Macht hoch die Tür!

Der Umstand, dass die Zeit hier irgendwie wahnsinnig schnell vergeht, ja quasi fliegt, war uns schon etwas länger bewusst, aber als ich gestern im Sonntagsgottesdienst am Adventskranz schon die dritte Kerze brennen sehen habe, bin ich vor Schreck beinahe aus der Bank gefallen. Unglaublich…bereits drei Wochen vergangen und von Weihnachtsstimmung kaum etwas zu merken. Bei eher kühl nassem Regenwetter, dass unseren ganzen Campus regelmäßig in eine riesige Matschlandschaft verwandelt, abgelöst von sehr heißen Tagen mit über 30°C und Sonnenschein fühlen wir uns manchmal nur als stille Beobachter der Zeit, in welcher wir uns für die Ankunft des Herrn in der Welt vorbereiten. Dekoration wie zumindest wir im Erzgebirge sie kennen und lieben, sucht man hier vergeblich, nur im einzigen Supermarkt der Stadt leuchten einem bereits aus einiger Entfernung die bunten Lametta-Buchstaben entgegen und es begleiten amerikanische Weihnachtslieder den Einkauf. Trotzdem lassen wir uns davon nicht beeindrucken, sondern schauen uns einfach Bilder aus der verschneiten Heimat an und ich antworte auf die sehr häufig gestellte Frage „How is German(y)?“, die in jedem Smalltalk wohl einmal vorkommt, nur noch: „Pretty cold..“

Weihnachtlich dekorierte Shoprite-Gänge.

Schuljahresende

Am 07. Dezember endete offiziell das Schuljahr und die Schülerschaft wurde in die bereits lang herbeigesehnten Ferien entlassen. In der Woche davor wurde noch der Wechsel des School Managers vollzogen, indem Father Chris mit einem kleinen Programm verabschiedet und Father John begrüßt wurde. Dabei haben die Klassen 10 und 11 einen traditionellen Tanz präsentiert und es wurden außerdem diverse Gedichte, Lieder und Reden vorgetragen.

Krippenspiel

Am „closing day“ dem letzten Schultag schlug dann unsere große Stunde, da wir ein Krippenspiel mit einigen Schülern geprobt hatten und unsere Aufführung für diesen Tag geplant war. Wir mussten allerdings bis zum letzten Moment zittern, da einige unserer Hauptrollen an diesem Morgen reichlich zu spät das Schulgelände betraten und Hannah sich bereits mit zwei Tagen Vorlauf auf die Rolle des Engel Gabriel vorbereiten musste, da wir diese Rolle spontan, auf Grund des Textumfangs, einfach nicht umbesetzten konnten, als klar war, dass wir mit der eigentlich geplanten Besetzung nicht auftreten werden. Schlussendlich waren aber alle da und kostümiert und somit konnte das modernste „Christmas play“ das wohl jemals in der Don Bosco Secondary School aufgeführt wurde und übrigens aus meiner Feder stammt, beginnen. So verkündigte der Engel zum Auftakt die Jungfrau Maria in eine Schockstarre, die sich erst gegen den Fremden mit ihren Selbstverteidigungskünsten zu wehren versuchte, um dann von ihrem Verlobten Josef ins Leere starrend vorgefunden zu werden. Diesem erzählt sie nach Erwachen aus ihrer Trance auch direkt von der Schwangerschaft vom Allmächtigen, was Josef natürlich rasend eifersüchtig mit Ehebruch betitelt, bevor er aus der Tür stürmt und Maria wutentbrannt zurücklässt, die natürlich ebenfalls sauer, über derartige Ignoranz, sich prompt vom Erzähler ein Wurfgeschoss anreichen lässt, dass sie ihrem spießigen Verlobten, der mal wieder von nichts eine Ahnung hat, effektvoll hinterherwerfen kann. Kurze Zeit später überzeugt Selbigen aber Engel Gabriel in einer nächtlichen Erscheinung mit Nachdruck, Flügeln und Heiligenschein, dass er ein Gesandter Gottes sei und kein dahergelaufener Spinner und Maria und Josef zusammengehören, genau wie Ochs und Esel im Stall, die im finalen Auftritt die Szenerie gleich kommentieren, bevor die drei Könige auftauchen, welche fälschlicherweise erst in Ägypten gelandet waren, da das Navi den Geist aufgegeben hatte, der Stern leider der falsche war und die Jugend heutzutage ja auch einfach keine Karten mehr zu lesen im Stande ist…Durchsetzt haben wir die Szenen mit weihnachtlichen Gesangseinlagen von unserem „Engelein-Chor“ bestehend aus Schülerinnen der Klassenstufen 8-11.

Weihnachtslieder zwischen den Szenen.

 

Auch wenn unsere Proben meist chaotisch abliefen und wir den größten Teil der Zeit mit der schier unmöglichen Aufgabe zugebracht haben, all unsere Schauspieler in einen Raum zu befördern und dann möglichst schnell die Tür zu schließen, bevor der Erste schon wieder das Weite sucht, damit endlich die Proben beginnen konnten, haben wir ein gutes Endresultat auf die Bühne gebracht und alle haben ohne Aussetzer ihren Part durchgezogen, was nicht ganz einfach war, da der Text sich ziemlich umfangreich gestaltete. Das hat Hannah und mich schon ziemlich stolz gemacht, wie wir feststellten, als wir an diesem Nachmittag völlig erledigt, aber glücklich mit unseren tausend Requisiten im Arm zurück zum compound schlenderten. Für die beiden Tierrollen haben wir nämlich extra Masken gebastelt, die sogar am Ende gar nicht schlecht aussahen, obwohl sie auf halbem Weg von Father folgendermaßen betitelt wurden: „Na? Schon wieder am Basteln? Was soll denn aus den beiden Eiern in deinem Zimmer mal werden, Rosa?“

Schnappschüsse während der Proben.

