21.11 – 28.11. 2011 – Wasserfälle, Kaffeebohnen und unendlich viele Cowboys – Die Kaffeezone
Früh morgens um 06:00 Uhr machen wir uns auf an den Busterminal Calis. In Kolumbien existiert nämlich keine Bahn, weswegen man per Bus reist, möchte man kostspielige Flüge vermeiden. In den großen Plüschsesseln, bei voll aufgedrehter Klimaanlage und begleitet von lauter Salsamusik geht es Richtung Armenia, wo wir ein paar Tage auf einer Kaffeefinca verbringen werden.
Wie immer werden wir mit offenen Armen von überaus freundlichen Menschen in Empfang genommen.
In der Kaffeezone, in der bekanntlich der ewige Frühling herrscht, hat es angenehme Temperaturen von 20 bis 25 Grad, wobei es nachts ziemlich kalt werden kann. Das große, rustikale Gebäude mit den bunten Fensterchen und Türen kommt mir vor wie aus einem Märchen. Von der Terasse aus hat man einen spektakulären Blick über die Umgebung. Am Horizont zeichnet sich der Nevado del Ruiz, der zweigrößte Vulkan auf der Nordhalbkugel, ab. Leider mussten wir unsere Wanderung dorthinauf aufgrund der Wetterverhältnisse absagen.
Denn wie jedes Jahr ist Kolumbien mit dem strömenden Regen, der sich während der Regenzeit über dem Land ergibt, hoffnungslos überfordert. Überflutete Straßen, eingestürzte Brücken und Erdrutsche lassen das Land im Chaos versinken. 50 Menschen sterben in Manizales (eine weitere Stadt der Kaffeezone) aufgrund von einem Erdrutsch.
Trotz allem können wir unseren ersten Ausflug ins Valle de Cocora ohne Probleme antreten. Mit einem Bus schlängeln wir uns über eine Stunde die Berge hoch, bis wir im wunderschönen Dörfchen Salento ankommen. Bunte Häuser, kunstvoll verzierte Türen und Fenster, uralte Autos und Straßen, die aufgrund ihrer Sauberkeit aussehen wir geleckt und rund herum die Bergkulisse – Einfach super schön und idyllisch.
Von dort aus geht es dann eine halbe Stunde in einem vollbepackten Jeap (Meschen auf dem Dach, Menschen auf den Fenstern, Menschen auf den Türen) ins Valle de Cocora, das Wachspalmental. Auf unserer Wanderung umgeben uns zuerst saftig grüne Wiesen und riesige, sechzig Meter hohe Palmen. Leider ist der Weg aufgrund des Regens ziemlich matschig, weswegen unsere Schuhe schnell von einem schönen Weißton in ein ziemlich hässliches Braun übergehen. Nun gut, was tut man nicht alles, um nach fünf Monaten lärmender Stadt ein bisschen Natur und Ruhe um sich zu haben!
Auf der Hälfte des Weges erreichen wir dann den Dschungel. Immer wieder müssen wir den Quindío-Fluss über wacklige Holzbrücken (Die letzte besteht einfach nur aus drei zusammengebundenen Baumstämmen??!!!) überqueren, bis wir dann endlich oben auf einer Hütte ankommen, in der man uns heiße Schokolade serviert. Der Abstieg ist genauso abenteuerlich wie der Aufstieg, wobei sich nun noch ein strömender Regen zu uns gesellt.
Kurz vorm Ziel versperrt uns ein gewaltiger Erdrutsch den Weg. Nachdem wir uns durch den ganzen Matsch durchgekämpft haben, müssen wir auf der Finca erstmal unsere Schuhe in die Reinigung geben und unsere Socken wegschmeißen.
Am nächsten Tag machen wir uns bei zunächst strahlendem Sonnenschein auf zu den Termales de Santa Rosa. Mit dem Bus geht es auf nach Santa Rosa, einem weiteren kleinen Bergdorf.
