Lilli in Indien

Don Bosco Volunteer Blog

Linsen, Koriander und Chai- die indische Küche!

Aufgrund einer unvorhersehbaren kleinen Komplikation hat das Shelter seit drei Wochen geschlossen, gefundene Kinder werden sofort in andere Projekte umgeleitet. Das heißt ich habe nachmittags(wie seit den letzten zwei Monaten) noch die Lilly Moggas Gamestime, aber Vormittags habe ich kein Shelter mehr. Was habe ich dann die letzten drei Wochen vormittags gemacht? Länger geschlafen? Nein, ich stelle etwas sehr sinnvolles an! Ich arbeite in der Küche von Yuva Bhavan!

Erster Auftritt

Ich gehe durch den vom Frühstück verwüsteten Speisesaal der College Boys. In diesem Teil des Hauses war ich noch nie, ich gehe durch den Hinterausgang und biege links ab durch ein rostiges Eisentor. „Helloo-WAAH!“ Ich rutsche auf einem danebengegangenen Essensrest bei der Waschstation aus und halte mich noch schnell an dem Eisengitter fest. Guter Anfang. Da kommt auch schon ein Mann Mitte vierzig und Wohlstandsbäuchlein auch mich zu und blickt mich freundlich und neugierig aus seinen warmen Dackelaugen an. „Hello, i am Lilli. I am a Volunteer and want to help in the kitchen.“ sage ich, als ich mich lächelnd aufrichte und meinem gegenüber die Hand schüttele. Überrascht zieht der Mann die Augenbrauen hoch und lacht- was will den ein Volontär in der Küche? Genau die gleiche Reaktion habe ich übrigens auch von meiner Mentorin bekommen als ich meinen Wunsch  geäußert habe…

Mein Boss Raju

Mein neuer Küchenkumpel heißt Raju und ist der Hauptkoch der Küche. Er kann nur etwas Englisch, aber wir verstehen uns auch so ganz gut. Zuerst wurde ich -wie immer- erstmal mit einem Chai auf einem Stuhl in eine Ecke gesetzt (wie es sich mit Gästen gehört). Als ich meinen köstlichen Chai ausgesüffelt habe, stehe ich auch und fange an rumzulurken; ich schaue in die riesigen brodelnden Tiefen der Kochtöpfe, entdecke einen fetten Mörser der gerade Coconut-Chutney macht, untersuche das ulkige Gemüse, und mustere misstrauisch die Gaskanister, die an die freiliegende Gasleitung angeschlossen sind… Raju hatte gottseidank bald verstanden, dass ich durchaus motiviert bin mitzuarbeiten. Dennoch lässt er es sich bis jetzt nicht nehmen mir gutmütig ab und zu Süßigkeiten, Obst, ein zweites Frühstück oder ein Glas warme (mit einem Esslöffel Zucker gesüßte) Wasserbüffel-Milch zu servieren. Wer sich fragt wie Wasserbüffel- Milch schmeckt: Schmeckt wie fettigere, dickflüssigere Kuhmilch mit dezente Nuss-Note und vollem Sahnegeschmack.

Gewürze aus aller Herren Länder

Ich hatte mich sofort bei Raju informiert wenn man denn morgens anfängt- man fängt um sechs Uhr morgens an. Boah. Also früh aufstehen. Ich lerne schnell viele Rezepte und schreibe in meinem Notizbuch immer schön fleißig mit. Nur mit den Zutaten ist es manchmal schwer. Wie heißen denn diese Linsen genau? Und was ist das denn für ein Masala(Gewürzmischung) und was ist da drin? Auch das Regal mit den großen Eimern voller Gewürze hat mich. Die Gewürze für Biryani (Gewürzreis) kannte ich alle: Lorbeerblätter, Nelken, Zimt, grüner Kardamom. Auch das gelb färbende -jedoch relativ geschmacklose- Kukurma und der frische Coriander mit seinen fedrigen Blättern sind mir nicht fremd. Was ich sonst noch an Gewürzen sehe sind getrocknete Chilis, Fenchelsamen, Tamarinde, Curry-Blätter, Ingwer, Knoblauch, Anis … Also kurz, in der Küche riecht es gut!

Kitchen practice

Ich bin aber nicht nur passive Schülerin und Beobachterin, ich kann auch ordentlich mit helfen! Ich hole Sachen aus der Vorratskammer, dort stehen riesige blaue Tonnen an Linsen und Reis und Samen. Für das Schnippeln von Gemüse bin ich mir auch nicht zu schade; Raju sagt immer mahnend „No crying!“ wenn ich mich wieder an die Zwiebeln mache, aber ich kann nichts dagegen tun! Übrigens war das einzige Mal, wo ich für meine Schnelligkeit beim Schnippeln gelobt wurde, beim Kartoffel schälen.

