Nach meinem Mittagessen ruhe ich mich eine kleine Weile aus, ich lege mich hin und schaue eine Folge meiner Serie auf Netflix. Danach schriebe ich Blogeinträge, wasche meine Wäsche, putze die Wohnung (meistens das Bad), gehe duschen, spiele meine Instrumente, mache so dies und das.

Doch es geht schon bald weiter, die Arbeit ruft! Ich fahre an Yuva Bhavan vorbei in Richtung Hauptstraße. Auf Straßenhunde aufpassen, über die zwei großen Kreuzung voller Busse und Lastwagen und geschwind am Gegenverkehr vorbeisausen in eine viel zu enge Gasse, ab jetzt langsam! Willkommen im Viertel Pezzonipet.

Die Straße ist vollkommen aufgebrochen, überall sind Schlaglöcher. Ab und zu rumpelt eine Riksha über den staubigen Asphalt, öfters rollen Mopeds oder klappernde Drahtesel durch das lebendige Viertel. Diverse Läden aller Art sind an jeder Ecke, alte Menschen sitzen gemütlich auf Plastikstühlen vor ihren kleinen bunten Häusern. Stromleitungen versammeln sich hoch über der Straße zu einem Kabelsalat, gebeugte knorrige Bäume mit gelben Blüten säumen hier und dort einen Hauseingang. Kinder spielen lachend auf der Straße, während hier und dort eine Mutter die Wäsche wäscht  oder kocht. Eine ältere Tochter badet ihre kleine Schwester in einem Zuber auf der Straße, Schulkinder in blauen Uniformen haben Schule aus und machen sich auf den Weg nach Hause.

Auf meinen Weg zu dem kleinen Haus der Lilly Moggas werde ich schon von ein paar kleinen Kindern des Viertels begrüßt. Ich fahre immer weiter bis sich unerwartet die Häuser teilen und ich zur Assumption Church komme. Auf dem großen sauber gefegten Platz der Kirche spielen schon einige Kinder des Viertels. „Sister!“ schreien die Kleinen, als sie auf mich zu rennen und meine Beine umarmen. Ich hole noch eben meine eigentlichen Kinder, die Lilly Moggas, von zuhause ab und dann kann die Games Time anfangen.

Als Volontärin habe ich eigentlich nur die Aufsichts- und Bespaßungspflicht für meine acht Lilly Moggas Jungs. Aber im Viertel von Pezzonipet läuft das nicht so, man passt auf alle Kinder auf die da sind. Man kennt ja irgendwo auch die Eltern, das Mädchen dort lebt in dem pinken Haus zwei Straßen weiter wo einen die Oma immer grüßt und der Junge da drüben läuft doch immer mit seiner kleinen Schwester an der Bäckerei vorbei. Also mache ich Games Time mit allen Kindern die da sind, meistens um die 20.

Mit den Kleinen tanze und singe ich Actionsongs während weiter weg Jungs in meinem Alter Basketball oder Volleyball spielen. Ein paar Kinder fahren Fahrrad umher, meine Jungs spielen Springseil, manche auch Kabaddi. Wir spielen aber auch alle zusammen:  Fangen oder blinde Kuh, zum Beispiel. Manchmal wollen die Kinder, vor allem die Kleinen, auch Huckepack reiten oder hochgeworfen werden- von wegen ich mach keinen Sport. Die Sonne prallt nicht mehr so heiß auf uns nieder, sondern scheint nun die Assumption Church wohlig an. Das Ende der Games Time verkündet pünktlich der kehlige Gesang aus einer nahegelegenen Moschee.

Ich bringe meine Kinder wieder nach Hause und komme noch auf ein Weilchen mit rein auf einen Plausch mit der gutherzigen, schon älteren Amma der Jungs. Sie liebt die Jungs über alles und kümmert sie wunderbar um sie. Wer sich sonst noch um die Jungs kümmert ist die alte Dackeldame Liu, welche der Amma gehört und mit den Jungs lebt. Leider ist Liu nicht nur alt sondern auch etwas blöd, den immer wenn jemandes fremdes -z.B. ich- reinkomme, tickt sie aus, knurrt und probiert mich in meine Haxen zu beißen. Deswegen muss einer der Jungs die ergraute Dackeldame immer ins Regal/etc stellen, wenn ich komme, damit sie mich nicht killt. Und JA, sie macht mir Angst.

Mache ich mich durch das Viertel auf den Weg nach Hause, treffe ich nochmal viele bekannte Gesichter. Öfters passiert es mir auch, dass ich in ein Haus eingeladen werde um die Eltern der Kinder kennen zu lernen. Habe ich Zeit und Lust, folge ich der Einladung gerne und setze mich für eine Stunde rein. Natürlich wird dann die ganze Familie aus der Nachbarschaft zusammengetrommelt, damit jeder sieht, dass man einen Gast hat. Oft wird es dann doch eher eng. Ganz verzückt sind meine Gastgeber, wenn ich ein bisschen Telugu rede.

Pezzonipet hat so eine schöne soziale Atmosphäre; man kennt sich gegenseitig, es gibt viele Kinder, tausend bunte Häuser. In jeder Ecke gibt es was zu entdecken. Und immer ist etwas los! Einmal haben drei Jungs ein herabgefallenes Tauben-küken gerettet, ein anderes Mal gab es wegen einem hinduistischen Festival einen Kolam-Malwettbewerb. Unabhängig der Religion, haben sich dafür gefühlt alle Bewohner im Viertel in eine winzig kleine Gasse gequetscht, laut Telugumusik aus Lautsprechern geblastet  und sich die Kolams der Teilnehmer angeschaut. Am Ende haben alle abgestimmt, welches das Beste war. Deswegen, als besonderes Schmankerl und mit lieben Grüßen, meine Lieblingskolams des Wettbewerbs!

Davor kurze Entschuldigung dass ich nichts in den letzten beiden Wochen veröffentlicht habe. Meine Familie kommt mich bald besuchen, da muss ich einiges planen, und wegen kleinen Veränderungen arbeite ich seit einiger Zeit etwas mehr. Außerdem hatte Swaan vorletztes Wochenende ihren Geburtstag und letztes Wochenende war ich mit meiner Flat-Familie in Bangalore, deswegen hat der Blog etwas geschleift! :)