Shillong ist nicht nur die Hauptstadt Meghalayas, sondern – wie die Mädels sagen – auch „the heart of meghalaya“. Sie hat knappe 150.000 Einwohner und liegt deutlich höher als Nongpoh. Das bemerkt man schon anhand der vielen Kurven auf der Fahrt „dort hinauf“. Die zuerst noch zweispurig verlaufende Straße schlängelt sich durch den Dschungel und die „Khasi Hills“ immer höher hinauf – auf schließlich ca. 1500 Höhenmeter. Den Höhenunterschied merkt man auch deutlich anhand der Temperatur: In Shillong ist es definitiv kälter als „bei uns unten in Nongpoh“. Dort habe ich auch (das erste Mal seit wir in Guwahati am Flughafen gelandet sind!!!) eine Jacke angezogen. Aber nun erstmal zur eigentlichen Story:
Vroni und ich waren vorgestern zum ersten Mal alleine in Shillong. Nachdem uns eine herzliche Frau aus Mawtnum geholfen hat ein Taxi, bzw. ein „Tourist Permit Auto“, anzuhalten (unsere Technik mit dem Winken und Nicken ist wohl noch nicht ganz ausgereift… 🙂 ), konnte das Abendteuer schon beginnen. Wie oben bereits kurz angemerkt ist die gut einstündige Fahrt nämlich eigentlich ein Kapitel für sich. Immerhin haben wir auf dieser ca. 900 Höhenmeter zu überwinden. Dementsprechend kurvig ist die Straße auch. Eine gerade Strecke von mehreren Metern am Stück ist quasi nichtexistent. Alleine auf dem Hinweg habe ich drei Autos entdeckt, die aufgrund der Übelkeit eines Mitfahrers notgedrungen am Straßenrand angehalten haben. Das ist auch kein Wunder! Erst recht nicht bei dem Fahrtstil hier in Indien. Trotz der vielen Kurven wird „problemlos“ überholt oder die Vorfahrt genommen, denn man will ja schließlich so schnell es geht am Ziel ankommen, richtig? Dabei wird blinken natürlich vollkommen überbewertet. Man überholt einfach auf der Seite, auf der gerade Platz ist und kündigt seinen Überholvorgang durch durchgehendes Hupen an. Manchmal wird auch vom zu überholenden Fahrzeug zurückgehupt und das Hupkonzert kann beginnen. Es ist teilweise echt interessant, wie viele unterschiedliche „Huparten“ gibt. Ganz hohe und schrille Hupen, aber auch verhältnismäßig Tiefe. Manche verändern während des Hupvorgangs die Tonhöhe. Man kann es sich in etwa so vorstellen wie bei uns die Sirene eines Krankenwagens. Andere sind sehr penetrant auf einem Ton. Wieder andere hören sich eher an wie ein Vogelgezwitscher und springen einfach nur von einem Ton auf den nächsten. Gerne im Oktavabstand. Das ganze „Gehupe“ macht die Fahrt noch aufregender, als sie aufgrund der teilweise fehlenden Infrastruktur eh schon ist. Da wird eben ganz einfach mal kurz auf der Fahrbahn des Gegenverkehrs gefahren und natürlich trotzdem noch überholt. Außerdem kann ich mich an den unterschiedlichen Grüntönen des Dschungels und den Hügeln immer noch nicht sattsehen. Auf dem Weg nach Shillong kommt man an einem großen See und Stausee vorbei, dem „Umiam Lake“. Er sieht wunderschön aus in den Bergen und das Wasser ist erstaunlich klar. So viel kurz zu meinen Eindrücken während der Fahrt.
