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1. Stopp – La Guajira
Tag 1: Cabo de la Vela
Was machen sechs Frauen neben einem stehenden Fahrzeug bei über vierzig Grad mitten in der Wüste? Richtig. Sie gucken einem Indianer zu, der schwitzend den platten Reifen wechselt. Samstagmorgens um acht geht die Reise ans Ende der Welt los, mit einem großen Pick-up, zum Glück mit Klimaanlage!!! Mit uns treten drei Frauen und ein kleines Mädchen die Reise in eine der ab gelegensten Gegenden Kolumbiens an.
Die Fahrt geht über Stock und Stein, um uns herum nichts als ein paar Kakteen und ab und zu mal ein paar Ziegenherden. Wohin das Auge reicht, nur eins: Wüste, Wüste, Wüste.
Als wir ruckartig anhalten und der Fahrer uns lachend aus dem Auto scheucht, habe ich ja doch kurz Angst, dass wir hier im Nirgendwo verloren gehen, aber zum Glück ist unser Guide doch ganz bewandert im Reifenwechseln, was mich bei den Strecken, die er täglich durch die holprige Wüste zurücklegt, nicht wundert.
Als wir dann nach sechs Stunden Fahrt endlich an unserem ersten Ziel ankommen und der wirklich verdammt lauten, typisch kolumbianischen Musik im Auto endlich entkommen können, begrüßt uns ein Bild für die Götter.
Das Dorf, in dem wir unsere erste Nacht verbringen, besteht nur aus ein paar halboffenen Holzhütten direkt am Strand. Nur zwei Meter Sand trennen unsere Unterkunft vom türkisenen Karibikmeer. Die Einwohner des von den Wayuu-Indianern bevölkerten Dorfes bestehen hauptsächlich aus ein paar Straßenhunden. Hier steht wirklich die Zeit still, weit und breit ist kein Ton außer dem Rauschen des Meeres zu vernehmen – Idylle pur!
Die Duschaktion:
Dieser Tätigkeit muss ich leider ein eigenes Kapitel widmen. Als wir vom Strand kommen, um uns für den anstehenden Sonnenuntergang frisch zu machen und nach der Dusche fragen, erklärt uns ein Indianerjunge, den wir nach der Dusche fragen, dass er erst noch etwas holen müsse, was wir benötigen würden.
Ich werde schon skeptisch, als er sich in Richtung eines Brunnens begibt und mit einem Seil Wasser in einen Eimer schöpft. Als er dann mit diesem in Richtung eines dunklen Raumes läuft, diesen dort abstellt und mich dann lächelnd mit diesem alleine lässt, muss ich einfach nur lachen. Im Eimer schwimmt eine alte Magerinedose, die mir dann in den folgenden Minuten als Schöpfkelch dient.
Geschlafen wird in Hängematten, mit dem puren, weißen Sand direkt unter mir und tausenden von Moskitos direkt über mir. Trotzdem habe ich so gut geschlafen, wie selten.
Tag 2: Punta Gallinas
Früh morgens geht es weiter, zu einem atemberaubenden Aussichtspunkt namens Zuckerberg. Von dort aus lässt sich die atemberaubende Wüste beobachten, die sich am Horizont verliert. Nach dem anstrengenden Marsch erfrischen wir uns im Meer, das an roten Sand grenzt und dessen Wasser völlig unberührt ist. Wir sind die einzigen Menschen weit und breit.
Danach werden wir von einem dicken Indianer in einem roten Pick-Up abgeholt. Im Gepäck hat er Nicolle und Joachim. Die beiden deutschen Physikstudenten werden mit uns die Reise an einen der entlegensten Punkte der Welt antreten: Punta Gallinas, der nördlichste Punkt Kolumbiens.
Nach einer einstündigen Fahrt durch die Wüste, auf der wir immer wieder einigen Ziegenherden begegnen, gelangen wir an den sogenannten „Hafen“, einer Bucht, in der zwei kleine Fischerboote auf uns warten. Als einer der zwei Fischer mir entgegenruft, dass ich mein Hab und Gut gut in Plastik verpacken soll, damit es nicht nass wird, wird mir schon etwas mulmig, aber das Meer sieht ruhig aus und so treten wir einigermaßen entspannt die zweistündige Bootsfahrt an. Am Ende erwartet uns eine Landschaft, für die sich die doch etwas aufwendige Reise mehr als nur gelohnt hat.
