Wenn man nur die Flugstunden berechnet hat meine Reise von München nach Vijayawada wirklich nur neun Stunden gedauert!

Freitag, den 7. September, brachten mich meine Eltern zum Flughafen. Dort traf Ich schnell andere Mitvolontäre und auch meine Mitvolontärin Sophia! Bei der Security hieß es dann Abschied nehmen von meinen Eltern- Und natürlich musste Ich heulen. Aber gleichzeitig war Ich auch glücklich endlich das anzufangen auf was Ich mich schon seit einem Jahr vorbereite: Mein Freiwilligendienst.

Der Flug von München nach Delhi dauerte um die sieben Stunden. Schon am Gate war zu erkennen das die Mehrheit der Passagiere Inder waren, was auch erklärte wieso die Ansage auf vermeintlich schlechtem Französisch in Wirklichkeit Hindi
war. Andere Menschen schlafen auf dem Flug um den Jetlag vorzubeugen. Doch Genies wie Ich schauen (in chronologischer Reihenfolge): Maze Runner 3, Infinity War und Deadpool. Um Mitternacht Ortszeit landen wir in Delhi: Die Stadt lag wie ein Meer aus tausend winzigen Lichtern unter uns.

In Indien angekommen füllten wir ein paar Immigration Formulare aus und standen plötzlich auf indischem Boden. Richtig indisch wurde es aber erst als wir den ruhigen, klimatisierten und geordneten Flughafen verließen. Die feucht warme Hitze schlug wie eine Decke auf uns nieder als wir den ersten Fuß nach draußen setzten. Lautes Gehupe von Fahrzeugen und die Rufen ihrer Fahrer torpedierten unser Trommelfell. Wegen einem 17 h Aufenthalt haben wir ein Hotelzimmer
bekommen, der einzige Weg es zu erreichen war eines der kleinen knatterigen Taxis zu nehmen.

Und in genau so ein Taxi stiegen wir ein, nachdem wir einen Fahrer gefunden hatten der den ortsüblichen Preis von 500 Rupees verlangte (80 Rps sind 1 Euro). Die Taxifahrt war abenteuerlich. Mit einem Tempo raste der Fahrer auf einer vierspurigen Autobahn in der gelegentlich auch vier Autos, ein Lastwagen und ein Moped nebeneinander fahren. Ganz zu schweigen von den Fahrradfahrern die gegen die Fahrtrichtung an der Seite entgegenkamen. Zu dem Hupen: An JEDEM Auto ist ein Schild auf dem „Please honk!“ steht. Immer wenn man überholt, entgegenkommt, nebeneinander fährt, beinahe aneinander fährt oder anfährt- hupt man. Die Inder scheinen wohl keine Fans der Benutzung der Innen- und Außenspiegel zu sein, obwohl ganz brav an jedem Fahrzeug welche zu finden sind. Es ist ein buntes Gewusel! Aber wie durch ein Wunder funktioniert der Verkehr einwandfrei, Ich bewundere den Fahrer der uns oft nur mit wenigen cm Abstand zwischen einem Fahrbahnbegrenzungsbetonklotz und einem Lastwagen mit 70 km/h durchmanövriert.

Wir ziehen an Palmen, kleinen Häusern die ihre besten Tage schon gesehen haben und palastartigen Hotelanlagen vorbei; bis wir ein kleines aber ordentliches Hotel direkt am Straßenrand erreichen. Einen Bürgersteig gibt es nicht direkt. Ein Straßenhund beschnuppert schüchtern das Auto. Wir wollen unser Gepäck holen aber die Angestellten des Hotels eilen schon herbei. Zusammen hiefen die eher zierlichen Männer unser schweres Gepäck in unser Zimmer. An der Rezeption krabbelt mir eine glückliche Assel entgegen während der Rezeptionist meine Daten aufnimmt. Im Zimmer ziehe Ich meine Schuhe aus und trete auf eine Ameise. Normalerweise merke Ich es nicht wenn Ich auf Ameisen steige aber diese hier war zwei cm lang und Ich hab es knacken hören. Erschöpft von der Reise gehen wir sehr schnell schlafen.

Am nächsten Tag wird uns das Essen ins Zimmer gebracht. Ich bekomme einen Chai mit einem sehr dünnen frittiertem Fladen der mit scharfem Kartoffelpüree gefüllt ist. Sehr lecker und von der Schärfe auch sehr essbar. Nach einem relativ ereignislosen Tag mit viel Warten stiegen wir in die Maschine nach Vijayawada ein. Sind uns die Blicke im Flugzeug von München nach Delhi -und die Familie die im Hotel ungefragt Fotos von uns mit ihren Kindern gemacht hat- bisher nicht aufgefallen, so merken wir spätestens jetzt das zwei junge blonde Mädchen für die Leute kein alltäglicher Anblick ist.

„Doch so wenige Weiße kann es hier doch nicht geben … ?“ denke Ich als Ich mit Sophia nach dem zweistündigen Flug am Baggage Claim stehe. Und wie gerufen kommt uns ein älteres Ehepaar entgegen dass und mit „Hallo“ grüßt. Es sind Deutsche! Wow, Ich bin so begeistert- Es gibt also Touristen hier! Ich schlussfolgere das Europäer deswegen doch nicht sensationell sind und die Leute im Flugzeug und im Hotel einfach Landeier waren. Als wir den doch eher kleinen Flughafen verlassen begrüßt uns eine freudige Truppe der anderen Volontäre unseres Projekts. Glücklich schildere Ich ihnen die Begegnung mit dem älteren deutschen Ehepaar. Die Volos lächeln und nicken entspannt. „Ja, Das sind die Eltern einer Deutschen die hier in Vijayawada ein Kinderheim aufgemacht hat.“ Oh. Anscheinend sind hier Weiße nicht nur selten zu sehen -sie sind sogar so selten dass sich alle Europäer innerhalb eines 40 Kilometer Radius kennen.

Ich bin mir noch nicht so sicher welche Ausmaße diese besondere Aufmerksamkeit  annimmt und wie das ganz genau ist (vielleicht bin Ich grad auch etwas hypersensitiv), aber auf jeden Fall freue Ich mich jetzt darauf jeden Tag mehr über die Kultur und die Menschen in Vijayawada zu lernen und mit den Kindern der Stadt gemeinsam ihren Alltag zu gestalten.