Langsam aber sicher kehrt für Hannah und mich hier der Alltag ein. Viele mögen vielleicht denken, dass ein Freiwilligendienst jeden Tag super spannend und abwechslungsreich ist, aber genau wie bei allem anderen auch, läuft es irgendwann auf einen mehr oder weniger geregelten Tag hin. (Bei uns zumindest)
Hannah und ich werden jeden Tag in unseren Aufgaben besser. Im Kiosk wissen wir nun endlich die albanischen Namen aller Waren und auch ihre Preise. Wir sind ein eingespieltes Team auf diesem -zugegeben- eher engen Raum und rempeln den anderen nur noch ab und zu an, oder werfen das Wechselgeld auf den Boden (ausversehen versteht sich). Wir wissen, welche Produkte über Nacht in den Kühlschrank müssen und wann wir wieder Nachschub bestellen sollten.
An einem Tag haben wir auch schon den „Morningtalk“ vorbereitet und vor allen 200 Schülern eine Rede zum Thema „Veränderungen und neue Situationen“ gehalten. Wir haben versucht ihnen Mut zu machen, dass man neue Dinge ausprobieren sollte, auch wenn sie am Anfang unmöglich oder schwierig erscheinen. Da nicht alle Schüler Englisch verstanden, hat die Englischlehrerin nochmal alles in Albanisch übersetzt.
(Falls ihr genauer wissen wollt, was der Morningtalk ist, dann könnt ihr gerne bei Hannahs Blog vorbeischauen)
Die Hausaufgaben-Betreuung (hier wird sie oft „library“ oder „biblioteka“ genannt), die wir von Montag bis Donnerstag jeden Nachmittag anderthalb Stunden beaufsichtigen, ist von allen Aufgaben für mich die Herausforderndste. Hannah und ich wechseln uns mit der Aufsicht der 6./7. und 8./9.-Klässler ab. Dabei ist Ersteres eindeutig das Entspanntere, da man sich sicher vorstellen kann, dass es dort sehr viel ruhiger zugeht als in den höheren Klassen. Hinzu kommt auch noch, dass einige der Animatoren, die hier in die 12.Klasse gehen, ebenfalls die 6.- und 7.-Klässler beaufsichtigen. Somit haben diese Schüler dann häufig 5 (und an manchen Tagen sogar bis zu 10) Aufsichtspersonen. In der Hausaufgabenzeit der 8.- und 9.-Klässler sieht das anders aus: Manchmal ist eine Lehrerin im Raum, die mich unterstützt. Aber ich bin auch oft allein mit den Schülern und dann bricht hin und wieder ein Chaos aus. Die Schüler sehen Hannah und mich nämlich noch nicht wirklich als „Respektspersonen“ an. Das liegt daran, dass wir zum einen noch sehr jung sind und zum anderen, weil wir zu einigen auch ein eher freundschaftliches Verhältnis haben. Und somit fangen sie dann an zu quatschen, rennen zu ihren besten Freunden oder tauschen ihre Hausaufgaben aus. Und ich bin dann diejenige, die dafür sorgen muss, dass alle sich wieder hinsetzen und ruhig sind. An manchen Tagen klappt das sehr gut, aber manchmal lassen sie sich einfach nichts sagen. Aber man „wächst mit seinen Aufgaben“, was ich hier wirklich bestätigen kann, und deswegen bin ich mir auch sicher, dass es mit der Zeit leichter wird.
Da ist es dann schön, wenn man nach einem stressigen Tag etwas Kuchen von den Sekretärinnen abbekommt. Denn wenn hier einer der Mitarbeiter Geburtstag hat, werden keine Kosten und Mühen gescheut und es kommt irgendwo ein Kuchen (oder eher eine Torte) und ein Geschenk her. Vor ein paar Tagen kam eine Sekretärin zu Hannah und mir und hat uns Kekse und etwas zu trinken gebracht, und meinte „Hi girls, it´s my birthday!“. Das hat uns natürlich sehr gefreut und wir planen jetzt schon, dass wir an Weihnachten Plätzchen für alle Sekretärinnen backen möchten, da sie sich immer so lieb um uns kümmern.
Jetzt, wo der Alltag einkehrt, merke ich, wie die „kleinen Dinge“ an Wichtigkeit gewinnen, um einen Tag schön und besonders zu machen. Sei es ein kleines Tischtennis-Match zwischendurch, wenn Hannah und ich vom Kiosk zur „Recepsioni“ laufen, oder ein Besuch von Don Paul (dessen richtigen Namen ich mir nicht merken kann…) aus Pristina, der uns die Geschichte und den Hintergrund des „Morningtalks“ in den Don Bosco Einrichtungen erklärte. Solche Dinge machen einen „normalen“ Tag doch zu etwas Besonderem und wenn man abends ins Bett geht, denkt man gerne nochmal an solche Momente zurück.
Emma Dierkes
Hey Vroni!
Ich dachte mir doch, dass du schon wieder gepostest hast, seit dem ich das letzte Mal geschaut habe.
Das klingt doch alles super. Das mit dem Alltag kenne ich. Alle denken immer, jeder Tag sei grundverschieden von den vorherigen. Natürlich ist jeder Tag ein bisschen anders, aber nicht viel mehr als in Deutschland. Irgendwann entwickelt man einfach einen Alltag. Egal wo.🤗
Liebe Grüße aus Ruanda
Emma 💖
Veronika Kronast
Ja, da hast du echt Recht! Aber sehr gut, dass es anderen auch so geht 😉