Die Hälfte meiner Zeit ist nun (fast) um. Somit bin ich nun nicht nur weiter weg von daheim als je zuvor, sondern auch länger.  

Die Zeit hier in Indien war bisher so unglaublich aufregend, lehrreich und vor allem wunderschön. Natürlich gab es auch Momente, die schwer waren. Momente, in denen ich mit kulturellen Unterschieden, Unsicherheiten und Herausforderungen konfrontiert war. Momente, in denen ich planlos und überfordert da stand und mir die Sicherheit von daheim wieder wünschte. Zum Glück gingen die meisten dieser schwierigen Moment aber schnell vorbei und die schönen Momente überwiegen die nicht so schönen eindeutig. Ich fand mich immer mehr in meinen Alltag ein und wurde immer selbstständiger und selbstbewusster. Erst Anfang des Monats, als Hannahs Schwester und deren Freund zu Besuch da waren, wurde mir bewusst, wie selbstverständlich vieles hier für mich mittlerweile ist, was für die beiden ganz neu, ungewohnt und überfordernd war.
Ich hätte am Anfang niemals gedacht, dass der Gedanke, dass ich mich irgendwann von allen und allem hier verabschieden muss, mir nach nur fünf Monaten schon so eine Angst macht und so weh tut. Ich kann mir gar nicht vorstellen die Jungs, die ich in dieser kurzen, aber so intensiven Zeit so ins Herz geschlossen habe, zurückzulassen und vermutlich nie wieder zu sehen. Aber zum Glück bin ich ja noch sechs weitere Monate hier und ich versuche den Gedanken, der immer öfter auf kommt,  so gut wie möglich zurückzudrängen.

Für mich und all die anderen Indien Volos bedeutet Halbzeit gleichzeitig auch Zwischenseminar. Dafür ging es 18h mit dem Zug nach Hyderabad (indische Züge tuckern aber auch einfach so langsam vor sich hin).
Die sechs Tage in Hyderabad waren geprägt von einem intensiven Austausch, Reflexion von bereits Erlebten und dem Lachen über die vielen lustigen Momente und Begegnungen, die alle schon erlebt hatten. Wir sprachen über das, was gut lief in der ersten Hälfte. Über das wir erlebt und gelernt haben. Natürlich wurde aber auch über die Herausforderungen gesprochen, die einem immer wieder begegnet sind und immer noch begegnen. Darüber, wie man diesen Herausforderungen nun in den kommenden sechs Monaten gegenübertreten will. Was wir aus den ersten Monaten mitnehmen wollen und in den kommenden sechs Monaten anders machen wollen. Dabei standen uns Niklas und Arnes (zwei unserer Ansprechpartner aus Deutschland, die extra nach Indien gekommen waren) wie immer tatkräftig mit Rat und Tat zur Seite.
Ich habe es total genossen mal wieder in einer Gruppe zu sein, in der ich jedes Gespräch verstanden habe und alle gerade ähnliche Erfahrungen machen. Denn auch wenn ich beim Vorstellen der Projekte und der Arbeit aller Freiwilligen gemerkt habe, wie unterschiedlich und individuell jeder Freiwilligendienst ist, so gibt es doch auch Situationen, Probleme, Erfahrungen und Begegnungen, die jede und jeder in irgendeiner Weise erlebt hat. Neben den Sessions stand aber natürlich auch ein kulturelles Programm auf dem Plan. Und so besichtigten wir den Chowmahalla Palast, machten eine Bootstour und gingen im Golconda Fort auf Erkundungstour. Genauso schnell wie das Zwischenseminar gekommen war, war es dann aber auch schon wieder vorbei und wir mussten uns von den anderen verabschieden.

Zum Glück aber noch nicht von allen, denn für Hannah und mich ging es gemeinsam mit den vier Volos aus Vijiyawada auf nach Hampi. Dort stießen noch drei weitere österreichische Mitvolos aus Vijiyawada dazu und so machten wir uns zu neunt auf, Hampi zu erkunden.

