Es war einmal vor langer Zeit, da schrieb ich einen Blog namens : Ein indischer Schulweg. Seitdem ist viel Zeit vergangen und heute ist es an der Zeit Teil 2 zu erzählen. Es gibt schließlich auch einen Nachhauseweg.

Auf zur Schule

Jeden Tag in der Woche mache ich mich gegen 15.45 im Projekt auf. Auf dem Weg trinke ich gerne noch einen indischen total überzuckerten Schwarztee an der indischen völlig verdreckten und unschönen Version eines See. Wenn man den Blick aber vom Boden hebt und auf die sich spiegelnde Sonne im See guckt, sieht es wunderschön aus. Einfach eine Frage des Blickwinkels; wie so vieles in Indien.

Bei der Schule angekommen, suche ich mir meistens einen Stein – im Moment sind es aber dicke Holzscheite – und warte im Sitzen auf die Kinder. Die ca. 5 min warten eignen sich perfekt um die aktuellen Blogs meiner Mitvoluntäre zu lesen. Und ja ich habe alle Blogs dieses Jahr gelesen. Und mit alle meine ich auch alle!!!

Währenddessen marschieren die Kinder zum Appell auf den Hof. Nach einer kurzen Ansprache und der Nationalhymne wird die Schule durch die Trillerpfeife des Direktors beendet.

Appel mit Nationalhymne

Appel mit Nationalhymne

Kinder rennen

Wer kommt wohl zuerst an?

Das ist für meine Jungs der Startschuss und es beginnt ein Wettlauf, wer als erster bei mir ist. Das ist schon ganz witzig anzusehen, bis die Kleinen bei mir sind und mich überrollen und an mir zerren. Ist das erste Begrüßen und Fragen  nach dem heutigen Schultag vorbei, geht es für mich daran die restlichen Kinder einzusammeln. Inzwischen habe ich nämlich 11 Grundschulkinder einzusammeln. Manchmal ist einer etwas langsam und muss noch Aufgaben erledigen. Aber irgendwann kommen wir dann doch immer wieder los und der Nachhauseweg beginnt.

Kinder ziehen Schuhe an

Das Schuheanziehen kann manchmal sehr lange dauern. Zum Glück haben jetzt wieder alle Flip Flops. Oder halt gar keine Schuhe 🙂

Los geht’s

Wir laufen, wie in Indien üblich, neben/auf der überfüllten Straße. Bürgersteige sind eben ein deutscher Luxus. Typisch indisch sind auch die Speedbreaker. Diese Buckel in der Straße sollen die Verkehrsteilnehmer vom Rasen abhalten. Dadurch wird jede Autofahrt eine gute Schaukelpartie. Meine Kinder nutzen die Speedbreaker allerdings als Absprunghilfe. Sobald ein Buckel in Sicht kommt, zählen sie an und ich muss den an meinen Armen hängenden Kleinen im richtigen Absprungmoment Schwung mitgeben. Diese Tradition hat sich das ganze Jahr gehalten. Andere Aktionen haben sich nur zeitweise gehalten. Das „Steine-in-den- See-werfen“ war irgendwann uncool und auch das „Springen-von-den- Treppenstufen“ auf unserem Weg in meine Arme war irgendwann einfach vorbei.

Kinder eben; aber dadurch wird es nie langweilig. Irgendetwas fällt ihnen immer ein. Ich muss gestehen, dass ich am Anfang schon dachte, dass ich irgendwann keinen Bock habe auf die Schulwege. 200 Schultage, morgens und nachmittags zur Schule und dann hin und zurück macht 800 mal den gleichen Weg. Aber glücklicher Weise ist dem nie der Fall gewesen. Kinder machen jeden Moment nun einmal einzigartig und kommen immer wieder mit neuen Sachen an. Und auch wenn ich alleine unterwegs bin, kann ich es genießen. Das Wetter ist oft sehr gut und die Straßen sind voll und ständig im Wandel. Es gibt immer irgendetwas zu sehen.

Neue schulkleidung

Ja, wir haben neue Schulkleidung, die jetzt aber doch nicht genutzt wird

Wenn wir am See vorbei kommen, laufen wir oft an Kühen vorbei. 99% indischer Kühe sind total harmlos und lassen sich von nichts aus der Ruhe bringen; also ungefährlich. Ganz selten kommt es aber vor, dass eine Kuhe sich langsam auf dich zu bewegt oder mit ihrem Kopf nach einem ausschlägt. Etwas Vorsicht ist also schon angebracht. Wenn eine Kuh mal etwas aggressiver ist, kommen die sonst so vorlauten Kinder zu mir gerannt und ich muss sie sicher um die Kuh herum lotzen.

Die Hälfte ist geschafft

Sicher an den Kühen vorbei kommen wir schon am Guaven-Stand vorbei. Sofort fragen die Kleinen, ob sie welche bekommen. Ca. alle 2 Wochen haben sie Glück und ich kaufe ein paar Guaven. Ich kannte Guaven vor Indien nicht wirklich. Mittlerweile finde ich sie unglaublich lecker und werde sie in Deutschland auf jeden Fall vermissen. Außerdem sind sie ein unglaublich effektives Abführmittel. Das kann in Indien manchmal ganz sinnvoll sein.

Kind mir Guave

Ja… ich glaube Guaven schmecken lecker

Die Hauptstraße, die wir jedes Mal auf dem Nachhauseweg überqueren müssen, (siehe: Ein indischer Schulweg)ist zwar weiterhin immer gut befahren. Mittlerweile bin ich aber Profi für indische Straßen und habe ein sehr gutes Gefühl, wie und wann wir am schnellsten über die Straße kommen. Dann geht es noch durch unser Viertel und schon sind wir beim Small Building, in dem sich die Kleinen umziehen für die Gamestime. Ein weiteres Mal haben wir den Nachhauseweg geschafft. Ich quatsche noch mit den After-Care Jungs, die ja auch im Small Building wohnen und mache mich dann auch fertig für die Gamestime.

Ansonsten

Ja, es sind nicht mal mehr 4 Wochen bis ich wieder in Deutschland. Meine Abschieds-To-Do-Liste ist gut gefüllt und wird so langsam abgearbeitet. Am 5. August gehen wir als großer Abschluss mit allen Kindern in einen Wasserpark. Philip und ich geben dafür einen Teil unserer Spendengelder aus. Weiterhin ist es natürlich möglich zu spenden. Darüber würde ich mich sehr freuen. Alles Geld, das gespendet wird, kommt direkt dem Projekt zu gute.

Das war mein vorletzter Blogeintrag aus Indien. Ich bin selber gespannt, wie mein Abschiedsblog dann aussehen wird. Es ist ein krasses Gefühl zu wissen, dass man nach einem Jahr jetzt wieder nach Hause kommt.

Bis dahin wünsche ich euch alles Gute.

Euer Matteo

Kind auf den Schultern auf dem Nachhauseweg

Wenn einem schlecht ist, muss der Trageservice einspringen.