« Le manque d’amour est la plus grande pauvreté «

Diesen Satz habe ich am Freitag in der Arbeit auf einem Kalender entdeckt und ich finde ihn toll! Und ist es nicht tatsächlich so? Hier gibt es so viele unglaublich arme Menschen, aus europäischer Sicht sind eigentlich sogar alle arm und trotzdem wird gelebt und gelacht. Denn mit materieller Armut lässt sich bis zu einem gewissen Grad leben, ohne Liebe und Zuneigung aber wird es schwierig. Mir hilft dieser Satz persönlich viel, denn man hat hier schnell das Gefühl, dass jeder Versuch zu helfen viel zu klein ist, um etwas zu bewirken. Aber solange ich einer Handvoll Kindern ein bisschen Liebe und Zuneigung geben kann, dann ist das mindestens genauso viel wert wie jede Menge Geld.

Nach diesem eher philosophischen Einstieg möchte ich jetzt ein bisschen von meiner Woche erzählen. Alle die so alltägliche Dinge langweilen sind hiermit gewart und können ihre Lektüre abbrechen.

So, ich hoffe es sind noch ein paar Leser geblieben, denn in den letzten Tagen gab es doch die eine oder andere lustige, oder wenigstens erwänenswerte Situation. Wie ich ja bereits berichtet habe, erfolgt die Fortbewegung hier größtenteils mit Motorädern, den Zems. Die Fahrt an sich ist eingentlich schon abenteuerlich genug, denn Verkehrsregeln gibt es glaube ich nicht. Oder es ist mit ihnen wie mit der Helmpflicht. Sie sind zwar da, aber keiner achtet drauf, nichtmal die Polizei. Rote Ampel, na und? Die Vorfahrt wird grundsätzlich mit der Hupe geregelt, was auch heißt, dass Fußgänger immer die Doofen sind (die haben ja bekanntlich keine Hupe). Aber als sei das noch nicht genug, ist mir doch am Montag tatsächlich passiert, dass mein Zem-Fahrer plötzlich mitten auf der Straße immer langsamer wird und stehen bleibt. Der Verkehr braust an uns vorbei, doch das Motorad steht. Auf meine höfliche Frage warum es nicht weitergeht atwortet der gute Monsieur achselzuckend: Pas d’essence! Aha, der Sprit ist also alle. Mitten auf einer Hauptstraße. Ist aber kein Problem, Benzin gibt es nämlich ungefähr alle 500 Meter an Ständen am Straßenrand zu kaufen. Da lob ich mir die laxen Kontrollen an der Grenze zu Nigeria ohne die es dieses Angebot nicht gäbe. Also schiebt der Zemfahrer sein Motorad eben bis zum nächsten Stand, lässt sich einen Liter Sprit mit einem Trichter aus einer Glasflasche in den Tank kippen, zahlt dafür umgerechnet ungefähr 55 Cent und es kann schließlich doch weiter gehen.

Aber das war es noch nicht mit meinen Zem-Abenteuern. Am Dienstag will ich von der Arbeit nach Hause und wink mir also ein Zem her. Nachdem ich dem Fahrer endlich verständlich gemacht habe wo ich hin will und der Preis verhandelt ist geht es los. Allerdings beschränkt sich der Herr vor mir diesmal nicht aufs Fahren, sondern beginnt mich schon nach zwei Minuten zu belabern. Wo ich denn herkäme, wie alt ich denn sei, wieviel Kinder ich schon hätte und natürlich auch wie ich denn hieße. Da man mich vor den beninesischen Männern schon gewarnt hat gebe ich ihm natürlich keinerlei Auskunft sondern beschränke mich darauf ihn gelegentlich darauf hinzuweisen, dass er doch besser nicht fahren und reden gleichzeitig solle. Am Ziel angekommen gebe ich ihm schließlich sein Geld nicht aber meine Handynummer, die er gerne hätte. Ich bin auf halbem Weg zu Tor, als er mich nochmal zurückruft und, ungelogen, mit Tränen in den Augen sagt er müsse meine Nummer unbedingt haben, denn „ta beauté a touché mon coeur et mon âme!“ (Für alle Nichtfranzosen: Dein Schönheit hat mein Herz und meine Seele berührt). Der Arme! Da hat er für diesen Auftritt sicher oft zu Hause geübt und er bekommt meine Nummer trotzdem nicht. Aber lustig wars auf jeden Fall!

