Mittlerweile hat für uns schon die fünfte Woche in Cali begonnen und bis jetzt hatten wir wirklich eine schöne, witzige und glückliche Zeit, aber eben auch immer wieder Momente, die uns zum Nachdenken bringen.
Aber fangen wir mal mit den schönen Geschichten an.
An unserem zweiten Tag an der “La Providencia” haben wir ausversehen den Feueralarm ausgelöst, weil der Schalter dafür leider so aussah wie ein ganz normaler Lichtschalter. Die Kinder haben sich natürlich gefreut, dass der Unterricht mal unterbrochen wird und kamen direkt aus den Klassenzimmern gestürmt. Wir beide wussten allerdings überhaupt nicht wie uns geschieht und standen nur sprachlos in der Bäckerei und haben den vorbeilaufenden Kindern mit offenem Mund nachgeschaut.
Außerdem haben wir das Glück, dass wir durch Anne und Anni schon ein paar Leute in Cali kennen, die in unserem Alter sind und so schon öfter was mit diesen gemacht haben. In der Regel spielen wir einmal die Woche mit ihnen Basketball, treffen uns oder kochen zusammen. An einem Tag waren wir mit ihnen auf “Paila de Lilia” in den Anden, wo eine kleine Finca steht, zu der ein kleiner Pool und eine große überdachte Terasse gehören. Wir haben uns sagen lassen, dass dort Sonntags wohl einiges los sein soll…aber da wir an einem Samstag da waren, waren wir die einzigen Besucher. Von dort aus konnte man zu einem nicht weit entfernten Wasserfall laufen, der in einen kleinen Bach gemündet ist und unter den man sich auch “duschen” konnte. Eine schöne Erfahrung, die wir wohl wahrscheinlich nicht gemacht hätten, wenn wir nicht Freunde hätten, die uns mitnehmen würden.
Am vergangenen Wochenende waren wir in Salento, einer Kleinstadt in der Kaffeezone. Da wir vor zwei Jahren schon mal dort waren, haben wir dieses Mal auf den Valle de Cocora mit seinem Nebelwald verzichtet und haben anstatt einer Kaffeetour einen Ausflug in die benachbarte Kleinstadt Filandia gemacht, die mit ihren bunten Häusern, Architekturen und Aussichtsturm einen Besuch wert war.
Aber zwischen all dem Spaß, den wir haben, wenn wir plötzlich zu dritt auf einem Mopet sitzen, den Autofahrten mit 110km/h in 30er-Zonen und den privaten Pools, die wir benutzen dürfen, weil Verwandte von unserer Mentorin Miriam welche besitzen, überfallen uns doch Momente der Nachdenklichkeit.
Was antwortest du darauf, wenn ein Schüler dich fragt in welchen Ländern du schon alles warst, du extra schon welche weglässt und trotzdem die Frage kommt, ob du sehr viel Geld hast?
Was antwortest du darauf, wenn du gefragt wirst, was du am Wochenende gemacht hast und du eigentlich das komplette Wochenende in der Kaffeezone oder gar in einem Einkaufszentrum shoppen warst?
Was antwortest du auf die Frage, ob deine Nikes oder Converses original sind?
Es sind eben diese Momente, wo man nicht unbedingt weiß, wie man damit umgehen soll und merkt, dass uns viele Dinge hier einfach nicht so wichtig sind.
In Deutschland “schämt” man sich dafür, wenn jemand merkt, dass deine Schuhe oder Markenprodukte gefälscht sind…hier schäme ich mich dafür mit originalen Schuhen in die Schule zu gehen.
Du hast dein Handy mit im Unterricht, weil du es als Übersetzer benutzt, die Schüler sehen es und fragen nach dem Preis und du weißt ganz genau, dass es für ihre Verhältnisse extrem teuer ist.
Außerdem wurden Ameisen und Geckos zu unseren neuen Mitbewohnern und plötzlich war es nicht mehr so wichtig jeden Tag was anderes anzuziehen oder dass das weiße T-Shirt nach dem Waschen immer noch weiß ist, denn anscheinend bleibt hier überhaupt nichts weiß…
Ein und halb Tage hatten wir kein fließendes Wasser in der Wohnung und es wurde zum Spaß sich gegenseitig mit abgefüllten Kanistern die Haare zu waschen. In Deutschland so gut wie unvorstellbar, in Kolumbien für einen Großteil der Menschen die Realität…
Karl Friedrich Schutte
Liebe Finja, liebe Lena! Schön, von euch zu hören. Danke für die Fotos. Ich wünsche euch weiterhin eine gute Zeit mit vielen wertvollen Erfahrungen. Bleibt gesund und munter. LG Karl Friedrich Schutte