Die Geschichte eines besonderen Kleides

Weil mein Herz jedes Mal aufgeht, wenn ich an die Kleidung in Benin denke, ist das Thema schon hin und wieder in meinen Blogbeiträgen aufgeploppt: Aus den äußerst farbenfrohen und mit verschiedensten Mustern überzogenen Stoffen entstehen Kleider, Röcke, Hosen, Oberteile und Tragetücher für Babys. Schon lange hatten Valerie und ich vor uns endlich selbst solche Kleidungsstücke schneidern zu lassen. Und noch länger, lange vor der Abreise, war ich schon richtig on fire darauf. Während der Messe am Sonntag vor einem Monat, haben Valerie und ich die verschiedenen Schnitte noch genauer als sonst unter die Lupe genommen und uns inspirieren lassen. Für den Gottesdienst machen sich die Beniner nämlich immer besonders schick.

Nach dem Kirchgang setzten wir uns mit Stift und Papier in den Pavillon und wurden zu echten Designerinnen. Am Tag darauf ging es dann ans Eingemachte: Da Valerie und ich montagnachmittags immer in der Baracke sind, die sich auf dem Markt befindet, war direkt danach der perfekte Zeitpunkt. Wir waren ein bisschen froh, dass die Tata der Baracke angeboten hatte uns an diesem Tag beim Stoffkaufen zu begleiten. Als die Tata dann allerdings nicht in der Baracke erschienen ist, wollten wir uns davon von unserem Vorhaben nicht abbringen lassen.

Wir sind also in die Richtung spaziert, wo wir uns erinnerten, bereits schonmal Stoff erblickt zu haben – mit dem Wissen im Gepäck, dass wir Baumwolle möchten und dem dazugehörigen Preis. Die Straße auf der wir uns nun befanden war wie üblich überfüllt mit Menschen, Motorrädern und Ware. Und tatsächlich: Links und rechts sichteten wir einige Stoffläden. Die meisten sind ca. 10 m2 große Räume, in denen es von Stoffen nur so überquillt. Wir sind also auf den Ersten, der uns zugesagt hat, zugesteuert und Valerie wurde auch ziemlich schnell fündig. Bei mir war das nicht ganz so leicht – was Kleidung angeht kann ich sehr wählerisch sein. Nachdem mich Laden Nummer 2 und 3 abermals nicht zu meinem Glück gebracht haben, standen wir plötzlich in einer großen Halle. Gefüllt war diese mit … TRARA … Stoffen. Als wir gerade den ersten Schritt reingemacht hatten, sprach uns sofort ein Mann an, was wir denn suchen: „Baumwolle“ erklärten wir. „Ok, kommt mit“, sagte er und wir folgten ihm einen langen Seitenweg zu einem hinteren Eingang der Halle. Sogleich führte er uns zu einem Laden, wohl in Besitz einer Bekannten von ihm, und versuchte mir verschiedene Stoffe möglichst schmackhaft zu machen. Ich bin nicht gut im shoppen. In Deutschland habe ich dabei auch schon immer das Problem, dass ich mich unter Druck gesetzt fühle, wenn die Bedienungen mir helfen wollen. Ich weiß, dass ich das nicht muss, aber ich habe immer Angst die Leute zu enttäuschen, wenn ich dann nichts nehme. In diesem Fall standen da also gerade der Mann, der uns geführt hatte, die Besitzerin und die Kinder der Besitzerin und beäugten mich alle erwartungsvoll, während ich mir die verschiedenen Stoffe zu Gemüte führte. Stressige Situation für mich, v.a. weil ich merkte, dass auch hier noch nicht DER Stoff dabei war. Nachdem ich es schließlich übers Herz gebracht hatte, ihnen das mitzuteilen, führte mich der Mann dann endlich zu dem Laden, an dem ich auch fündig wurde. Ein bisschen verhandeln und ich war um 7000 Francs ärmer und einen hübschen Sechsmeterstoff reicher. Übrigens haben wir auf der Suche auf einem Weg raus vom Markt eine unserer Stilikonen hier getroffen: Die Tata des Espace Eveils. Und sechs Tage später beim Wocheneinkauf zwei Mädchen aus der Baracke. Ist das nicht cool, dass ich auf dem größten Markt Westafrikas mittlerweile zufällig auf Menschen treffe, die ich kenne? Dienstag und Mittwoch hatten wir leider keine Zeit die Stoffe bei der Schneiderei abzugeben, aber am Donnerstag haben wir uns dann mit Stoff und Zeichnungen auf zu der kleinen Schneiderwerkstadt auf dem Don Bosco Gelände gemacht und wurden fleißig vermessen. „Nächste Woche Freitag sind sie fertig!“, hieß es. Nun begann die Zeit der großen Vorfreude: „Weißt du was nächsten Freitag ist 😉 ?“, fragten Valerie und ich uns täglich gegenseitig. Am frühen Vormittag des vergangenen Freitags sind wir dann munter in der Schneiderei aufgetaucht. „Die Kleider sind noch nicht fertig“, wurde uns mitgeteilt.