In Shillong angekommen, musste sich erstmal auch mein Magen regenerieren. Aufgrund der fehlenden Anschnallgurte wird man nämlich zusätzlich zu den vielen Kurven noch ordentlich im Auto hin- und her geschleudert. Aber nun zu unserem Aufenthalt in Shillong, dem Herzen Meghalayas. Als erste Station haben wir das Postamt aufgesucht, da mir die Don Bosco Schwestern erklärt haben, dass ich dort Postkarten kaufen könnte. Das mit den Postkarten ist so eine Sache. Für alle, die es noch nicht wissen: Ich liebe Postkarten. Ich liebe es nicht nur, welche zu bekommen, sondern mag es mindestens genauso gerne, welche zu verschicken. Und ich habe auch schon gewisse „Aufträge“, was das angeht. Deswegen versuche ich seit unserer Ankunft in Indien verzweifelt, irgendwo Postkarten aufzutreiben. In Nongpoh gibt es keine. Wir dachten, dass es vermutlich daran liegt, dass Nongpoh einfach eine zu kleine und zu wenig touristisch – besuchte Stadt ist. Als ich auf der Study Tour nach Guwahati auch keine einzige Postkarte an irgendeinem Stand gesehen habe, war ich fast ein wenig enttäuscht 🙁 . Aber die Hoffnung stirbt zuletzt: In Shillong, dachte ich, da gibt es sicher Postkarten. Unser erster Besuch der Stadt gemeinsam mit Sister Mary war unglücklicher Weise an einem Sonntag, weswegen alle Geschäfte sowie auch das Postamt geschlossen hatten. Jetzt war aber Samstag und so betrat ich voller guter Dinge das Postamt. Dass es dort keine Postkarten zu erwerben gibt (was eigentlich ja nicht verwunderlich ist), kapierten wir schnell. „Aber Briefmarken für meine Postkarten, die gibt’s hier sicherlich, wo denn auch sonst?“, mutmaßte ich. Also versuchten wir unser Glück zuerst bei Schalter drei. Von dort wurden wir mit der Begründung „Here no stamps“ zu Schalter sieben geschickt. Sie schickten uns – nach geraumer Wartezeit – wiederum zu Schalter vier. Der war aber zufälliger Weise unbesetzt und deswegen standen wir plötzlich wieder vor Schalter drei. Der Mann hinter dem Tresen entschuldigte sich und meinte er hätte uns nicht verstanden und wir sollen doch einfach in den „Shop“ dort drüben gehen. In dem Shop wurden wir nicht gleich weitergeschickt. Ein Moment der Hoffnung. Vroni und ich kamen uns trotzdem vor wie im Film bei so einer Schatzsuche. Als wir endlich an der Reihe waren, konnte uns die Frau leider auch nicht helfen, da sie denn gar nicht wisse, wie viel ein Brief nach Deutschland denn koste und so schickte sie uns zurück zu Schalter drei, um das ausfindig zu machen. Der Mann grinste uns diesmal schon an. Bald darauf wussten wir, dass ein Brief nach Deutschland unter 20 Gramm exakt 94 indische Rupie kostet und machten uns auf den Weg zurück zu der Frau in dem Shop. Aber 94-Rupie-Briefmarken, die hat sie nicht. Wir sollen doch mal nach nebenan gehen. Inzwischen schon mit einem Schmunzeln im Gesicht gingen wir eben noch nach Nebenan. Darauf kommt‘s jetzt wirklich nicht mehr an. Die hier arbeitende Dame war sehr lieb und suchte geduldig alles notwenige zusammen. Es stellte sich schnell heraus, dass es keine 94-Rupie-Briefmarke gibt. Stattdessen habe ich je eine 50-Rupie-Briefmarke, zwei 15-Rupie-Briefmarken und drei 5-Rupie-Briefmarken (gesamt also geschlagene 6 Briefmarken pro Postkarte) erhalten. Eigentlich praktisch: Ich versende einfach Postkarten NUR mit Briefmarken darauf, ohne jeglichem Text! Denn dafür ist ja gar kein Platz mehr… Das ist natürlich auch eine Variante, die ich noch gar nicht in Betracht gezogen habe! Bevor ich auch noch nach Kuverts frage, um die beschriebenen Postkarten darin zu verstauen und die Briefmarken und die Adresse darauf zu fixieren, beschließen wir aber lieber zu gehen und uns um das Problem erst zu kümmern, wenn ich tatsächlich in Besitz von solchen Postkarten bin. Und die gibt’s hier im „Post Office“ ja gar nicht. Also ab nach draußen!