Ich durfte sogar kochen; mit einer quallenartigen Bewegung meiner Hand lasse ich Punugullu-Teig ins Frittierfett plumpsen, so dass sich kleine Klöpse bilden. Idly-Teig wird in die Eisen-Vertiefungen gematscht, wo sie dann über kochendem Wasser Dampf-gegart werden. Bei Dosas brauchte ich etwas Übung, denn die Reispfannkuchen muss man mit einer kreisenden Bewegung des Armes und einer kleinen Eisenschüssel rund und platt streichen. Meine Dosas sind noch sehr klein, man sieht den Abdruck der Orignaldosas …

Ein Dieb in der Küche

Nach den ersten paar Tagen entdecke ich das die Küche von Yuva Bhavan(YB) nicht allein der Versorgung der Menschen hier gilt, sondern auch ein Ort an dem es sehr viel Zuneigung und sozialer Treffpunkt für alle im Haus ist. Die College Boys, die während ihrer Studienzeit auch im Haus untergebracht sind, schauen regelmäßig nach ihrem Frühstück in der Küche vorbei. Zusammen stehen sie neben der Köchin und flehen sie um kleine Leckerbissen an. Einer wagt sich mit flinken Händen nach einem Idly zu haschen –… „Aiyaaaa, Amma!“ schreit der gut zwanzig  jährige College Boy auf und reibt seine Hand, die Köchin hat diese neckisch mit dem Kochlöffel gehauen. Dem Falkenartigen Augen der Köchin entgeht halt nichts an ihrem Herd, drohend wedelt sie nun mit dem Küchenutensil vor der Nase des Dongas („Dieb“) herum.

Soziale Kontakte in YB

Dank meiner Arbeit in der Küche kenne ich immer mehr Leute im Haus, der Rezeptionist fragt mich nun jeden Tag was es heute zum Essen gibt. Auch im Haus erkenne ich nun viel mehr bekannte Gesichter. Mit den College Boys hatte ich nie viel zu tun, aber ab und zu gesellt sich mit respektvollem Abstand einer zu mir und leistet mir Gesellschaft während ich Gemüse schnippele. Einer hat neben mir sogar mal einen Kochtopf umgerührt und mir dann stolz erklärt dass er auch kochen gelernt hat, weil er ja zurzeit noch ein Bachelor ist. Das hat mich zum Lachen gebracht. Ein Insider zwischen mir und Sonno (der College Boy aus Deppa Nivas, der nun wieder in YB ist) hat sogar nun auf andere College Boys übergeschwappt. Pilli heißt Katze auf Telugu, und zu meinem Namen ist der Sprung nicht weit; weswegen die Jungs nun, wenn sie mich sehen wie ich irgendwo im Haus rumwandele, anfangen zu mauzen- was ich ziemlich witzig finde!

Kultur und Küche

… sind sehr verbunden soweit ich das sehe. Eine fremde Kultur will erkundet werden, und sie zu erschmecken ist wohl eine der genüsslichsten Weisen, dies zu tun. Es freut mich sehr einen Einblick in die indische Küche zu haben und so viel zu lernen, es ist mir eine wahre Ehre. Und natürlich freue ich mich auch schon darauf für meine Familie zu Hause zu kochen, wenn ich wieder da bin! Bis dahin, abwarten und Chai trinken!

… Rezept für Chai:

Milch zum Kochen bringen, weiter brodeln lassen

Ingwer(ungeschält) und Kardamom mit einem stumpfen Holzgegenstand zerstampfen, in die Milch geben, kurz in Ruhe zusammen kochen lassen

Schwarzen Tee in die Gewürze-Milch geben

Nach Belieben mit Zucker süßen (nach indischen Maßen gibt es nicht zu viel Zucker), alles aufkochen

Durch Sieb brodelnd heiß in kleine Tasse/hilfsweise Kanne füllen und zehn Minuten pusten, sich trotzdem drei Mal die Zunge verbrennen und sich an dem herrlichen Geschmack erfreuen!!!

Anmerkung: Quantität der Zutaten erfolgt nach Augenmaß. Chai genießt man in kleinen Mengen, etwa Cappuccinotasse-Größe! Man trinkt nicht mehr als zwei Tassen, Chai ist in Maßen zu genießen. Sonst ist das Besondere weg.

Liebe Grüße nach Hause,

die Lilli

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4 Comments

  1. Peti

    Oh klasse Lilli, Ich freue mich schon auf eine indischen Kochtag, wenn du dann wieder hier bist 🙂 Ich liiiiiiebe indisches Essen 🙂

  2. Cara

    Also ich finde deinen neuen Job klasse! Endlich einen Kücheninsider und damit auf jeden Fall immer einen Vorteil haben! Naja dein nächstes Projekt wird auch mangotastische Vorteile mit sich bringen 😀

  3. Melissa

    Wie lange arbeitest du denn jetzt in der Küche? Das shelter macht schon wieder auf oder?

    • Lilli

      Das Shelter macht bald wieder auf, ist nur noch eine Frage der Bürokratie
      ich arbeite in der Küche seit 3 Wochen, diese Woche ist jetzt meine vierte 😀

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