Franzi in Indien

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Von langem Warten, Überraschungen und Glücksmomenten

Wer mich kennt, weiß, dass Geduld nicht gerade zu meinen größten Stärken gehört. Vielleicht hat sich das aber nach diesem Jahr auch geändert, denn gerade jetzt wird meine Geduld ordentlich auf die Probe gestellt. Grund hierfür ist meine Registrierung. Damit Hannah und Ich das Jahr hier in Indien leben dürfen, müssen wir registriert werden. Während Hannahs Registrierung vor kurzem endlich abgeschlossen wurde, dauert es bei immer noch an. Ein Dokument nach dem anderen muss ich unterschreiben, wobei einer der Fathers sich eigentlich um alles kümmert. Das Frustrierendste an der ganzen Geschichte ist aber, dass Hannah und ich eigentlich mit in die Grundschule gehen sollten, um dort den Tag über zu arbeiten. Davor muss aber erstmal die Registrierung abgeschlossen sein….

In der vergangenen Woche ging es für Father P. und mich dann nach Chennai, der Hauptstadt Tamil Nadus, da wir dort einen Termin für meine Registrierung hatten. Nachdem wir dort erstmal eine Ewigkeit warten mussten ( die bereits erwähnte Geduld 😊)  und mir ein Alarm, um den man sich erst nach 10minütigen Gelärme kümmern konnte, den ein oder anderen Nerv raubte, waren wir dann endlich an der Reihe. Unser Termin bestand hauptsächlich daraus, dass dem Father und mir abwechselnd eine Frage gestellt wurde. Father P. vor allem zur Einrichtung und mir dazu, was meine Motivation ist, wie ich zu dem Projekt kam,…. Ich war sehr froh, als das Gespräch, dass mich mehr an eine Befragung  erinnerte, schließlich vorbei war. Die beiden Mitarbeiterinnen schauten nämlich nicht gerade freundlich gesinnt aus und auch die Witze der Fathers beim Frühstück, dass ich ja aufpassen soll , was ich sage, weil ich sonst im nächsten Flug nach Deutschland sitze, hatten auch nicht gerade dazu beigetragen meine Nervosität zu mindern.

Da wir jede Mahlzeit in einer anderen Don Bosco Einrichtung zu uns nahmen, konnte ich durch das viele Fahren mit dem Tuk-Tuk, einige Blicke auf Chennai erhaschen und wer weiß, vielleicht verschlägt es Hannah und mich beim Reisen nochmal in die Straßen Chennais. Total müde von den vielen Begegnungen und der Masse an Eindrücken der Millionenstadt, ging es am  Abend (dieses Mal leider im unbequemen Bus und nicht mit dem Nachtzug) wieder in Richtung DBCH.

Ziemlich übermüdet kam ich in der Früh wieder daheim an, wo mich direkt eine Überraschung erwartete. Die Zeit, in der ich weg war, hatte meine Mitvoluntärin Hannah genutzt, um unsere Zimmertür mit Geburtstagwünschen und einer Girlande zu dekorieren. Die Tage vor meinem Geburtstag war die Vorfreude eher gedämpft, schließlich war es mein erster Geburtstag, den ich nicht mit Familie und Freunden in Deutschland feiern würde und ich hatte Angst, dass mich das Heimweh an diesem Tag einholen würde. Zum Glück war dem aber nicht so. Denn auch wenn der Tag recht gewöhnlich war, so war er doch wunderschön. So oft wie hier, wurde mir wohl noch nicht „Happy Birthday“ gewünscht, denn alle Jungs kamen ( teilweise 4x) zu mir, um mir die Hand zu schütteln und alles Gute zu wünschen. Am Abend gab es dann noch eine letzte Überraschung für mich: Eine Geburtstagstorte!!! Ein Geburtstagsständchen durfte hierbei natürlich auch nicht fehlen. Neben mir feierte noch einer der Jungs seinen 19. Geburtstag und so schnitten wir zusammen die Torte an. Ein paar Wochen zuvor hatten Hannah und Ich schon eine Geburtstagsfeier hier erlebt und dort hatte ich schon beobachtet können, dass es hier üblich ist, dem Geburtstagskind ein Stück der Torte in den Mund zu geben. Das konnte leider trotzdem nicht verhindern, dass ich in dem Moment etwas überfordert war, was man mir wohl auch angesehen hat. Das hat aber nichts am guten Geschmack der Torte geändert!

