Anlässlich der Tatsache, dass ich nun schon, sage und schreibe, eine Woche in meinem Projekt bin, möchte ich dir meine ersten Erlebnisse in und mit Indien mitteilen.
Klima – Müdigkeitsfaktor No. 1
Das, was allen mir persönlich ziemlich zu schaffen macht, ist das Klima. Lange lange Zeit hat es hier schon nicht mehr geregnet und die Leute aller Religionen beten schon, dass sich die Wolken endlich mal erbarmen. Dementsprechend war ich überrascht, als plötzlich am Montag ein Mitarbeiter pitschnass zur Tür hereinkam und tatsächlich: draußen schüttete es wie aus tropischen Eimern. Es war – wie ich mir sagen ließ – der erste Regen seit Mai!!! Ansonsten ist es hier sehr heiß und feucht. Man hält es – ich würde sagen – von 9 Uhr in der Früh bis um 4 Uhr auf keinen Fall in der prallen Sonne und kaum ohne Ventilator aus (und nebenbei: ich verbringe schon Tätigkeiten wie Tagebuchschreiben schwitzend und die knapp 30 Seilsprünge gestern in der Games Time waren schon genug für mich 😅). Abends, nachdem die Sonne untergegangen ist, ist es dann erträglich, aber dann kommen auch wieder die Moskitos …
Kulinarisches – Dossa mit oberfränkischer Heidelbeermarmelade
Dank der fabelhaften und Volontär-erfahrenen Köchin Amaa konnte ich die indische Schärfe bisher meiden, denn bei jedem Essen steht ein kleines Gefäß extra für mich mit „wenig scharf“ bereit. Oftmals gibt es bei den Mahlzeiten dann etwas Neues auf dem Tisch:
„Try it! How is it? Do you know it? Do you get it there (gemeint ist Germany)?“
So läuft das fast immer ab, wobei häufig die tropischen Früchte hier natürlich deutlich besser sind. Ich gelte mittlerweile als absoluter Bananen- und Ananasliebhaber, weshalb immer Bananen auf dem Tisch stehen müssen (zur Not müssen nochmal welche eingekauft werden). Mein Mitbringsel, drei selbstgemachte Marmeladen und ein Honig, konnte ich gut an dem Mann bringen und sie wurden gleich zu meiner großen Freude beim ersten Abendessen als „awesome!“ deklariert. Die Mahlzeiten erfolgen immer um 8:30, 13:00 und 21:30, wobei ich beim Frühstück mit dem herzhaften Essen noch Probleme habe… Deswegen musste heute früh etwas Heimat auf den Teller: Dossa mit oberfränkischer Heidelbeermarmelade!
Kultur – mit Pauken und Trompeten
Ich wache morgens auf geweckt von lauten Trommelrhythmen. Mir wurde schon am Vortag erklärt, dass am heutigen Tag zu Ehren des Geburtstages des Gottes Ganesha, ein fettes Fest gefeiert würde. Den ganzen Vormittag zogen auf der Straße vor dem Projekt trommelnde Festzüge vorbei. Als mittags bei Tageslicht auf einmal die Böller und Raketen losgingen, bin ich erstmal total erschrocken 😊. Gegen Nachmittag war dann das eigentliche Highlight, dass etwa 30 Pickups beladen mit jeweils ca. 20 jungen Männern und einer Ganesha-Statue pfeifend, trommelnd und schreiend vorbeibretterten.
Mir wurde nachher erklärt, dass sie die Ganesha-Statuen nun zum Meer – generell schreibt der Brauch irgendein Gewässer vor – fahren, um sie dort aufs Wasser zu setzen oder einzutauchen. Tolle Sache dachte ich mir und schoss ein paar Fotos. Später wurde ich belehrt, dass dieser Umzug mit dem Krach ebenso dazu genutzt wird, die hohe Präsenz und zahlenmäßige Überlegenheit der Hindus in Indien zu präsentieren und sich ebenso gegen die anderen Religionen, v.a. Christen und Muslime, zu wenden. Darum waren meine Fotos nicht so gerne gesehen… Ansonsten ist erst gestern das Volksfest hier zu Ende gegangen, das einen Monat lang Kinder und Erwachsene ebenso froh gemacht hat. Mit Attraktionen wie Schiffschaukel, Riesenrad, einem Motorradkünstler, der auf einer fast senkrechten zylinderförmigen Wand im Kreis gefahren ist und vielem mehr. Auch wenn das Riesenrad mit einem ratternden Zwei-Takt-Motor läuft und bei der „train“ (eine abgespeckte Achterbahn) die Funken unter den Kufen fliegen, bleibt dennoch der Adrenalinkick erhalten – und nicht nur deswegen, weil das Gerüst absolut keinen deutschen TÜV überleben würde.
Kollegen & Leute – neue bekanntschaften
Ich durfte dank des offenen Tores zum VEMBU-Hof und dadurch, dass ich doch ein klein wenig auffalle, schon einige Bekanntschaften machen, vor allem mit den VEMBU-Mitarbeitern und denen, die irgendwie einen Bezug zum Projekt haben. Von allen werde ich dann nach meinem Namen gefragt, von manchen auch nach meiner Telefonnummer, von einigen wie’s mir geht, von anderen warum ich denn alleine hier bin, von ein paar ob ich schon gegessen habe. Die meisten können Englisch sprechen – zumindest auf dem Standard, dass man sich damit unterhalten kann. Manchmal gilt aber auch der Grundsatz: Lächeln, Nicken und hoffen, dass es keine Frage war. Die Konversation mit Leuten, die nur Tamil sprechen gestaltet sich schon etwas schwieriger, „gelingt“ jedoch mehr oder weniger mit Händen und Füßen …
Kinder – es ist manchmal so einfach
Unter der Woche ist hier eigentlich oft – in der Regel nachmittags – was los: neben den Hostel-Jungs, kommen um 18:00 die Kinder der Evening Tuition (eine Lernrunde unter Aufsicht am Abend). Kurzerhand habe ich mich zu den Eintreffenden gesellt und durfte gleich bei den Spielen, wie im Kreis Rennen, möglichst hoch hüpfen, Choco Choco la la, Daumen-Catchen usw. mitmachen. Ich fand es wirklich schön, woran die Kinder alles Spaß haben. Am Sonntag (auch hier gibt’s eine Lernrunde) durfte ich einigen Schülern „Alle meine Entchen“ als improvisierten Action-Song beibringen.
Kuriositäten
Zu guter Letzt noch eine lustige Anekdote:
Kürzlich beim Abendessen – der Provincial der Provinz Trichy war gerade zu Besuch – wurde eine Ratte, die sich im Vorhang verkrochen hatte, entdeckt. Als man versuchte, ihr den Weg aus dem Fenster schmackhaft zu machen, sprang die Ratte mit einem beherzten Sprung auf den Fußboden und wuselte dort herum. Das Bild, das sich mir bot, war legendär: erschrockene, herumhüpfende und leicht phobische Salesianerväter und -brüder (inkl. mir). Nach mehreren Versuchen war die Ratte schließlich aus dem Zimmer und ich immer noch am Lachen ROFL 😉.
Viele Grüße und bis bald!
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