Maria in Ruanda

ein Jahr im Land der tausend Hügel

Mariaroza – das Oratorium

Muraho liebe LeserInnen!

Inzwischen hat sich der Alltag eingependelt, und obwohl ich erst seit einem knappen Monat hier bin, fühle ich mich schon ein bisschen zuhause. Jeden Nachmittag verbringen Cili und ich mit den Kindern im Oratorium, diesen Blogeintrag möchte ich dazu nutzen, euch einen Einblick in unsere tägliche Zeit mit den Kindern und Jugendlichen zu geben.

Wie viele Kinder kommen, das ist ganz unterschiedlich und hängt meist vom Wetter ab: Wenn es regnet, sind manchmal nur um die zehn da, an sonnigen Tagen können es aber auch etwa hundert sein. Einige der Kinder & Jugendlichen sind fast jeden Tag da, andere kommen nur ab und zu. Jeden Tag lernen wir wieder neue Kinder kennen, die nur unregelmäßig kommen. Größtenteils kommen Kinder und Jugendliche, die in Rango oder im Nachbardorf Tumba leben und zur Schule gehen, außerdem einige Straßenkinder aus Rango und Tumba. Ab und zu kommen auch Studenten von der großen Universität in Huye, die sich hier zum Ballspielen treffen. Auf dem Gelände der TVET School gibt es drei große Sportplätze; einen Fußball-, einen Basketball- und einen Volleyballplatz, außerdem die dazu passenden Bälle.

Wenn wir im Oratorium sind, rufen die Kinder oft unsere Namen – manche wollen, dass wir zu ihnen kommen, andere sagen nur von weitem Hallo. Einige nennen mich Maria, viel häufiger bin ich aber Mariaroza (so heißt ein Lied des ugandischen Sängers Eddy Kenzo, der hier sehr bekannt ist, das Lied könnt ihr euch hier anhören) oder Mariya Jakobo (ein Pärchen aus einem ruandischen Theaterstück, wenn ich das richtig verstanden habe), manchmal auch weniger kreativ Mary oder Marie. Ein kleiner Scherzkeks hat sogar angefangen, mich Marariya zu nennen (kinyarwanda für Malaria), und findet es jedes Mal wieder lustig, dass mein Name fast wie eine Krankheit klingt. Inzwischen stelle ich mich manchmal aus Spaß als Mariaroza vor, die Reaktion ist dann meistens, dass mein Gegenüber anfängt, das Lied zu singen. 😊

Manchmal nehme ich meine Ukulele mit nach draußen. Die Kinder haben unglaublich viel Spaß daran, ein bisschen darauf herumzuklimpern, und ich werde oft gefragt, ob ich die „Gitari“ holen gehen kann. Den besonders motivierten bringe ich dann auch gerne ein paar Griffe bei.

Cili und ich kümmern uns außerdem um kleinere Verletzungen der Kinder, kleben viele Pflaster und kümmern uns um Kinder mit Hautkrankheiten wie Krätze – das kommt besonders bei denen, die auf der Straße leben, nicht selten vor. Wer Krätze hat, kann sich hier duschen – dafür gibt es extra eine Dusche für die Kinder – und bekommt danach von uns eine spezielle Creme, die gegen Krätze hilft. Wie das geht, haben uns unsere Vorgängerinnen erklärt.

Vor etwa einer Woche haben wir angefangen, mit den Kindern, die regelmäßig da sind, Zähne zu putzen. Wir schreiben die Namen der Kinder auf die Zahnbürsten, die auch noch von unseren Vorgängerinnen organisiert wurden, und die Kinder haben total viel Spaß dabei, sich die Zähne zu putzen, und fragen auch oft nach den Zahnbürsten.

