Ende November begannen die großen Schulferien und so machten wir uns direkt auf um mehr von Kolumbien zu entdecken. Unser Flugziel: Santa Marta.
Nach einem ersten Bad am schmutzigen Karibikstrand von Santa Marta und einer stickigen Nacht waren wir sehr aufgeregt, als es am nächsten Morgen mit einer klapprigen Chiva in den Dschungel losging.Vor uns lagen sechs Tage wandern durch den Dschungel um die präkolumbianische Ciudad Perdida (verlorene Stadt) zu entdecken.
Zu unserer Wandergruppe gehörten neben unseren kolumbianischen Wanderführern zwei Iren, ein englisches Paar und zwei Australier. (Generell haben wir während dieses Teils unserer Reise eher wenig Kolumbianer aber viele ausländische Touristen getroffen. )

Wir hatten an eine etwas anstrengende Wanderungen gedacht, doch mit dem, was uns dann erwartete, hatten wir nicht gerechnet. Die ersten 20 Minuten waren wir noch äußerst bemüht darum unsere Schuhe nicht all zu schmutzig zu machen, was sich bald aber als sehr lächerlich herausstellte. Man kann einfach nicht sauber bleiben, wenn man bis zu den Knöcheln durch den Schlamm watet. Da es am ersten Tag in Strömen schüttete, gab es viel Schlamm – sehr, sehr viel Schlamm.

Schnell bemerkten wir auch, dass die Beschreibung „Wanderung“ nicht allzu sehr passt, denn ein gutes Drittel des Weges mussten wir an Felsen entlangklettern. Mit 100er Sonnencreme und Antimückenspray fühlten wir uns sehr gut ausgerüstet. Die Mücken schien dies nicht sonderlich zu stören, sodass unsere Beine nach kürzester Zeit wie Streuselkuchen aussahen. Es war so heiß, dass wir wortwörtlich vor Schweiß trieften. Irgendwann gelangt man dann zu einem Punkt, wo es einen nicht mehr kümmert, wie man aussieht und wie man riecht, weil man es eh nicht ändern kann, dass man sich eklig fühlt. Dennoch freuten wir uns immer wieder wenn wir zwischenzeitlich hüfttiefe Flüsse durchquerten oder uns unter Wasserfällen abkühlen konnten.

Das klingt alles nach einem weniger schönen Abenteuer, doch das Gegenteil ist der Fall. „Vale la pena“ (Es ist die Mühe wert) ist der Satz, der diesen Dschungeltrip wohl am besten beschreibt.
Andauernd dachte ich, dass die Natur nicht noch schöner und beeindruckender sein kann und wurde jedes Mal eines Besseren belehrt. Eine so große Vielfalt an Pflanzen habe ich, glaube ich, noch nie gesehen. Wirklich phänomenal!

Unterwegs trafen wir immer wieder auf Indigene, die in diesem Gebiet in einfachen Dörfern leben. Natürlich war es interessant zu sehen, wie sie leben und sich kleiden. Allerdings kamen wir uns manchmal vor wie im Zoo, wenn die Touristen den indigenen Kindern Lollis schenkten, dafür dass sie ein Foto von ihnen machen durften. Selbstverständlich darf man nicht aus der Acht lassen, dass die Indigenen durch beispielsweise den Verkauf ihrer Handarbeiten auch einen Nutzen aus den Touristen ziehen, aber trotzdem waren diese Situationen einfach merkwürdig.

Die Nächte verbrachten wir in einfachen Camps und schliefen dort meist in Hängematten. Zu unserer Überraschung gab es sogar Toiletten und Duschen und sehr, sehr viel Essen. (Wer denkt, dass man bei so einer Tour abnimmt, wird wohl oder übel vom Gegenteil überrascht.)

Am vierten Tag erreichten wir dann nach einer letzten Hürde von ca. 1200 Stufen die verlorene Stadt. Sie wurde zwischen 700 und 1600 n. Chr. vom Volke der Tayrona besiedelt, nach Ankunft der Spanier wegen Seuchen aufgegeben und 1975 zufällig von Grabräubern und Drogendealern wiederentdeckt. Terassenförmig trohnt sie inmitten der Berge und raubt einem dem Atem mit einer Mischung aus Anstrengung, Stolz und purer Bewunderung.

Nachdem wir diese Schönheit einige Stunden genossen hatten, machten wir uns auf den Rückweg und gelangten gefüllt von Stolz am sechsten Tag an unseren Ausgangspunkt zurück.

Nun sollte der entspannte Teil unserer Reise beginnen, wofür wir ein Hostel angeblich nah am Karibikstrand gebucht hatten. Als wir jedoch dort ankamen, wurde uns relativ unfreundlich eröffnet, dass man zum Strand einige Stunden laufen müsste. Aus diesem Grunde entschlossen wir uns dort nur eine Nacht zu bleiben und die restlichen zehn Tage die Küste auf eigene Faust zu erkunden.