Eines meiner Highlights bisher, war ein kleiner Ausflug, der erst heute stattfand. Schon beim Frühstück wurden wir informiert, dass ein kurzer Spaziergang für alle Jungs ansteht. Ganz so kurz war der Spaziergang dann aber doch nicht, denn im Endeffekt waren wir zwei Stunden unterwegs. Zu Beginn ging es bequem die asphaltierte Straße entlang, doch schon schnell änderte sich das Terrain. Über Stock und Stein folgten wir einem Bachlauf und nicht selten blieb man in Dornen hängen oder musste über größere Steine klettern. Beeindruckt von der Natur, den vielen Geräuschen und neuen Entdeckungen kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Nachdem wir eine Weile gelaufen waren, gab es einen längeren Zwischenstopp, der genutzt wurde, um ein paar Bilder zu schießen, den Ausblick zu genießen und Kraft zu sammeln, bevor es wieder auf den Heimweg ging. Der ein oder andere schaffte es nicht ganz trocken zurück zum DBCH, sondern legte eine -meist eher unfreiwillige- Schwimmeinheit ein.

Sieben Wochen bin ich nun schon in Indien. Auch wenn langsam eine gewisse Routine in meine Tage einkehrt, so passiert doch so gut wie jedem Tag etwas Neues . Ob Tanz- und Singwettbewerbe, selber Kochen, neue Spielgeräte, Chapati machen, zahlreiche Gäste oder Arbeit auf dem Feld. Immer wieder gibt es Dinge die verhindern, dass sich ein öder Alltag einstellt. Schon alleine die Tatsache, dass 48 Jungs hier leben, sorgt vermutlich dafür, dass jeder Tag etwas besonderes ist und man ständig auf Trab gehalten wird. Dadurch, dass wir nahezu unsere gesamte Zeit mit den Jungs  verbringen, gibt es uns die Möglichkeit, sie täglich Stück für Stück besser kennenzulernen. Während man manche nun schon recht gut kennt, kann man andere, mit denen man bisher eher weniger geredet und Zeit verbracht hat, noch schwer einschätzen. Es ist aber extrem schön zu sehen, wie z.B die ganz kleinen Jungs immer mehr Vertrauen zu uns aufbauen, die etwas Älteren uns bei Gruppentänzen mit einbeziehen oder uns stolz zeigen, wie sie auf Palmen klettern, um Kokosnüsse zu pflücken. Auch wenn noch eine lange Zeit vor mir liegt, in denen ich die Jungs hoffentlich noch viel besser kennenlerne, so habe ich sie auf jeden Fall schon extrem in mein Herz geschlossen und bin Tag für Tag dankbar, hier meinen Freiwilligendienst zu leisten.

Was mich außerdem so beeindruckt, ist die familiäre Beziehung, die zwischen den Jungs herrscht. Die Älteren helfen den Kleinen bei den Hausaufgaben oder trösten sie, wenn man einer weint, jeden Tag sieht man unterschiedliche Gruppen miteinander spielen und auch Händchen werden gegenseitig gehalten. Das soll jetzt nicht heißen, dass es nur harmonisch ist, denn so ist es definitiv nicht. Täglich gibt es kleinere Streitereien oder auch Raufereien, aber für mich entsteht trotzdem der Eindruck einer riesigen Familie.

Jetzt hoffe ich einfach, dass meine Registrierung bald abgeschlossen ist, dass wir in die Grundschule starten können und wünsche euch allen einen schönen Tag.

Sonnige Grüße aus dem warmen Indien

Franzi 🙂

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