Neben dem Oratorium gehören die Schule und das Lernen mit zu den Grundbausteinen, die man in fast jeder Don-Bosco-Einrichtung finden kann – so auch hier in Rango: die Don Bosco TVET School Rango.

TVET, das steht für Technical and Vocational Education and Training. Unsere Schüer*innen sind zwischen 16 und 24 Jahre alt und machen eine einjährige Ausbildung in einem der 5 angebotenen Fächer (Kochen, Schreinern, Nähen, Mauern und Schweißen). Insgesamt gibt es ungefähr 75 Schüler*innen.

Kurz nach Ostern hat das zweite Trimester des Schuljahres 2019 begonnen, seitdem unterrichte ich zwei Mal in der Woche Englisch am Ausbildungszentrum.

Neben dem Praxisunterricht in den jeweiligen Ausbildungssektionen bekommen die Schüler*innen des Don-Bosco-Ausbildungszentrums auch Unterricht in verschiedenen anderen Fächern: zum Beispiel Enterprainorship, Religion, Kinyarwanda, Swahili, Französisch und eben auch Englisch. Die Theoriekurse sollen aber sehr Praxisnah sein, so wird beispielsweise in den Fremdsprachen nicht trockene Grammatik unterrichtet, sondern Themen, die im späteren Berufsleben nützlich sein werden.


Das ruandische Schulsystem wurde im Jahr 2009 von Französisch zu Englisch umgestellt. Die Übergangsphase zwischen englisch und französisch ist aber heute noch nicht überwunden. Der Großteil der Lehrkräfte wurde in der eigenen Schulzeit noch auf Französisch unterrichtet und spricht deshalb fließend Französisch, aber nur wenig Englisch. Die meisten Lehrer*innen verwenden deshalb englische Unterrichtsmaterialien, die aber auf Kinyarwanda erklärt und bearbeitet werden. (So ist das hier in Rango und in vielen anderen ländlichen Regionen – in größeren Städten ist Englisch schon weiter verbreitet.)

Hier am Ausbildungszentrum kommt dazu, dass nicht alle Schüler*innen auf demselben Niveau sind. Manche haben die Grundschule abgeschlossen, andere die weiterführende Schule, wieder andere haben irgendwo in der Hälfte aufgehört, um eine Ausbildung zu beginnen. Das führt dazu, dass scheinbar jede*r Schüler*in auf einem ganz eigenen Niveau ist – mit manchen kann ich mich auf Englisch fließend unterhalten, andere haben Probleme, ihre Muttersprache Kinyarwanda zu lesen und zu schreiben.

Der Unterricht wird zum größten Teil von angestellten Lehrer*innen gehalten, teilweise aber auch von Mitgliedern der Kommunität – die sich darauf verlässt, dass die Freiwilligen wie auch in den letzten Jahren mit ein wenig Englischunterricht aushelfen.

Das wurde uns zwar schon relativ frühzeitig angekündigt, trotzdem habe ich mich lange unwohl gefühlt mit dem Gedanken, mich als Abiturientin ohne pädagogische oder fachliche Ausbildung vor eine Schulklasse voller Gleichaltriger zu stellen. Insbesondere aus einem rassismuskritischen Blickwinkel: Es war mir unangenehm, als weiße eine Klasse mit ausschließlich Schwarzen Schüler*innen zu unterrichten, nur weil mein Geburtsort mir Zugang zum deutschen Schulsystem und somit zu relativ guten Englischkenntnissen vermittelt hat. Und nur um das einmal zu verdeutlichen: Niemals würde an einer (Ausbildungs)Schule in Deutschland eine ruandische Abiturientin ohne weitere Ausbildung als Lehrerin angestellt werden. Dass es umgekehrt möglich ist, finde ich ungerecht. Besonders stört mich noch immer, dass wir die Schüler*innen auch benoten müssen; am Ende des Trimesters müssen wir selbst Examen erstellen, die in die Endnote eingehen.

Da die anderen Kommunitätsmitglieder aber auch ohne spezifische Ausbildung unterrichten, und es vermutlich keinen Englischunterricht gäbe, wenn wir Freiwilligen ihn nicht übernehmen würden, konnte ich mich inzwischen ganz gut mit meiner neuen Rolle als Lehrerin abfinden.


Am Anfang hatten Cili und ich beide je einen großen Kurs mit jeweils der Hälfte aller Schüler*innen. Weil aber die Lernniveaus wirklich viel zu unterschiedlich sind, haben wir recht schnell die beiden Kurse jeweils noch einmal halbiert – in Englisch Level 1 und 2. Ich unterrichte das fortgeschrittene Englisch (Level 2) dienstags und donnerstags vormittags für die Koch- und Schweißerei-Schüler*innen und nachmittags für die Näherei-, Schreinerei- und Maurer-Schüler*innen. Cili unterrichtet zur selben Zeit jeweils Level 1.

Trotz der beiden Level gibt es in beiden Kursen noch große Differenzen bezüglich der Englischkenntnisse, aber ich gebe mein bestes, um alle irgendwie mitzunehmen und zu fördern, ohne dass sich die stärkeren Schüler*innen dabei langweilen. Ich versuche, möglichst wenig Frontalunterricht zu halten, sondern viel Gruppenarbeit und Spiele im Unterricht einzubauen.

In den ersten Stunden hat es mich jedes Mal wieder nervös gemacht, vor so vielen Menschen zu stehen und Unterricht zu halten, doch das hat sich inzwischen gelegt und ich fühle mich sehr wohl mit den Schüler*innen – während des Unterrichts, aber auch darum herum.

Meist erkläre ich neue Themen, Übungen oder Spiele in sehr einfachem Englisch, oft danach noch einmal auf Kinyarwanda. Das klappt inzwischen sehr gut. Im Notfall übersetzt jemand, der/die es schon verstanden hat, für die anderen.


Auch bringt das Unterrichten unglaublich viele lustige und schöne Momente mit sich, die meinen Alltag bereichern. Wenn zum Beispiel bei einer Gruppenarbeit zufällig eine Gruppe entsteht, die nur aus Jungs besteht, rufen sofort mehrere Leute „gender-balance“ und es wird getauscht, bis in jeder Gruppe mindestens ein Mädchen ist. Oft kommt es außerdem vor, dass ich mich nach dem Unterricht mit Schüler*innen unterhalte, die dann mit Absicht neu gelernte Wörter in ihre Sätze einbauen, um mir zu zeigen, dass sie aufgepasst haben – das freut mich besonders.

Ich bin sehr dankbar dafür, durch den Englischunterricht jetzt viel enger mit den Schüler*innen in Kontakt zu sein, auch außerhalb der Unterrichtszeiten.

Mit ein paar Schülerinnen aus der Sektion „Cuisine“ kurz vorm Praxisunterricht