Häufig treten wir morgens nicht den Miniweg zur Kapelle, sondern zur Rango Church an, um dort den Morgengottesdienst zu feiern. Auf diesem kurzen Weg passiert jedoch trotz der kleinen Entfernung -vor allem Morgens- schon sehr viel und es gibt viel zu beobachten und zu erleben.
Aus dem mit einer Mauer umgebenen Geländer der Salesianer rausgetreten, geht es für uns nur noch bergab auf der geteerten Hauptstraße Rangos. Folgen wir unserer Mauer an der Straße, kommen wir gegenüber vom Noviziat vorbei und auch an den Showrooms der TVET School. In einem der Räume hat eine Bar ihr Lager und so stehen schon morgens einige Fahrräder mit Anhängern vor dem Raum, um die Massen an Bierkästen da drauf zu laden.
Links und Rechts in der Ferne können wir einige Berge erkennen- der Rest der grünen Landschaft wird noch vom Morgennebel verborgen. Die Sonne schimmert in einem kräftigen Orange durch den Nebel. Vollbeladene Fahrräder kommen uns entgegen. Die Fahrradfahrer mühen sich mit ihrem schweren Gepäck- Hühner, mehrere Bananenstauden oder große Säcke mit Mehl- den Berg hinauf.
Die ersten Schulkinder in ihren Uniformen sind unterwegs auf dem Weg zur Schule. Dank ihrer verschiedenfarbigen Kleidung kann man sie leicht zu Altersgruppen und Schulformen zuordnen. Die älteren Schüler, die -noch etwas verschlafen- ihren Schulweg mit Musik untermalen, die aus ihren Hady dröhnt, tragen blau-weiße Pullover. Sie begeben sich auf den Weg zur secondary school in der Nähe von Sahera. Die jüngeren Schüler sind in dunkel rot und gelben Uniformen gekleidet. Ihr Ziel ist die primary school gegenüber der Kirche. Einige von ihnen kennen wir aus dem Oratorium und winken ihnen deshalb zu. Sie winken freudig zurück, manche kommen sogar auf die andere Straßenseite gelaufen, um uns zu umarmen. Begleitet von „Abazungu“ (=Weiße)- Rufen schütteln wir im Vorbeigehen Hände von Studenten oder Schülern, die zwischendurch auch mal im Oratorium vorbei schauen.
Hier sieht man auch immr wieder Leute, die -wie selbstverständlich- zu dritt einen Kühlschrank tragen oder eine Kuh über die Straße treiben. Auch das Mähen von Ziegen, die zum Markt oder zur nächsten Möglichkeit zum Grasen getrieben werden, gehört schon zur alltäglichen Geräuschkulisse.
An der nächsten Straßenecke stehen einige Leute, bepackt mit bunten Taschen, an der Bushaltestelle und warten darauf, dass der nächste Bus hoch nach Huye ,in die Stadt, losfährt. Gleich dahinter haben sich mehrere Motofahrer platziert und warten mit ihrem zweiten Helm für den Mitfahrer auf neue Kundschaft.
Hier wird es etwas kniffelig für uns, da Motos, Fahrräder und einige Auto durcheinander fahren. Wir schlängeln uns jedoch gekonnt hindurch-langsam macht man sich gar keine Sorgen mehr, ob man nicht vielleicht doch von einem Moto überfahren werden könnte ; )
Die Kälte der Nacht ist Morgens noch allgegenwärtig und so kuschel ich mich richtig in meinen Pulli rein. Auch die Ruander, die um mich herum auf dem Weg zur Arbeit sind, haben sich mit Pullis und farbenfrohen Tüchern eingewickelt. Bei einigen Männern kann man erkennen, wo es für sie hingeht; sie haben schwere, hohe Stiefel an und tragen schon ihre Uniformen. Sie mache sich auf den Weg nach Huye, wo sie als Sicherheitsdienst vor den verschiedenen Banken arbeiten.
Neben uns machen die ersten „Alimentations“ auf. Das sind ganz kleine Läden, die meistens aus einer mit Produkten voll gehängten Wand und einer großen Theke bestehen. Hier kann man alles Mögliche und Nötige bekommen. Daneben begeben sich die ersten Leute zu den MTN und Airtel Sonnenschirmen vorm Marktgebäude. Hier können sie an kleinen Ständen ganz schnell ihr Guthaben oder ihre Mobilen Daten bei den verschiedenen Netzwerkanbietern aufladen.
