Nur noch zwei Hände sind von Nöten, um die Tage abzuzählen, bis meine und die Reise der anderen Freiwilligen nach Indien losgeht. Zwei Hände, bis der „Aufbruch“ in ein neues Kapitel umschlägt. Das erste Kapitel des „Aufbruchs“ begann bereits letztes Jahr und bis heute hat dieser immer wieder neue Stufen und Formen aufgenommen. Bevor es nächste Woche nun also losgeht, möchte ich diese Kapitel einmal auf- und durchblättern.

Vorbereitung in Benediktbeuern

Es begann alles im letzten Herbst mit der Vor-Vereinbarung. Mit meiner Unterschrift auf dem Blatt und dem Brief im Postkasten stand fest, ja, ich würde nach der Schule einen Freiwilligendienst im Ausland machen, für ein ganzes Jahr. Wo, mit wem und was genau ich da machen würde, das wusste ich da noch nicht, nur das!. Jedoch schien das alles noch so Ewigkeiten hin. Und so hatte schnell das „Leben jetzt“ wieder die Oberhand. Doch im Hintergrund sollte nun der Freiwilligendienst unentwegt pochen, mal stärker, mal schwächer.

Erneut aufkochen sollte er, als mich eine E-Mail erreichte, in der ich gefragt wurde, ob ich mir den Freiwilligendienst in Südosteuropa oder Indien vorstellen könnte. Eine Richtung, wohin es wohl geht, hatte ich somit nun und somit war klar, wo und wie ich mein Jahr nach dem Abitur verbringen werde.

Das Kloster und Ort der Seminare in Benediktbeuern (a)

Ein neuer Schritt im Aufbruch sollten dann die Seminare in Benediktbeuern sein. In diesen drei Seminaren wurden wir auf unseren Auslandsaufenthalt und Dienst auf verschiedene Arten vorbereitet. Vieles Organisatorisches wurde geklärt, viel über Don Bosco und seine Pädagogik gelernt. Wir haben erfahren, wie wir uns gut in unserem Zielland einleben können und auf was wir vor Ort Acht geben sollten. Ummantelt wurde das Ganze von vielen Spielen, jede Menge Spaß, fantastischem Essen rund um die Uhr und vielen kurzen oder langen Nächten, je nachdem ob aus der schlafenden oder wachenden Perspektive gesehen.

Das erste Seminar war kurz vor Ostern. Dort habe ich dann die anderen 27 Volontäre aus Süddeutschland richtig kennen gelernt. Zusätzlich wurden viele der Fragen beantwortet. So wurde das „wo?“ bestätigt. Für mich soll es nach Südindien, genauer nach Vilathikulam, gehen. Während der eifrigen Versuche, sich den Namen der Stadt zu merken, wurden auch die Fragen nach dem „mit wem?“ und „was?“ beantwortet. Zusammen mit Benni sollte es ins Projekt VEMBU gehen. Erste Fragen über das Projekt wurden dann noch von ehemaligen Volontären beantwortet.

Zuhause wurde ich dann von einem Schreibtisch voller Lernmaterial für die Abiturprüfungen erwartet, die wieder „das Leben jetzt“ in den Vordergrund rückten. Jedoch sollte nun im Hintergrund eine Mixtur aus Vorfreude, Respekt und schwer begreiflichen Gefühlen, Gedanken brodeln. Wieder, mal stärker, mal schwächer.

Beim zweiten Seminar waren dann auch die 25 Don Bosco Volunteers, die sonst ihre Seminare in Bonn hatten, mit in Bayern. Mit ihnen waren wir dann 52 Freiwillige die bald in die ganze Welt aufbrechen sollten.

Zum dritten Seminar trafen wir uns Ende Juli, wieder ohne die „Bonner“. Dafür kamen diesmal zum Aussendegottesdienst am Ende auch unsere Familien und Freunde nach Benediktbeuern. Gemeinsam feierten wir eine schöne Messe und waren dann von der Entsendeorganisation offiziell Vorbereitet und ausgesendet. Alles was dann noch fehlte, war die persönliche Vorbereitung, das Besorgen der nötigen Unterlagen, das Packen. Nach dem dritten Seminar ging es für mich sofort mit dem Zug nach Rom weiter, um meiner Gemeinde nachzufolgen, die schon auf dem Weg zur Ministranten-Wallfahrt war. Erst wieder zuhause wurde mir bewusst, dass das, was so lange so unendlich entfernt schien, nun nur noch einen Monat entfernt war. Doch weiterhin, wenn nicht umso mehr, schien das Ganze noch so unrealisier- und unbegreifbar. Mit meiner Rückkehr aus Rom begann damit das letzte Kapitel des „Aufbruchs“, das gänzlich in Deutschland spielt. Aber dazu gleich mehr.

