Ich bin dann mal raus von zu Haus

Ein Jahr in Bolivien

Weihnachtszeit und Neujahr – ich erzähle euch mal wie das so war.

Guten morgen, guten Mittag oder auch guten Abend liebe Leute,

…mag sein, dass die Weihnachtszeit nun schon etwas her ist, aber dafür bekommt ihr jetzt einen kleinen Einblick, wie man das Ganze hier in Südamerika feiert.

Ich weiß gar nicht mehr, ob und wem ich während der Vorweihnachtszeit alles schon erzählt habe, in wie wenig Weihnachtsstimmung ich selbst mich befand. Und das, obwohl man hier – wie es eben so üblich ist – Plastikweihnachtsbäume mit in Kunstschneemasse eingetauchten Zweigspitzen, singende Lichterketten wo das Auge hinreicht und das hier sowieso schon sehr beliebte koffeinhaltige Erfrischungsgetränk zu noch günstigeren Weihnachtsangeboten verkauft hat.

…unter anderem hier zu sehen: Der „Christbaum“ in der Kirche

Auch der Weihnachtsmann war, entgegen meiner Erwartung nicht in Badehose, sondern so wie man ihn kennt, dick eingepackt in warme Klamotten auf dem großen Stadtplatz vorzufinden. Man passt sich hier sehr an das klischeehafte Weihnachtsbild, so wie wir es gewöhnt sind an. Im Projekt war das für die Leute aber natürlich ganz normal und so ist die Vorfreude bei den Kindern und Jugendlichen auch dementsprechend gestiegen.

Wir als Volontäre haben die Festtage weitestgehend in unseren Einrichtungen verbracht –

Ich fand die Bescherung, die wir schon nachmittags um 4, zusammen mit den Jungs und den Mitarbeitern, noch vor der Heiligabendmesse feierten sehr schön. Natürlich waren die meisten schon gespannt auf das, was der den Möglichkeiten entsprechend feierlich geschmückte Festmalstisch versprach. Unter dem Christbaum haben wir die Geschenke hingestellt – für jeden gab es ein Päckchen.

Ich hatte mich auch im Vorfeld gefragt, was man den Jungs als – trotz allem auf Spendengelder angewiesene Einrichtung – schenken könnte… Da konnten so oder so nicht die Herzenswünsche jedes einzelnen berücksichtigt werden. Naja – es gab für jeden ein Päckchen mit sauberer, neuer Kleidung – und das bedeutet den Jungs hier tatsächlich zumindest für den Moment eine ganze Menge. Etwas sauberes zum Anziehen, geschweige denn eine große Auswahl an Kleidung hat das Straßenleben für die meisten nämlich nicht zu bieten. Ich sehe immer wieder, wie die meist dreckigen Anziehsachen mehr funktional benutzt werden, als dass sie als „Statussymbol“ getragen werden. Gerade deshalb sind die Jungs immer wieder froh, wenn sie etwas neues, schickes, stylisches als das Ihrige bezeichnen können.

Aber in „Weihnachten“ steckt ja bekanntlich mehr als nur die Geschenke – und das habe ich hier mehr als sonst immer mitbekommen.

Danach bekam jeder Junge eine Süßigkeit in die Hand gedrückt und durfte diese an seinen Sitznachbarn weiterschenken. Dazu sollte währenddessen jeder ein paar nette Worte zu seinen Geschenkpartner sagen und alle hörten dabei zu. Für viele war das nicht einfach – wann sagt man denn bitte einfach so vor allen anderen, warum einem sein Sitznachbar wichtig ist, gerade wenn man sonst in ganz anderem Ton miteinander auskommt… Aber genau das mal aus den Jungs raus zu kitzeln war wirklich sehr schön und hat mir gut getan, sodass ich spätestens nach dem typisch-bolivianischen Tortenfestschmaus mit viiel Sahne oben drauf auch endlich einigermaßen in Feststimmung gekommen bin 🙂

Weihnachtsfeier im Hogar Don Bosco

Nach dieser Bescherung, die ich zum Abschluss noch mit einem saftigen „Feliz Navidad“ auf der Gitarre begleitet habe, ging es dann in die ebenfalls mit blinkenden Lichterketten, festlich geschmückte Kirche des Projekts, um gemeinsam mit allen Einrichtungen zusammen den Weihnachtsgottesdienst zu feiern. Der selber hat sich vom Ablauf tatsächlich nicht viel von einer Messe wie ich sie so kenne abgehoben. Danach ging es vereint in´s Hogar Don Bosco, das Kinderheim und zugleich auch die größte Einrichtung des Projekts, um dort nochmal richtig zu feiern – während dem Genuss eines leckeren „pollo“ (irgendein Geflügelbraten) mit Reis und Salat, hörte man die hiesige Weihnachtsmusik, schaute sich auf die Leinwand projizierte Weihnachtsgrüße von ehemaligen Volontären aus dem Projekt an und nahm allesamt an der anschließenden Tombola teil, in der der ein oder andere noch ein kleines Geschenk abstauben konnte – alles in allem – ein schöner, ausgelassener und mit gutem Essen getoppter Abend, den ich so schnell nicht wieder vergessen werde.

