Nun bin ich bereits etwas mehr als zwei Wochen hier und weiß so langsam, wie das Ganze läuft. Mein Tag beginnt mit der wichtigsten Grundlage für einen guten Tag überhaupt: einem Frühstück. Da jeder anders aufsteht, frühstückt man hier für sich.

Ab 9 Uhr heißt es für mich dann, genau wie für die Kinder: lernen, lernen, lernen. Denn während diese in der Schule sind, gibt mir eine der Erzieherin Sprachunterricht. Gerade lese ich sogar mein erstes rumänisches Buch, wobei ich hier echt noch viele Wörter nachschlagen muss. Dafür freue ich mich umso mehr über jedes erkannte Wort. Und so langsam steigt der Wortschatz, so dass ich schon ein bisschen Smalltalk führen kann. Aber genausohäufig  endet das Ganze auch in Missverständnissen. Hier sprechen nur zwei der Salesianer und die Erzieherinnen Englisch, da die Sprache nicht in der Schule unterrichtet wird. Stattdessen lehrt man in der Schule Französisch und Russisch.

Um 12 Uhr esse ich dann zusammen mit den Salesianern und einer italienischen Studentin, die derzeit auch im Waisenhaus mitarbeitet zu Mittag (klassisch italienisch, Pasta zur Vorspeise und zum Hauptgang Moldawisch, das ist dann meistens irgendwas mit Reis oder Kartoffeln und Fleisch oder Fisch und hinterher Melone), bevor ich dann gegen halb drei hinüber ins Waisenhaus gehe, eine kurze Begrüßungsrunde mache und dann zur Schule laufen, um den jüngsten der 9 Jungs aus der Schule abzuholen, alle anderen kommen selber nach Hause. Die Schule ist zwar nicht unbedingt eine gute Schule, wie mir Don Tiziano erklärte (alte Infrastruktur, vor allem bei den Toiletten), sieht von Innen aber trotzdem freundlicher aus, als viele deutschen  Schulen. In den Gängen und auf den Fensterbänken stehen überall Pflanzen, in jedem Gang hängt die moldawische Flagge und Kunstwerke von Schülern und in den Foyers bei den Eingängen sind die Wände mit dem Patron Moldawiens, Stefan dem Großen, bekannten Plätzen Chisinaus und Ereignissen aus der Geschichte bemalt. In den Klassenzimmern liegen Teppiche und auch hier sind überall Pflanzen. Anders als bei uns ziehen sich die meisten moldawischen Schulkinder sehr schick an. Das heißt Hemd und Jeans bei den Jungs, oder auch mal ein Sakko und bei den Mädchen Bluse und Rock. Die Schule hat auch eine eigene Kapelle und an vielen öffentlichen Plätzen und Straßen findet man Jesusdarstellungen. Deutschland könnte sich bei der Schulgestaltung da schon so einiges abschauen, finde ich.

Auf dem Rückweg hab ich dann gleich mal wieder die Gelegenheit rumänisch zu lernen, wenn mir Albert von seinem Schultag erzählt. Zuhause angekommen geht es dann an die Hausaufgaben. Die müssen die Jungs in einem Klassenraum der zum Gelände gehörenden Berufsschule machen. Wer fertig ist, muss ein Buch lesen und erst ab fünf Uhr lässt die Erzieherin den Jungs ihre Freizeit (da hatte ich es richtig lässig in meinen Schuljahren, hab ich bemerkt). Allgemein schaut man hier schon auf gute Noten, die Erzieherin ist dementsprechend streng bei der Kontrolle. Bei der Hausaufgabenbetreuung kann ich derzeit noch nicht so mithelfen, da mir einfach noch der nötige Wortschatz fürs Erklären und Verstehen der Aufgaben fehlt. Mir wird dann Lesen mit den Kindern übertragen oder helfen, wenn wer ein Gedicht auswendig lernen muss.

Ab fünf beginnt der sportliche Teil meiner Arbeit, wenn es in den angenehmen Teil des Tages mündet. Und dass läuft meistens auf Fußballspielen hinaus. Wo es noch wärmer war haben wir barfuß auf einem Kunstrasenplatz gespielt und entsprechend zerstört waren meine Füße in den ersten Tagen. Ab viertel/halb sieben bleibt für alle, die Lust haben, noch etwas Zeit für Fernsehen (ich spiel oft auch noch ne Runde Karten, mit allen die das Programm nicht interessiert; Durak wird hier geliebt) und ab sieben Uhr geht’s dann ans Abendessen. Bei 9 Geschwistern darf man aber jeden Tag mit mindestens einem kleiner oder größeren Streit rechnen, der dann plötzlich im Spiel entsteht und dann erst mal geklärt werden muss.

Bei schlechter Stimmung ist es beim Abendbrot dann auch mal recht still oder jemand muss umgesetzt werden. Die meiste Zeit ist es aber zum Glück sehr laut und lebhaft. Auch Abends gibt es warm. Die Reste vom Mittag und Dessert zum Nachtisch. Vor und nach dem Essen wird gebetet (meistens im Rekordtempo wenn der Hunger groß ist). Danach (ab 8) öffnet das Oratorium, was je nach Wochentag und Wetter 10 bis 30 Leute anlockt. Darunter recht kleine Kinder mit ihren Eltern (die Mädchen puzzeln oder malen dann und die kleinen Jungs spielen mit ihren Vätern Fußball) und natürlich die Älteren (so bis an die 20 Jahre).

Mich findet man dann meistens wieder beim Fußballspielen oder Basketball, Karten oder wozu ich sonst grad so gebraucht werde.

Freitags und samstags schließt das Oratorium um halb 10, Donnerstag und Sonntag ist abends geschlossen (in der Zeit schauen die Jungs von Casa Familia einen Film) und an den anderen Tagen geht’s bis 9. Danach ist Good Night (Noapte Bună) in Casa Familia. Einer der Salesianer erzählt eine Geschichte, die den Jungs etwas zum Nachdenken mit in die Nacht geben soll und nach dem Nachtgebet heißt es dann Duschen und ins Bett.

So viel nach kleiner Pause mal wieder aus Moldawien. Pe curând

 

Euer Denis