Nun kann ich glaube ich gar nicht beschreiben, wie wir uns fühlen, als wir in Santa Rosa ankommen. Ich glaube es beschreibt es am besten, zu sagen, dass wir mitten in den Wilden Westen katapultiert wurden. Überall laufen Männer mit Cowboyhüten, Lederhosen und Cowboystiefeln rum. Auf unserem Weg durch das Dorf kommen wir an etlichen Salons vorbei, in denen sich rauchende Männer um Billardtische versammelt haben (Man muss an dieser Stelle erwähnen, dass es sich um einen Mittwochmorgen handelte, arbeiten die auch irgendwas???) und sich gemütlich unterhalten. Laute Musik dringt aus besagten Lokalen auf die kleinen Gässchen, auf denen sich Frauen in bunten Kleidern unterhalten und uralte Jeeps die Wege versperren.
Als wir an der Chiva, ein typisch kolumbianischer Bus, mit dem man hier auf dem Land unterwegs ist, ankommen, riecht es nach frischem Fleisch und jeder kennt jeden.
Die folgende Stunde tuckern wir mit dem bunten, riesigen Fahrzeug durch eine idyllische Berglandschaft. Der Weg ist nicht geteert und man kommt nur sehr langsam voran. Ab und zu kommen wir an einsamen Häusern vorbei, aus deren Fenstern uns alte Omis beobachten.
Endlich kommen wir an unserem Ziel an. Irgendwie muss ich an Charlie und die Schokoladenfabrik denken, als wir die idyllischen Naturthermen betreten. Ein glasklarer Bach schlängelt sich neben uns den Berg hinab und der riesige Wasserfall thront majestätisch über uns.
Die Thermen liegen direkt am Wasserfall, wir sind neben vier Kolumbianern die einzigen Gäste. Wir gehen auch kurz im Wasserloch baden, aber das Wasser dort ist ziemlich kalt.
Auf dem Rückweg genießen wir wieder die Ruhe und Landschaft und beobachten mehrere Kolumbianer die Schäden der Regenzeit beheben. Der Fahrer der Chiva wird von den Frauen der Arbeiter auch als Essenskurier benutzt und wirft diesen Essenspakete aus dem fahrenden Bus zu. Als wir an einem Restaurant mitten in der Pampa vorbeikommen, schreit der Fahrer einer der Köchinnen zu, dass sie die Liebe seines Lebens ist. Das ist wieder typisch Kolumbien.
Am letzten Tag auf der Finca machen wir einen Rundgang, auf dem uns die Entstehung des Kaffees gezeigt wird. Unser Guide erzählt uns, dass jährlich um die 100 Millionen Säcke Kaffee auf dem Markt sind. Brasilien steuert dazu 48 Millionen Säcke bei, Kolumbien circa 10 Millionen und ist damit der zweitgrößte Exporteur Südamerikas.
Die Kaffeebohnen werden per Hand gepflückt. Ein Arbeiter verdient 6000 Pesos (2,50 Euro) pro kniehohem Kanister. Als ich mir die kleinen, roten Früchte angucke, will ich nicht wissen, wie viele Stunden man dafür arbeiten muss.
Am Schluss des Rundganges schälen und rösten wir unseren eigenen Kaffee.
Unser nächster Stopp heißt Medellin, eine der größten Monopolen Kolumbiens. Medellin ist eine schöne, moderne Stadt, mit vielen Parks und Bäumen. Im Gegensatz zu Cali ist es eine sehr saubere Stadt. Die Stadt zieht sich bis hoch auf die Gipfel der Berge, die Medellin umgeben, und macht dadurch einen riesigen Eindruck. Von einem Aussichtspunkt in der Mitte der Stadt hat man einen unglaublichen Ausblick auf das Großstadtmonster.