Dort ging es dann richtig los: Nämlich auf dem „Market“. Vroni und ich wollten ein paar Sachen besorgen und uns einfach umschauen – einen Eindruck vom „richtigen Shillong“ bekommen. Inzwischen hungrig begaben wir uns zuerst in ein kleines Restaurant. Die Speisekarte – vermutlich auf Khasi – lag vor uns am Tisch. Sofort kam ein Mann, um uns die Karte auf Englisch zu übersetzten. Er sagte alle Gerichte so schnell hintereinander, dass wir gar keine Chance hatten, uns zu merken, welches Gericht welches sei. Außerdem hatte er einen starken indischen Akzent. Deswegen war das einzige Gericht, dass wir verstanden haben und zuordnen konnten „Rice with Chicken and Curry“. Und so bestellten wir es. Sekunden später stand ein reichlich gefüllter Teller vor uns. Außer Reis mit Hühnchen und Currysoße, waren noch ein Tomatensalat und zwei weitere undefinierbare Sachen auf dem Teller. Ich war auf alles gefasst. Erstaunlicherweise war es nicht nur essbar, sondern schmeckte sogar. Die Schärfe war erträglich, wenn auch letztendlich stärker als bei uns im Internat. Und das Ganze auch noch umgerechnet für ca. 1,20 €! Da kann man echt nichts sagen. Gesättigt ging unsere Shopping Tour also weiter: Vorbei und in die verschiedensten Läden, durch enge Gassen mit vielen Menschen, bergauf und auch bergab. Vor allem Schuhläden gibt es hier eine Menge. Neben den Händlern auf der Straße oder am Bürgerstieg, gibt es auch „richtige Geschäfte“ mit festem Boden und leider größtenteils auch festen Preisen. Dabei handle ich eigentlich recht gerne. Den ganzen Markt an einem Tag zu erkunden ist unmöglich, wie wir festgestellt haben. Denn er ist riesig und erstreckt sich vermutlich über mehrere Quadratkilometer… In einem weiteren Teil des Marktes wurden neben Schuhen auch Lebensmittel angeboten. Unteranderem frisch geschlachtete Hühner und so eine Art „heiße Nüsse“, die mich irgendwie an gebrannte Mandeln erinnern. Am faszinierendsten fand ich persönlich diverse Stoffläden mit den buntesten Stoffen – für Saris, Salwas oder einfach nur als Tischdecke zu gebrauchen. Und alle – wirklich jeder einzelne Stoff – sind wunderschön. Wir haben uns gar nicht satt sehen können. Sie viele verschiedene Farben und Muster habe ich vermutlich mein ganzes Leben lang noch nicht auf einem Fleck gesehen. Fast noch beeindruckender waren die Menschen – alle bunt gekleidet, teilweise auch in Saris gehüllt und mit einem „dritten Auge“ auf der Stirn. Wirklich beeindruckend dieses Land. Die Zeit auf dem Markt verging wie im Flug. Und so traten wir nach fünf Stunden „Schlendern“ auch schon unseren Heimweg an. Ein Taxi nach Nongpoh zu finden war schwieriger als gedacht. Umso mehr freuten wir uns, als wir in einem saßen und den schönen Tag noch einmal „Revue passieren“ ließen. Leider habe ich allerdings – trotz gezielter Suche – keine einzige Postkarte entdeckt. Dafür habe ich jetzt aber schon mal einen Haufen Briefmarken. Es kann also gar nichts mehr schiefgehen… Ein Abendteuer war es auf jeden Fall trotzdem!!! Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir im Laufe des nächsten Jahres noch öfter nach Shillong fahren werden und den ganzen Markt erkunden. Denn den Namen „Herz von Meghlaya“ hat die Stadt sicher nicht umsonst bekommen! 😉
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