Praktikum

Denn fest zur Vorbereitung für Freiwillige unter dem Weltwärts-Programm gehört, neben den drei Seminaren vor der Ausreise, auch ein Praktikum, das ich bei den Salesianern in Stuttgart absolviert habe. Und ich sage sehr gerne, dass dies eine unglaublich tolle, lustige und erfahrungsreiche Zeit war. Anders als in vielen andern Städten, haben die Salesianer in Stuttgart keine eigene Einrichtung wie einen Kindergarten. In Stuttgart arbeiten die drei Salesianer eng mit dem katholischen Jugendreferat / der BDKJ-Dekanatsstelle zusammen und organisieren viele Aktionen und Angebote für Jugendliche und Erwachsene, um so „Zeit für die Seelsorge an Jugendlichen und junge Erwachsenen“1 zu haben.

Ich habe noch nie ein so lustiges, perfekt untereinander harmonisierendes und produktiv verspieltes Trio erleben dürfen. Die Zeit bei euch war echt super.

Weitere Vorbereitungen daheim

Wie vorhin bereits beschrieben, wurde mir, als ich wieder zuhause war, bewusst, wie schnell die Zeit doch auf einmal rennt, wie es ja so oft ist, wenn ein größeres Ereignis vor der Tür steht. Dann wird einem wieder richtig bewusst, wie präsent, unbeirrt voranschreitend und wertvoll, das wertvollste Gut der Welt, die Zeit, doch ist. Nach meiner Rückkehr aus Rom, begann so wieder ein ganz neues, und anderes Kapitel. Und das auch aus verschiedenen anderen Gründen. So wächst Zuhause der Stapel an Dingen, die mitkommen. Eine Packliste ist geschrieben und eigentlich alles, hat einen ersten Haken und ist somit im Haus. Alles nötige an Papierkram, das Visum, das Flugticket ist auch da und bereit zur Abreise. Weitere Tipps und Informationen  haben wir durch die Volontäre Anni und Charli über Skype bekommen, die bis jetzt in Vilathikulam waren. Vielen sehr guten Freunden wurde schon auf Wiedersehen gesagt, da sie teilweise schon Aufgebrochen sind, zu ihren Vorhaben für die kommende Zeit.

Anfang des Monats sagte ich noch, dass ich für mich noch nicht bereit bin, da ich noch einige Dinge tun wollte und teilweise musste, bis es gut losgehen kann. Mittlerweilen kann ich sagen, dass ich es jetzt bin, vorbereitet für das, was sicher noch eine ganze Zeit unrealisierbar bleibt.

So haben nun die letzten Tage vor dem Abflug begonnen, Tage voller Vorfreude, letztem Packen und weiteren „Auf Wiedersehen“.

Aufbruch

Ich möchte noch kurz ein paar kurzgefasste Worte zum Titel verlieren. „Aufbruch?!“. Bei einem Bruch geht immer etwas kaputt. Etwas fällt ab, geht entzwei. Meist ist das auch noch ärgerlich. Wen ärgert es nicht, wenn man eigentlich nur in Ruhe Frühstücken will, dann aber auf einmal die Scherben entsorgen darf. Oft ist so ein Teller dann auch irreparabel, da so viele ganz kleine Teile abgesplittert sind, dass die einzelnen größeren Teile nicht mehr zusammenpassen. Nur vielleicht mit so viel Kleber, das man auch gleich einen ganz neues Teller aus Kleber formen könnte. Und wer verliert so schon gerne Dinge, die man gerne hat. Daher bin ich über das Wort „Aufbruch“ zwiegespalten. Ich finde „auf Neues“ deutlich passender. Jedoch, ohne irgendwas zu verlassen, ohne irgendwie auf- oder auszubrechen, kann es auch nichts Neues geben. Beides, „Aufbruch“ und „auf Neues“ hängen daher eng miteinander zusammen, ohne das eine, gibt es das andere nicht. Und wer sagt denn, das die Scherben eines Tellers wieder einen Teller ergeben müssen, vielleicht entsteht daraus ja etwas ganz neues, und wenn das nicht gefällt, kann man ja auch immer noch einfach einen der alten, anderen Teller aus dem Schrank nehmen, und zur Not, neu kaputt machen.

Und damit,

Auf bald!


Das ganze Abenteuer auf einen Blick
Die Monatsübersicht


1: Nach https://www.donbosco-stuttgart.de/Ueber-uns/Unsere-Aufgaben-in-Stuttgart

Bildquellen
a):https://www.donbosco-stuttgart.de/Aktuelles/Kloster-und-Natur-Fahrt-nach-Benediktbeuern