Hier eine Sammlung einiger Ereignisse, die im letzten Monat aus dem Alltag besonders herausgestochen sind:

 

Geburtstage

Für den Oktober standen gleich vier Geburtstage im Kalender, und ich war der Glückliche, der diese Geburtstagsreihe anführen durfte. Abgesehen von der Begrüßung „La mulţi ani“ (Alles Gute, bzw. wörtlich: Viele Jahre), verlief der Tag zunächst wie jeder andere Arbeitstag: Albert abholen, Hausaufgaben, Fußball. Am Abend kam dann die große Überraschung…

Die Köchin hatte Schnitzel mit Kartoffeln und Salat gemacht und auch die Salesianer kamen an diesem Abend zum Essen ins Waisenhaus, so dass wir noch einen Biertisch aufbauen mussten. Nach dem Essen wurden plötzlich alle Lichter ausgemacht, alle haben angefangen „Zum Geburtstag viel Glück“ auf Rumänisch zu singen und der Kuchen, mit ein paar Kerzen bestückt, wurde hereingebracht. Nach dem Kerzen auspusten, wurde ich dann plötzlich von Geschenken überhäuft: Die Jungs hatten alle eine Karte geschrieben und die Salesianer mir ein kleines Päckchen mit Spielkarten und Notizbuch, „für all die schönen Momente hier“, geschenkt. Ich war wirklich überwältigt, weil ich damit tatsächlich nicht gerechnet hatte und bin unendlich dankbar, für so viel Offenherzigkeit und so tolle Menschen.

 

Insgesamt hatten wir jetzt also 4 Torten, viermal Geburtstagsständchen (so dass ich schon die Hälfte des Textes kann) und dreimal volles Haus.

Ziua Vinului: Chisinaus Weinfest

Am ersten Oktoberwochenende findet in Chisinau traditionell das große Weinfest statt, bei dem dieses Jahr 21 Weingüter aus ganz Chisinau ihren Stand aufgebaut hatten. Daneben wurde Musik und Tanz geboten. Für 7,50 Euro (bzw. 10, wenn man wie ich erst hinterher merkt, dass der Ticketautomat nicht wechselt) konnte man sich für das Wochenende ein Ticket kaufen, welches einem 21 Weinproben sichert (eine pro Stand), ein Glas, Rabatte und Freifahrten mit dem Trolleybus (entspricht der dt. Straßenbahn). Das Tolle daran ist, dass das Ticket sowohl für Samstag als auch für Sonntag gilt. Man kann sich die Weinproben also aufteilen. Nachdem mein neuer Mitvoluntär aus Rumänien (der auch mit mir im selben Zimmer schläft) zu einer Besprechung musste, zog ich am Samstag alleine los (so ein Weinfest ist schließlich nur einmal in der Zeit, die ich hier verbringe) und begann mich fröhlich durchzuprobieren, wobei ich zufällig in eine Weinverkostung mit einer professionellen Sommelier geriet. Zu den moldawischen Weinen lässt sich so viel sagen, dass sie überwiegend trockene Weine sind (was nicht ganz so mein Geschmack ist), die aber (zumindest die guten) sehr geruchs und armointensiv sind. Eigentlich wollte ich am Sonntag die restlichen Proben abarbeiten, doch da es den ganzen Tag wirklich ohne Pause regnete, ließ ich das dann bleiben. Wer Interesse hat, sich das Ganze mal etwas genauer anzuschauen, findet auf dem nachfolgenden Youtubelink eine professionelle Übersicht: https://www.youtube.com/watch?v=OaIItzOmwA8 (Ich war leider zu weit hinten, so dass ich keine guten Bilder vom typischen moldawischen Volkstanz liefern kann)

