Miriam

Wir hatten wirklich einen tollen Urlaub und haben die schönen Seiten Kolumbiens genießen dürfen. Doch kaum zurück in Cali werde ich mit der dunklen Seite konfrontiert.  Ein Freund, der an der öffentlichen Universität Calis „Univalle“ studiert, erzählt mir von den aktuellen Unruhen an seiner Uni:

Schon seit einigen Wochen gibt es Ausschreitungen, ständig ist die Polizei da, mal steht ein öffentlicher Bus in Flammen, dann wird die Uni für eine ganze Woche geschlossen. Was ist der Grund? Die kolumbianische Regierung debattiert zurzeit über die Reform des  sogenannten „Ley 30“, also „Gesetz Nummer 30“. Diese Reform besagt zwar nicht ausdrücklich, dass alle Hochschulen Kolumbiens privatisiert werden, bewirkt dies aber am Ende. Doch nur wenige Kolumbianer können es sich leisten, an privaten Universitäten zu studieren, da diese pro Semester mindestens 2.000 Euro verlangen. Deshalb demonstrieren die Studenten der öffentlichen Universitäten in ganz Kolumbien und so auch in Cali. Doch was sich bei der friedlichen Demonstration an der Univalle gestern ereignet, ist erschreckend. Die Studenten demonstrieren mit Plakaten und Bannern vor der Uni an der Straße. Auf den Plakaten steht zum Beispiel: „ Das Maschinenwesen widersetzt sich der Reform des Gesetzes Nummer 30, denn Bildung ist ein Recht und weder ein Privileg noch eine Ware“ oder „Mit der Bildungsreform verliert das Volk an Vernunft“.      Die Demonstration wird von den Studenten als „Fest der Freude, der Musik und des Pazifismus“ beschrieben (s. Video im Link). Doch dann erscheint die ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios), eine kolumbianische Spezialpolizei zur Kontrolle von Volksaufruhen. Obwohl die Demonstranten unbewaffnet sind, den Verkehr an der Straße nicht behindern und auch nicht auf die Polizei losgehen, setzt die Polizei Wasserwerfer und Blendgranaten gegen die Studenten ein, um die Demonstration möglichst schnell aufzulösen. Die Studenten fühlen sich vom Staat unterdrückt, einige diskutieren mit den Polizisten, sagen, sie würden sich friedlich für Bildung für alle Kolumbianer einsetzen und kritisieren das brutale Vorgehen der Beamten. Die Polizisten jedoch bestehen darauf, nur ihren Job zu machen und es stellt sich heraus, dass sie teilweise gar nicht wissen, was das „Ley 30“ ist und warum die Studenten protestieren.

Der Frust der Studenten ist gut zu verstehen. Während der Unruhen sind in den vergangenen Wochen an der Univalle vier Studenten verletzt und weitere vier sogar getötet worden. Ein anderer Freund sagt: „Die Polizisten hier sind Monster. Genau wie das Militär. Das Militär tötet zum Beispiel auch willkürlich Obdachlose oder Zivilisten um die verkleideten Leichen dann später als im Kampf getötete Guerrilleros zu präsentieren. Damit wollen sie bei der Bevölkerung den Eindruck erwecken, sie würden im Kampf gegen die Guerilla Erfolge erzielen.“   Er bezieht sich dabei auf den 2008 als „Falsos Positivos“ bekannt gewordenen Skandal, bei dem Soldaten durch solche Taten zum Beispiel Sonderurlaub oder Beförderungen bekommen wollten.

Zurück zur Demonstration. Übrigens wird den Studenten in den Medien oft vorgeworfen, gewaltsam zu protestieren und so laufen sie schließlich zwischen den an der Ampel stehen den Autos durch und verteilen ihre „Waffe“ an die Autofahrer –es sind bunte Wasserbomben.

Hier der Link zu einem Video der Demo:    http://www.youtube.com/watch?v=HQRq5U_mNpY