Auf dem Sportplatz

Wie der Titel dieses Beitrags schon verrät war diese Woche eine ganz Besondere. Wir hatten „ Family Week“ ! Fälschlicherweise gingen Emely und ich anfangs davon aus, es handle sich um die Familien der Jungs und erwarteten viel Besuch für die Woche. Als dann jedoch einer nach dem anderen auf die Frage, ob seine Familie denn käme verneinte, wurde uns bald klar, da stimmt doch was nicht. Es handelte sich nämlich nicht um die Familien der Jungs, sondern gefeiert wurde die Gemeinschaft hier im Care Home als Familie. Wir fanden den Gedanken dahinter sehr schön und uns fiel von Anfang an der familiäre Umgang im Projekt auf. Die Jungs untereinander sind im Umgang (meistens) sehr liebevoll und die Großen sind für unsere kleinen Jungs wie eigene große Brüder. Auch die Mitarbeiter hier im Projekt leben im Care Home und sind somit nicht nur zu den Arbeitszeiten da, sondern begleiten die Kinder und Jugendlichen auch im Alltagsleben.

Der Beginn unserer Woche war schon ein sehr ereignisreicher Auftakt und die Jungs, genauso wie wir, wurden erstmal in Gruppen unterteilt. In diesen musste der Einmarsch in den Sportplatz, welcher der Beginn der Familienwoche darstellte, einstudiert werden. Dies klappte eher schlecht als recht, sodass vor allem herum gealbert, geschlafen und gelacht wurde und man fünf Minuten vor dem tatsächlichen Einmarsch noch rasch etwas planen musste. Mir wurde ein Ball und ein Junge in die Hand gedrückt und los ging’s. In Zweierpärchen marschierte unsere Gruppe Bälle werfend und tanzend in den Sportplatz ein, wo uns bereits die anderen Gruppen und der Direkter an der Spitze erwarteten. Aufgereiht standen alle Jungs in ihren Gruppen da, während der Direktor eine kurze Ansprache hielt und die Spiele eröffnete. Als dann auch noch aus jeder Gruppe Jemand nach vorne gerufen wurde um eine Taube fliegen zu lassen, kam ich mir kurzzeitig wirklich vor wie bei Harry Potter und den Triolympischen Spielen.
Nachdem die Regeln erklärt wurden und alle, bis auf Emely und ich, sie auch verstanden hatten wurde das erste Spiel eröffnet. Es handelte sich um ein Rennspiel, bei welchem immer ein Fänger des gegnerischen Teams die Teilnehmer eines anderen Teams in einem aufgezeichneten Labyrinth fangen musste. Auch ich wurde kurzerhand von meiner Gruppe in das Labyrinth gestoßen und versuchte etwas ziellos aber nicht weniger erfolglos meine Gegner zu fangen. Das ganze machte einen heiden Spaß und war ein super Auftakt in die Woche. An den restlichen Wochentagen beschränkte sich das Programm auf abends, da die Jungs morgens und nachmittags in der Schule oder im College waren und tagsüber ihre Aufgaben zu erledigen hatten.
Jeden Abend kamen wir jedoch alle am Eingang des Projekts zusammen, stellten uns meistens in einem Kreis auf und es wurde etwas gespielt. Da das Thema ja „Familie“ war, spielten wir meistens gruppenstärkende Spiele. So wurden beispielsweise Jungs, die sich nicht so gut vertragen, gebeten, einander Dinge zu sagen, die sie am anderen mögen oder die er besonders gut kann. Anschließend mussten sie sich gegenseitig mit Keksen füttern und zusammen tanzen. Das klappte mal besser, mal weniger gut und der ein oder andere Tanz war ziemlich steif. Alles in allem kann man jedoch sagen, dass die Gruppendynamik sich im Laufe der Woche verbesserte und man auch mal etwas von Jungs mitbekam, die sonst eher im Hintergrund standen.

