Laura in Ruanda

Mein Jahr im „Land der tausend Hügel“

Ihr ein Teil von mir, ich ein Teil von Euch! -Meine Rückkehr nach Deutschland August 2018

Meine lieben Leser!

Ich melde mich wieder. Ich bin heute genau seit 7 Wochen  wieder in Deutschland. In diesem Blogeintrag möchte ich Euch erzählen, wie es mir geht, wie ich mich wieder eingefunden habe und was ich jetzt eigentlich mache. Viel Spaß!

Vor allem in den ersten Tage nach meiner Ankunft, fühlte ich mich oft wie in einer Blase, nicht ganz da. Ich konnte nicht alles auf einmal aufnehmen, ich war noch mit der Verarbeitung von Ereignissen vor zwei Minuten zu Gange,als schon wieder neue Dinge passierten. Oft fühlte ich mich körperlich anwesend, aber nicht mental. Mittlerweile ist dieses Gefühl zurückgegangen, es ist nicht mehr so stark wie zu Beginn, aber manchmal fühle ich mich dennoch eher physisch als psychisch anwesend.

Ich denke oft an Ruanda. In manchen Situationen mal mehr, mal weniger. An all die lieben Menschen, die ein Teil meines Lebens geworden sind, an meinen doch irgendwie Alltag. Mir fehlen „unsere“ Kinder, die sich auf mich stürzen und die vielen kleinen schwarzen Hände, die sich um mich streiten. Ich vermisse meine unverbesserlichen Schüler, die Geräusche der Schreinereimaschinen, das Geschreie der Fußballspiele und die Festlichkeiten mit vielen bunten Stoffen, Gesängen, Tänzen und einer starken Lebensfreude.

Das Vermissen ist normal und ich muss mir Zeit geben, alles petit à petit aufzunehmen und vor allem zu verarbeiten -buhoro buhoro, wie der Ruander sagen würde. 😀 Aber ich bin glücklich, akzeptiere, dass meine Mission in Ruanda ist und jetzt Platz für Neues ist!

Hier ein Tagebucheintrag mit vielen persönlichen Gedanken der ersten Tage nach meiner Rückkehr:

Ich bin in Deutschland! Zurück bei meiner Familie.
Die Begrüßung war total schön; ich wurde am Bahnhof in Siegburg abgeholt, ich wurde so herzlich begrüßt! Auf der Fahrt zurück habe ich erstmal nur geschaut und auf mich wirken lassen. Ich konnte überhaupt nichts begreifen. Ich war weder in Ruanda, noch Zuhause bei meiner Familie, das war echt seltsam und unwirklich.
Ich war gar nicht so richtig da.
Bin ich manchmal immer noch nicht.
Alle sahen so aus wie vor Ruanda, aber vor allem meine kleinen, mittlerweile „kleinen“ Geschwister, sind in die Höhe geschossen und so sehe ich die beiden wie große Exemplare von den beiden, die ich vor Ruanda verabschiedet habe. Alle sehen aus wie vor Ruanda, aber ich sehe irgendwie mit anderen Augen.
Schon im Flugzeug haben uns die „1000 Hügel“ gefehlt, hier ist alles so flach und ich sehe, wenn ich rausschaue nur Häuser und Straßen, auch mal Felder, aber hier niemals Hügel.
Zuhause zu sein fühlt sich aber gut an. Nie, als wäre ich nie weg gewesen, das nicht, aber alles sieht so wie immer aus, trotzdem dauert es erstmal ein bisschen, bis sich es wieder gewohnt anfühlt.
Meine Mama sagt, ich bin ruhiger und gelassener geworden. Ganz angekommen bin ich noch nicht und das wird auch noch etwas dauern. Aber es ist schon besser als am Anfang in den ersten Tagen. Ich merke selber, dass ich einfach viel schaue, viel auf- und wahrnehmen möchte.
Ich vergleiche viel mit Ruanda. Denke oft an meine gewohnten Wege, das Essen, erzähle viel davon.
…Und dann war ich doch am ersten Tag einkaufen, ich habe aber nicht geholfen, sondern nur geschaut und gestaunt. Ich konnte das alles gar nicht wahrnehmen, das war so viel auf einmal. Es kam mir alles so teuer vor und alle so gehetzt.
Ich möchte nicht Zuhause sitzen und nichts machen. Ich bin und möchte abgelenkt sein. Dadurch habe ich auch nicht so viel Zeit, Ruanda so vermissen. Ich denke oft an Ruanda, in vielen Situationen hier fallen mir ähnliche Situationen aus Ruanda ein. Ich stelle mir oft vor meinem geistigen Auge vor, wie ich über die Straße in Rango gehe, den Studenten beim echt guten Volleyballspielen zugucke und wie ich Zeit mit „unseren“ Kindern verbringe.
Manchmal sage ich aber auch nichts davon, manchmal male ich mir nur alles in meinen Gedanken aus und behalte es für mich.Ich habe das Gefühl, dass mich nicht alle verstehen können.
Ich bin das Bett nicht mehr gewöhnt, die Rolladen auch nicht.
In Ruanda hatte ich Vorhänge, die mich mit der Sonne geweckt haben morgens, bzw. es nie ganz dunkel in meinem Zimmer war, vor allem beim Mittagsschlaf.
Und auch das Klingeln des Haustelefons ist neu und nervig.
Ich höre Musik aus unserem Jahr beim Kochen. Ich koche endlich wieder selber!
Ich esse wieder Rührei (Umureti ist auch lecker), aber es gibt keine frische Milch direkt von den eigenen, selbst gemolkenen Kühen.
Ich muss lernen, den Müll zu trennen und nicht alles zusammenzuwerfen und zu verbrennen.
Unser Haus kommt mir so groß vor…
Frische knackige Brötchen sind lecker, mit Fleischwurst und Frischkäse.
Ich finde es seltsam, dass es abends noch so lange hell ist, obwohl das ja total schön und praktisch ist, frage ich mich, wie man denn dann weiß, wann es nachts ist.
Viele Leute an der Kasse kommen mir so unfreundlich vor und beim Arzt stressen die Patienten im Wartezimmer, da sie schon viel zu lange warten.
Ich habe Zeit!

