados

Was macht man in Kolumbien, um das Jahresende zu feiern? Aufgrund des Klimas macht Glühweintrinken natürlich keinen Sinn; dafür erleuchten die Kolumbianer ihre Innenstädte mit sogenannten Alumbrados. 2015 war in Cali das Thema „Vögel Kolumbiens“.

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Geckos im Wohnzimmer

Die kolumbianische Fauna bietet so einiges an kuriosen Stadttieren, ganz oben auf der Liste die Nervensäge Fiepender Frosch. Es handelt sich um eine Froschrasse, die aus unverständlichen Gründen einen einzigen fiependen Ton von sich gibt, der einen gut die Nacht über wach hält. Er sitzt in Bäumen in ganz Cali, und wurde laut urbaner Legende von einem Drogenbaron eingeführt. Dessen mexikanische Frau habe diese Froschart aus ihrer Heimat vermisst, sodass er beschloss, eine kleine Froschfamilie in seine Residenz in Calis Süden einzuführen. Seitdem haben sie sich ausgebreitet und sind schon auf Höhe der Freiwilligenwohnung in Cali-Mitte angelangt… Für die Wohnung gibt es Ameisen in jeder Größe und Statur, und wegen der kleinsten frieren wir unseren Biomüll im Kühlschrank ein – ließen wir ihn draußen, würden sie eine Ameisenstraße zum Mülleimer bauen. Und neben den Cucarachas, die wirklich gespenstisch groß werden, sind Geckos noch die angenehmste Art von Hausplage. In Cali begegnet man außerdem kaum Tauben, sondern vielmehr Torcasas, die immer gerne in die Wohnung flattern und sich am laufenden Band vermehren. Schön hingegen sind die goldgelben Safranammer, die man vielerorts beobachten kann.

Gecko in der Wohnung

Lärm

Wenn einen Sonntags um acht nicht die Alarmanlage irgendeines Autos geweckt hat, dann war es in dieser Reihenfolge einer der folgenden Akteure: Der Arepaverkäufer mit „Für Elise“-Jingle. Die Nazidoku des schrägen Nachbarn. Der AguaCATEEEEE-Verkäufer oder die Claro-Tussi, die Handyverträge bewirbt. Oder die Probe der Band der Protestantischen Kirche von nebenan, die wirklich sehr schlecht ist.

Busterminals und billige Taxis

In Kolumbien benutzt fast jeder Taxis. Denn die Arbeitskraft im Servicebereich ist extrem billig, und eine Fahrt durch die ganze Stadt kostet umgerechnet gerade mal 10€. In Cali gibt es zudem seit einigen Jahren einen städtischen Bus, den MIO. Ich nehme ihn jeden Freitag zur Schule, und ich muss mich immer gut einpacken – Er hat wirklich eine SEHR kalte Klimaanlage. Wer weiter reisen will, nimmt den Bus oder das Flugzeug. Kolumbien hat kein nennenswertes Bahnliniennetz; die einzigen Züge verkehren in Freizeitparks oder als Lastentransport. Ich habe schon mehrere Fernbusse genommen, auch über Nacht – sie sind sehr ruckelig, aber komfortabel, und nach kolumbianischer Manier viel zu kalt (wirklich, jeder der Fahrgäste trägt eine Jacke zum schlafen!).

Clle 5 Cali

Straßenbild auf der Haupstraße Quinta. Links im Bild der städtische blaue MIO-Bus

Fazit

Kolumbien ist weiterhin das aufregendste Land, in dem ich bis jetzt gelebt habe. Aber Cali ist manchmal eben auch… zum Aufregen.

Weitere Perspektiven

Me gusta Cali, der Kulturvergleich von Marisa auf diesem Blog

Einfach Kolumbien, der abschließende Kulturvergleich meiner Freundin Louisa, die in Cali 2015/16 in Don Bosco Diamante mit ehemaligen Kindersoldaten gearbeitet hat