Den Höhepunkt der Woche bildete dann jedoch der Sonntag. Schon am Morgen nach dem Frühstück waren alle Jungs ganz aufgedreht, rannten im Projekt umher und einer nach dem anderen zog sich um, bis letztendlich alle ihre einheitlichen Trickots anhatten. Am Tag zuvor war ein Sponsor vorbeigekommen und hatte allen Jungs sowohl Hose als auch Sportshirt gesponsert. Zu unserer Belustigung stand auf der T-Shirt-Rückseite ganz groß „Kokokasus Biryani“, Werbung für den Anbieter. Biryani ist ein indisches Reisgericht mit Curry, Hähnchen oder Pilzen, welches die Jungs lieben. So rannten schon nach kurzer Zeit alle Jungs mit ihren rot-gelben Biryani Shirts und den passenden blauen Hosen herum, was einen sehr amüsanten Anblick ergab. Auch Emely und ich wurden nicht außen vor gelassen, doch statt den Biryani Shirts bekamen wir blau weiß gestreifte T-Shirts mit denen wir ziemlich aus der Gruppe herausstachen und von allen Seiten belächelt wurden. „Sister Twins“ wurden wir nur genannt. Optisch einheitlich gekleidet konnten die Spiele nun auf ein neues eröffnet werden. Diesmal hatte das Ganze aber einen Wettkampfcharakter denn es hieß „stuff against boys“ . Da die Fathers sehr ehrgeizig sind wenn’s ums Gewinnen geht, die Jungs jedoch nicht weniger sportlich, artete das Ganze zu unserer Belustigung immer wieder ein wenig aus und ein Jeder kämpfte ehrgeizig für sein Team. Zuerst wurde Volleyball, später Basketball gespielt und bei allem durfte natürlich der Kommentator sowie die laute, indische Musik im Hintergrund nicht fehlen und alle Jungs wurden dazu genötigt sich die Spiele anzusehen und zu klatschen.
Nachdem alle fix und fertig vom Sport und der Hitze waren gab es eine kurze Pause, die jedoch nicht sehr lange anhielt. Schon hörten Emely und ich von unserem Zimmer aus, wie draußen wieder die Musik aufgedreht wurde und die Jungs herum sprangen und tanzten, Party-Hüte und Masken trugen und sich mit Stöcken und Brettern selber Trommeln gebastelt hatten. Es bildeten sich drei Gruppen und eine jede zog mitsamt musikalischer Unterstützung und lautem Gegröle in jeweils eines der Büros der Fathers ein. Hier wünschten die Jungs den Fathers ein „Happy Feast“ , schmückten sie mit Blumenkränzen und segneten sie mit einem Inderpunkt. Anschließend bedankten die Fathers sich ganz herzlich und beschenkten die begeisterten Jungs mit Süßigkeiten. Das ganze Spektakel zog sich eine Weile, da jede Gruppe in jedes Büro wollte und das Ganze aus Platzgründen oft etwas chaotisch endete. Emely und ich questschten uns währenddessen etwas orientierungslos zwischen den Jungs durch, waren mal hier mal dort und wechselten die Gruppen je nach Lust und Laune.
Nach dem Mittagessen stand dann schon der nächste Programmpunkt an. „Stuff Games“ . Nun waren die Mitarbeiter an der Reihe und mussten zur Belustigung der Jungs gegeneinander in Spielen antreten. So liefen unsere zwei Köchinnen, ein Cordinator sowie Taxifahrer und Farmer zu lauter Musik im Kreis herum und spielten Reise nach Jerusalem oder mussten sich im Eierlauf unter Beweis stellen. Da wir nicht so wirklich zum stuff zählen aber eben auch keine Care Home Jungs sind bestanden die Jungs natürlich darauf, für uns Sisters eine extra Runde zu veranstalten . So kam es, dass Emely und ich kurzerhand zu zweit einen Eierlauf durchführen mussten bei dem meine Zitrone (zum Glück kein echtes Ei ) mehr als nur einmal vom Löffel fiel. Daraufhin wurde ich nur ermahnt nochmal hinter die Startlinie zu müssen, was ich jedoch gekonnt ignorierte, da ich sowieso schon Meilen hinter Emely zurück lag … Nachdem das Nachmittagsprogramm beendet war, stand nun die übliche Games Time an, in der wir Völkerball spielten. Besser gesagt spielten die Jungs Völkerball, während Emely und ich von den Kleinen als lebende Schutzschilder genutzt wurden. Waren wir dann abgeschossen und mussten raus hieß es von den Großen nur „One step back sister!!!“ denn werfen tun hier nur die Profis. Auch das ignorierten wir gekonnt und wurfen trotz dem Bitten und Betteln unserer lieben College Boys weiterhin mit Freude die Kinder ab. Bei Widerrede hieß es unsererseits nur „one step back tambi !!!“ was die Großen mit Humor nahmen und natürlich nicht machten.
Nachdem auch das Nachmittagsprogramm beendet war kam es zur Planung des Abendprogramms. Zu unserem Grauen wollten die Fathers unbedingt, dass Emely und ich singen, was hier mal kurz am Rande, eine absolut grauenhafte Idee ist, da wir beide miserable Sänger sind. Um uns vor einer Gesangskatastrophe zu bewahren, wählten wir kurzerhand das kleinere Übel und willigten ein, gemeinsam mit den Jungs zu tanzen. Hier muss hinzugefügt werden, dass indisches Tanzen nicht mit westlichem Tanzen verglichen werden kann und die Jungs alle sehr sehr gute Tänzer sind. Wir hingegen, najaaaa…. Am Abend war es dann soweit und wir saßen alle versammelt vor der Bühne. Nun wurde eine Gruppe nach der anderen auf die Bühne gerufen und legte ihre Performance hin. Die Tatsache, dass wir keine Performance hatten, ließ unsere Nervosität nicht gerade sinken, aber die Jungs in unserer Gruppe waren zuversichtlich. Dann war es soweit und wir wurden aufgerufen. Mit etwas schlottrigen Knien wurden auch Emely und ich auf die Bühne gezogen und wir stellten uns bewusst in die letzte Reihe. Da die liebe Emely nicht gesehen werden wollte ging mein Plan hinten zu stehen nicht wirklich auf, da ich kurzerhand von ihr in die Mitte geschupst wurde. Die Musik ging los und wir versuchten die Tanzschritte der Jungs zu übernehmen während wir nicht gerade elegant über die Bühne schwebten, sondern vielmehr versuchten einigermaßen im Takt zu bleiben. Unser Showauftritt blieb auch im Publikum nicht unkommentiert und die Hälfte der Jungs prustete vor Lachen, während der Rest versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen. Wir hatten jedoch unseren Spaß und bekamen anschließend ein großes Lob für unseren Einsatz 😂…

alles in allem ein schöner Abschluss einer unvergesslichen Woche

Hier ein Link unter welchem ihr unser Tanzvideo sehen könnt :

https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=2473588719626594&id=100009264698914&sfnsn=wiwspwa&extid=VnsqhA35tnwn4uzT&d=w&vh=i