Sucht man in Indien nach einem Ort, der nicht von den vielen Farben des Plastikmülls geziert wird, dann ist der Ort an den man gehen muss, der Strand. Oder zumindest unser Strand. Möchte man hier ein Stück Müll finden, dann kann man auch gleich seine Zeit damit füllen, darauf zu warten, dass sein Zehennagel des linken kleinen Zehs zärtlich von einem weißen Hai abgenagt wird und hätte damit vermutlich sogar noch eher Erfolg. Und es handelt sich dabei nicht um irgendeinen kleinen Wasserzugang mit Sand und auch nicht um einen Ort, an dem mehr Füße als Boden sind, ganz und gar nicht, es ist ein sich quasi endlos entlangziehender, mit Palmen geschmückter und fast menschenleerer Strand. Genau dieser Strand war das Ziel der hiesigen Youth Group.
An den Strand mit der Jugendgruppe
An einem Sonntag nach der Messe ging es los. Etwa zwanzig Jugendliche, darunter Benni und Ich, kletterten auf die Ladefläche eines kleinen für Indien typischen Laders und los ging, die holprige, aber unter anderem aber auch genau deswegen unglaublich lustige und schöne Fahrt los.
Wir verließen die Stadt und waren bald von den schier endlosen Feldern umgeben, die nur von Zeit zu Zeit von einer kleiner Ansammlung von Büschen, einem Baum oder einer kleinen Anhäufung bzw. kleinen Gräben unterbrochen werden. Aber so endlos sind sie gar nicht. Wir fuhren geschätzt zwanzig bis dreißig Minuten und als wir immer weiter in Richtung Meer kamen, änderte sich das Weltbild dann doch. Felder wichen und immer mehr Palmen formten sich zu ganzen Palmenwäldern. Immer wieder zogen wir auch an riesigen und sehr alten Bäumen vorbei, die ganz viele dünne Arme hatten, die bis zum Boden herabhingen und von der Ferne fast schon wie ein durchsichtiger Vorhang wirkten. Zwei Salesianer begleiteten die Jugendgruppe, fuhren aber auf einem Motorrad und konnten so hinausgefallene Schlappen aufsammeln. Dadurch war die ganze Fahrt ein Rennen zwischen uns und den Salesianern, das wir ganz klar gewannen.
Ich fragte mich da, wie oft die Jugendlichen wohl diese Strecke und ans Meer fahren, als dann aber einige der Mädchen über ein Haus, das ganz in verschiedenen violett Tönen gestrichen war, kicherten, schloss ich, nicht all zu oft.
Dann bogen wir auf einmal von der Straße ab und off-road ging es weiter. Aber nur ein kurzes Stück, dann waren wir am Ziel, auch wenn das Meer noch nicht wirklich zu sehen war. Aber da sollte es auch noch nicht hingehen. Neben einer Kirche setzten wir uns in einen Kreis, es gab für jeden eine Kleinigkeit zu trinken und dann wurde geredet, über was, das kann ich nicht sagen, denn sie sprachen auf einer Sprache, die ich nicht viel verstehe, aber es war wohl immer wieder recht lustig, was gesagt wurde. Dann, nach etwa einer Stunde, brachen wir dann wieder auf und legten die letzten Meter zu Fuß zurück. Nach kurzer Zeit kamen wir dann aus dem Palmen und Buschwald heraus und vor uns eröffnete sich der indische Ozean, oder genauer die Lakkadivensee, und irgendwo hinter dem Horizont wäre dann, wenn man um den Erdball gucken könnte, Sri Lanka zu sehen.
