Henriette in Benin

Komm mit mir ins Abenteuerland

Sowas ähnliches wie Alltag

Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen Sonnenschein

Langsam bewegen sich meine Sinne vom Schlaf wieder zurück in das wache Leben. Ich höre, wie jemand draußen vor unserem Fenster den Hof kehrt. Eigentlich fühlt sich so an, als würde direkt jemand neben meinem Bett den Boden fegen. Dazu kommt das Gemurmel einiger Stimmen. Noch einmal umdrehen und noch fünf Minuten Augen zu, aber nein, ich weiß Lea wird nicht vor mir aufstehen und einer muss ja mal anfangen. 

Falls wir aber doch beide nicht den ersten Schritt in den Tag machen sollten, schmeißt uns aller spätestens die Durchsage des direkt neben uns liegenden Collèges aus den Federn. 

Hier beginnt jeder Tag um genau 7 Uhr für alle Schülerinnen und Schüler mit dem “Mot du Jour”.

Die Durchsage wird von einer Schwester gehalten und sie selber witzelt schon rum, dass sie die Ehrenvolle Aufgabe des Weckers für unser Jahr in Cotonou übernehmen wird, ob wir wollen oder nicht. 

Nach unserer kurzen Morgenroutine geht es dann zum Frühstück. 

Frühstück, kann man das überhaupt so nennen? Jeden Tag liegt lätschiges Baguette mit irgendeiner Marmelade auf dem Teller. Wo bleibt mein so geliebtes Vollkornbrot ?!

Auf zur Arbeit

Nach dem Frühstück geht es dann um Punkt 7:30 Uhr mit dem Auto ins Maison de l’Esperance. Punkt 7:30 Uhr? Wie kann das denn in Afrika gehen, pünktlich um eine Uhrzeit loszukommen? Ich verrate euch das Geheimnis: die Schwester, die mit mir im Maison de l’Espérance arbeitet, kommt aus Kolumbien. Sie liebt, wie sie selber sagt, Regeln und Pünklichkeit.

Nach einer 15 Minütigen Fahrt kommen wir dann am Ziel an: das Maison de l’Espérance, meine erste Arbeitsstelle. 

Vormittag

„A fon ganjí à“- Guten morgen, wie gehts? So werde ich jeden morgen von den Jugendlichen im ME begrüßt was ich mit den Worten „Un dò ganjí“- beantworte. Anschließend gehe ich dann in das Büro, das ich mir mit zwei Praktikantinnen und einer Tata teile. 

Seit dem die kolumbianische Schwester Cristina da ist, wird das ganze ME etwas mit frischem Wind durchgewirbelt. Es werden neue Regeln eingeführt und der Tag soll mit Pünktlichkeit beginnen. Das heißt um 8 Uhr sollen alle auf der Matte stehen. 

Zwischen 8 und 9 Uhr beschäftigen sich die Jugendlichen noch frei. Sie fangen schonmal an Sachen zu schälen, irgendwas zu putzen, zu frühstücken oder hängen irgendwo rum. 

Wenn ich keine konkrete Aufgabe habe, leiste ich ihnen Gesellschaft, falls doch wird dann halt schon mal die Aufgabe erledigt. Solche Aufgaben können sein: Sachen digitalisieren (hier ist nämlich eigentlich so gut wie gar nichts digital, was jetzt auch seit der Ankunft der neuen Schwester geändert werden soll), Schrankinhalte zählen, Schränke putzen und aussortieren, Botschaften übermitteln, Sachen vom ersten Stock in den zweiten und umgekehrt bringen, Fotos machen und und und. 

Um 9 Uhr beginnt dann auch, wie im College, der Tag mit dem “Mot du jour”. Das wird entweder von der Schwester selber, einer Tata (Lehrerin), einem Vovo (Lehrer) oder Personen, die extra dafür kommen, gehalten. Dabei wird auch immer das “Vater unser” gebetet und das Wort des Tages hat eigentlich immer religiöse Hintergründe. 

Die Jugendlichen bei dem Mot du Jour.
Jede Schürzenfarbe ist ein Atelier.
Blau = Küche Rot = Seifenherstellung Grün = Bäcker Gelb = Konditorei

Danach starten die Jugendlichen in den verschiedenen Ateliers. Die Küche, Patîsserie und Bäckerei befindet sich im Erdgeschoss, bzw teilweise auch draußen, die Savonnerie ist im ersten Stock. 

Ich selber darf die Wochen in jedes Atelier für eine Woche reinschauen und mich bisschen mitausbilden lassen. Dazu kommen dann aber neue Blogeinträge 😉

Ich selber werde aber im ME auch sehr sprunghaft eingesetzt, so kann es sein, dass ich nach fünf Minuten schon wieder das eine Atelier verlassen muss, um im anderen Fotos zu machen oder eben Extraaufgaben zu erledigen, wie Schilder basteln, Sachen verpacken und, und, und.
Ich würde sagen, ich werde einfach da eingesetzt, wo es gerade klemmt. Das finde ich einerseits cool, da wirklich jeden Tag eine neue Aufgabe für mich bereit liegt, anderer Seits ist es aber auch anstrengend und manchmal nervig, aus der einen Sache rausgerissen und in die andere reingeschmissen zu werden. 

