Wie Latinos ihre Frauen auf Händen tragen

Britta

Rote Rosen, so weit das Auge reicht, Herzluftballons an jeder Ecke und eine außergewöhnliche fröhliche Stimmung erfüllen Cali am Tag der Frau.
„Heute ist unser Tag!“ ist der Inhalt der Sms meiner Freundin Alejandra, im Radio schreit ein Sprecher nach dem anderen „Feliz día!“ durch die Gegend und schon seit Tagen bieten die Supermärke eine Variation von kitschigen Pralinen an.
Oh ja – da kommt ganz der Latinoromantiker zum Vorschein.
„Ihr Frauen seid speziell und das muss gewürdigt werden! Wir wissen, was ihr tagtäglich vollbringt!“, sind die Worte unseres Musiklehrers Oscar, nachdem er und seine fünf männlichen Kollegen uns 25 Frauen ein ganz besonderes Mittagessen serviert haben. „Frauen sind die tollsten Geschöpfe dieser Erde!“, so der Sportlehrer.
Der „Día de la mujer“ kommt mir fast so vor wie Geburtstag und Weihnachten zusammen!
Als wir morgens in der Schule ankommen, ist schon alles in Rot dekoriert, die erste Stunde fällt aus und stattdessen wird erst gebetet und dann die Fahne gehisst, die Nationalhymne, sowie die Hymne der Provinz und die Hymne Calis und die Hymne der Schule gesungen und musikalische Beiträge geboten.
Auch ich gebe zusammen mit den Streichern der Schule meine erste Darbietung auf der Geige, wuhuuu!
Auch der Rest des Tages verläuft alles andere als normal! Im Descanso gibt es ein spezielles Geschenk der Küche – Obstsalat mit Joghurt, in der vierten Stunde singt die ganze Schule im Chor und in der fünften Stunde überreichen die Jungen der ersten Klasse den Mädchen der selbigen Stufe kleine Aufmerksamkeiten. Den ganzen Tag über umarmen mich regelmäßig kleine Schülerchen und gratulieren mir zum Frauentag oder schenken mir Süßigkeiten oder Bilder.
Die sechste Stunde entfällt ganz. Während sich die männlichen Kollegen daran machen, (Als wir dabei helfen wollen, werden wir vehement abgewehrt, denn heute – nicht vergessen! – ist ja Día de la mujer!) eine lange Tafel zu dekorieren und uns das Essen vorzusetzen, steigt die Laune unter den Frauen. Es wird gelacht und gescherzt bis zum Umkippen! Das Highlight: eine rote Rose für jeden beim Abschied und ein Solo, das uns Oscar mit Gesang auf der Gitarre gibt.
Unsere werten Kolleginnen nutzen den Tag dann auch noch voll aus, indem sie einem der Kollegen einfach einen riesigen Stapel ungewaschenes Geschirr vorsetzen und sich dann auf den Weg nach Hause machen. Ich weiß nicht, ob ich das dreist oder lustig finden soll?
Wow, warum müssen es Kolumbianer immer so übertreiben? Ich weiß nicht, aber ich kann nur noch lachen, als in der Mìo wirklich JEDE ZWEITE FRAU eine Rose in der Hand hält. An diesem Tag können die Kolumbianer wirklich ihr ganzes lateinamerikanisches Temperament entfalten und mal zeigen, was es heißt ein Latinogentleman zu sein!
Gibt es denn auch den Día del hombre? Ja, aber keiner weiß, wann genau der sein soll.

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1 Kommentar

  1. Hallo Britta,

    sehr Lustig! Hier in Deutschland hätte man auch etwas machen sollen and dem Tag. Freu mich bald von Dir zu lesen

    Viele Grüße!

Kommentare sind geschlossen.

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