Incredible India

Ein Jahr Indien – Meine Gefühle und Erlebnisse

Nicht immer nur Wolke 7

Natürlich ist nicht immer nur alles rosarot. Zu einem Freiwilligendienst, zu einem Jahr im Ausland, gehören immer auch schlechte Tage. Es ist nicht immer nur alles wunderschön, so wie es sich oft anhört. Das Leben ist eine wilde Achterbahnfahrt, volles Risiko, Hoch und Runter, Up and Down. Ich will auch ein paar schwierige Momente teilen, da es einfach dazu gehört. Da nicht immer alles einfach ist. Und da ein Freiwilligendienst auch eine Herausforderung ist.

Einige meiner persönlichen Gedanken.

Dieses Jahr bedeutet Überforderung. Überforderung, was ich mache wenn die Kinder im Unterricht nicht auf mich hören. Wenn sie weg rennen, sie zu weinen anfangen, sich gegen jegliche Aufgaben weigern oder keinen Respekt haben. Wie reagiere ich, wenn sie sich über mich lustig machen? Wie reagiere ich, wenn sie nicht tun was ich sage? Wie reagiere ich, wenn ich ihnen zum 10. Mal sage, sie sollen ihre Aufgabe machen, aber einfach nicht schreiben? Wie reagiere ich, wenn jemand auch nach jeglichem Ermahnen immer noch nicht leise ist?

Dieses Jahr bedeutet, sich immer wieder motivieren zu müssen. Wenn der Unterricht anstrengend war und man an dem Tag keine Lust mehr auf Kinder hat, muss es trotzdem weiter gehen. Trotzdem müssen wir den Unterricht für den nächsten Tag vorbereiten. Trotzdem muss ich raus gehen zur Games Time, um mit den Kindern Ball zu spielen. Trotzdem muss ich zur study time, um mit den Jungs lesen zu üben. An den Tagen, an denen ich einfach nur im Bett liegen mag und nichts tun mag, muss ich trotzdem wieder aufstehen. Weiter machen. Raus gehen und gut drauf sein. Immer wieder neu motivieren. Sieben Tage in der Woche, da Arbeit, Freizeit und Leben am gleichen Ort ist.

Dieses Jahr bedeutet allein sein und gleichzeitig immer beobachtet. Ich will mit den Jungs reden, doch ich weiß nichts zu reden. Kann zu wenig Tamil, sie zu wenig Englisch. Ist es schlimm, mal nichts zu reden? Denken die Fathers ich habe keine gute Bindung zu den Kindern? Ist es schlimm, wenn nicht immer sofort Kinder auf mich zu rennen? Doch manchmal ist es auch das Gegenteil. Allein sein zu wollen, doch es nicht zu können. Immer ist jemand da, auch das Zimmer teilen wir uns. Immer Gesellschaft zu haben ohne Pause.

Dieses Jahr bedeutet Vermissung. Am Sonntag Nachmittag mit meiner Familie beim Kuchen essen sitzen zu wollen. Nach einem anstrengenden Tag in den Armen von meinem Freund liegen und die Welt vergessen. Am Wochenende mit meinen Freundinnen weg zu gehen, trinken, tanzen, Spaß haben, jung sein. Mit dem Rad zu meiner besten Freundin zu fahren, auf dem Bett sitzen und alles was passiert zu bequatschen.

Dieses Jahr bedeutet immer ein Vorbild sein zu müssen. Sich nichts Blödes erlauben können, da sowohl die Jungs als auch die Fathers alles mitbekommen. Erwachsen, reif, selbstsicher zu sein. Rund um die Uhr.

Dieses Jahr bedeutet die Waage zu finden. Einfacher gesagt als getan. Die Waage zwischen Spielkameradin, Freundin, Schwester, Lehrerin und Aufpasserin. Wann muss ich wie streng sein? Wann kann ich einfach nur Spaß mit den Kindern haben? Wann ist es genug? Wo sind die Grenzen?

Dieses Jahr bedeutet gewohnte Freiheiten einzugrenzen. Ich kann nicht einfach in mein Auto steigen und los fahren, so wie ich es von daheim gewohnt war. Ich kann nicht einfach einen Spaziergang machen. Ich kann nicht einfach das essen, worauf ich Lust habe oder selbst etwas kochen. Ich kann nicht einfach zum See fahren oder ein Bier auf der Terrasse trinken. Ich kann mich nicht auf mein Rad schwingen, Musik hören und in die Pedale treten. Ich kann nicht nach Feierabend das tun worauf ich Lust habe, da Arbeit und Leben an einem Ort ist. Ich muss wegen vielen Dingen um Erlaubnis fragen, was ich zu Hause frei entscheiden konnte.

Dieses Jahr bedeutet nichts zu verstehen. Den ganzen Tag eine so fremde Sprache zu hören. Sich nicht in Gespräche einklinken können, da ich nicht verstehe was gesprochen wird. Sich mit den einfachsten englischen Begriffen durchschlagen, da die Menschen nicht viel verstehen. Es bedeutet auch manch kulturelle Dinge nicht verstehen, manche Verbote, manche Meinungen. Selbst wenn ich manchmal eine andere Meinung habe, muss ich akzeptieren, ohne zu diskutieren, manchmal ohne zu verstehen.

Dieses Jahr bedeutet die Frage „WARUM?“ Manchmal gibt es Tage, oder oft nur Momente, in denen ich mir denke: Warum mach ich das? Warum bin ich hier? Warum hab ich mich dafür entschieden?

Doch trotz diesen Herausforderungen, Schwierigkeiten und Fragen nach dem WARUM, muss ich sagen es gibt noch so viel mehr Momente wo ich genau weiß: DARUM. Oft wenn etwas nicht gut läuft, sieht am nächsten Tag oder sogar eine Stunde oder wenige Minuten später die Welt schon wieder anders aus. Oft bringen mich die Jungs schnell wieder zum lachen und alle Probleme sind vergessen. Doch auch diese schlechten Momente gehören zu der Erfahrung. An Herausforderungen wächst man. Man muss sich die vielen Fragen, die hier aufkommen selbst beantworten lernen. Man muss lernen, was richtig und was falsch ist. Man muss lernen, wie man ohne jegliche Ausbildung eine Lehrerin ist. Wie man mit welchem Kind umgeht. Wie man in welchen Situationen reagiert.

Ein Freiwilligendienst, ein Jahr von daheim weg zu sein, ist nicht immer nur einfach. Doch Dank den vielen „DARUM“ Momenten, kann ich sagen, es lohnt sich. Hoch und Runter. Up and down. Volles Risiko. Das ist das Leben. Egal an welchem Ort, das Leben bringt immer gute und schlechte Momente mit sich. Und diese Erfahrung, dieses Jahr, das kann mir niemand mehr nehmen. Ich versuche alles aufzusaugen, die guten Momente zu genießen und an den schlechten Momenten zu wachsen.

(Dies sind nur einzelne Momente/ Gedanken. Natürlich überwiegen meist die positiven Erfahrungen.)

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  1. Marry

    Ich bin sehr stolz auf Dich <3

  2. Theresa

    <3 <3 <3

  3. Vroun

    Sooo viel Liebe zu dir <3 <3

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