Vormittags ist immer viel Aktion im Haus:

Boulangerie und Konditorei kneten Teig und verkaufen ihr Gebäck
Die Azubis der Küche bauen draußen ihre kleinen Küchen auf und kochen vor sich hin
Die Seifenhersteller/innen kneten die Butter cremig und trommeln wie wild die Luftblasen aus Seife und Creme.

Seit Neuestem hat das ME auch einen Bistro. Hier werden Seife, Kuchen, Brot, Rosenkränze, Schmuck uns Eis verkauft. Da der Bistro neu ist, darf ich hierfür auch immer wieder neue Preisschilder, Plakate oder Deko basteln. Außerdem könnt ihr mich hier auch ab und an als Verkäuferin finden, also kommt vorbei meine Lieben ;-).

Nachmittag


Um 13 Uhr gibt es dann Mittagessen. Es gibt jeden Montag, jeden Dienstag, jeden Mittwoch und so weiter das selbe. Das heißt ich kann mit Gewissheit sagen, dass ich morgen Nudeln mi Ei essen werde. Dienstags steht Reis mit Fisch auf dem Speiseplan, Mittwochs Pâte mit irgendeiner Soße, Donnerstags Maniok und Freitags Bohnen mit Maniokmehl. 

Hierbei gibt es leider nie Überraschungen. Das Essen ist aber eigentlich voll in Ordnung bis auf Mittwochs. Glücklicherweise muss ich aber mittwoch Nachmittag im Foyer arbeiten und kann somit dem Essen entfliehen. 

Beim Essen wird dann fleißig mit den Jugendlichen geplaudert, sich über den Vormittag ausgetauscht und meine traurigen Versuche mehr Fon zu lernen, werden vom Lachen der Jugendlichen übertönt. Naja, naja dabei kann ich ja nur sagen dêdê, also doucement! Die Mittagsessenszeit genieße ich sehr, da ich hier den Jugendlichen auf einer Ebene begegnen kann und mehr über die jeweiligen Personen auch außerhalb des Projekts erfahre.

Nach dem Essen geht es dann um 14 Uhr bei den Jugendlichen mit dem Unterricht los. Hier lernen die Jugendlichen in drei vunterschiedlichen Niveaus, das heißt nachmittags sind die Gruppen der Ateliers aufgehoben. 

Ich verkaufe dann manchmal im Bistro, manchmal mach ich wieder Büroarbeiten oder es wird einfach mal im Büro mit den Praktikantinnen bisschen gechillt. An die afrikanische Arbeitsmoral hab ich mich wirklich noch zu gewöhnen. Da bekommt man von der kolumbianischen Schwester eine Aufgabe und die folgende Tat sieht dann häufig so aus:

Bonne nuit!

Dienstags, Donnerstags und Freitags darf ich dann die Jugendlichen für 1 1/2 Stunden unterrichten. “Cours culturelle” lautet das Unterrichtsfach. Hier darf ich ganz frei entscheiden, was ich mit den Auszubildenden machen möchte, ob basteln, spielen, singen oder tanzen. Es geht hierbei aber auch darum, die Jugendlichen über den Tellerrand blicken zu lassen und ihnen auch mal für das Zeit zu geben, was sonst in ihrem stressigen Alltag keine Zeit hätte. Falls ihr irgendwelche Bastelideen oder sonstige Ideen habt, wie ich die 1 1/2 Stunden gesalten kann, zögert nicht, einen Kommentar dazulassen 🙂

Um 17 Uhr ist dann der Tag für die Auszubildenden gelaufen und jeder geht wieder seine Wege. Ich bin dann eigentlich auch mit meinen Aufgaben durch. Trotzdem muss ich aber meist eine gute halbe bis ganze Stunde auf Sœur Cristina warten, bis wir dann wieder den Heimweg antreten können, sodass ich dann kurz nach 18 Uhr bin ich dann wieder daheim.

Abend


Jeden Abend bin ich vom Tag ziemlich erschöpft, sodass Lea und ich das Gebet um 18:45 Uhr meist schwänzen. Um 19:30 Uhr essen wir entweder gemeinsam mit den Schwestern, oder alleine bei uns in der Wohnung zu Abend.

Jeden zweiten Tag machen Lea und ich ein Workout (jaja wir sind auch ganz stolz auf uns) und anschließend gönnen wir uns noch eine Folge von der ein oder anderen Serie. Wenns ganz deluxe ist gibts dann auch manchmal ein Beninoise (das regionale Bierchen), sodass wir dann entspannt auf unseren nächsten Besenstrich am nächsten Tag warten können. 

Vorheriger Beitrag

Alle guten Dinge sind zwar drei, aber hoffentlich bleibts bei zwei!

Nächster Beitrag

Ein Tag in der Boulangerie

  1. Martina Hasenzahl

    Liebe Henneh,
    Danke für die tollen Berichte, das macht riesig Spaß zu lesen!
    Schön, dass Du wieder gesund bist- bleib es auch!!
    Wenn mir eine Bastelidee einfällt , schreibe ich🧐
    Liebe Grüße Martina

    • Henriette Müller

      Meine liebe Martina,
      das ist schön zu hören, dass du so fleißig meinen Blog verfolgst!
      Ich freu mich immer über deine lieben Kommentare!
      Mach es gut mit deinen ganzen Oboenprinzessinnen und Prinzen 😉
      Liebste Grüße deine Henneh

Schreibe einen Kommentar

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kommentarformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an info@donboscomission.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Läuft mit WordPress & Theme erstellt von Anders Norén