Im letzten Königreich

Ein Jahr Swasiland mit Julius und Jan

Marimbabimba

In der letzten Woche begleiteten wir die Marimbaband auf zwei ihrer Auftritte. Zwei Erfahrungen, die es wert sind, weitergegeben zu werden.
Ein Marimbabandauftritt läuft ungefähr auf diese Weise ab: Man trifft sich nachmittags um zu proben, gemeinsam zu essen und am frühen Abend zum Veranstaltungsort aufzubrechen. Für einen Außenstehenden sieht die Vorbereitungsphase des Auftrittes chaotisch aus und seine Wahrnehmung täuscht ihn nicht. Es geht drunter und drüber. Hier fehlt es an einem Pullover, der noch besorgt werden muss, dort wird eine spontane Möglichkeit gefunden, die Marimbas vor dem erwarteten Regen zu schützen. Es wird kritisiert, dass es zu kalt sei, um auf der Ladefläche des Pick-ups mitzufahren und vorgeschlagen, einen Kombi für die Band zu kaufen. Man beschwert sich über das Essen, weil man doch Hähnchen lieber als Rind mag und erzählt sich Geschichten, dass man von Ärzten gesagt bekommen hätte, Rindfleisch sei schlecht für siswatische Mägen, während eine spontane Tanz- und Trommelstunde das Warten auf die Zuspätkommer verkürzt. Und so weiter und noch viel mehr. In jedem Fall gewöhnungsbedürftig für jemanden, der die deutsche Pünktlichkeit und Strukturiertheit kennt, was nicht heißen soll, dass nicht doch all die zu klärenden Dinge auf wundersame Weise rechtzeitig geklärt werden und man losfahren kann.
Unsere Hauptaufgabe bei diesen Auftritten ist es, die Jungs samt Instrumenten zum Veranstaltungsort zu fahren, beim Auf- und Abbau zu helfen und gut auszusehen. Aufgrund der Beschwerden über das kalte Wetter wählten wir beim zweiten Auftritt am Donnerstag unser Voluntärsauto, welches wegen seiner Größe und Behäbigkeit auch „tank“ (Panzer) genannt wird, aus, um alle trocken und gut gelaunt zum zwanzig Kilometer entfernten Royal Swasi Sun Hotel zu bringen. Dies war ein Fehler. Nach etwa einem Drittel der Strecke und mitten auf dem Highway, ertönte ein lauter Knall aus dem Motorraum des Voluntärsautos. Weißer Rauch stieg auf. Das Gaspedal ließ sich bis zum Boden durchdrücken. Ohne Reaktion. Ausrollen auf dem Standstreifen. Nach einem Blick unter die Motorhaube war klar, die Leitung für das Kühlwasser leckte. Der Wagen überhitzte. Julius, der Fahrer des Autos, dachte an Abschleppdienst, Pannenhilfe, Versicherungsfragen und das Absagen des Auftrittes. Mit diesen Gedanken stand er jedoch alleine da. Stattdessen wurde Wasser aus einem nahe liegendem Fluss in den Wassertank gefüllt und der Motor von neuem gestartet. Fünf Kilometer weiter wiederholte sich die Prozedur. Der Wagen soff ab, man füllte Wasser nach, es rauchte kräftig und man fuhr weiter. Fünf Kilometer weiter wiederholte sich die Prozedur. Und so weiter.
Schließlich erreichten wir mit einer Stunde Verspätung das Royal Swasi Sun Hotel. Kein Problem in Swasiland. Der Gig, welcher ursprünglich um sieben beginnen sollte, verschob sich nach Regen und Warten und Warten und nochmal Warten auf etwa halb elf. Stets gewöhnungsbedürftig.
Das Royal Swazi Sun Hotel. Fünf Sterne, 50 Weiße („Cheesemen“) und neun MYC-Jungs. Die Marimbaband spielte zur Untermalung eines Dinners, bei dem sich die Teilnehmer „typisch afrikanisch“ eingekleidet hatten. Und dabei lächerlich aussahen. Köstlichkeiten von Nudelsalat bis zum ganzen Hähnchen wurden im Überfluss serviert. Im Hintergrund die Bandmitglieder, die an den meisten Tagen der Woche Pap mit Bohnen essen. Ein komisches, abstruses, geradezu beschämendes Bild. Nach dieser Erfahrung wundern sich Julius und Jan nicht mehr, warum sie auf der Straße und überall nach Geld oder Jobs gefragt werden. Viele Einwohner Swasilands setzen die weiße Hautfarbe mit Reichtum gleich. Es ist zu spüren, dass man aufgrund seiner Hautfarbe für wohlhabend gehalten wird. Nicht zu Unrecht, wenn man sich diese Bilder ins Gedächtnis ruft. Einige wenige Menschen prägten über einen längeren Zeitraum so das Bild einer ganzen ethnischen Gruppe über eine andere. Wir beide versuchten schon einige Male zu erklären, dass diese Rechnung nicht aufginge, dass auch in der „weißen Welt“ – wenn auch nicht im gleichen Ausmaß – Armut existiere, dass es hier und dort die gleichen Probleme gebe; und stießen dabei zumeist auf Unverständnis.
Trotz alledem waren diese Marimbabandauftritte tolle Erlebnisse. Die Jungs haben eine Menge Spaß, man selbst hat eine Menge Spaß mit den Jungs und am Ende fallen alle todmüde ins Bett. Nachts um zwölf. Und später, wenn man auch auf dem Rückweg des Öfteren anzuhalten hat, um Kühlwasser nachzufüllen.
In diesem Sinne viele Grüße an alle Fans!
Zwei Helden.
PS: Fotos kommen später, Internet ist zu langsam.

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  1. rosettenkasper

    ich bin ein großer fan vpn euch

  2. Steffi Precker

    Danke für Euren bericht! Wo bleiben die versprochenen Fotos? Könnt Ihr bei so einem gig den Schönen und reichen was vom Buffet klauen? Als Palme getarnt o.ä.??
    Liebe Grüße,
    Steffi

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