Und damit nicht genug, denn da bekanntlicherweise doppelt immer besser hält, haben wir neben den Proben in der Schule und der Bastelaktion gleich noch ein zweites Krippenspiel mit der Holy Childhood erdacht, hier mit weniger Text und mehr Rollen, damit auch viele Kinder teilnehmen können. Hierbei handelt es sich um eine Konferenz der Englein im Himmel, welche die Geburt des Erlösers in Bethlehem thematisieren. Dieses Projekt werden wir am heiligen Abend in der Messe mit den Kindern aus der Gemeinde aufführen, die alle schon ganz fleißig ihren Text lernen.

Der Adventskalender hängt im Office.

Eine Tradition, die bei uns jeder und hier niemand kennt ist der Adventskalender. Deshalb haben wir für die Schule und für das Oratorium uns jeweils einen ausgedacht. Für die Schüler läuft das ganze online über facebook und whatsapp, da viele von ihnen in ihren Ferien nicht in Mansa sind, sondern zum Beispiel ihre Familien besuchen. Es ist hier nämlich nicht unüblich ohne die Eltern zu leben, um die bestmögliche Schulbildung zu erhalten. So kann es schonmal vorkommen, dass ein Schüler bei einer Tante oder entfernten Verwandten lebt, hunderte Kilometer weit weg von Eltern und Geschwistern. So schicken wir jeden Tag einen kleinen Text und ein Foto, passend zur Adventszeit.  Im Oratorium gestaltet sich das Ganze schon etwas schwieriger, da natürlich jedes Türchen etwas für alle Kinder, was im Durchschnitt so 180 an der Zahl sind, hergeben muss. Hier gibt es Geschichten, Spielideen und auch mal ein Spiel sowie die Aktion „Wir bauen eine Krippe“, wobei sich selbige langsam über die Zeit zusammensetzt. Angefangen mit dem Stall auf Bethlehems Hintergrund wird das Bild durch die Figuren komplettiert bis am letzten Tag, dem 24. Dezember dann das Jesuskind in die leere Krippe gelegt werden kann, wobei es wohl eher angeklebt wird, da sich nämlich die Krippe in der großen Halle an der Wand befindet. Es ist sehr putzig mit anzusehen, wie dann alle beim Good Night die kleinen Hände (bestenfalls noch alle beide gleichzeitig) in die Höhe recken, um ausgewählt zu werden, um den Umschlag oder die Geschenkbox öffnen zu dürfen. Wir haben 24 Umschläge auf eine Leine gespannt, in denen sich Bilder befinden, die auf das Geschenk schließen lassen, welches vor dem abendlichen Abschied, von uns immer in die gleiche beklebte Box gelegt wird. Der kleine Junge, der die Box am „St. Nicholas Day“, also dem 06. Dezember leer vorfand war sicher ein wenig enttäuscht, aber nicht allzu lang, da es später für jeden einen Keks gab. Allerdings erst am Tor, um auch sicher zu gehen, dass von den fast zweihundert Kinder auch jedes nur einen nimmt, weil sonst nicht jeder einen bekommen hätte. Könnt ihr euch vorstellen, wie lange es dauert 350 Kekse zu backen, damit auch die Jugendlichen einen abbekommen und das mit einem Ofen mit nur einem Backblech? … Zwei Abende und ungefähr dreimal die „die geht immer“ – Playlist mit fast 40 Titeln.. Das war uns die Freude aber definitiv wert! 😉

Gregory tanzend mit den Kindern im Oratorium.

Der Hintergrund für die Krippe.

Die Geschenkbox.

Um den Artikel mit einem gedanklichen Rahmen zu versehen und damit abzuschließen, möchte ich noch einmal auf den dritten Adventssonntag zurückkommen, welcher der „Sunday of Joy“ war. Ziemlich treffend dazu saß ich in der gestrigen Messe zusammen mit dem English-Choir, welchen ich seit einiger Zeit verstärken darf, in der Kirchenbank und war auf einmal doch ergriffen von weihnachtlicher Vorfreude und simplem Glück. Ob es wohl an den drei brennenden Kerzen vor dem Altar lag? Wer weiß das schon…

In der Zwischenzeit allen eine besinnliche Adventszeit!

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  1. Päßler Regine

    Hallo, liebe Rosa, ich wünsche Dir ein gutes neues Jahr 2019, bleib gesund und weiter so kreativ. Wie lange bleibst du noch in Afrika?
    Alles liebe Regine Päßler

    • Rosa Patzina

      Vielen Dank, für euch auch ein gesundes neues Jahr 2019! Acht Monate liegen noch vor mir, ich bleibe bis August und freue mich jetzt schon riesig auf den Rest der Zeit, der sicher viel zu schnell vergehen wird…

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