Aber wie wir wissen sind nicht nur die Männer, sondern auch kleine Kinder immer für ein paar lustige Momente verantwortlich. Diesmal war es die eineinhalbjährige Ima, die mich wirklich zum Lachen gebracht hat. Sie hat eine Puppe, die sie sehr liebt, obwohl sie ziemlich dreckig ist und nurnoch einen Arm hat. Sie lässt sie sich ständig mit einem Tuch auf den Rücken binden, wie die Frauen das hier immer mit ihren Babys machen und ist auch ansonsten eine fürsorgliche Mutter. Meine Ankunft im Maison du Soleil hat sie aber etwas verwirrt. Sie ist nämlich dazu übergegangen die Puppe immer mir in die Arme zu drücken und mich aufzufordern mich um sie zu kümmern. Als ich ihr versuche klarzumachen, dass das ihr bébé ist und nicht meines, schüttelt sie nur den Kopf und zeigt abwechselnd auf das Gesicht der Puppe und auf meinen Arm. Irgendwann macht es dann Klick und ich bin mal wieder fasziniert von kindlicher Auffassungsgabe. Natürlich! Es ist eine hellhäutige Puppe. Und da ich die einzige weiße Tata im Maison du Soleil bin geht die kleine Ima selbstverständlich davon aus, dass das mein Baby sein muss. Alles klar, seit diesem Tag bin ich stolze Mutter einer einarmigen Stoffpuppe!

Am Samstag haben die Valerie und ich uns dann ganz alleine ins Getümmel Cotonous geworfen. Eigentlich wollten wir nur herausfinden, wo es einen Supermarkt gibt, um unsere Süßigkeitenvorräte aufzufrischen und zu sehen, was es denn an europäischen Produkten zu kaufen gibt. Gelandet sind wir schlussendlich in einem riesigen Einkaufszentrum nahe dem Flughafen. Laut Reiseführer der größte Supermarkt der Stadt. Als wir den Laden betreten haben ist mir tatsächlich erstmal der Atem gestockt. Ich kam mir vor wie tausende Kilometer zurück nach Europa katapultiert. Ein gigantischer Hypermarché, wo es wirklich alles zu kaufen gibt. Meine Shapoomarke genauso wie Lindt-Schokolade und Prinzenrolle. Es ist wirklcih erstaunlich wie schnell man sich von so einer geballten Ladung Konsum entwöhnt. Ich war im ersten Moment absolut überfordert. Wenn man seint knapp vier Wochen nurnoch den Anblick von Straßenhändlern gewohnt ist, die Reis, Mais, Fisch und Flip-Flops verkaufen, ist eine ganze Regalreihe unterschiedlichster Toilettenartikel doch etwas besonderes. Besonders waren aber auch die Preise. Wenn man normalerweise für alles umgerechnet nur Centbertäge bezahlt, dann ist neun Euro für ein paar Kekse, Schokolade und eine Zahnbürste eine ganze Menge. Das ist vielleicht auch der Grund, warum dieser riesige Supermarkt an einem Samstagnachmittag praktisch ausgestorben war. Und die wenigen Einkäufer waren zu 50% weiß. Der durchschnittliche Beninois kann sich das einfach nicht leisten. Aber wenigstens weiß ich jetzt wo ich hingehen muss, wenn ich auf einmal Sehnsucht nach Europa bekommen sollte.