Als erstes führte uns unser Weg – nach einem chaotischen Kurzaufenthalt auf dem Markt von Santa Marta auf der Suche nach Bankautomaten und Büchern – nach Taganga. Das kleine Fischerdorf wird im Reiseführer nicht umsonst als „Gringoparadies“ beschrieben (Gringo = abfällige, kolumbianische Bezeichnung für US-Amerikaner). Die Strandpromenade ist voll von Bars, Restaurants und Diskotheken und der Strand erinnert eher an einen überfüllten Mallorcastrand und man sieht wenig Einheimische aber jede Menge Touristen. Dennoch ist die Atmosphäre sehr angenehm, was wohl vor allem durch die vielen verrückten Kunsthandwerks-Straßenverkäufern geprägt wird, bei denen wir wunderschönen Schmuck kauften.

Nach ein paar Tagen dort, machten wir uns auf nach Palomino und trauten unseren Augen kaum. Ich habe noch nie so einen schönen, menschenleeren Strand in meinem Leben gesehen. Wir waren im Paradies gelandet. Es fehlte nur noch, dass Captain Jack Sparrow den Strand entlang rennt. In einem schönen kleinen Hostel direkt am Strand ließen wir es uns einige Tage wirklich gut gehen indem wir nichts taten außer in der Sonne liegen, unsere ersten Romane auf Spanisch lesen, köstliche Meeresfrüchte essen, frische Fruchtsäfte trinken, Karten spielen, spazieren gehen und die Seele baumeln lassen. (Ja, wir sind wirklich fast zu einem alten Ehepaar geworden.)


Doch irgendwann gibt es auch im einsamen Paradies nicht mehr viel zu tun und unser Entdeckungsdrang wurde wieder groß. Somit reisten wir weiter in den Nationalpark Tayrona. Andere Backpacker, die wir trafen, hatten uns vorgewarnt, dass die Wanderung durch den Dschungel zum Strand dort sehr anstrengend sei. Ohne überheblich klingen zu wollen, konnten wir aber wirklich sagen, dass der zweistündige Weg ein Klacks war im Gegensatz zu unserem Ciudad Perdida Abenteuer, sodass wir barfuß durch den Dschungel spazierten.

Die Strände in Tayrona waren sehr anders als unser Paradiesstrand in Palomino, da sie von vielen Felsen gesäumt waren und alles etwas rauer wirkte, doch auch dort war es einfach traumhaft. Die erste Nacht schliefen wir in einem stickigen Zelt und standen am nächsten Morgen ganz früh auf um uns eine Hängematte im Highlightschlafplatz, der sogar auf dem Cover des Lonely Planet Reiseführers für Kolumbien ist, zu sichern: Eine kleine Hütte auf einer felsigen Halbinsel im Karibikmeer. Was sich wunderschön anhört und auch so aussieht fühlt sich nachts aber ganz anders an. Der peitschende Wind und die Kälte ließen uns kaum die Augen zu machen, doch dafür wurden wir morgens mit einem grandiosen Sonnenaufgang belohnt.

Für den letzten Tag ging es dann nochmal nach Taganga zurück, da es von dort nicht sonderlich weit zum Flughafen ist. Einen weiteren Grund, weshalb Taganga bei vielen Touristen so beliebt ist, erfuhren wir erst an diesem Tag, als ein Junge von vielleicht zehn Jahren zu unserem Tisch in einem Café kam und uns Marihuana anbot. Diese traurige Situation holte uns kurz wieder etwas zurück in die Realität, doch trotzdem hatten wir noch einen schönen letzten Tag am Strand und konnten es uns nicht nehmen lassen noch einmal die letzte Nacht in einer Hängematte auf dem Dach eines Hostels mit schönem Meerblick zu genießen.

Braungebrannt und vollkommen erschöpft kamen wir dann gestern am späten Abend in Cali an und erlebten eine rührende Überraschung. Unsere Freunde Alejandro und Eddy hatten unsere Wohnung mit Blumen und Lufballons dekoriert, im Kühlschrank stand eine Flasche Baileys , sie hatten die Wohnung sogar geputzt und an der Wand stand „Bienvenidas a Casa“ (Willkommen zu Hause). Unsere Nachbarin hatte uns Kekse gebacken und Miriam, unsere Mentorin, ist auch extra noch lange wach geblieben um uns zu begrüßen.

Was für ein Glück wir doch haben, nach so einem fantastischen Urlaub so wunderschön willkommen geheißen zu werden. Mit so einer tollen zweiten Familie hier können wir uns doch nur wohl in Cali fühlen.

Cali ist Cali und Cali ist zu Hause.