Das Leben in Gemeinschaft ist nicht immer leicht, aber als Kind in einer Großfamilie weiß Ich wie viel Freude das Zusammenleben auch birgt! Wie es in meiner Volontärs-Wohngemeinschaft aussieht und in welch andere Gemeinschaften ich diese Woche noch so aufgenommen wurde, erzähle Ich euch in diesem Beitrag:

Die WG

Also, erstmal Korrektur: In der WG sind wir zu 11. Wir sind sechs Mädchen und fünf Jungs, obwohl wir Mädchen bald acht sein werden, weil noch zwei Mädels aus den Niederlanden kommen. Die Flat, wie die Volontärs-WG hier von allen genannt wird, besteht aus zwei Wohnungen. Eine untere „Flat“ und eine obere „Flat“. Die Wohnungen sind identisch, doch bei der unteren Flat gibt es einen großen von außen begehbaren Balkon. Abends treffen sich dort alle Volontäre und reden, singen, Lesen, sind an ihrem Handy (muss auch mal sein) und tauschen sich aus. Deswegen ist die Trennung von „obere Flat-untere Flat“ auch gar nicht wirklich vorhanden.
Die Jungs arbeiten in den Außenstationen des Projekts während die Mädels in der Stadt arbeiten- und deswegen unter der Woche die Flat für sich haben. Und alle sechs Monate wird das Projekt gewechselt, d.h. kommen die Jungs wahrscheinlich in die Stadt und die Mädels auf das Land. Am Wochenende kommen immer alle Volontäre „nach Hause“, in die Flat.  Sophia und Ich bekommen übrigens in circa einer Woche unsere Arbeit zugeteilt, weil wir zuerst Hospitationen in allen Stationen des Projekts durchführen sollen um das ganze Projekt zu kennen (siehe nächsten Beitrag).
Treffplatz der Volontäre:
Also wenn man durch das gelb gestrichene, offene Treppenhaus läuft geht man im ersten Stock rechts durch eine abschließbare Gittertür. Geht man durch diese kommt man zu dem großen Balkon den Ich vorher schon erwähnt habe. Dort stehen drei große Liegebänke die aus Holzpaletten geschreinert sind und auf denen Matratzen liegen. Ein paar bunte Stoffe als Laken und ein paar Kissen machen die Ecke zum optimal kuscheligen Chillplatz der Volontäre. Sobald wir zuhause sind schalten wir die Fans (Deckenventilatoren) an. Und ziehen die Chunnis aus und ziehen kurze Hosen und Schlabber-T-Shirts an (in meinem Fall ein Hufflepuff-Shirt).
Unsere Nachbarn, deren Balkon direkt 2 m neben unserem Chillplatz ist (so dass sie alles genau sehen können), sind Inder. Normale Inder wären glaube Ich ziemlich empört so viele nackte Beine und Schultern und eng anliegende Klamotten und SO WENIGE CHUNNIS (!!!) zu sehen. Aber unsere Nachbarn scheinen sich nicht an uns zu stören, vielleicht liegt das an unseren eher mitleidswürdigen Versuchen ab und zu ein Wort Telugu zu stammeln oder das wir ihnen gute deutsche Schokolade schenken, aber es gibt immer ein freundliches Lächeln mit einem „Namaskaaram“ (Hallo auf Telugu) wenn man sich sieht.
Wenn man durch die Haustür geht (siehe Foto) steht man im Flur. Hier stehen zwei Hochbetten in denen insgesamt zwei Leute permanent schlafen. Das Waschbecken zum schnellen Hände waschen ist auch hier. Am Ende des Flurs ist die Küche. Dort findet man den Kühlschrank in dem wir die Schokolade lagern, sowie auch den Trinkwasserkanister. Die Küche ist voll unaufgeräumt, überall stehen Becher und Teller und auf allem eine Staubschicht. Wir HABEN eine Küche, aber wir benutzen sie nicht. Erstens, man müsste sie putzen (was nun aber bald der Plan ist) und zweitens, wir brauchen wirklich keine Küche weil uns dass Projekt morgens, mittags und abends sehr schmackhaft mit den Hauptmahlzeiten versorgt. Und wenn man einen Snack will dann kann man Schokolade essen, sich Früchte von den Straßenständen kaufen oder sich fertiges Essen von der Straße kaufen (dann aber am besten frisch frittiert).
Das Zimmer von Sophia und mir:
Sophia und mein Zimmer ist in der unteren Flat und ein bisschen privater, bei uns laufen die Leute nur durch wenn sie ins Bad wollen (Klo, Duschen, Zähneputzen)- Siehe Foto: Tür ganz links. Unter meinem Bett ist mein großer roter Koffer mit meiner westlichen Kleidung -und so wie es aussieht bleibt das alles auch zwölf Monate unter meinem Bett. A propro, das Gestell meines Hochbetts ist aus Stahl und die Matratze ist nur 10 cm dick, weswegen mein Bett (siehe Bett beim Regal) wirklich nicht sehr weich ist, aber es ist bestimmt gut für meinen Rücken. Das Klima hier ist optimal für Mücken, deswegen hab Ich inzwischen auch einen Mädchentraum von einem lila Mückennetz über mein Bettchen drapiert, sieht aus wie ein Himmelbett. Hier sitze Ich auch übrigens und schreibe diesen Eintrag.
Das Badezimmer:
Das Badezimmer ist so ne Sache. Also erstmal Toilette. Das Klo besteht aus einem handelsüblichen Porzellanthron und einem großen Kübel Wasser mit einem handlichen kleineren Kübel darin- es gibt kein Klopapier. Man kann zwar welches kaufen aber es verstopft die Rohre. Und dann muss man es in einem Plastiksack sammeln und dann hat man mehr Müll -und vor allem ekligen Müll- also machen wir es alle so wie es die Inder machen: Man verrichtet sein Geschäft. Bei einem kleinen kann mit dem kleineren handlichen Kübel Wasser drüber gießen -oder es einfach komplett bleiben lassen. Bei einem großen Geschäft sollte man zuerst mit dem Kübel Wasser drüber schütten um grob zu reinigen und dann nimmt man noch ein zweites Mal Wasser und reinigt mit der linken Hand- deswegen isst, grüßt,…  man alles mit der rechten Hand, weil die linke Hand eklig ist. Obwohl man natürlich sich nach dem Klo sehr säuberlich die Hände wäscht, Routine mäßig mit Seife und kleinem Bürstchen. Ich habe meine Zeit gebraucht, aber es ist an sich sehr angenehm.
Eine andere Sache ist die Dusche. Die Dusche ist ein Duschkopf(auf dem Foto grad nicht zu sehen) der mitten aus der Wand kommt. Das heißt immer wenn man duscht ist der ganze Boden unter Wasser- und nach dem Abschieben des Wassers in den kleinen Abfluss links neben dem Klo- ist der geflieste Boden immer noch feucht. Und das ist so gut wie der Dauerzustand weil wir alle jeden Tagen zumindest den Körper waschen um den Schweiß und den Feinstaub der Straße loszuwerden. Zu der Sanitäranlage gehört auch die Waschanlage draußen bei der wir -meistens zusammen- unsere Sachen waschen, und hier ist es so heiß zur Zeit dass die Sachen auch locker über Nacht trocknen.
(Nur zur Information: Ich habe durchgehend als Ich diesen Beitrag geschrieben habe geschmunzelt, mir macht das alles nicht viel aus -und wenn sich jetzt manche dachten dass sie das ja gar nicht könnten- es ist nur “halb so schlimm” wenn man hier ist und sich einfach dran gewöhnen kann.)