Auch hier geht es weiter. Meine Mama ist mit meinen kleinen Geschwistern umgezogen (nicht ganz so weit weg) und ich bin auch umgezogen! Seit Anfang Oktober studiere ich Soziale Arbeit in Münster, was mir gut gefällt! Münster, meine Uni, mein Wohnheim und die Athmosphäre überhaupt sind super! Ich freue mich sehr, einen neuen Lebensabschnitt als Studentin zu beginnen, einen neuen Schritt zu gehen. Immer werde ich mich aber darüber freuen, Interessierten von meinen Erlebnissen in Ruanda zu erzählen.

Ich kann sagen, dass ich verdammt dankbar bin für alles, was ich erlebt habe. Es war eine Entscheidung, die mich hat wachsen lassen. Mich meine zweite Familie in Ruanda hat finden lassen. Ich bereue nichts.

Was kurz nach meiner Rückkehr sonst noch passierte: Mitte September haben wir Volos 17/18 uns für ein 5-tägiges Rückkehrerseminar zusammen getroffen. Es war total schön, die anderen alle wiederzusehen und mich mit ihnen auszutauschen. Das Seminar hat mir sehr gut getan, ich konnte viele Erlebnisse und Gefühle mit ihnen teilen, vieles ist ähnlich und wir konnten einander verstehen. Wir haben zum Beispiel alle unser Projekt und unsere Arbeit vor Ort beschrieben, über unseren Abschied im Projekt und unser Ankommen in Deutschland gesprochen. Über unsere Gefühle, unsere Ängste und Zukunftspläne. Wir haben einander zugehört, sind aufeinander eingegangen, haben uns gegenseitig immer weiter Anekdoten erzählt und uns gestärkt. Ich bin sehr dankbar für unsere gute Vor- als auch Nachbereitung!

Außerdem wurde ich mit zwei anderen Volos aus dem Raum Bonn bei Don Bosco in Bonn für Presse und Zeitung interviewt. Wir konnten viel von unserem Dienst erzählen und freuen uns, dass sich unsere hautnahen Geschichten nach außen tragen!

