Heute möchte ich euch eine weitere Gruppe „Kinder“ vorstellen, die bei Don Bosco Anbu Illam wohnen: die After Care Boys. Der Beitrag ist also eine Fortsetzung der Beiträge CWC und die Kleinsten. Nach diesem Blog dürft ihr gerne auch dort vorbeischauen.

Was ist ein After Care Boy?

Mit der Bezeichnung After Care Boy bezeichnen wir die Jungs, die schon über 18 Jahre alt sind und nicht mehr im Hostel wohnen, trotzdem aber noch Unterstützung erhalten. Die meisten von ihnen wohnen in unserem Nebengebäude. Die älteren von ihnen auch teilweise in Wohnungen in der Umgebung. Sie gehen alle einer Arbeit nach, sind in einer Ausbildung oder studieren. Das bedeutet auch, dass sie keinen vorgeschriebenen Tagesablauf mehr haben. So gibt es einige, die regelmäßig bei uns essen und auch gerne bei der Gamestime der großen Hosteljungs mitmachen und andere, die nur ab und zu vorbei kommen.

Der Vater für die Erwachsenen

Neben der Unterstützung in Form von Unterkunft und Verpflegung, besteht die eigentliche Unterstützung in der Beratung gerade durch unseren Direktor. Er hilft den After Care Boys eine Ausbildung, eine Arbeit oder ein Studium zu finden und verwaltet für die jüngeren After Care Boys das Geld. Er ist es auch, der die Jungs wieder antreibt, wenn sie demotiviert sind oder es gerade in ihrer Beschäftigung nicht läuft. Das ist meiner Meinung nach die wichtigste Form der Unterstützung, denn er hält die Jungs auch nach ihrem 18. Geburtstag auf einem Weg der sie in die Selbstständigkeit führt. Es ist nun einmal überall so, dass ein vollendetes 18. Jahr und ein Schulabschluss nicht reichen, um sein Leben komplett selbst in die Hand zu nehmen. Egal wie selbstständig junge Erwachsene sind, irgendwann brauchen sie alle noch einmal Unterstützung. Im Normalfall sind die Eltern oder die Familie diese Unterstützung. Aber unsere Jungs leben nun mal nicht im Normalfall und so ist es schön, dass auch sie einen Ansprechpartner in allen Zeiten haben.

After Care Boys beim Tee trinken

Einige After Care Boys beim Tee trinken nach dem Marathon

 

(Erfolgs-)Geschichten

Die 2 Don Bosco Brüder

Visay und Sandar sind 2 Brüder. Sie sind jetzt 21 und 23.  Mit 5 und 7 Jahren kamen sie zu Don Bosco Anbu Illam. Seitdem sind sie dort geblieben, weil es kein anderes Zuhause gab und gibt. Beide haben trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer frühen Ankunft bei Don Bosco die 12. Klasse bestanden. Beide haben danach eine Mechanikerausbildung gemacht. Dementsprechend sind beide, wie viele junge Inder, große Motorradfans. Visay hat sich vor 3 Monaten eine neue Yamaha Maschiene gekauft. Auf diese ist er sehr stolz. Er konnte sie sich leisten, weil er einen Job als Grafiker hat und ein festes Gehalt hat. Es ist nicht viel, aber als Single reicht es gut.

Das Motorrad

Das Motorrad wird beobachtet

Sandar kann auch Motorrad fahren. Und mit kann meine ich, er ist der beste. Leider aber auch der schnellste. Egal ob Motorrad oder Autorikscha, keiner wird dich schneller an das Ziel bringen. Allerdings bekommt man schon teilweise Angst, wenn er sich halsbrecherisch durch den indischen Verkehr bewegt. Sandar hat lange als Fahrer/Betreuer/Helfer bei Don Bosco gearbeitet. Vor 3 Monaten aber hat er von sich aus gesagt, dass er versuchen möchte ein Leben außerhalb Don Boscos zu führen und ist Taxifahrer geworden. In seiner Uniform sieht er echt schick aus.

Masterstudent

Mit 13 kam Yasin zu uns. Er hat erst seinen Vater und dann seine Mutter verloren. Zu seinem Onkel und seiner Tante wollte er nicht. Also ist er weggerannt und kam über Umwege zu uns. Eigentlich hatte er damals keine Lust auf Schule. Allerdings hat ihn der Direktor überzeugt, mindestens 3 Monate es zu versuchen. Und die 3 Monate haben ihn zum Glück überzeugt. Nach der Schule hat er seinen Bachelor-Abschluss gemacht. Darauf hat er einige Zeit in einer Buchhandlung gearbeitet und in einer eigenen Wohnung gelebt. Für seinen Master in Social Science ist er zurück zu uns gekommen und wohnt wieder im Nebengebäude. Er ist jetzt im letzten Masterjahr und stöhnt wie alle Studenten. Dass er es schafft, ist aber so gut wie sicher.

Warum erzähle ich das?

Ich habe euch diese Geschichten erzählt, weil ich oft gefragt werde, was mit den Jungs passiert, wenn sie älter werden. So wie die drei obigen Beispiele geht es vielen und die meisten bauen nach und nach ihr eigenes Leben auf. Es gibt leider natürlich auch Ausnahmen. In einen Jungen, der große Drogenprobleme hatte und „zu spät“ zu uns gebracht wurde, haben wir viel Geld investiert und viele Therapien etc. ausprobiert. Am Ende ist er rückfällig geworden und hat sich weiterer Hilfe verweigert. Ab und zu schaut er noch vorbei. Helfen lassen will er sich aber nicht.

Zum Glück sind solche Geschichten aber die Außnahmen. Und gerade an diesen Lebensgeschichten, den Früchten unserer Arbeit, kann man sehen, wie wichtig die Arbeit Don Boscos hier ist. Den auch wenn Prävention und akute Hilfe, die wir auch leisten, wichtig sind, so braucht es doch auch ab und zu eine langfristige liebevolle Hilfe, um jungen Menschen wieder oder zum ersten Mal eine Chance zu geben.

Rollerputzen

Obwohl kein richtiges Motorrad – auch ein Roller muss geputzt werden

Was noch gesagt werden will:

Ich bin nun heil wieder von meiner erlebnisreichen Nordindienreise nach Hause gekommen und der „Normalbetrieb“ hat wieder begonnen. Die Jungs sind gerade in der Prüfungsphase. Das Schuljahr endet dann nämlich am 20. April auch schon. Das ist auch vernünftig, denn hier steigen die Temperaturen so langsam an. Wie immer möchte ich mich bei den Spendern bedanken und gleichzeitig alle dazu aufrufen zu spenden und Werbung für mein Projekt in ihrem Freundeskreis zu machen. Denn so unschön es auch klingen mag; Um solche Geschichten wie oben erzählen zu können, braucht es nun einmal auch viel Geld.

Jetzt bleibt mir noch euch allen warme Grüße ins kalte Deutschland zu schicken und mich dann zu verabschieden.

Bis zum Nächsten Mal und danke, dass ihr mein Jahr in diesem Blog mitverfolgt.

Euer Matteo

Alle Namen geändert