Was uns am besten an Medellin gefallen hat, war die Metro, die eine verdammt gute Alternative zum verwirrenden Bussystem in den restlichen Städten Kolumbiens darstellt. Außerdem gibt es eine Gondel, mit der man hoch auf die Berge fahren kann und einen super Ausblick genießen kann.
In Medellin wohnen glaube ich auch die nettesten Menschen der Welt. Ich habe noch nie so viele nette und hilfsbereite Menschen auf einem Fleck gesehen, einfach unglaublich! Ständig wurde man auf der Straße angesprochen, ob man Hilfe braucht, was wir suchen und wie uns Kolumbien gefällt. Einfach nur super!
Von Medellin aus machen wir Ausflüge zu zwei weiteren wunderschönen Bergdörfern, das eine namens Guatapé. Es besteht aus kunterbunten Häusern und liegt an einem wunderschönen Bergsee. Wir erklimmen die 650 Stufen eines riesigen Felsens, von wo aus einem die Seelandschaft Kolumbiens zu Füßen liegt. See an See gliedert sich vor unseren Augen aneinander, bis sie am Horizont verschwinden. Spektakulär!
28.11. – 06.12.2011 – Kokosreis, Stachelrochen und das Meer der sieben Farben – Willkommen auf San Andres
San Andres empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein und einer erschlagenden Luftfeuchtigkeit. Die ehemalige Pirateninsel liegt mitten in der tiefsten Karibik, 150 km entfernt von Nicaragua, ist einer der schönsten Flecken dieser Erde.
Ehemalige englische Kolonie spricht man hier neben Spanisch auch Englisch und die Sprache der Einheimischen, eine Mischung aus Englisch und Afrikanisch.
Alles ist hier ganz ruhig und gelassen, die Atmosphäre locker, entspannt und easy going, genauso wie ich mir immer Jamaika vorgestellt habe. Wieder sind die Menschen unglaublich freundlich und lebenslustig.
Autos ohne Nummernschilder und Motorradfahrer ohne Helme schlängeln sich die 10 km lange Insel entlang, an jeder Ecke kann man Cocktails kaufen und fast überall nimmt einen die relaxte Reggaemusik in ihren Bann.
Unser Hotel liegt direkt am weißen, von Kokospalmen gesäumten Sandstrand. Das Meer ist so türkis wie es nur sein kann und hat tatsächlich allem in allem sieben verschiedene Farben!!
Da San Andres als Schnorchel- und Taucherparadies bekannt ist, begeben auch wir uns auf eine Schnorcheltour. Mit einem kleinen Boot geht es hinaus auf das Meer. Unsere Kapitäne sind genauso alt wie wir und singen zum am Bord laufenden Reggae.
Eine Stunde werden wir hinter dem Boot an einem Seil durch bunte Fischschwärme gezogen und können die schillernde Unterwasserwelt Kolumbiens bewundern. Immer wieder wird uns Brot von Bord zugeworfen, und die Fische essen einem tatsächlich aus der HAND!!!
Am Schluss unserer Tour halten wir Mitten im Meer an einer Stelle, in der das Wasser circa brusthoch ist und so türkis, dass es an einen Pool erinnert. Schon nach wenigen Sekunden nähern sich dunkle Schatten unserem Boot: Stachelrochen.
Es hat uns wirklich ein wenig Überwindung gekostet uns zu ihnen ins Wasser zu gesellen, aber das Gefühl diese wunderschönen Meeresbewohner in den Armen zu halten, war einfach atemberaubend! Die Rochen kommen schon gleich angeschwommen und kuscheln mit unseren Beinen. Das ist ihre Art nach den kleinen Fischstückchen zu bitten, die wir dabei haben. Sie sind richtig zutraulich und weich. Trotzdem hat man doch etwas Ehrfurcht vor dem großen Stachel auf ihrem Rücken und dem metallenen Schwanz, der ihnen als Abwehrwaffe dient.
