Das kleine westafrikanische Land Benin ist das friedlichste Land, was ich bisher kennengelernt habe. Dennoch ist hier einiges in Bewegung. Das fängt beim Stadtbild an, denn die sonst einstöckigen Häuser werden immer mehr in die Höhe gebaut und man kann schon erste kleine Hochhäuser entdecken. Auch die Straßen werden verbessert. Riesige Schlaglöcher werden geflickt, oft überschwemmte Straßen bekommen eine untertunnelte Straße, damit es trocken bleibt und es werden immer mehr Ampeln aufgestellt.
Gesetze existierten hier vorher meist nur auf dem Papier. Doch der jetzige Präsident Patrice Talon greift durch: Eine Helmpflicht auf dem Motorrad wurde eingeführt und durchgeführt. Fast an jeder großen Kreuzung hier in Cotonou stehen mindestens vier Polizisten und ziehen der Reihe nach Menschen aus dem Verkehr, die ohne Helm fahren. Zudem sorgt er auch für eine gerechtere Durchsetzung der Gesetze. Somit werden ab jetzt bei Verstößen mehr Gerichtsprozesse geführt und nicht mehr wie vorher alles mit Bestechungsgeldern geregelt. Das hat zur Folge, dass sich die Korruption in diesem Land enorm verkleinert hat. Ein Beispiel dafür ist, dass man nun echte Strafzettel im Verkehr erhält und nicht mehr dem Polizisten einfach ein paar Scheine in die Tasche steckt.
Bürokratie nimmt an intensivität zu, denn wenn man beispielsweise einen Ausflug mit den Wohnheimmädchen machen wollte, dann konnte man dies einfach durchführen. Doch jetzt muss vorher gerichtlich eine Erlaubnis für jedes dieser Kinder kommen, dass sie das Gelände für Freizeitaktivitäten verlassen dürfen. Und wie man sich es bestimmt denken kann, das Amt hat nicht gerade die schnellsten Arbeiter.
Immer wieder entdecke ich neue Dinge, von denen ich vorher gedacht hatte, dass es sie hier nicht geben würde. So ging es mir als ich das erste Mal eine friedliche Demo gegen Frankreich gesehen habe, in der die Menschen gefordert haben, dass Frankreich sich aus Regierungsangelegenheiten heraus halten soll. Direkt einen Monat später tanze ich bei einer Demonstration für Kinderrechte über den größten Markt Westafrikas, begleitet von toller Musik und ausgezeichneter Stimmung.
Erst gestern hatte ich ein Gespräch mit dem Lehrer aus der Vorschule über die Strategien, um das Land weiter zu bringen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es nichts bringt, wenn wieder jemand kommt und den Beninern sagt, dass sie veraltete Lehrmethoden haben und ihnen neue beibringt. Man muss ihnen lehren genau hinzuschauen und zu analysieren. Wenn sie Fehler oder Schwachstellen sehen, sollte man eigenständig darüber nachdenken, wie man das verbessern könnte. Sich selbst im Internet über neue Pädagogiken zu informieren und diese auszuprobieren gehört auch zu einem Prozess der Selbstständigkeit dazu. Dies ist in Europa bereits weit verbreitet, da wir nie jemanden hatten, der uns immer vorgegeben hat, was gerade das Richtige oder Beste sei. Doch wenn einem über Jahrhunderte immer diese Dinge vorgegeben werden, dann entwickelt sich kaum das selbstständige Verbesserungspotenzial, was hier sehr wichtig wäre. Leider zielen bis heute die meisten Entwicklungshilfen darauf, zu zeigen wie es nach derzeitigem Stand richtig ist, anstatt zu lehren wie man selbst Fortschritte in der Entwicklung erreichen kann. Denn so werden die heute aktuellen Methoden in der Zukunft wieder veraltet sein und Benin noch immer abhängig von neuen Fortbildungen beispielsweise aus Frankreich.
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