Die Enttäuschung stand mir wohl ins Gesicht geschrieben. Wir haben Nummern ausgetauscht und die Frauen haben versprochen uns anzurufen, sobald es soweit ist. Eine Woche später, am Mittwoch, waren die Kleider dann abholbereit. In unserer Mittagspause liefen wir also in die Schneiderei rüber, wo wir unsere Kleider auch sogleich anprobieren durften. Valeries war eigentlich ziemlich gut getroffen. Meines war erst deutlich zu weit und wurde direkt noch zweimal umgenäht. Auch ein paar andere Details waren nicht genau wie auf der Zeichnung, aber daran hatte ich mich schnell gewöhnt und nach zweimal Tragen waren mein erstes beninisches Kleid und ich dicke Freunde!

PS: Mittlerweile ist das Ende der Geschichte schon fast zwei Wochen her und in unserem Schrank hängen bereits neue Kleider. Diesmal haben wir eine kleine Schneiderei nahe des Marktes ausprobiert. Auch wenn diese Schneiderwerkstatt uns für beninische Verhältnisse leider recht saftige Preise gestellt hat (5.000 statt 3.000 CFA), muss man ihnen lassen, dass sie ratzfatz waren – statt zwei Wochen zwei Tage – und einen 1A Job gemacht haben.

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Tata Teresa

  1. Anna K.

    Hach Tete, da werden Erinnerungen wach, von Shoppingtouren in Deutschland, bei denen wir uns eher über die angebotenen Klamotten lustig gemacht haben anstatt mal echt was zu kaufen haha…
    Umso schöner, dass du jetzt in Benin bereits mehrfach fündig geworden bist

  2. Teresa Stefenelli

    Stimmt, zu behaupten, dass wir die deutsche Textilwirtschaft angekurbelt hätten wäre wohl falsch, dann immerhin die beninische ein bisschen 😉

  3. Johanna Wolf

    Liebe Teresa,
    wow, mir fehlen die Worte! Aus akutem Fernweh habe ich mal wieder an deinen Blog gedacht und alle Beiträge seit deiner Ankunft auf einmal gelesen. Es ist so spannend in wie viele unterschiedliche Bereiche du Einblicke bekommst und ich bin sehr beeindruckt, wie selbstständig ihr in Benin unterwegs seid! Das beninische Französisch ist bestimmt eine Herausforderung, aber wie du schreibst kommt man zur Not mit Händisch und Füßisch und einem freundlichen Lächeln auch sehr weit. Und lass dich nicht entmutigen, das Fremdsprachenlernen ist immer ein auf und ab, mal klappt es super und dann meint man, man hat einen Knoten in der Zunge. In jedem Fall beneide ich dich ein bisschen um so viel Französisch um dich herum 🙂
    Ich freue mich schon auf weitere Berichte von dir!
    Viele liebe Grüße aus Passau und dem Leo
    Johanna Wolf
    P.S. Passau musst du grad nicht besonders vermissen, hier ist es grau und nass und kalt und neblig und gefühlt sind alle erkältet.
    P.P.S. Die Kleider sind wirklich schön geworden!

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