Eine Zunge aus vielen angehäuften Steinen ragte weit ins Meer und zunächst ging ich zumindest diese Steine bis ganz nach vorne und ließ dort dann das erste Mal meine Füße indisches Meerwasser fühlen. Dann wurde aber erstmal gegessen. Jeder bekam ein Paket, mit dem man mich mindestens viermal satt hätte bekommen können. Dann ging es ins Wasser, ins schön, aber nicht zu warme Wasser. Mit T-Shirt, warum auch nicht, ist eh gesünder für die Haut, wenn ein etwas Stoff die Sonnenstrahlen zumindest ein wenig abhalten können. Es wurde mit einem Ball gespielt, ein Spiel, das so wirkte, als ginge es darum, einfach irgendjemand mit dem Ball abzuwerfen. Mit einem der Brüder schwammen Benni und Ich dann noch ein Stück weit hinaus und er meinte zu uns, die meisten Inder haben Angst, und das ja zurecht, wenn man bedenkt, welche unglaubliche Kraft das Wasser doch hat, vor tiefem Wasser, in dem sie nicht mehr stehen können und sehr viele können auch nicht Schwimmen.
Einer der beiden Salesianer, Father Monsingh, organisierte noch irgendwie einen Fischerkahn und so fuhren wir noch ein Stück weit hinaus. Später erzählte der Father uns noch, dass einer der Fischerleute ihn fragte, ob sie Salesianer aus Vilathikulam seien und dass er früher von Monsingh unterrichtet wurde, als dieser noch ein Bruder war und wie es diesem gehe und ob er noch da ist.
Viel zu früh war es dann aber auch schon wieder Zeit für den Rückweg. Wieder kletterten alle auf den Lader und es ging zurück, zurück nach VIlathikulam. Die Palmwälder wichen den Feldern, die gigantischen Bäume zogen vorbei und das violette Haus war bald hinter uns. Vor uns tauchte Vilathikulam auf und ein unglaublich schöner und anstrengender Tag ging zuende.
An den Strand mit andere Volos
Ende November hatten wir Besuch von Lukas und Axel, zwei Volontären aus Coimbatore und gemeinsam machten wir uns erneut auf den Weg zum Strand. Diesmal mit dem Bus. Der fuhr bis zur großen Stadt am Meer, Vembar, nachdem auch die Straße benannt ist. Um zum Strand zu kommen, mussten wir diesmal durch die Stadt laufen, kamen an ein paar großen Bauwerken vorbei und fanden uns dann im Hafen wieder. Eine kleine Gruppe Jugendlicher die direkt eben den Schiffen plantschten, winkten uns kräftig zu. Wir gingen noch ein Stück weiter und waren dann wieder dort, wo wir bereits mit der Jugendgruppe waren. Merklich kälter war diesmal das Wasser. Nicht kalt, aber doch etwas kühl. Vor allem wenn wieder ein kühleres Wasser angeschwemmt wurde und einen erschaudern ließ.
Wir bleiben zunächst ein wenig am gleichen Ort, gingen dann aber noch ein Stück weiter und legten unser Sach zwischen vertrockneten Palmen nieder. Im Vergleich zum ersten Besuch, waren diesmal viele, an den Strand geschwemmte und tote Kugelfische zu sehen. Eine Vermutung von Lukas war, dass diese in die Netze der Fischer geraten, die aber nichts damit anfangen können und sie somit tot wieder ins Wasser geworfen wurden. Da ein Zyklon sich über dem Meer zusammenbraute und langsam in Festland wanderte und die nächsten Tage für einige Zerstörung in einigen Teilen in Tamil Nadu sorgte, kann es nun eben gut sein, dass die toten Fischen daher an den Strand gedrückt wurden.
Am späten Nachmittag machten wir uns dann wieder auf den Weg zurück. Kaum verlässt man den Strand, kommt in Nähe des Hafens, ist der Sand schnell wieder geschmückt von allerlei Abfall und das typische indische Straßenbild entfaltet sich wieder. Mit der Bus verformten wir dann noch irgendeine Art von Zeitsprung, denn wir brauchten für die Rückfahrt nur einen Bruchteil der Zeit, wie für die Hinfahrt. Wir kamen wieder am violetten Haus vorbei und waren wieder zurück in Vilathikulam. So endete ein zweiter schöner Tag am Strand.
Auf bald,
Lukas
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Von den ersten Wochen in Indien
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