Einmal Rumänien und zurück

 

Am Montag erfuhr ich ganz spontan vom Direktor, dass ich am morgigen Tag nach Rumänien fahren würde, da „mein Rumänisch jetzt gut genug dafür sei.“ Alleine. Ok hilft ja alles Zweifeln nicht, ob ich das bewältige, also Sachen packen. Nach ein paar Anlaufschwierigkeiten am nächsten Morgen (ich hatte eine andere Aufbruchszeit im Kopf und auf dem Weg zum Busbahnhof hatten wir bemerkt, dass mein Reisepass noch auf meinem Zimmer liegt) erreichten wir den Bus kurz vor knapp.

Die Fahrt war ein wunderbares Erlebnis, da ich endlich einmal die Gelegenheit bekam mehr von diesem unbekannten Land zu sehen, als nur seine Hauptstadt. Auf endlose Wälder im bunten Gewand des Herbstes folgten weite Felder, in denen manchmal kleine Dörfer lagen. Dörfer deren Straßen nur Staub, oder wie jetzt nach dem Regen mehr Schlamm sind und die völlig ohne Straßenbeleuchtung auskommen müssen (ich bin noch nicht mal sicher, ob jedes Haus über Strom oder fließendes Wasser verfügt). Jedes Dorf und einige der kleinen Häuser haben einen eigenen Brunnen und wo die Stadt in der Dämmerung bereits aus allen Hausfenstern leuchtet, bleibt es im Dorf dunkel. Grade bei der Durchfahrt durch die Dörfer fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt. Gänse laufen frei an der Autobahn entlang (welche hier das Format einer deutschen Landstraße erfüllt) und hin und wieder überholen wir Pferdegespanne, auf denen alte Frauen vom Einkaufen kommen, oder kleine Jungs die Straße abfahren. In Ermangelung eines Gehweges laufen viele ältere Männer auch einfach auf der Straße, die mal mehr mal weniger von Schlaglöchern geprägt ist. Mancherorts ernten die Bauern mit dem Mähdrescher, andernorts von Hand. Mal wird der Boden mit dem Pferdepflug aufgelockert, mal mit dem Traktor. Dass manche Felder noch immer nicht abgeerntet sind, liegt vermutlich daran, dass die Arbeit zu viel ist, für jene die sich nach wie vor mit Pferd und Sichel durchschlagen müssen.

Nach sechs Stunden Busfahrt (eine davon in der Zollkontrolle) kam ich dann endlich in Bacau in Rumänien an, wo die Salesianaer Don Boscos ein weiteres Haus besitzen, das ich mir anschauen durfte. In Rumänien ist alles ein bisschen größer, wenn auch ähnlich wie in Moldawien.

Den Rückweg nahm ich dann per Kleinlaster, welcher von unseren Salesianer aus Chisinau nach Rumänien ausgeliehen war. Mein Fahrer war ein italienischer Salesianer, mit dem ich mich jedoch auf Englisch unterhalten konnte. Das war am Anfang allerdings gar nicht so leicht, weil ich die ganze Zeit die rumänischen Wörter im Kopf hatte. So kamen dann sehr tolle Mischsätze wie: „Dar he is mai fast“ zustande.

Auf der langen Fahrt zurück, hatten wir viel Zeit um über Land und Leute zu reden. Als ich ihn fragte, ob der Glauben hier noch eine größere Rolle spiele, als bei uns im Westen, antwortete er mit dem in der Überschrift genannten Zitat: „Ja. Denn ich glaube, wer arm ist hat mehr Zeit für Gott. Der Wohlstand nimmt uns die Zeit für Gott.“ Und er hat Recht. Wenn ich mich anschaue, erwische ich mich viel zu selbst oft dabei mit nutzlosen YouTube Videos oder noch nutzloseren Internetposts zu verbringen, dazu genötigt daueronline zu sein, weil man sonst in unserer Gesellschaft gleich irgendwas verpasst. Und so geht es vielen in unserer fortschrittlichen Welt. Das Leben auf dem moldawischen Land ist hart und entbehrungsreich, aber manchmal denke ich, sie haben am Ende mehr gelebt, als viele aus den wohlhabenderen Ländern. Für mich will ich aus diesem Jahr auf jeden Fall mitnehmen, die Zeit die ich habe, für das Wichtige zu nutzen. Ganz konkret möchte ich regelmäßiger wieder auf den Bolzplatz (weil das Abendliche Kicken mir hier einfach total gut tut), im Garten was anbauen, öfter mal Omas und Opa besuchen, mit Gott sprechen oder mit der eigenen Familie zusammensitzen. Natürlich ist Zeit für sich selbst genauso wichtig, und auf YouTube hab ich schon einige Sachen gefunden die mich persönlich echt weitergebracht haben oder lustige zehn Minuten eingebracht haben. Ich will die Errungenschaften unserer Zeit gar nicht groß verteufeln, aber wir sollten sie mit Maß nutzen.

Auf dem Rückweg durften wir dann insgesamt vier Stunden unserer schönen Zeit in der Grenzkontrolle verbringen. Zunächst erst ewiges Warten auf der rumänischen Seite, dann dreifaches Passgechecke und das gleiche Spiel nochmal in Moldawien. Die Beamten sind dort glaube ich noch langsamer als in Deutschland. Naja nach 9 Stunden on the road, kamen wir dann doch noch vor dem Abendessen zurück ins heimatliche Chisinau. Gelohnt hat sich´s allemal.