Moldawische Mittagsmahlzeit mit Mici und Krautsalat

Ziua Orasului: Der Geburtstag Chisinaus

Eigentlich kann man davon ausgehen, dass die große Straße durch das Herz Chsinaus jedes Wochenende irgendwann wegen irgendeiner Veranstaltung gesperrt ist. Bei meinem ersten Streifzug durch die Stadt wegen einer Autoshow, letztes Wochenende wegen des Weinfestes und an diesem Samstag wegen des Jahrestages Chisinaus. Die Stadt kann mit ihren 581 Jahren zwar nicht mit unserem über 1200 Jahre alten Oßweil mithalten, dennoch lässt es sich die Stadt nicht nehmen, ihren Geburtstag alljährlich zu feiern. Wegen des Festes schlossen wir auch unser Oratorium und machten uns mit den 8 Jungs (inzwischen konnte einer zu seiner Mama zurückziehen) ebenfalls auf den Weg in die Stadt. Bei so vielen Menschen ist es selbst für 4 Begleiter schwierig über alle den Überblick zu behalten, die einen rennen hierhin, die anderen wollen dorthin, man selber entdeckt auch was Interessantes an einem Stand und plötzlich ist dann der Mitvoluntär zurückgeblieben. Letztlich haben wir dann aber doch alle wieder zusammen nach Hause gefunden. Das Stadtfest ist geprägt durch eine Vielzahl an Straßenständen (Essen, Kleidung, Spielzeug, Keramik, Lederwaren,…) und ein paar Attraktionen für Kinder (wie Hüpfburg, Trampolin und einem Kinderkarusell). Große Fahrgeschäfte, wie man sie vom Wasen oder anderen deutschen Festen kennt, gibt es aber nicht. Wir spazierten einmal die Straße hinauf und später wieder hinunter, wobei Don Tiziano eine Runde Baumstriezel (richtig leckere ungarische Spezialität) springen ließ, die wir uns jeweils zu zwei teilten.

Für den späteren Abend hatte die Stadt ein Konzert organisiert, bei dem verschiedene Gruppen aufspielen durften, so dass ich mich nach dem Abendessen in Casa Familia gemeinsam mit meinem Zimmerkameraden und Mitvoluntär abermals auf den Weg in die Stadt machte. Nach dem Konzert und einem Abstecher in den Kozelpub mussten wir den Rückweg zu Fuß antreten, da der letzte Trolleybus um 11 gefahren war. Als schnelle Läufer hat uns das dann doch eine Stunde gekostet und ich bin dann auch ziemlich schnell ins Bett gefallen.

Toamna de Aur

Toamna de Aur (auf Deutsch: Goldener Herbst) ist ein Schulfest, welches viele Schulen Chisinaus auf unterschiedliche Weise vor den Herbstferien feiern. Da unsere Jungs, mit Ausnahme von einem der bereits die Fachschule besucht, alle auf eine Schule gehen, konnten wir das Fest alle zusammen besuchen. Hier wurde Musik gespielt und jede Klasse hatte ihren eigenen Tisch aufgebaut, an dem die Schüler zuhause gebackene oder gebastelte Sachen verkauften. Unsere Jungs haben dafür Popcorn gemacht und in Einweghandschuhe verfüllt und Lollies in Gespenster, Dracula und andere Halloweenkostüme verpackt. Das gebotene Sortiment umfasste am nächsten Tag vor allem kleine Süßigkeiten und Gebäck, aber auch Obst und Saft, wo ich mich natürlich durchprobieren musste. Danach war der Heimweg wegen des vollen Bauches nicht mehr ganz so einfach, dafür war das Fest wie ein Stück vom Paradies und unsere Jungs haben tatsächlich alles verkauft. Und meinen Ruf als leidenschaftlicher Esser habe ich jetzt hier auch schon erworben. Auf die Frage meiner Sprachlehrerin, was einen guten Voluntär ausmache, rief die Köchin aus der Küche nur: Er muss gut essen können!

Mir mangelt es hier also (außer hin und wieder an einer warmen Heizung) an nichts. Euch einen schönen Herbst, mit hoffentlich wärmeren Zimmern.

 

Euer Denis