Die Gemeinschaft des Projekts

Die Leute vom Projekt haben mich die ersten drei Tage mit Stress/Organisatorischem/etc. gar nicht belangt weil sie jedem Volontär erstmal Zeit lassen um sich an die Umgebung, das neue Zimmer, das anstrengende Klima und das Essen zu gewöhnen. Natürlich habe Ich bei den Mahlzeiten im Projekt den über aus freundlichen Leiter des Projekts und meine kompetente und gechillte Super-Mentorin kennen gelernt- aber Ich durfte mich halt erstmal ausruhen. Nun hatte Ich, nach meiner anfänglichen Schonfrist, meinen offiziellen Empfang.
Um 9:30 versammelte sich die Angestellten und die College Boys (die auch im Haus wohnen)  an der Rezeption. Der Father hat dann Sophia und mich vorgestellt und uns in die Mitte gestellt. Er hält zwei kleine Ansprachen -eine auf Englisch und eine auf Telugu- in der er zumindest in der Englischen seine Freude darüber ausdrückt zwei neue Volontäre begrüßen zu dürfen und wir herzlich in den Reihen der Familie der Volontäre, des Projekts Navajeevan Bala Bhavan und natürlich der großen Don Bosco Familie willkommen geheißen werden. Alle Leiter und wichtigen Personen im Haus kommen nach vorne und schütteln unsere Hände.
Zwei Frauen kommen hervor und legen uns lange. schwere Blumenketten um den Hals, die  aus ganz vielen kleinen Rosen und gelben puscheligen Blumen und grünen Blättern geflochten sind- und plötzlich fangen alle an zu singen. Die Melodie hat etwas an Happy Birthday erinnert, nur das man alle hohen Töne länger hält und dieses typische melodische Auf und Ab der Stimme hat. Und ganz viele konnten voll gut singen und manche haben richtig gesungen aber halt ein paar Tonstufen niedriger und manche haben einfach auf dem gleichen Ton gesungen und es war einfach so ein wunderschöner und warmer Regen aus Stimmen der von innen nach außen eine Welle der Glücklichkeit gespült hat- denn von dem Gesang wurde nur eine Botschaft übermittelt: „We wish you a hearty welcome, a hearty welcome (Shalalala)“!