Allem in allem war unsere Zeit auf San Andres einfach nur super entspannend und richtig schön. Ich kann nur bestätigen, dass es sich um einen der schönsten Flecken der Erde handeln muss.
07.12. – 12.12. 2011 – Krokodile, Affen und rosa Delphine – Der Amazonas
Abgeschnitten vom Rest Kolumbiens, am untersten Ende des Landes liegt Leticia, im brasilianisch, peruanischen Grenzgebiet. Auch hier empfängt uns eine erschlagende Hitze, doch es gibt überraschenderweise wenige Moskitos. Leticia ist die erste Stadt Kolumbiens, in der ich keinen einzigen Bettler auf der Straße sehe und nicht einmal auf Geld angesprochen wurde.
Täglich verbindet ein Flug die Stadt mit dem Rest der Welt und so landen auch wir am kleinsten Flughafen, den wir jemals gesehen haben.
Die Stadt liegt direkt am Amazonas und hat einen verhältnismäßig großen Hafen. Dort tummeln sich die schmalen Kanus, die beim Betreten einen echten Balanceakt erfordern.
Unsere erste Tour ist eine Tagestour den Fluss aufwärts. Wir sind wie so oft die einzigen Ausländer, doch das kleine kanuähnliche Speedboot ist voll von kolumbianischen Touristen, nett und offen wie immer. Trotzdem begegnen wir in unserer Zeit in Leticia kaum Touristen.
Der Amazonas, der an dieser Stelle 3 km breit ist breitet sich in all seiner Schönheit und Anmut vor uns aus. Immer wieder begegnen wir ein paar Indianern, die mit ihren dünnen Schiffchen über den riesigen Fluss schippern.
Als wir an unserem ersten Stopp anlegen, erklärt uns unser Guide, dass das Wasser schon direkt am Ufer um die 18 Meter tief ist und in der Mitte eine Tiefe von stolzen 80 Metern hat.
Hier machen wir eine kurze Wanderung durch den Dschungel und sehen Bäume, wie man sie nur aus dem Kino kennt, Bäume, die so dick sind wie mein Wohnzimmer und von deren Ästen sich hunderte von Lianen hinab schlängeln. Einige dieser Lianen verbinden sich dann wieder mit dem Boden und verwandeln sich in stammesähnliche Stützen und Nährstoffschleusen.
An einem See können wir die größte Seerose des Dschungels besichtigen, die Victoria regia, die einen Durchmesser von zwei Metern erreichen kann. Dann haben wir auch unsere erste Begegnung mit einem Äffchen, dass sich von Schulter zu Schulter stürzt, und zwei riesigen, wunderschönen Papageien. Unser Foto mit diesen ist leider etwas gescheitert, da Tobis Papagei ihm nicht ganz zugetan war, und ihm ständig das Ohr abbeißen wollte. ;-D
Weiter geht die Reise zu einem Indianerdorf, wo sich uns ein ziemlich trauriges Schauspiel eröffnet. Fünf Frauen wurden in die ehemalig traditionellen Kleider ihres Stammes gestopft und müssen vor uns mit traurigen, leidenden Gesichtern vor uns her hüpfen und singen, als wären sie Tiere im Zoo. Danach rennen alle zu ihnen und machen sich einen Spaß daraus inmitten der Gruppe ein paar Fotos zu machen oder sich mit dem Saft aus einer Dschungelfrucht von ihnen für sechs Tage ein Tattoo verpassen zu lassen. Für etwas Geld kann man auch ihre Haustiere, ein Faultier und ein circa zwei Meter großes Krokodil, auf den Arm nehmen, während man von zehn paar traurigen Kinderaugen dabei beobachtet wird.