Zwischendurch habe ich mich schon hin und wieder an zu Hause gedacht, wo ja schon fünf Stunden früher Bescherung gefeiert wurde… Um dann nicht allzu melancholisch zu werden, haben wir uns danach als Volontäre in unseren eigenen vier Wänden zurückgezogen und wunderbar heimisch schmeckenden, selbstgemachten Glühwein getrunken und die deutschen Weihnachtsschlager genossen. Das musste der Vollständigkeit halber dann doch noch sein 🙂

Silvester auch mal ganz anders…

Am 26. Dezember hatten sich spontan zwei Volontärskollegen aus Santiago del Estero (Argentinien) bei uns gemeldet, ob sie uns denn nicht spontan über Silvester hier in Santa Cruz besuchen könnten… Naja haben wir uns gedacht – schlimmer geht immer – wenn die beiden mal eben mal die 30 Stunden Busfahrt auf sich nehmen wollen, sollen sie das doch gerne. Gesagt, getan – am 30.12. früh morgens holte ich die beiden vom Busterminal ab und brachte sie ins Techo, wo sie praktischerweise für die paar Tage untergebracht werden konnten.

Natürlich hatten unsere Besucher ihren – für Argentinien absolut obligatorischen „Mate“ dabei – ein typisches, einem Tee anmutendem Kräutergesöff, was man dort so der Gewohn- und Geselligkeit halber mehrere Male am Tag in Gemeinschaft zu sich nimmt. Davon blieben wir während ihrer Zeit hier also auch nicht ganz verschont – und so bürgerte sich dieser Brauch auch bei uns Santa Cruz-Volontären ziemlich schnell ein, sodass wir uns hier mittlerweile mit unserem eigenen Equipment ausgestattet haben.

Wie viele Mate-Sessions bis zum Silvesterabend vergingen weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr…

…aber irgendwann war es dann so weit. Bis zum Abend des 31. waren alle in ihrer Einrichtung und aßen nach der Jahresendmesse noch schmackhaft dort zu Abend – danach verabschiedeten wir uns vom Projekt, um als Volontäre mit noch einigen Bekannten Bolivianern in eine Bar mit Silvesterangebot zu gehen, um uns dort vom ereignisreichen 2019 zu verabschieden.

Das war tatsächlich ein entspannter und schöner Rutsch ins 2020, bei dem wir Hamburger essend und in Gemeinschaft mit unseren Kollegen aus Argentinien auf irgendeiner Dachterrasse in Santa Cruz das Feuerwerk genossen – – –

Man kann dabei noch erwähnen, dass die Bolivianer es damit nicht so genau nehmen – es wurde schon ´ne halbe Minute vor 12 mit dem Knallern angefangen und übrigens auch an Heiligabend wurde mitternachts schon ein riesen-Feuerwerk gestartet.

Gut sind wir angekommen im neuen Jahr! –

Am 1.1. war man so gnädig und hat uns von der „Arbeit“ freigegeben, sodass wir es ganz „tranquilo“ – gelassen – angehen ließen. Am Abend des 2.1. verabschiedeten wir uns dann von unseren zwei Besuchern, mit denen wir ein paar wirklich schöne Tage hier im Projekt und in unserem Volontärshaus verbracht haben, die dann ihren Bolivien-Reiseurlaub fortgesetzt haben.

Hier verlinke ich euch noch die Blogs von Martha und Simon, den beiden Volos aus Argentinien:

Simon: https://blogs.donboscovolunteers.de/messimatemerienda/

Martha: https://blogs.donboscovolunteers.de/tauschealpengegenanden/

Dort erfährt man eine ganze Menge mehr über das schon erwähnte wohlschmeckende Kräutergesöff und generell wie es sich als Volontär in Argentinien so lebt 🙂

Ich verabschiede mich jetzt erst mal bis zum nächsten Mal – macht´s alle gut und bis dann –

Ach ja – da war ja noch was…

Euer Gabriel

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  1. Anonymous

    schon 5 Monate vorbei. Die Zeit fliegt dahin. Dein spannenden Berichte zeugen immer noch von der Freude an Deiner Arbeit.
    Liebe Grüße
    Peter d.Ä.

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