Hampi, welches ursprünglich Vijayanagara („Stadt des Sieges) hieß, war die Hauptstadt des gleichnamigen hinduistischen Königsreichs, welches bis ins 16 Jh. bestand, bevor sie 1565 nach einer entscheidenden Schlacht geplündert und zerstört wurde. Mittlerweile gehört Hampi zu den Stätten des UNESCO-Weltkulturerbes. Das Gelände mit den Ruinen umfasst 26km² und man kann überall relativ frei und selbstständig herumlaufen.

Dementsprechend viel Zeit kann man damit verbringen, die unzähligen alten Tempel, Palastüberreste oder auch den -leider schon verlassenen- Elefantenstall zu erkunden. Doch nicht nur die Ruinen sind total faszinierend und ziehen einen in den Bann, sondern auch die Natur ist wunderschön und beeindruckend. Grüne Bananenplantagen, felsige Berge und überall Affen. Ich bin immer noch überwältigt von den ganzen Eindrücken.
Besonders schön fand ich es, als wir am letzten Abend auf den Matanga Hill kletterten, um oben den Sonnenuntergang zu genießen. Erst einmal war der Aufstieg ein kleines Abenteuer für sich. Zum einen, weil wir dachten, es wäre eine gute Idee einen Abzweig vom Hauptweg zu nehmen, obwohl auf dem Wegweiser „Way to hell“ stand (so schlimm war’s aber nicht). Zum anderen, weil die -nicht ganz so menschenscheuen- Affen unser Gepäck wohl sehr interessant fanden und somit letzten Endes eine Tüte, in der sich eine Kokosnuss und ein Taschenmesser befanden, dem „Affenangriff“ zum Opfer fiel. Der Aufstieg hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, denn die Aussicht war einfach fantastisch.

Weil es mir gar nicht so leicht fällt, die Eindrücke in Worte zu fassen, kommt hier nun einfach eine Reihe an Bilder:

Auch der Hauptort Hampi, der recht klein ist und vor allem aus kleinen Geschäften, netten Restaurants und Gästehäusern besteht, hat es mir angetan. Jeden Abend schlenderten wir an den kleinen Ständen vorbei, an denen es haufenweise Schmuck, bunte Tücher, schön eingebundene Notizbücher, bedruckte T-shirts ( „don’t worry, be hampi) und vieles mehr gab. Am letzten Abend wurde ich dann auch fündig und habe mir ein Armband gekauft. Mal schauen, ob ich jetzt auch anfange regelmäßig Schmuck zu tragen.
Dass es in den Restaurants auch „nicht-indisches“ Essen gab, war für eine willkommene Abwechslung. Denn so sehr ich indisches Essen auch liebe, freue ich mich dann  doch mal wieder Burger, Pizza oder Pasta zu essen.
Zusätzlich sorgten die Wizard Runden, die neue Bekanntschaften und ein Stromausfall im Museum dafür, dass es nie langweilig wurde und die Zeit ein voller Erfolg war.

Wieder zurück im Care Home hatten wir dann aber nur kurz Zeit anzukommen, bevor es für uns vier Tage später wieder mit vollgepackten Rucksäcken los ging. Diesen Blogeintrag lade ich nämlich aus Sayalgudi hoch. Ein kleines Städtchen im Süden Tamil Nadus, nur wenige Kilometer vom Meer entfernt, wo wir nun für einen Monat an der Don Bosco School of Excellence wohnen und Englisch unterrichten werden. Ich freue mich total, die Möglichkeit zu haben das Schulleben in Indien mitzuerleben und endlich auch selbst mal richtig zu unterrichten. Trotzdem war es auch sehr schade das DBCH direkt wieder zu verlassen, vor allem, weil ich zuvor schon zehn Tage weg war und mich eigentlich wieder auf daheim und die Jungs gefreut hatte. Jetzt bin ich aber gespannt, was die Zeit hier bringt und was für Erfahrungen ich hier machen werde.