Eine erste Woche Cali

von Annika und Anne

Kommt man aus einer gut 9.000km entfernten deutschen Kleinstadt mit gerade einmal 20.000 Einwohnern, so kann man bei der Ankunft in Cali erst einmal erschlagen werden. In Herborn beginnt gerade der Herbsteinbruch, aber beim Verlassen des Flughafens in Cali schlagen uns selbst spät abends T-Shirt-Temperaturen entgegen, trotz der leichten Brise, die durch die Palmen fegt. Herzlich werden wir empfangen, obwohl wir mit 1,5 Stunden Verspätung ankommen. Anschließend beginnt die Fahrt im Jeep durch die nächtliche Millionenstadt und ein erstes Mal staunen wir über den kolumbianischen Verkehr. Spuren werden wild gewechselt, die Hupe ist eines der wichtigsten Mittel, um sich seinen Weg zu bahnen. Auf uns wirkt das alles sehr chaotisch und unübersichtlich, am Tag ist es schließlich noch schlimmer. Die Straßen sind überfüllt von unzähligen Taxis, Motorrädern und Fahrrädern, die es nochmal schwieriger machen, von A nach B zu kommen. Doch die Caleños stört das alles recht wenig. Das System scheint gut zu funktionieren, wir haben noch immer keinen Unfall gesehen.

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Nachdem wir uns erst einmal ein wenig ausgeruht haben und versuchen, den Jetlag zu überwinden, werden wir am Freitag früh von Reyna Cardona, stellvertretender Schulleiterin der Schule „La Providencia“, abgeholt und es geht nach Aguablanca. Auch wenn wir schon Bilder und Videos aus dem Viertel kennen, ist es noch einmal etwas ganz anderes, die Armut und die Situation der fast 1 Millionen Menschen, die in diesem Barrio leben, direkt zu sehen. Natürlich merkt man in Cali an sich schon, dass man sich nicht in einer europäischen Stadt befindet, doch hier ist es besonders extrem. Trotzdem hat sich vieles getan, das stellen wir auch fest, als uns später eine Bilderserie über die Entwicklung des Stadtteils gezeigt wird. Als wir jedoch die Schule endlich betreten, ist von alledem nichts mehr zu spüren. Auf dem Schulhof wimmelt es von Kindern und Lehrern, überall sind kleine Tische aufgestellt, an denen einzelne Schüler Experimente vorführen oder ihre selbstgebastelten Modelle erläutern. Heute findet in der Schule ein „Tag der Wissenschaft“ statt. Stolz berichten uns die Schüler über ihre Projekte, größtenteils auf Spanisch, andere haben ihren Text sogar auf Englisch auswendig gelernt. Immer wieder kommen auch kleinere Gruppen auf uns zugelaufen, wollen wissen, wie wir heißen, ob wir die neuen Profes sind oder ein Foto mit uns machen. Ein Mädchen kommt zu uns und will wissen, ob wir das Lied „Aufstehen, aufeinander zugehen“ kennen und wir singen schließlich zu dritt. Alle scheinen sich zu freuen, uns zu sehen, mit einem großen Plakat auf dem Schulhof werden wir empfangen: „La Providencia takes care of you“ steht darauf, der Empfang ist überwältigend und wir fühlen uns herzlich aufgenommen.

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Obwohl dann erst einmal eine Woche Ferien folgten, waren wir am Dienstag noch einmal in der Schule und lernten die Musiklehrer kennen. Auch einige Schüler waren da, da an diesem Tag ein Video gedreht werden sollte. Ein Kamerateam war da und filmte die Einübung eines Liedes. Chor, Solisten, Gitarristen, Schlagzeuger, Pianist, Querflöten, Geigen, Bratschen und Celli haben ihr Bestes gegeben und bewiesen über den Vormittag hinweg jede Menge Geduld. Im November soll das Video bei der Feier anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Schule gezeigt werden.

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Ab morgen beginnt dann für uns unsere richtige Arbeit. Annika wird den Backunterricht leiten, Anne hilft im Musikunterricht, zudem werden wir beide dabei helfen, die Englischkenntnisse der Schüler zu fördern.

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2 Kommentare

  1. Roggen

    Hey,
    superschöner Artikel!
    Man taucht sofort wieder in eine andere Welt ab!
    Weiter so!
    Adriancito

  2. Paprika

    La Providencia takes care of you! Da könnte ich schon wieder weinen, so schön und wahr ist das. Habt eine gute, wunderbare, einmalige Zeit, ihr beiden! Abrazos :-* Na, ihr wisst schon wer… Jana 🙂

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