Rike und Ruanda

Ein Listen- und Termintaktermensch in einer buhoro buhoro-Welt

Urakire, Fingermalfarben und mein Sperrbildschirm: meine Vorbereitungszeit

Ich werde momentan oft gefragt, ob ich mich denn genug vorbereitet fühle, ob ich noch Impfungen brauche, Besorgungen machen muss oder Angst habe. Alles berechtigte Fragen, denn es geht ja auch schon in einer Woche los!!!

Vor allem in den letzten Wochen ist noch viel passiert und da wollte ich das mal Revue passieren lassen.


Fingermalfarben

Zur Vorbereitung zählt neben den Vorbereitungsseminaren, die übrigens alle sehr lustig/gesellig und informativ waren, auch ein zweiwöchiges Praktikum. Dieses Praktikum soll in einer Einrichtung der Salesianer in Deutschland gemacht werde. Den Don Bosco Club in Köln kannte ich durch meine Arbeit in der Gemeinde schon einigermaßen und ich wollte gerne mal ganz wo anders hin. So kam es dann dazu, dass ich nach 2 Wochen Familienurlaub in der Provence nach Würzburg gedüst bin.

In Würzburg wurde die erste Niederlassung der Salesianer in Deutschland gegründet und demensprechend ist da noch relativ viel los: es gibt dort ein Bildungswerk mit mehr als 40 verschiedenen Ausbildungsberufen, ein Internat, sowie einen Kindergarten und zwei Mutter-Kind-Wohngruppen.

In diesen Wohngruppen habe ich 2 Wochen lang gearbeitet und die dort wohnenden Mütter in ihrem Alltag unterstützt. Ich habe auf ihre Kinder (zwischen 2 Monaten und 2 Jahren alt) aufgepasst, während sie zu wichtigen Terminen mussten oder habe sie mit den Kindern zusammen zu diesen begleitet. Das war eine wirklich interessante Erfahrung, weil ich mich davor noch nie so richtig mit dieser Art von Maßnahme und Einrichtung beschäftigt habe.

In den Wohngruppen wohnen jeweils 6 Mütter mit ihrem Kind, die durch die Betreuer vor Ort die nötige Unterstützung und Beratung, aber auch Beobachtung bekommen. Hier kann nämlich entschieden werden, ob ein Kind von seiner Mutter getrennt werden sollte oder nicht, da die Mütter durch ihr Verhalten gegenüber ihrem Kind oder durch ihr eigenes Krankheitsbild schon früher aufgefallen sind. Aus diesem Grund waren auch nicht alle dort wohnenden Mütter immer positiv gegenüber der Wohngruppe gestimmt.

Die Betreuer haben mich alle sehr herzlich in ihr Team integriert und so kam es, dass ich schon relativ schnell Verantwortung für mehrere Kinder über einen längeren Zeitraum übernehmen musste oder ich Aktionen unter dem Motto „Bewegung, Spiel und Spaß“ organisiert habe. So haben wir an einem Vormittag mit den Kindern ihre Körperumrisse auf große Blätter gezeichnet und diese dann mit Fingermalfarben ausgemalt. Ich weiß gar nicht, wem das mehr Spaß gemacht hat: mir oder den Kindern! Dadurch, dass da so viele Kinder hin und her krabbeln und alles anmalen, vergisst man sich ja manchmal auch selber…am Ende des Tages konnte ich deshalb überall auf meiner Kleidung Fingermal- aber auch Acrylfarbe (fragt mich nicht, wo die jetzt herkam) finden. Jetzt habe ich wohl eine sehr permanente Erinnerung an meine Zeit in Würzburg ; )

Durch das Verhalten der Mütter in manchen Situationen und den Umgang mit den Kindern, musste ich in dieser Zeit auch öfter an meine Kindheit und meine Eltern denken: zurückblickend eine sehr bunte, schöne und geborgene Zeit. Sich dann mit dem Fakt auseinander zu setzten, dass nicht jedes Kind diese Erfahrung machen kann, kann einen echt treffen.

Während dieser Zeit habe ich bei den auf dem Gelände des Bildungswerkes lebenden Salesianern gewohnt und konnte sie in ihrem Alltag und Zusammenleben begleiten. Das war für mich wie eine Art Preview von dem Leben, was ich in einigen Tagen starten werde. Denn in Ruanda werden Emma und Ich auch mit den Salesianern zusammen leben, beten und arbeiten.