Der nächste Stopp ist das absolute Highlight unserer Tour – die Affeninsel. Während wir unserem pfeifenden Guide mit der raschelnden Essenstüte über die kleine Insel folgen, raschelt es über unseren Köpfen und immer wieder blicken uns zwei kleine Augen von oben herab an. Als wir schließlich zum Stehen kommen, tauchen hunderte von Cappuccino-Äffchen auf den Ästen aus. Es ist wirklich nicht übertrieben, wenn ich sage, dass zeitweise acht oder neun Affen auf mir rumgesprungen sind, ober meine Kamera und meinen Kopf zwischen dem Baum und der Banane in Tobis Hand als Sprungbrett benutzt haben. Minutenlang wuselt es nur so auf und um uns herum und die süßen kleinen Äffchen stürzen sich wie ausgehungert auf unser Futter.
Es war wirklich einfach nur superlustig.
Unser nächster Halt bietet dann wieder ein eher trauriges Bild. Die kolumbianische Hotelkette Decameron hat ein Hotelresort aus Holzhütten bestehend in den 300000 Hektar großen Nationalpark Amacayacu gepflanzt und der Dschungel dort bietet ein eher trauriges Bild. Er ist aufgrund der ganzen Abholzungen licht und löchrig, ein meterhoher Steg führt meterweit in den Nationalpark hinein, um bloß den Kontakt zum wahren Dschungelboden zu vermeiden. Nicht ein Vögelchen zeigt sich auf unserer Wanderung.
Unser letzter Stopp findet dann im Städtchen Puerto Narino statt, der zweitgrößten und neben Leticia einzigen größeren Ansiedlung im Departamento Amazonas. In der 2000 Einwohner großen Gemeinde ist das benutzen jeglicher Fahrzeuge verboten, man bewegt sich per Fuß oder Fahrrad. Dort am Hafen können wir auch minutenlang die berühmten rosa Delphine des Amazonas beobachten. Sie sind so rosa, dass ich die ganze Zeit an Barbie denken musste und riesig!!!
Auf dem Rückweg halten wir nochmal in einer Indianergemeinde, in der wir ein riesiges 4,5 Meter (Im Amazonas können Krokodile bis zu acht Meter groß werden) langes Krokodil bewundern dürfen. Dieses befindet sich in einem kleinen Tümpel am Rande der Ansiedlung und wird nur durch ein dünnes Seilchen in Zaum gehalten. Neben ihm hüpft der junge Mann, der den Giganten am selben Morgen noch gefangen hatte, einfach im Wasser rum. In der Hand hält er einen Stock mit ein paar Fischen, die er dem Tier ständig vor die Nase rumfuchtelt, um für etwas action zu Sorgen. Eine weitere Attraktion sind zwei Jaguars, die man streicheln und mit denen man Fotos machen kann. Ich weiß nicht, ob ich begeistert oder einfach nur traurig sein soll.
Allem in allem war die Tour natürlich sehr schön und aufregend und einfach einmalig, jedoch sehr touristisch und manchmal nur mit einem bitteren Beigeschmack genießbar.
Das wahre Abenteuer geht deshalb erst am nächsten Tag los, als Tobi und ich uns auf den Weg in die Tiefen des Dschungels machen, um wirklich ein Feeling dafür zu bekommen.
Morgens holt uns unser Guide Elvis, 20, verheiratet und werdender Vater, am Hafen mit dem kleinen Motorkanu ab. Wir verstehen uns gleich richtig gut, er ist super lustig und sehr, sehr nett.
Drei Stunden tuckern wir über den Amazonas tiefer nach Peru rein, alle paar Meter wird der Dschungel uriger und dichter. Immer wieder tauchen neben dem Boot rosa und graue Delphine auf und man hört die Vögel zwitschern.
