von Klara
Heute am „Internationalen Tag des Lehrers“ fühle ich mich schon wie ein Lehrer. Nach drei Wochen Unterricht habe ich schon das Gefühl seit Ewigkeiten eine Lehrerin zu sein. Durch die Schule laufe ich, auf der Suche nach meinen Schülern bzw. einem freien Raum, nur noch voll gepackt mit Büchern, Stiften und Heften. Mir wurde schon gesagt, dass ich mir einen Lehrerton angewöhnt habe. Ich brauche nur einmal „Silencio“ in der Klasse zu sagen und alles ist still. Zwar kann ich noch nicht fließend Spanisch sprechen, aber schimpfen klappt schon gut 😉
Das hört sich bösartiger an, als es in Wirklichkeit ist. Eigentlich sind alle Kinder total lieb und auch gewillt zu lernen. Aber besonders die Kleinen können sich nicht mehr als 20 Minuten konzentrieren, sodass im Unterricht nicht viel auf einmal geleistet werden kann. Immer wieder muss ich „Ruhe!“ rufen und den eigentlichen Unterricht unterbrechen, um mit den Kindern Lockerungsübungen zu machen, dass wir weiter arbeiten können. Manche Kinder muss ich von Anfang an einzeln setzen, weil sie sich sonst immer ablenken lassen. So kommt es schon mal vor, dass ein Kind noch nicht mal das Datum geschrieben hat und ein anderes alles von der Tafel abgeschrieben hat.
„Unsere“ Kinder stammen allesamt praktisch aus dem „Ghetto“. Die Eltern (soweit noch im Haus lebend) arbeiten den ganzen Tag. Das heißt, dass die Kinder nach der Schule immer bei ihren Großeltern sind. Dort werden die Kinder einfach vor den Fernseher gesetzt, damit sie beschäftigt sind, denn die Großeltern haben oft nicht mehr die Kraft sich mit den kleinen Wirbelwinden zu beschäftigten. Deswegen kennen sie auch keine Regeln von zu Hause, was das Unterrichten schwieriger gestaltet. Ich werde von einigen Lehrern auf die Problemkinder hingewiesen und kann dadurch anders auf diese eingehen. Langsam gewöhne ich mich daran und weiß immer besser, wie ich mit den Kindern arbeiten muss, damit der Unterricht gut klappt. Sehr oft bekomme ich bestätigt, dass die Kinder mich gerne haben und der Unterricht ihnen Spaß macht. Letzte Woche hat mir ein Junge aus der zweiten Klasse den „Kangaroo-Song“ vorgesungen. Das Lied hatte ich mit der Klasse eine Woche vorher geübt. Der Kleine hat mir das Lied in einer sehr guten Aussprache vorgesungen und alle Bewegungen richtig vorgemacht. Einerseits war ich überrascht und andererseits habe ich mich total gefreut. Ich hoffe, dass noch mehr Schüler viel aus dem Unterricht mitnehmen können.
Zwar bin ich nach einem Schultag immer sehr geschafft, aber langsam läuft das Unterrichten entspannter ab. Man glaubt es kaum, aber ich nehme hier alles wirklich ziemlich locker. Ich rege mich nicht mehr über Kleinigkeiten auf, wenn etwas mal nicht klappt, versuche ich es auf eine andere Weise. Fast täglich kommt etwas anders als geplant, zumindest unter Kolumbianern habe ich keinen Organisationsdrang mehr 🙂 Ich weiß nicht wie oft ich am Tag „Vamos a ver“ sage, was so viel bedeutet wie „Schauen wir mal, lassen wir es mal auf uns zukommen“. In Deutschland wäre das bei mir unmöglich gewesen…
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