Die Zeit rennt. Das wird mir immer wieder in allen möglichen Situationen vor Augen geführt. Morgens wenn wir um 6:30 Uhr aufstehen, um 6:50 Uhr angezogen und fast fertig zum Frühstücken sind und eine Sekunde später die Uhr 7:10 Uhr anzeigt, wo wir eigentlich bereits schon los müssen. Wer hat uns da schon wieder die Zeitblumen weggeraucht?

Plötzlich geht es für Teresa und mich auch schon zum Zwischenseminar, wie schnell doch hier die Zeit vergeht. Wir sitzen vier Stunden im Bus nach Dassa, eine Stadt in der Mitte Benins. Angekommen auf einer sehr grünen „Ecoferme“ werden wir bestens umsorgt mit gutem Essen und Gesellschaft: Zusammen mit fünfzehn weiteren Freiwilligen aus Benin, Senegal, Kamerun und Ruanda verbringe ich fünf sehr angenehme Tage und es bilden sich neue Freundschaften.

Der Austausch mit den Mädels tut mir sehr gut und zu sehen, dass es vielen so geht wie mir und die anfänglichen Probleme bei allen die selben waren. Die inhaltliche Komponente des Seminars ist bereichernd und gut durchgeführt von zwei ehemaligen Volontärinnen, die selbst erst vor 5 Monaten aus ihren Einsatzstellen zurückgekehrt sind. In einer gemütlichen Runde sitzen wir zusammen und quatschen die ganze Mittagspause durch, bis wir dann schon wieder zur nächsten Einheit starten. Denn auch hier verfliegen die Stunden wie Sekunden. Die Abende füllen wir mit „Twerkkursen“, Parkours, die man mit der Flasche auf dem Kopf bewältigen muss oder einem Film über den Genozid in Ruanda. Eines ist auf jeden Fall klar: Wir haben jede Menge Spaß und viel zu wenig Zeit.

Am letzten Tag machen wir noch einen kleinen Ausflug in die Berge von Dassa, wo wir als riesige „Zem-Schlange“ in ein kleines Dorf fahren. Von hier aus beginnen wir den Aufstieg, klettern ein sehr steile Wand hinauf und sitzen endlich auf dem hohen Felsen und genießen den guten Ausblick. Dann ist es auch schon Zeit sich zu verabschieden.

Teresa und ich bleiben noch einen Tag in Dassa und besuchen Johann, einen anderen Volontär, der nicht auf dem Seminar war. Hier erleben wir unseren verrücktesten Tag in Benin: Wir haben zwei Stunden zu überbrücken, bis wir uns mit Johann treffen und verbringen diese in einem Künstlerparadies, wo verschiedene Künstler ein Gelände zu einem angenehmen Aufenthaltsort gestaltet haben. Dann geht es auf dem Zem in ein kleines Dorf zu unserem Treffpunkt. Die Fahrt dauert etwas und wir bekommen Durst. Ich hatte bloß leider keine Hand frei, weshalb Teresa versucht, mir ihre Flasche hin zu halten, sodass ich trinken kann. Mit einem lauten „Flatsch“ geht der Versuch daneben und der ganze Bizap (roter Saft) landet bei vollem Fahrtwind in unseren Gesichtern. Wir können uns kaum noch auf dem Zem halten vor lachen.

Blutrot verschmiert kommen wir in einem sehr schicken Restaurant an und geben einen verwunderlichen ersten Eindruck von uns. Wir treffen hier auf Johann und noch drei weitere Volontäre aus Amerika. Wir haben schnell unsere Gesichter vom Bizap befreit und fangen an, mit allen zu quatschen. Plötzlich ist schon wieder Abend und wir machen uns auf den Weg. Wir bekommen Johanns Arbeitsplatz, eine winzige Bibliothek mit überdimensioniertem Schreibtisch, und seine Wohnung in einem netten Dorf zu sehen.

Am Abend begeben wir uns in ein kleines Camp, wo derzeit eine Gruppe aus ca. 20 jungen Belgiern für ein paar Wochen da ist und ein Agrarprojekt durchführt. Den Abend verbringen wir mit dieser Gruppe und feiern kräftig mit ihnen einen Geburtstag. Es fühlt sich an, als wären wir zurück in Europa, da wir eine typische europäische Feier haben, was sich erstaunlich fremd für mich anfühlt. Todmüde finden wir an diesem Abend doch noch das Bett.

Der nächste Morgen bedeutet für uns Abfahrt nach Cotonou. Auch hier ist die Zeit schon wieder viel zu schnell vergangen.

Zurück in Cotonou heißt es für mich: Lernen, lernen und nochmals lernen. In einem Monat habe ich zwei Aufnahmetests für ein Psychologiestudium in Holland, wofür ich 300 Seiten an Material auswendig lernen muss. Somit verbringe ich jede freie Minute mit Herausschreiben und verstehen. Ich stehe morgens etwas früher auf, nutze die Mittagspause und bleibe am Abend noch bis spät in die Nacht wach. Derweil ich nur auf die Texte fokussiert bin, dreht sich die Welt um mich weiter. Doch dann ist es endlich soweit und die Tests sind geschrieben. Jetzt fällt mir auf, wie lange so ein Monat dauert und dass man da so einiges verpassen kann: L’olorge tourne. Jetzt heißt es erst mal für mich, sich wieder bei Freunden und Familie zu melden, Wäsche zu waschen (es ist einiges liegen geblieben) und mal wieder Blog zu schreiben…