Als wir an unserem Ziel ankommen, einem hölzernen Haus am Fluss, in dem uns eine peruanische Familie erwartet, und Elvis den Motor ausmacht, wird man einfach nur von der Schönheit erschlagen. Das einzige, was man hört, sind die Tiere des Dschungels. Direkt neben dem Haus thront ein riesiger Baum voll mit Vogelnestern, deren Vögel Geräusche von sich geben, die ich noch nie gehört habe! Hinter dem Haus erstreckt sich ein wunderschöner See, dessen Wasser genau wie ein Spiegel ist!!! Kurz nach unserer Ankunft macht sich der Gastvater mit uns auf den Weg in den Dschungel. Mit dem Säbel in der Hand haben wir hier nun den richtigen Urwald kennengelernt. Riesige Bäume, dichtes Gestrüpp, ein kleiner See mitten im Wald, Abermillionen von Moskitos, eine unterträgliche Luftfeuchtigkeit und Hitze, das Zwitschern der Vögel, das rascheln der Bäume und dann plötzlich gibt unser Guide das Kommando zum Rennen! Affen!
Nach einem kurzen Sprint bleiben wir mucksmäuschenstill stehen und beobachten riesige Affen über unseren Köpfen über die Bäume hüpfen, zunächst schwarze, dann rote!
Auch wenn diese Dschungelwanderung ein einmaliges, unbeschreibliches Erlebnis war, waren wir dann doch froh, als wir wieder aus dem Dschungel herauskamen und diesen Schwärmen von Moskitos (wie im Horrorfilm, man hat wirklich die ganze Zeit diese Summen um sich gehabt) entkommen konnten.
Mit dem Boot ging es dann wieder zurück zum Haus, wo wir dann eine Paddeltour auf einem wirklich seeeehr schmalen Kanu gemacht haben, das gefährlich tief im Wasser lag. Aber es hat Spaß gemacht, auch wenn ich ziemlich Angst vor irgendwelchen Krokodilen oder Wasserschlangen hatte. Doch danach sind wir dann aufgrund der Hitze auf Entwarnung unseres Gastvaters hin dann sogar noch in den See gehüpft. Komisch nur, dass wir dann nachts direkt vor dem Haus ein kleines Babykrokodil gefunden haben. Und vor allem, WIE wir es gefangen haben, war noch der Höhepunkt von allem! Nachdem wir eine Stunde bei Dunkelheit über den Fluss getuckert sind, ohne ein einziges Krokodil zu sehen, hält der Peruaner ohne etwas zu sagen auf das Ufer vor unserem Haus zu, lehnt sich aus dem Boot und hat plötzlich ein Krokodil in der Hand. Das war schon ziemlich unbegreiflich, wie er das gemacht hat.
Er zeigt uns auch heftige Narben am Arm, die von einem Krokodil stammen. Er erzählt uns, dass er vor vielen Jahren mit ein paar Touristen unterwegs war, die unbedingt ein besonders großes Krokodil sehen wollten und dieses dann beim Fangversuch kurzerhand zugeschnappt hat.
Bevor wir ins Bett gehen, sitzen wir noch am Tisch und spielen mit ein paar Peruanern „Schwimmen“. Sie hatten ziemlich viel Spaß dabei, und auch wenn die Peruaner wirklich viel reservierter sind, als die Kolumbianer, sind sie super freundlich uns sehr höfflich.
Als dann abends um halb 10 der Generator ausgeschaltet wurde, ich glaube, das war einer der schönsten Momente in meinem Leben. Denn nachts sind die Tiere im Dschungel aktiver denn je und so konnte man wirklich stundenlang wach liegen und ihnen zuhören, ohne dass einem langweilig wurde.
Am nächsten Morgen um 05:00 werden wir dann von unserem Freund Elvis geweckt. Während die Sonne langsam aufgeht, liegen wir mitten im Fluss, hören den Schreien von Affen und sonstigen Tieren zu und beobachten dabei Delphine. Einfach nur wundervoll.
Nach dem Frühstück geht es dann noch tiefer in den Dschungel hinein, bis wir schließlich an dem unheimlichsten Ort ankommen, an dem wir jemals waren.
