Aus Deutschland bekomme ich oft Worte zu hören, wie: „Du bist ja schon so lange weg!“ oder „Du kennst dich sicherlich nun mit allem aus“.

Um ehrlich zu sein rennt für mich die Zeit seit meiner Ankunft in Cali. Es kommt mir vor als ob es erst gestern war, als Reyna (die Schulleiterin) und las Annas (Spitzname für Anne und Annika) Nicolas und mich vom Flughafen abgeholt haben.

Jedoch kommt es mir auch so vor, als ob ich schon immer Wasser zum Putzen abkoche, mich im Auto nicht anschnalle, meine Freizeit damit vertreibe Ameisen in der Küche zu töten und jeden Morgen um 6:15 Uhr in die Schule zum Unterrichten fahre.

Und es hat sich ganz unbemerkt bei mir das Gefühl des Zuhauseseins in Cali eingestellt.

Doch trotzdem entdecke ich an jeder Ecke etwas Neues und erweitere täglich mein Bild Kolumbiens oder korrigiere es.

Zu diesem Bild trägt gerade die Schule „La Providencia“ bei.Ich wurde einfach vom ersten Moment an von den dortigen Menschen und der dort herrschenden Atmosphäre angesteckt.

Als ich zum ersten Mal einen Klassenraum betrat und von den Kinder zur Begrüßung umarmt wurde, man mir Bildchen gemalt hat und ich die Freude und Neugierde in den Augen der Schüler sah, da konnte ich einfach nur noch versuchen ihnen ein bisschen vom dem zurück zu geben, was sie mir schenken.Natürlich ist nicht immer alles rosig, das gehört eben auch dazu und lustigerweise werde ich von den meisten Kleineren noch immer Annika genannt (so heißt die ehemalige Freiwillige, die mit der Grundschule gearbeitet hat).

 

In diesem Blogeintrag möchte ich versuchen ein bisschen Cali nach Deutschland zu bringen, indem ich ein paar Geschichten erzähle, die mein Bild der Schule und ausmachen:

 

Da ich die stündlichen Umarmungen mit den Rufen „Profe Zita“ schon erwähnt habe, folgt nun der Applaus des Friedens, den die Kleineren öfter machen.

Sie klatschen dabei mehrfach in die Hände und sagen einen Sprechreim auf, den sie mit einer Kusshand für die entsprechende Person beenden.

Dies habe ich beispielsweise bei der Feier des Geburtstages von einem Vorschuljungen erlebt. Samuel ging zunächst sechs Runden um eine Kerze, die die Sonne darstellen sollte. Nach jeder Runde, also jedem Jahr das Samuel beendet hat, wurde von der Lehrerin erzählt, was er in diesem Jahr erlebt und erreicht hat. Anschließend haben alle für ihn gebetet, ihm einen Friedensapplaus und eine Umarmung geschenkt.

 

Ein anderes Bild, das ich immer mit Cali verbinden werde, sind die Sechstklässler in meiner Bäckerei AG.

Für die aufgekratzten Jungs ist es das größte mit dem Mixer einen Teig zu rühren. Ist dieser Moment gekommen, lassen alle alles stehe und liegen und laufen zum Mixer. Schnell wird eine Zeit ausgemacht oder die Anzahl der Umdrehungen festgelegt und jeder nun darf einmal mixen, während die anderen drum  herum hüpfen und laut mitzählen.

 

Außerdem sind da noch meine Schülerinnen der neunten Klasse, die die größten Tratschtanten sind, die ich kenne. Einige spielen auch mit mir Querflöte und schaffen es selbst sich während eines Stückes über die neusten Neuigkeiten auszutauschen, oder Erlebnisse im Detail auseinander zu nehmen.

 

Wo wir gerade bei der Musik sind, ist da natürlich der Chor, der mittwochs durch die Schule schallt. Spätestens wenn die Schüler das Lied „Color Esperanza“ anstimmen, hören alle dem Chor und nicht mehr dem Lehrer zu.

 

Dann sind da noch die Ohrwürmer, die ich den ganzen Tag mit mir herumtrage, da der Schulgong manuell ist und oft durch Musik ersetzt wird. So ertönen zum Stundenende Train, Lieder aus Chocolat, Michael Buble und viele andere Lieder, während ein paar Schüler im Takt wippen oder anfangen  mitzusingen.

 

Sehr eindrucksvoll war auch der Friedensmarsch, der zum Anlass des Tages der Liebe und Freundschaft stattgefunden hat.

Zunächst wurden die bösen Herzen symbolisch auf dem Schulhof verbrannt, es wurde applaudiert für Frieden, Liebe und Freundschaft und den Kindern wurden neue rote Herzen auf die weißen T-Shirts geklebt.

Mit Transparenten, weißen Luftballons und Fahnen ging es dann um die Schule. Die Großen mit den Kleinen an der Hand.

Geplant war zwar während des Marsches zu schweigen, was nicht ganz so umgesetzt wurde, aber es hat trotzdem bei mir die Erkenntnis geweckt, dass Frieden in Kolumbien eine andere Bedeutung hat als in Deutschland.