Wir nähen auch regelmäßig Löcher in den Klamotten der Kinder, vor allem bei den Straßenkindern geht schnell mal etwas kaputt und sie haben oft keine andere Kleidung zum Wechseln. Gestern bin ich mit ein paar Jungs, die große Löcher in den Hosen hatten, ein Stück von den Sportplätzen weg zu den Duschen gegangen, um in Ruhe nähen zu können. Dort haben sie dann ein paar bunte Stoffreste gefunden, und wollten diese in die Löcher in ihren Knien genäht bekommen. Mit dem Ergebnis waren sie dann total glücklich und stolz auf die neuen, bunten Knie.

Wenn nur wenige Kinder da sind oder einfach mal nichts anderes los ist, schließe ich mich einem Team zum Ballspielen an. Besonders gern spiele ich Volleyball. Dass ich als Mädchen auch ab und zu den Ball treffen kann, muss ich den Jungs aber jedes Mal erst wieder beweisen. Dafür gibt es dann so manchen verwunderten Blick. Dass Mädchen Ball spielen, ist hier eher ungewöhnlich. Ins Oratorium kommen generell fast nur Jungen. Als ich gefragt habe, warum das so ist, wurde mir gesagt: „Die meisten Mädchen spielen einfach nicht so gern. Sie singen und tanzen lieber.“ Ich glaube aber nicht, dass man das so gut verallgemeinern kann. Viele der Jungs singen und tanzen zum Beispiel auch sehr gerne.

Schon einmal haben wir ausprobiert, mit den Kindern Stopptanzen zu spielen – ich habe auf der Ukulele Musik gemacht und Cili hat mit den Kindern getanzt – das hat uns allen viel Spaß gemacht. Es gibt hier außerdem ein paar Springseile, die bei allen sehr beliebt sind. Manchmal spiele ich auch mit den Kindern Klatschspiele oder Daumencatchen oder wir machen einfach zusammen Quatsch.

 

Von den Kindern und Jugendlichen lerne ich auch viele neue Vokabeln und komme mit meinem Kinyarwanda weiter. Mittlerweile kann ich mich schon viel besser verständigen, kann kurze Sätze bilden und den Kindern Fragen stellen. Nur die Antwort verstehe ich dann leider meistens nicht…

Seit ein paar Tagen gehören zu unserer Commaunuté auch zwei Aspiranten: junge Männer, die auf dem Weg sind, Priester zu werden, und dafür erstmal ein Jahr lang das Leben unter Salesianern kennenlernen. Die beiden sind, wie Cili und ich, jeden Tag im Oratorium und kümmern sich mit uns um die Kinder.

Jeden Abend schließt das Oratorium mit dem „Mot du soir“, dem Abendwort. Hier werden den Kindern ein paar Worte zum Nachdenken mit nach Hause gegeben oder eine Geschichte erzählt, meist von einem der Aspiranten oder dem Bruder. Anschließend wird noch zusammen ein Gebet gesprochen, sodass der Tag im Sinne Don Boscos endet.

Abgesehen vom „Mot du soir“ verläuft das Oratorium aber jeden Tag sehr unterschiedlich und ist sehr abwechslungsreich, immer abhängig davon, welche Kinder da sind und was sie machen wollen, von neuen Ideen von Cili und mir oder den Aspiranten, aber auch vom Wetter. Im Moment probieren wir noch vieles aus, schauen, was den Kindern und uns Spaß macht, lassen die Zeit aber manchmal auch einfach vor sich hinlaufen und warten ab, was passiert. So wird jeder Tag schön und einzigartig.

Das wars soweit zum Oratorium, wenn ihr noch ein bisschen weiterlesen wollt, klickt euch doch gerne mal oben durchs Menü. 🙂

Viele liebe Grüße aus Ruanda!
Mariaroza

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  1. Bettina Wopperer

    Hallo Maria,
    schön von deinen Erlebnissen zu lesen! Ich bin gespannt auf noch mehr Berichte, ist dein Alltag im Oratorium doch ein ganz anderer als meiner, der zumindest im Moment hauptsächlich in der Schule stattfindet.
    Liebe Grüße aus dem Kosovo,
    Bettina

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