Eine kleine Indianergemeinde, mitten im Dschungel, man hört kaum Geräusche und sieht immer wieder nur schüchterne Kinder die hinter Ecken und Fenstern hervor luken und dann immer ganz schnell verschwinden, wenn sie sich entdeckt fühlen. Die Häuser sind einfache Holzhäuser, die auf einer Bergkuppe liegen, von wo aus man einen tollen Blick über den Dschungel hat. Wir passieren eine ausgestorbene Schule (es gibt leider keine Lehrerin) und kommen an einem Hüttchen an, dessen Besitzer ein Haustier der besonderen Art hält: Eine Anakonda, aber nur eine kleine.
Als der junge Mann die Holzkiste auf hämmert, in dem er diese hält, muss ich erstmal ein paar Schritte zurückstolpern, da der Mann anscheinend unter KLEIN etwas anderes versteht als ich. Die Schlange hat stolze 3,5 Meter und ist richtig schön dick. Während Tobi sie auf den Schultern hat, erzählt mir der Besitzer, dass er bis vor kurzem eine sechs Meter Anakonda besaß, die jedoch so stark wurde, dass sie die Holzkiste aufgebrochen hat und ausgebrochen ist. Deswegen nagelt er die Kiste auch wieder zu, als die Schlange darin verschwindet. Am Abend zuvor hatte mir der Gastvater Horrorgeschichten über Riesenanakondas von 40 Metern erzählt, die in den Tiefen des Amazonas lauern. Sein Urgroßvater hätte sogar mal eine Wasserschlange gesehen, die Hörner auf dem Kopf hatte. Eigentlich will ich gar nicht wissen, was noch alles so unentdecktes im Amazonas lauert.
Übrigens gibt es auch Fische namens la pez vaca, die aussehen wie Kühe, aber unter Wasser wohnen. Sie besitzen sogar ein Fell und weiden aus dem Wasser heraus das Gras ab. Allerdings ist dieser Fisch vom Aussterben bedroht. Wenn man in Brasilien beim Jagen erwischt wird, landet man sogar mehrere Jahre im Gefängnis.
Nun gut, von unserem Besuch bei der Schlange geht es weiter zum Piranasangeln, mein absolutes Highlight der ganzen Reise. Mit dünnen Stöcken, an denen sich ein Seil mit Angelhaken befindet angeln wir einen Pirana nach dem anderen. Diese sind stärker als man denkt und verdammt flink. Währenddessen erzählt uns Elvis, dass er vor zehn Jahren mit seinem Vater und zwei Professoren eine siebentägige Reise in den brasilianischen Urwald gemacht hat, bis sie schließlich bei Kannibalen angekommen sind. Diese leben noch wie die Tiere, verständigen sich durch tierähnliche Laute, essen das rohe Fleisch und leben noch völlig unberührt.
Auch seien einmal zwei Touristen für drei Tage im Dschungel verloren gegangen.
Später haben wir die Piranas dann noch frittiert und gegessen, die haben sogar richtig, richtig lecker geschmeckt. Dann ging es auch leider schon wieder zurück nach Leticia.
Allem in allem war das einfach nur die beste Tour meines Lebens! Es war einfach nur wunderschön und ich kann es wirklich nur jedem empfehlen, Leticia zu besuchen, da es der schönste Flecken Erde ist, an dem ich bisher war.
Generell haben wir uns auf unserer Reise rundum wohlgefühlt, wir kamen nie in Situationen, in denen wir uns in unserer Sicherheit eingeschränkt gefühlt haben und haben die Reise rundum genossen. Ich kann nur immer wieder wiederholen, dass die Welt ein völlig falsches Bild von Kolumbien hat und man sich wirklich keine Sorgen machen muss. Ich hoffe, dass diese Vorurteile irgendwann verschwinden werden. Kolumbianer empfangen besonders ausländische Touristen überall in Kolumbien mit offenen Armen und einer unglaublichen Wärme und Herzlichkeit!
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