Türkisenes Wasser, rechts und links umgeben von hellgrünen Sträuchern und tiefroten Felsenklippen. Ich habe noch nie so etwas gesehen, es war einfach nur eindrucksvoll und atemberaubend schön. Weit uns breit war kein Mensch zu sehen und vor uns entfaltete sich die auf dieser Welt einmalige Alta Guajira in all ihrer Schönheit.
Empfangen wurden wir von ein paar Indianerkindern und dem Chef unserer organisierten Reise, der vor ein paar Jahren aus Bogotá an diesen wunderschönen Fleck der Erde ausgewandert ist. Unsere Unterkunft liegt hoch oben auf einer Felsebene, roter Sand umgibt uns und man hat einen Blick über das gesamte Tal, einfach wunderschön.
Wieder schlafen wir in Hängematten, dieses mal große, kuschelige, um uns vor der Kälte der Nacht zu schützen. Die Unterkunft besteht aus handgearbeiteten Lehmhäusern, es gibt kein fließendes Wasser und überall hüpfen Hühner und Hunde durch die Gegend.
Nach einem leckeren Essen geht es quer durch die Wüste zu einigen zwanzig Meter hohen Sanddünen, die direkt an das tiefblaue Wasser grenzen. Lachend rennen wir die steilen Sanddünen hinunter ins Meer. Wieder ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen, unser einziger Begleiter ist Muneco, ein Hund unserer Unterkunft, der im tiefroten Sand der Dünen tobt.
Wir genießen die Aussicht und kehren nach ein paar Stunden zu unserer Unterkunft zurück. Dort genießen wir den Sonnenuntergang umgeben von der Weite der Wüste.
Als ich am nächsten Morgen mit der Sonne um halb sechs aufwache und über meine Hängematte luke, erfüllt mich ein völliges Gefühl von Freiheit. Die Sonne erleuchtet nach und nach die endlose Weite des Tales.
Ein paar Minuten später wird uns ein duftender Kaffee gebracht, der uns den Morgen noch versucht.
Zum Frühstück gibt es die typischen Maisfladen, Arepa, die man hier so liebt. Dazu Rührei mit Tomate und Zwiebeln – und natürlich noch mehr Kaffee. So sieht ein gutes kolumbianisches Frühstück aus.
Dann müssen wir auch leider schon wieder die Rückreise nach Riohacha antreten, die ganze sieben Stunden dauert, und in der wir Rast an einem weiteren idyllischen Restaurant machen, das Mitten im Nirgendwo platziert ist, direkt am Strand, und in dem uns frischer Fisch serviert wird.
Diese Reise war eine einmalige Erfahrung und man kann die geheimnisvolle, magische Atmosphäre, die einen in La Guajira umgibt, eigentlich gar nicht in Worte fassen. Die atemberaubende Natur, die Ruhe und Idylle, sowie die Mentalität der Ureinwohner machen diesen Ort zu etwas ganz Außergewöhnlichem.
- 2. Stopp – El Parque Tayrona
Als wir unseren Fußmarsch am Eingang des bekannten Nationalparks an der Karibikküste Kolumbiens beginnen, wissen wir ja nicht, was alles auf uns zukommen wird. Gut gelaunt, mit jeder Menge Sonnencreme und Wasser, machen wir uns auf den Weg, genießen den Dschungel, das Rauschen des Meeres und versuchen die Schwüle und Hitze zu ignorieren.
Als wir nach drei Stunden jedoch immer noch nicht unser Ziel erreicht haben, wir bis auf die Haut nass sind und die Sonne mir schon Sterne vor die Augen treibt, verlässt uns so langsam die Motivation.
Stand im Reiseführer nicht irgendwas von 45 Minuten Fußmarsch?
Als wir dann nach geschlagenen 4,5 Stunden und fast 13 Kilometern am Campingplatz Cabo San Juan del Guia ankommen, sind wir völlig fertig. Uns schmerzen die Beine, wir fühlen uns völlig ausgelaugt und leer. Ein zweiter Blick in den Reiseführer erklärt alles: Bis zum ersten Campingplatz waren es 45 Minuten, danach folgten in regelmäßigem Abstand weitere Campingplätze, bis man dann irgendwann am Letzten ankommt.
Da es in den letzten Tagen viel geregnet hat ( Ja, es ist Regenzeit in Kolumbien) sind die kleinen Trampelpfade alle völlig verschlampt und man versinkt teilweise fast bis zum Knie, was das Wandern neben den Moskitos und der Hitze noch erschwert.
Aber wir haben Glück mit dem Wetter und die atemberaubend schönen, von Kokospalmen gezierten Strände lassen uns die Torturen der Wanderung schnell vergessen.
