Es ist schon eine Weile her und ich weiß, ich bin um einiges hinterher. Jetzt melde ich mich mal wieder mit einem kleinen Bericht über Transnistrien. Eine Region in Moldawien, die sich 1990 vom Rest des Landes losgesagt hatte und sich seitdem – wenn auch vom Rest der Welt nicht anerkannt – als eigenes Land versteht. Transnistrien verfügt über eine eigene Regierung, eine eigene Währung und eine eigene Armee.  In der Realität fungiert es wie ein eigener Staat.

Parlament Transnistiriens mit der überdimensionalen Statue Lenins

Vor inzwischen gut drei Wochen bekam ich Besuch von Tobi, der zurzeit ebenfalls mit Don Bosco einen Freiwilligendienst in Prag leistet. Neben der obligatorischen Weinverkostung und dem dazugehörigen Besuch des Weingutes und der Besichtigung Chisinaus haben wir uns gemeinsam auch über die Grenze nach Transnistrien gewagt, wo wir die Hauptstadt Tiraspol besuchten. Aus Chisinau fahren alle halbe Stunden Kleinbusse nach Tiraspol, an der Grenze muss man seinen Eintritt anmelden (wobei die Beamten sogar des Englischen mächtig sind, entgegen weitverbreiteter Gerüchte, es würde nur Russisch verstanden). Tatsächlich unterscheiden sich Land und Leute sehr von den weit verbreiteten negativen Klischees. Die Leute waren durchweg herzlich, der Grenzübertritt absolut unkompliziert (mehr über Reisen in Transnistrien unter der Rubrik „Reise, Reise“ in meinem Blog). Behauptungen, wie „Ausländer müssen für den Grenzübertritt bezahlen und wenn sie kein russisch sprechen nochmals mehr“, „Man darf sich höchstens 8 Stunden in Transnistrien aufhalten“, etc. kann ich nur zurückweisen. (Tatsächlich ist ein Drittel der Bevölkerung moldawischer Herkunft, die die Sprache auch aktiv sprechen und man kann sich nach vorheriger Anmeldung problemlos länger als 8 Stunden in Transnistrien aufhalten). Es scheint als wäre es ein Anliegen das Land in den Augen der Welt schlecht zu machen. So war es für Tobi und mich auch sehr interessant zu sehen, dass wir am Ufer des Nistru plötzlich von einem Einheimischen angesprochen wurden, der uns auf Englisch erklärte den Medien sei nicht zu trauen, ehe er sich wieder auf sein Handtuch in die Sonne setzte.

Transnistrien geht es (auch auf Grund russischer Unterstützung) wirtschaftlich besser als dem Rest Moldawiens, in den Schulen wird auf Moldawisch, Russisch und Ukrainisch unterrichtet. Die Politik findet großen Zuspruch von der Bevölkerung (im Gegensatz zum ständigen Hin und Her im restlichen Moldawien), wobei die Jugend allmählich beginnt sich gegen die herrschenden Vorstellungen ihrer Eltern aufzulehnen. Im Geschichtlichen Museum erklärte uns eine Frau sehr geduldig und trotz dem Umstand dass wir nur einen Bruchteil ihres Russisch verstanden die Geschichte Transnistriens. Tobi war dabei eine große Hilfe, da Tschechisch und Russisch Gemeinsamkeiten haben, den Rest habe ich daheim nochmal nachgelesen: Nach dem Zerfall der Sowjetunion setzte in Moldawien eine starke Rumäniesierungspolitik ein, unter der andere Kulturen massiv unterdrückt wurden. Um die Freiheit ihrer Kultur und Sprache zu gewährleisten schlossen sich die mehrheitlich russisch und ukrainischstämmigen Bewohner im Nordteil des Landes zusammen und befreiten sich in einem knapp zwei Jahre dauernden Krieg von den herrschenden Paradigmen. 1992 regierte und verwaltete sich die verteidigte Region dann vollständig selbst. Der Konflikt ist mittlerweile eingefroren. Da die Generation der heutigen Jugend den Krieg selbst nicht miterlebt hat, fällt es ihnen schwer die Motivationen hinter Transnistrien zu verstehen. Wie ganz Moldawien, hat auch der transnistrische Teil mit einer massiven Auswanderung zu kämpfen.

Kriegerdenkmal für die Opfer des Befreiungskrieges

Vielleicht verschlägt es ja den ein oder anderen Mal nach Transnistrein. Der Frau in der Touristinfo habe ich versprochen kräftig Werbung zu machen, so dass Deutschland bald statt nach Italien und Spanien, nach Transnistrien kommt. Für Auskünfte stehe ich euch gerne immer zur Verfügung.

Mit meinen Jungs läuft soweit alles gut. Auch wenn ich mich schon freue Familie und Heimat wiederzusehen weiß ich doch, dass ich sie vermissen werde. In eineinhalb Wochen sind Sommerferien und das heißt Sommercamp, Freibad und viel, viel Freizeitbeschäftigung. Ich halte euch auf dem Laufenden. Bis dann

 

Euer Denis