Urakire

Vor 2 Wochen ging es für Emma und mich nach Wuppertal. Dort konnten wir bei der VEW (Vereinte Evangelische Mission) einen Kinyarwanda-Sprachkurs bei einer Muttersprachlerin machen. Die VEM entsendet selber auch nach Ruanda und so konnten wir beim Sprachkurs auch direkt zwei weitere Jugendliche kennenlernen, die zur gleichen Zeit wie wir in Ruanda sind : )

Jetzt aber erstmal zu Kinyarwanda: diese Sprache gehört zu den Bantusprachen und wird in Ruanda hauptsächlich gesprochen und gehört neben Französisch, Englisch und Swahili zu den Amtssprachen. Wir werden vor Ort weiterhin Kinyarwandaunterrichtt bekommen und können so auf unsere Grundlagen aufbauen. Ich bin schon sehr gespannt, wie schnell wir uns in dieser neuen und grammatikalisch anderen Sprache zurecht finden werden!

Der Sprachkurs war schon recht anstrengend. Das lag aber glaube ich auch daran, dass wir alle seit dem Abitur nicht mehr so lange am Stück an einer Sache gearbeitet haben. Wir haben jeden Tag viele verschiedene Themen und Vokabeln besprochen, aber auch einen sehr schönen Einblick in Kultur, Gewohnheiten und die Logik hinter der Sprache bekommen

Meine nun Lieblingsvokabel, die ich jetzt auch mehr als verinnerlicht habe, ist „Urakire!“. Das bedeutet Gesundheit und wird -wie auch im Deutschen- gewünscht, nachdem jemand genießt hat. So eine große Erkenntniss ist das bis jetzt noch nicht, ich weiß…aber die Antwort dadrauf ist sehr schön. Man antwortet nämlich mit „Twese“, was nicht allein Dankschön heißt, sondern übersetzt „das wünsche ich uns beiden“ bedeutet. Allein das ist meiner Meinung nach ein sehr schöner Gedanke, sodass man sich das gut merken kann 🙂 Hinzu kommt jetzt aber noch, dass Emma in dieser Woche wirklich viel nießen musste … 😉

Mein Sperrbildschirm

Visum beantragen, Formulare runterladen, sich informieren, Blog einrichten….das Alles und noch Einiges mehr stand jetzt in der Vorbereitungszeit für mich und meinen Laptop an. Dabei ploppte immer, wenn ich meinen Laptop angeschaltet habe, mein Sperrbildhintergund auf: ein Foto von meinem Bruder, meiner Cousine, meinem Cousin und mir, sehr idyllisch im Gras liegend vor einem Jahr bei meinen Großeltern im Garten.

Dieses Foto erinnert mich dann immer wieder kurz daran, dass ich diese lieben Menschen und alle Familienmitglieder und Freunde für die sie stehen ein ganzes Jahr lang nicht mehr sehen werde. Und auch solche Fotos werden erst wieder in einem Jahr entstehen können. Ich werde einige Feste, bedeutende und schöne Momente meiner Familie und meiner Freunde verpassen.

Aber gleichzeitig werde ja auch ich bedeutsame Erfahrungen machen und schöne Momente erleben, die ich in diesem Rahmen zu Hause bei meiner Familie und in meiner bekannten Umgebung gar nicht erleben könnte. Allein für die Erfahrungen, die ich während meiner Vorbereitungszeit schon gemacht habe, bin ich unglaublich dankbar: die coolen Seminare, die vielen neuen Menschen, meine Arbeit in der Mutter Kind Wohngruppe, die Grundlagen einer komplett neuen Sprache….Das alles macht mich sehr neugierig auf das, was das kommende Jahr noch bringen wird.

Natürlich werde ich meine Familie und meine Freunde hier in Deutschland vermissen und es wird bestimmt nicht leicht, die richtige Art und Weise zu finden, mit der man mit ihnen in Kontakt bleibt. Aber es gibt -thanks to the internet!- viele Möglichkeit, das zu schaffen.

Es wird bestimmt eine Herausforderung sein, aber jetzt freue ich mich erstmal riesig auf das, was vor mir liegt und finde es sehr schön, dass ihr mich dabei begleiten möchtet! 🙂

P.S: Das waren sehr viele Wochen und Worte , die ich hier irgendwie zusammenbauen wollte… die nächsten Einträge werden auf jeden Fall kürzer, versprochen! 😉

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Unsere ersten Tage in Kigali zwischen Koffern und Motos

  1. Anja Mehren

    Liebe Rike,
    alles Gute auf Deinem Weg! Und ich freue mich auf Nachrichten. Nils ist auch gut angekommen und hat schon die ersten (kleineren) Abenteuer wie Stromausfall erlebt.

    Herzliche Grüße,
    Anja

    • Friederike Feithen

      Hey, entschuldige erstmal das späte Antworten….es freut mich sehr, dass zu hören 🙂 Seit meiner Ankunft haben Nils und Ich auch schon ein paar Mal geschrieben. In Sachen Stromausfall haben wir auch was zu bieten, ich denke aber, dass Nils in diesem Fall gewinnt… 😉

  2. Emma Dierkes

    Tja, das mit dem Niesen kann ich leider nicht vermeiden… Das kommt einfach immer. Aber immerhin hast du jetzt schon mal eine Vokabel perfekt drauf – Dank mir!

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