Nach einem Bad im Meer und ein paar leckeren Spaghetti (Juhuuu, endlich mal kein Reis!!) sieht die Welt dann doch gleich anders aus.
Als wir uns völlig zerstört in unsere Hängematten fallen lassen wollen, ändert sich unsere Laune dann jedoch wieder schlagartig. Sie sind patschnass, stinken und sind voller Sand. Meine Platzangst machen mir es unmöglich unter den an der Hängematte angenähten Moskitonetzen zu schlafen. Kurzerhand stecke ich sie mit einer Wäscheklammer hoch – mein größter Fehler. Im Parque Tayrona wimmelt es nur so von Moskitos. Dazu besteht noch die Gefahr von Malaria. Naja macht nichts, ich hab ja mein Insektenschutzspray, denke ich mir.
Am nächsten Morgen um sechs Uhr wache ich völlig gerädert auf, die Flasche „Stay off“ neben mir ist halb leer, ich bin völlig zerstochen, mein Auge ist dick, genau wie meine Lippen, geschlafen habe ich kaum.
Auch das Frühstück kann mir den Tag nicht versüßen. In Windeseile packen wir unsere Sachen und begeben uns auf den Weg zurück zu einem anderen Campingplatz, an dem mittlerweile mein Freund Henri aus Deutschland mit einer Spanierin und einem Kolumbianer im Gepäck auf uns warten. Das Zelt ist aufgebaut, die Bäder scheinen direkt aus einem fünf Sterne Hotel herüber transportiert worden zu sein.
Die nächsten Tage sind ein einziger Spaß. Barfuß erkunden wir den Dschungel, der Matsch ist ein kostenloses Peeling für unsere Füße, nur die Ameisen, in die man ab und zu rein tritt, sind ziemlich schmerzhaft. Wir genießen die wunderschönen Strände Tayronas, zelten unter dem Sternenhimmel und genießen den Reichtum von Kolumbiens Natur. Bis zur letzten Nacht. In der sich die Schleusen des Himmels öffnen und die Regenzeit ihrem Namen alle Ehre tut. Leider hat unser Zelt Löcher weswegen wir nach wenigen Minuten fluchtartig das Zelt verlassen und uns durch strömenden Regen unter das Holzdach des Camping-Restaurants begeben. Ich hasse tropischen Regen.
Und doch lässt es sich auf ein paar zusammengestellten Holzstühlen gar nicht mal so schlecht schlafen, wenn man den ganzen Tag an der frischen Luft verbracht hat.
Als wir am nächsten Tag den Rückweg antreten, wiegt mein Rucksack ungefähr das Doppelte, weil mein gesamtes Hab und Gut klatschnass ist. Aber wenigstens scheint die Sonne wieder und erschwert uns den Rückweg durch brütende Hitze.
- Stopp – Taganga
In Santa Marta angekommen, nehmen wir direkt den Bus Richtung Taganga, einem idyllischen Fischerdorf wenige Minuten entfernt von Santa Marta, eingebettet in grüne Berge, direkt am Strand.
Taganga ist bekannt für seine Partyszene und der erste wirklich touristische Ort, den ich auf dieser Reise betrete. Sogar die Speisekarten sind auf Spanisch und Englisch abgedruckt, Touristen tummeln sich am Strand und überall sieht man blonde Haare und helle Augen. Schnuckelige Restaurants und schöne Bars zieren die Strandpromenade, es riecht nach frischem Fisch und die Zeit scheint auch hier langsamer zu vergehen.
Im Hostel zeigt sich wieder die Lebensfreude der Kolumbianer, wir werden aufgenommen wie verloren gegangene Schwester und Brüder, das Mädchen an der Rezeption erzählt uns gleich ihre ganze Lebensgeschichte und lädt uns gleich zu einer Feier ein.
Die zwei Nächte verbringen wir mehr oder weniger in einer der zahlreichen Bars, mit einer Band, die die Nacht mit Reggae und typischen kolumbianischen Liedern erfüllen und mich dazu überreden wollen, den Rest meines Jahres in Kolumbien doch mit ihnen zu verbringen – sie suchen noch eine Pianistin. Kolumbien ist einfach so lebendig.
Unseren letzten Tag verbringen wir in den Bergen in der Nähe von Santa Marta, auf der Suche nach einigen Wasserfällen. Leider versaut uns der Regen mal wieder die Wanderung, weswegen wir in einem urigen Lokal enden, in dem uns das beste Essen hier in Kolumbien bisher serviert wurde.
Zurück in Cali muss man sich nun erst mal wieder an die „Kälte“ gewöhnen. Oh ja, es ist möglich bei 24 Grad zu frieren!
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