Der Weihnachtsmann tanzt Salsa

Klara

Es ist sehr schwer, in den Tropen in Weihnachtsstimmung zu kommen. Ich glaube auch nicht, dass ich irgendwann wirklich das Gefühl von Weihnachten hatte wie in Deutschland. Ohne Kälte, Familie, Weihnachtsmärkte, einem echten Weihnachtsbaum oder wirklicher Weihnachtsmusik ist das auch sehr schwer. Als die gesamte Wohnung für kurze Zeit den Geruch von Stollen angenommen hat, hatte ich eine Art Weihnachtsgefühl. Doch kurz danach durfte ich von unseren Nachbarn wieder Salsamusik hören, sodass der Gedanke schnell verschwunden war.
Eine Woche vor Weihnachten hatten wir eine Weihnachtsfeier in der Schule. Dafür wurde der Schulhof mit Tischen und Stühlen bestückt, da ungefähr 60 Leute erwartet wurden. Eingeladen wurden alle, die für die Schule arbeiten oder die Schule unterstützen. So waren zum Beispiel alle Lehrer eingeladen. Außerdem die Frauengruppe, die unter anderem die Schulkleidung näht.
Oscar, unser Musiklehrer, hat mit dem Chor sowie dem Orchester einige Weihnachtslieder einstudiert, die präsentiert wurden. Außerdem haben alle Geigenschüler ihr Erlerntes vorgetragen.
Anschließend gab es für die Kinder Hotdogs, Cola und Geschenke. Wobei die Hotdogs schon etwas Besonders waren. Über die Geschenke haben sie sich sehr gefreut. Ein Junge aus der Vorklasse konnte sein Glück nicht fassen, als er sein Geschenk, einen Fußball, entgegen genommen hat. Alle anderen Jungen wollten zwar auch am Liebsten dieses Geschenk, trotzdem haben sich alle mit dem Kleinen gefreut.
Für alle anderen gab es typisch kolumbianisches Essen. Zunächst gab es Tamales, dass aus Maisteig, Mehl, Wasser und Schmalz besteht. Anschließend gab es typisch für die Weihnachtszeit Natilla und  Buñuelos (Flan und frittierter Snack). Da wir den Lehrern zeigen wollten, was wir vor Weihnachten in Deutschland essen, habe ich Stollen gebacken. Spontan wurde der Stollen, der für 25 Leute gedacht war, mit 60 Menschen geteilt.

Einen Tag später hat die richtige Vorbereitung auf Weihnachten begonnen. Neun Tage vor Weihnachten beginnen die so gennaten Novenas. Dafür trifft sich der Familien- und Freundeskreis jeden Abend in einem anderen Haus. Es wird die Weihnachtsgeschichte gelesen, gesungen und gebetet. Anschließend wird gemeinsam gegessen. Nachdem gegessen wurde, spielen Kolumbianer gerne Spiele, um Geschenke zu erhalten. Dafür werden sich Rätsel für Jungen bis 12 Jahren, Mädchen bis 12 Jahren, Frauen, Männer, Mütter, Familien, … ausgedacht. Danach wird wieder gegessen und je nach Familie in eine Disco zum Feiern gegangen.

Jana

Bei keinem von uns beiden ist bis zum 24. trotz aller Bemühungen eine Weihnachtsstimmung aufgekommen. Dabei gaben wir uns doch so viel Mühe: Rolf Zuckowskis Weihnachtslieder wurden herausgekramt und während eines Plätzchen- und Stollenback-Marathons lauthals mitgesungen, beides sehr zur Freude unserer Nachbarn. Nichts half. Es fehlte schlicht und einfach der Schnee. Ich habe den begründeten Verdacht, dass die Kolumbianer die nicht vorhandene Kälte durch möglichst viele bunte, blinkende und kitschige Lichter zu kompensieren versuchen. Auch das funktioniert nicht. Und dennoch: Denke ich an die Schneemassen in Deutschland, bin ich dann doch lieber im warmen Kolumbien und erfreue mich an meinen derzeitigen 32 Grad. Weihnachten dauert in Kolumbien schließlich nur zwei Tage, welche wir sicherlich unvergesslich und schön verbracht haben.

