Tja, was ist bloß passiert, dass ich so unglücklich bin.

Meinen Mädchen geht es klasse. Ich habe mich nicht verkracht, sie mögen mich noch…

doch ich habe seit 96 Stunden kein Kind mehr gesehen und die 3 Leute, die ich sehe, bleiben nur ganz kurz an meiner Tür.

 

Indien ist voller Krankheiten. Man muss aufpassen, dass sich kleine Wunden nicht entzünden und möglichst schnell verheilen. Bestimmte Pflanzen soll man nicht berühren und im alten Haus der Mädchen hat sich eine Kobra Schlange ein Nest eingerichtet. Ganz schön gefährlich dieses Land.

Und was passiert mir?

 

Ich bekomme die Windpocken. Damit konnte doch niemand rechnen.

 

Erst sahen die kleinen roten Flecke aus wie Flohbisse oder eine kleine Allergie. Dann brachen sie am ganzen Körper aus. Von der Haut auf meinem großen Zeh, über Beine, Bauch und Rücken. Auch meine Hände. Handflächen, Handrücken alles hat rote Flecken. Mein Gesicht begann dann am Sonntag mittag.

Ein Telefonat zu meiner deutschen Ärztin konnte auch nicht weiterhelfen. Samstag und Sonntag schienen die Flecken nicht zu jucken und ich hatte nur leicht erhöhte Temperatur, doch das änderte sich in der Nacht schlagartig. Montag morgen kam ein Hautarzt und Chickenpox/ Windpocken wurde diagnostiziert.

 

Für die Kinder, die gar nicht richtig verstanden was los war, wurde das Haus wieder ansteckungsfrei und Ida-sicher gemacht.

Für mich begann der Horror. Alle Maßnahmen sind besser für die Kinder, das ist mein Trost. Die Gesundheit der Kinder geht vor.

 

Durch die hohe Ansteckungsgefahr wurde ich hier komplett isoliert. Ich bin also seit Sonntag abend in meinem Zimmer. Diese 4 gelben Wände und meine Tür zum Bad. Alles was ich zum Leben brauche,  wird mir von unserer Küchenhilfe gebracht: 3 Mahlzeiten, Wasser und morgens mal eine Banane. Keinen weiteren Kontakt zur Außenwelt.

 

Zum Essen gab es Montag und Dienstag nur weißen Reis (manchmal in kaltem Wasser eingeweicht) mit rohen Zwiebeln und Salz. Seit gestern bekomme ich ein bisschen Soße und gekochtes Gemüse. Morgens und Mittags gibts auch eine energiereiche Kokosnuss zum trinken.

 

Weitere Regeln sagen, dass ich die Fenster nicht öffnen soll. Der Dreck der Luft soll von meiner Haut ausgeschlossen bleiben. Außerdem durfte ich bis gestern nicht duschen. Da sitzt man hier stundenlang in seinem eigenen Mief und langweilt sich.

 

Ich trage täglich ein Öl und eine Aloe Vera Creme des Arztes auf. Gestern durfte ich dann endlich duschen.

Ich habe einen heilenden Blätteraufguß in zwei Eimern bekommen und sollte meinen Körper und meine Haare damit reinigen. Es hat auf jeden fall den Juckreiz gelindert und parallel bilden sich die Flecken jetzt schon zurück.

 

Ich hoffe gegen Samstag darf ich mein Zimmer so langsam wieder verlassen. Also zu Sonntag und Montag ist es jetzt schon deutlich besser.

 

Heute morgen beim Frühstück haben drei meiner kleinen Mädchen geguckt wie ich mein Essen entgegen genommen habe. Ganz erstaunt und mit offenen Mündern, dass ich noch da bin und kein Alien.

 

Es ist bestimmt komisch für sie, wie in meinem Zimmer immer Licht und Geräusche sind, aber man nichts von mir zusehen bekommt.

 

Und für mich ist es noch komischer. Ich höre den ganzen Tag die Bauarbeiten im 2.Stock, ich höre Leute vorbeilaufen, ich höre Diskussionen und Streite. Ich höre wie meine kleinen Mädchen Fangen oder Kämpfen vor meiner Tür spielen, bis wie immer Eine weint. Viele Stimmen und Geräusche kann ich den Mädchen schon wie Namen zuordnen, aber nichts zusehen ist Qual. Nicht da sein zu können, wenn direkt vor meiner Tür ein Mädchen weint.

 

Auch sind meine Beschäftigungen sehr eingeschränkt. In meinem Zimmer ist fast kein Internet (diesen Artikel hochzuladen dauert bestimmt ewig, ohne Fotos). Die 10 heruntergeladenen Drei??? -Hörspiele kenn ich schon auswendig. Mein Buch ist fast durchgelesen, meine Notizbücher sind voll gekritzelt und auch mein Studienvorbereitungs Buch ist zur Hälfte durchgearbeitet. Tamil lernen geht nur bedingt, da es mir keiner die Vokabeln vorsprechen kann. Neue Notiz Bücher müsste mir eine Sister geben, aber sowas wird bei all dem Stress gerne mal vergessen. Ich muss abwarten.

Meine Lieblingsbeschäftigung, alte deutsche Tatorte heruntergeladen zugucken, ist mir auch genommen. Gut, dafür kann so wirklich niemand etwas. Mein Lieblingskommissar Cenk Batu (Hamburg) ist von eigenen Männern ungerecht erschossen wurden- das kann einem die Laune ja nur verderben :/.

 

Ach ja. Und gestern war dann Nikolaustag. Ich hab es nicht einmal richtig mitbekommen. Erst als die gesamte Gruppe für über 1,5 Stunden weggefahren ist und das Haus ganz still war, bin ich drauf gekommen. Leider kann ich nicht sagen, wie das Programm aussah oder wie der Tag gefeiert wurde. Ich weiß es nicht.

 

Ich sollte die Zeit nutzen und mich um die angekündigte Spendenaktion kümmern, aber mein langsames Internet schränkt mich ein und meine Laune ist gerade auch nicht sehr animierend.

Aber ich will, dass das Projekt klappt. Ich werde mich da noch reinknien. Ich werde euch alle noch informiert.

Bis dahin langweile ich mich noch ein bisschen und schlafe als Zeitvertreib.