Ich danke allen, die mich vor, während und nach meinem Jahr in Ruanda begleitet haben, mir schöne Nachrichten schickten, für mich gebetet haben und immer für mich da waren! Besonders danke ich allen, die dieses Jahr möglich gemacht haben!

Und wow, mein Blog zählt mittlerweile fast 2000 Besucher, ich danke Euch für Euer Interesse!

Ich weiß nicht, wann ich nochmal einen Blogeintrag verfassen werde. Wenn mir danach ist, ich Euch etwas berichten möchte oder ich nach Ruanda zurückkehre.

Euch allen alles Liebe und Gottes Segen!

Laura

…bewahr ich alle diese Bilder im Kopf…

..die „1000 Hügel“ werden mich auch hier begleiten!

Vorheriger Beitrag

Oh, Ruanda, wie ich Dich liebe -Eine Liebeserklärung an mein zweites Zuhause

  1. Dorothea Heumann

    Oma S.
    Liebe Laura. Dubist nach Ruanda gegangen auf der Suche danach, was Du eigentlich willst. Das Jahr dort, die Arbeit mit den Kindern, die andere Kultur und die neuen Freundschaften haben Dir gezeigt, Du bist angekommen und hast gefunden, wonach Du gesucht hast. Ein Studium Soziale Arbeit. Ich sehe Dich schon in ein paar Jahren in das Land zurückkehren, das Dich viel gelehrt und Dich auch geprägt hat.Das ist Dein Weg. Viel Freude am Studium. Der Weg ist das Ziel.

    • Laura Heumann

      Liebe Oma,
      danke für Deine lieben Zeilen!
      Ja, ich bin angekommen und gewachsen, habe mich entwickelt und bin mir selbst bewusster,
      was ich möchte.
      Zurück nach Ruanda geht es ohne Frage wieder! … wie gesagt, ein Teil von mir.
      Ich danke Dir!
      Ich wünsche Dir auch alles Liebe!
      Deine Lauri

  2. Verena

    Liebe Laura!
    Danke für diese Nachbereitung und für den schönen Abend, den Du uns im Witterschlicker Pfarrheim bereitet hast. Es ist berührend und bewundernswert, mit wieviel Herzblut und Offenheit Du Dich in dem Jahr den Menschen in Ruanda gewidmet hast! Danke für all die interessanten und lebendigen Berichte, die es uns ermöglicht haben, nicht nur in Gebeten und Gedanken bei Dir zu sein, sondern auch so viel von deinem Erleben vermittelt zu bekommen!
    Von Herzen wünschen wir Dir a l l e s Liebe und Gute für Deinen weiteren Weg, privat und im Studium.
    Gottes reichenSegen, liebe Grüße und herzliche Umarmung!
    Deine Verena und Familie

    • Laura Heumann

      Liebe Verena & Co.!
      Danke auch Euch für Eure lieben Worte, über die ich mich sehr gefreut habe!
      Es freut mich immer wieder zu hören, dass Ihr so gespannt meinen Berichten (u.a. auf meinem Blog), die wie schon mal gesagt einen Teil meiner vielen Erfahrungen beinhalten, gefolgt seid und immer dabei wart und
      mich so begleitet habt! Das ist echt schön! :))
      Viiielen lieben Dank!
      Steht auch stets unter Gottes reichem Segen und fühlt Euch auch herzlichst umarmt!
      Ich bin froh, Euch zu kennen!

      Lauri

  3. Frérot

    Schön, dass du wieder da bist! Du bist so gewachsen und hast viel bewegt. Geh weiter deinen Weg und bleib dir treu. Was das heißt, weißt du selbst am besten.
    Allerbeste Wünsche!

    • Laura Heumann

      Raphi… ich weiss nicht, was ich dazu sagen soll. Deine Zeilen haben mich sehr berührt und echt glücklich gemacht!
      ich möchte Dir nochmals dafür danken und betonen, wie schön es war und ist, dass Du mich, uns in Ruanda besuchen gekommen bist!
      Ich glaube auch, dass ich gewachsen bin und mich selbst besser kennengelernt habe!
      ich wünsche Dir, dass auch Du immer Deinen Weg findest!
      Deine Lauri

Schreibe einen Kommentar

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kommentarformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an info@donboscomission.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Läuft mit WordPress & Theme erstellt von Anders Norén