Es war unser Wunsch, das Weihnachtsfest mit einer Familie aus Aguablanca zu feiern. Zum Glück fand sich die Familie von Solanyi, einer Lehrerin unserer Schule, die sowohl die räumlichen als auch die finanziellen Möglichkeiten dazu hatte. Zunächst besuchten wir mit ihr die letzte Novena in einer nahegelegenen Kirche, in welcher wir anderthalb Stunden später den katholischen Gottesdienst mitfeierten. Ein solcher gestaltet sich schon sehr unterhaltsam, da er für die armen Menschen gehalten wird. Ein manches Fußballstadium hätte die Weihnachtslieder à la „Jesús! Olé, olé!“ nicht besser mitgrölen können. Vielen bekannten Gesichtern – unseren Schülern- konnten wir so frohe Weihnachten wünschen. Es war richtig schön, sie nach schon so langer Ferienzeit wiederzusehen.

Anschließend aßen wir ganz einfaches, aber ziemlich leckeres Essen mit unserer Familie. Der Hunger trieb uns dazu, die kolumbianische Tradition, erst um Punkt 12 Uhr zu essen, zu brechen. Auch dann gab es erst die Geschenke, die schon viele Tage vorher unter dem kleinen Plastik-Weihnachtsbäumchen abgestellt wurden. So ganz anders und so weit weg von zu Hause zu feiern, wo man den traditionellen Ablauf des heiligen Abends genau kennt, konnten wir uns in der herzlichen Familie aber sehr wohlfühlen. Alle waren so lieb und haben sich gefreut, dass wir mit ihnen diesen Abend teilen wollten, haben sich bedankt und uns obendrein auch noch beschenkt. Auch wenn es bei uns ein beschauliches Fest war, so nimmt ein Großteil der Kolumbianer den „Feiertag“ doch beim Wort und isst, tanzt und trinkt auf der Straße. Passenderweise wird am nächsten Tag traditionell die „Feria de Cali“, das fünftägige Stadt- und Salsafest, eröffnet.

Nur Silvester wird im engsten Familienkreis gefeiert. Seltsam, aber auch das ist uns mit Hilfe unserer deutschen Freunde und ihrer Familien gelungen. Jetzt gleich fahren wir los, während in Deutschland bereits das neue Jahr begonnen hat. Und wir beide blenden einfach mal aus, dass schon mehr als ein Drittel unseres Aufenthalts vorüber ist.

Und natürlich wünschen wir  unseren Familien und Freunden ein frohes, erfolgreiches und gesundes neues Jahr!

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Valeria

2 Kommentare

  1. Martha Schmidt

    Hallo Klara,

    herzliche Grüße zum Neuen Jahr und alles Gute für Dich, wo immer Du grade steckst. Ich selbst war nie so weit fort von zuhause (bis jetzt). Ich finde es toll, dass Du diese Erfahrung in Deinem Leben machen kannst.
    Mein FSJ fand in Hamburg bei der Heilsarmee statt. War mein Sprung aus dem Elternhaus. Wo ich danach gelandet bin, weißt Du ja!

    Wir waren hier heute Sternsingen. Deine Schwester war auch dabei.
    Deine Mama war so nett, mir den Link zu schicken – eine tolle Möglichkeit, dieser Computer – kann so etwas von Dir erfahren und dieses Grüßle
    schicken.

    Martha

  2. Ute Emmerich

    Hallo Liebe Jana,

    schön von dir auf dieser Seite zu hören und viel von deiner Arbeit dort zu sehen.
    Habe von deinem Vater gehört, dass es dir gut geht und freue mich das du bei 32 Grad Weinachten gut verbracht hast und gut ins neue Jahr gekommen bist.

    Es grüßt dich ganz lieb

    Familie Emmerich aus Frankfurt

    Grüße auch an deine kolumbianischen Freunde aus dem kalten Deutschland

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