Ein nun schon bekannter Geruch steigt mir in die Nase; in der Nähe wird irgendwo Müll verbrannt. Dieser Geruch gehört auch schon so zu unserem Alltag wie der Nebel am Morgen, die Schilder, die zu „Love and Peace“ oder „No Stress“- Bars führen und die fetten Aufschriften auf Bussen und LKWs die Gott preisen oder eine gesegnete Reise wünschen.
Alles wirkt so friedlich und gelassen und doch herrscht im Zentrum Rangos, das aus mehreren kleinen Läden- darunter Alimentations, Friseursalons, Bars und Geschäfte für Malerzubehör und Farben-, den von einer Mauer umrandeten Marktständen, 2 Schulen und der Kirche besteht, ein gewisses , auch irgendwie geschäftliches Treiben. Keiner scheint hier unter Zeitdruck und Stress zu stehen, geht einfach ganz gelassen seinem Alltag nach. Und man scheint sich auch keine Sorgen um die vollbeladenen Motos und Fahrradtaxis zu machen, die sich durch die Menschen schlängeln und nicht selten einen Mitfahrer, einige Taschen und einen großen Fernseher, Tisch oder Koffer transportieren. Das wird alles schon passen, da fällt schon nichts runter.
LKWs werde am Rande des Marktes mit großen Säcken beladen, Frauen tragen ihr noch schlafenden Kinder mit einem um sich gewickelten Tuch auf dem Rücken und halten in ihren Händen gleichzeitig ihre zu verkaufende oder schon gekaufte Ware, Männer warten mit Haken und Schippen bewaffnet am Straßenrand auf Arbeit.
Andere Frauen breiten links und rechts vom Straßenrand kleine Tücher auf dem Boden aus, auf denen sie ihre Ware präsentieren wollen. Darunter befinden sich bunter Kleidungsstücke, Schuhe, Gebäck, frische Maracujas, Ananas, aber auch Hygieneartikel. Diese Tücheransammlungen auf dem Boden sind auch das Ziel mehrerer Frauen und Männer, die in großen Plastikeimern Hühnereier, Nüsse oder allerlei Gebäck ins Zentrum von Rango tragen.
Genau an der Stelle, an der der Asphalt der Straße aufhört, müssen wir abbiegen. Die Hauptstraße geht weiter geradeaus, aber nicht asphaltiert. Das soll sich jedoch bald ändern wurde uns gesagt: schon bald soll mit den Bauarbeiten begonnen werden. Dann wird auch die Straße einfacher zu befahren sein, die in Richtung Burundi führt. Die Aspiranten meinen, einige Berge, die wir in der Ferne erkennen, gehören gar nicht mehr zu Ruanda, sondern zu Burundi- so nah befinden wir uns an der Grenze.
Weitere Messbesucher kommen uns aus der entgegengesetzten Richtung entgegen. Unter ihnen auch die uns schon bekannten APAX- Missionare des Friedens und einige andere treue Kirchgänger, die uns lächelnd einen Guten Morgen wünschen. Mit den Worten „Jesu akuzwe“ (Jesus sei gelobt), auf die wir mit „Iteka ryose“ (in Ewigkeit) antworten, schüttel manche unsere Hände bevor sie sich vor der Mutter Gottes Ikone verbeugen, die sich nicht weit weg vom Eingang mit dem „Paruwasi Rango- Yohani Bosco“ (Kirchengemeinde in Rango- Johannes Bosco)-Schild vor der Kirche befindet.
Murabeho!
(langsam müssen wir hier ja mal ein paar Floskeln auf Kinyarwanda einbauen, Murabeho= Auf Wiedersehen)
Rike
Dagmar Wilfling
Hallo Friederike,
ich habe schon alle deine Einträge gelesen und muss sagen…mittlerweile scheinst du ja so richtig angekommen zu sein. Das freut mich sehr. Ich hoffe, ich kann noch viele neue Einträge von dir lesen und so an Stückchen an deinem neuen Leben in Ruanda teilnehmen 🙂
Murabeho Dagmar
Friederike Feithen
Hallo Daggi,
Ja, langsam fühle ich mich hier richtig wohl und freue mich schon sehr, auf das was jetzt noch so kommt.
Es ist mega schön, dass ich durch diesen Blog einige Eindrücke für mich- aber auch für euch- festhalten kann
und ihr so zu Hause auch ein bisschen up to date bleibt und miterleben könnt, was hier passiert 🙂
Liebe Grüße (auch an Michael und Emil! 🙂 )
Emma Dierkes
Hey Rike!
Unseren Weg hast du aber schön beschrieben, unseren geliebten täglichen morgenspaziergang 🤗
So viele Eindrücke und niemals die gleichen Bilder 😍 aber das macht’s ja gerade spannend.